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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/144 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 144. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. März 1993 Inhalt: Dank an den Abgeordneten Wolfgang Roth für seine langjährige Mitarbeit im Deutschen Bundestag 12411A Tagesordnungspunkt 10: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 1993 der Bundesregierung (Drucksache 12/4330) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresgutachten 1992/93 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 12/3774) c) Beratung des Antrags des Abgeordneten Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Beteiligung der Betroffenen am Konzept zum Erhalt industrieller Kerne (Drucksache 12/4429) d) Beratung des Antrags des Abgeordneten Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Vorlage des Konzepts zum Erhalt industrieller Kerne (Drucksache 12/4430) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang Roth, Hans Berger, Dr. Ulrich Böhme, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Eine sich selbst verstärkende Rezession durch kompetente Wirtschaftspolitik abwenden (Drucksache 12/4453) Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 12373D Dr. Uwe Jens SPD 12374C, 12415A Oskar Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes 12378B Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU . . . 12380A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . 12380 C Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 12384 B Peter W. Reuschenbach SPD . . . . . 12386 C Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . . 12387 B Dr. Kurt Biedenkopf, Ministerpräsident des Freistaates Sachsen . 12390A Wolfgang Roth SPD 12390D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 12393B, 12408 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12398D Rainer Haungs CDU/CSU 12400 C Wolfgang Roth SPD . . . . . . . . . . 12403 D Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 12408 C Bernd Heim PDS/Linke Liste 12411 A Josef Grünbeck F.D.P. . . . . 12412A, 12413C Ingrid Matthäus-Maier SPD 12413 B Friedhelm Ost CDU/CSU 12414A Christian Müller (Zittau) SPD 12415 C Dr. Hermann Pohler CDU/CSU 12418B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 12419A Ortwin Lowack fraktionslos 12420 C II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. März 1993 Tagesordnungspunkt 11: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker Jung (Düsseldorf), Holger Bartsch, Hans Berger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ein gemeinsamer Europäischer Binnenmarkt braucht eine ökologisch verantwortbare Energieversorgung (Drucksache 12/3767) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Jung (Düsseldorf), Gerd Andres, Holger Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Übertragung der örtlichen Energieversorgungseinrichtungen an die ostdeutschen Kommunen (Drucksachen 12/3624, 12/4259) Volker Jung (Düsseldorf) SPD 12422 C Heinrich Seesing CDU/CSU 12424A Klaus Beckmann F.D.P. 12425C Dr. Fritz Gautier SPD . . 12427A, 12437A Bernd Heim PDS/Linke Liste 12427 C Holger Bartsch SPD 12429A Ulrich Klinkert CDU/CSU . . . . . . . 12430B Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 12432B Dr. Fritz Gautier SPD 12433 B Ulrich Klinkert CDU/CSU 12434 B Dr. Bernd Protzner CDU/CSU 12436 B Nächste Sitzung 12437 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 12439* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (a — Antrag: Ein gemeinsamer Europäischer Binnenmarkt braucht eine ökologisch verantwortbare Energieversorgung; b — Antrag: Übertragung der örtlichen Energieversorgungseinrichtungen an die ostdeutschen Kommunen) Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12440* A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 12441* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. März 1993 12373 144. Sitzung Bonn, den 5. März 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 5. 3. 93 Bachmaier, Hermann SPD 5. 3. 93 Baum, Gerhart Rudolf F.D.P. 5. 3. 93 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 5. 3. 93 ** Bock, Thea SPD 5. 3. 93 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 5. 3. 93 * Wilfried Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 5. 3. 93 Büchler (Hof), Hans SPD 5. 3. 93 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 5. 3. 93 * Bulmahn, Edelgard SPD 5. 3. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 5. 3. 93 Cronenberg (Arnsberg), F.D.P. 5. 3. 93 Dieter-Julius Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 5. 3. 93 Fuchs (Verl), Katrin SPD 5. 3. 93 Gansel, Norbert SPD 5. 3. 93 Gattermann, Hans H. F.D.P. 5. 3. 93 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 5. 3. 93 Genscher, Hans Dietrich F.D.P. 5. 3. 93 Gerster (Mainz), CDU/CSU 5. 3. 93 Johannes Gleicke, Iris SPD 5. 3. 93 Gres, Joachim CDU/CSU 5. 3. 93 Gries, Ekkehard F.D.P. 5. 3. 93 Harries, Klaus CDU/CSU 5. 3. 93 Hasenfratz, Klaus SPD 5. 3. 93 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 5. 3. 93 Hilsberg, Stephan SPD 5. 3. 93 Horn, Erwin SPD 5. 3. 93 ** Dr. Hoth, Sigrid F.D.P. 5. 3. 93 Huonker, Gunter SPD 5. 3. 93 Ibrügger, Lothar SPD 5. 3. 93 Klappert, Marianne SPD 5. 3. 93 Klemmer, Siegrun SPD 5. 3. 93 Kolbe, Manfred CDU/CSU 5. 3. 93 Kolbow, Walter SPD 5. 3. 93 ** Koschyk, Hartmut CDU/CSU 5. 3. 93 Kretkowski, Volkmar SPD 5. 3. 93 Lenzer, Christian CDU/CSU 5. 3. 93* Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 5. 3. 93 Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 5. 3. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 5. 3. 93 Michels, Meinolf CDU/CSU 5. 3. 93 * Mischnick, Wolfgang F.D.P. 5. 3. 93 Müller (Pleisweiler), SPD 5. 3. 93 Albrecht Müller (Wadern), CDU/CSU 5. 3. 93 Hans-Werner Nelle, Engelbert CDU/CSU 5. 3. 93 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 5. 3. 93 Oesinghaus, Günther SPD 5. 3. 93 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Otto (Frankfurt), F.D.P. 5. 3. 93 Hans-Joachim Pfeffermann, Gerhart O. CDU/CSU 5. 3. 93 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 5. 3. 93 Pfuhl, Albert SPD 5. 3. 93 Priebus, Rosemarie CDU/CSU 5. 3. 93 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 5. 3. 93 * Rahardt-Vahldieck, CDU/CSU 5. 3. 93 Susanne Rempe, Walter SPD 5. 3. 93 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 5. 3. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 5. 3. 93 Ingrid Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 5. 3. 93 Helmut Schaich-Walch, Gudrun SPD 5. 3. 93 Dr. Scheer, Hermann SPD 5. 3. 93 * Scheffler, Siegfried Willy SPD 5. 3. 93 Schmidbauer (Nürnberg), SPD 5. 3. 93 Horst Schmidt (Dresden), Arno F.D.P. 5. 3. 93 Schröter, Karl-Heinz SPD 5. 3. 93 Schulte (Hameln),Brigitte SPD 5. 3. 93 ** Dr. Schulte (Schwäbisch CDU/CSU 5. 3. 93 Gmünd), Dieter Schwanitz, Rolf SPD 5. 3. 93 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 5. 3. 93 Christian Seibel, Wilfried CDU/CSU 5. 3. 93 Seuster, Lisa SPD 5. 3. 93 Stachowa, Angela PDS/LL 5. 3. 93 Dr. Starnick, Jürgen F.D.P. 5. 3. 93 Steinbach-Hermann, CDU/CSU 5. 3. 93 Erika Stiegler, Ludwig SPD 5. 3. 93 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 5. 3. 93 Thierse, Wolfgang SPD 5. 3. 93 Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter CDU/CSU 5. 3. 93 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 5. 3. 93 Vosen, Josef SPD 5. 3. 93 Graf von Waldburg-Zeil, CDU/CSU 5. 3. 93 Alois Waltemathe, Ernst SPD 5. 3. 93 Welt, Jochen SPD 5. 3. 93 Wester, Hildegard SPD 5. 3. 93 Westrich, Lydia SPD 5. 3. 93 Wieczorek-Zeul, SPD 5.3.93 Heidemarie Wiefelspütz, Dieter SPD 5. 3. 93 Wittmann (Tännesberg), CDU/CSU 5. 3. 93 Simon Wohlleben, Verena SPD 5. 3. 93 Ingeburg Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 5. 3. 93 Zierer, Benno CDU/CSU 5. 3. 93 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung 12440* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. März 1993 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (a-Antrag: Ein gemeinsamer Europäischer Binnenmarkt braucht eine ökologisch verantwortbare Energieversorgung; b-Antrag: Übertragung der örtlichen Energieversorgungseinrichtungen an die ostdeutschen Kommunen) Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In der Energiepolitik bleibt viel zu tun. Nach wie vor wird der Alltag der Industriegesellschaften von einem exzessiven, verschwenderischen Energieverbrauch bestimmt, an dem unsere Mitwelt unausweichlich zugrunde geht. Die unverminderte Ausbeutung, Zerstörung und Vergiftung der natürlichen Ressourcen und der ökologischen Kreisläufe, die mit der überholten Wachstumsideologie unseres Industriezeitalters einhergehen, lassen — nicht ohne Grund — viele Menschen zweifeln, ob überhaupt noch eine Wende möglich ist. Es ist heute ein Gemeinplatz, daß eine energiepolitische Zeitenwende zur Lösung der gewaltigen Herausforderungen, welche die Umweltkrise an uns richtet, dringend notwendig ist. Die offizielle Energiepolitik aber, die der Bundesregierung, die der Energiekonzerne und nicht zuletzt die der EG-Kommission, schreckt vor dieser Jahrhundertaufgabe zurück. Gerade die Protagonisten des Status quo in der Bundesrepublik, allen voran die Bundesregierung, geben ein trauriges Bild ab. Unter dem Eindruck einer hervorragenden Arbeit der Klimaenquete verkündete die Bundesregierung im Jahre 1990 ein ehrgeiziges umweltpolitisches Ziel: 25 bis 30 % Minderung der Kohlendioxid-Emissionen bis zum Jahre 2005. Gut anderthalb Jahre später ging die Bundesregierung darüber noch weit hinaus und unterzeichnete auf der UNCED-Konferenz in Rio sogar ein Abkommen, das eine Stabilisierung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre als Ziel vorsieht. Das heißt nicht mehr und nicht weniger, als daß die Bundesrepublik Deutschland bis Mitte nächsten Jahrhunderts vollständig aus der Nutzung fossiler Brennstoffe aussteigen muß. Diesen richtungsweisenden oder besser modellhaften Zielen folgten aber bis heute keine nennenswerten Taten, im Gegenteil. Mit dem unbeirrten Festhalten an der Kernenergie demonstriert die Bundesregierung eindrücklich ihren Unwillen, an den hochgradig verschwenderischen Strukturen unseres Energiesystems Grundsätzliches zu ändern. Die Bundesregierung ist eine Innovationsbremse. Energiepolitik läßt sich natürlich nicht nur auf Klimapolitik reduzieren. Aber es ist gerade der drohende Klimaschock, in dem sowohl die Fehlentwicklungen des bisherigen Wirtschaftens der Industriegesellschaften deutlich werden, als auch die Größenordnung des erforderlichen Wandels zur Bewältigung der Probleme. Die Bundesregierung jedenfalls kann oder will ihren Beitrag zur Lösung der globalen Klimaprobleme nicht leisten. Sollte man deswegen, um die Hoffnung auf Veränderung nicht aufgeben zu müssen, auf die nächsthöhere Organisationsstufe setzen? Sollte man von der EG erwarten, was die Bundesregierung zu leisten nicht in der Lage ist? Auch das scheint vergeblich. Die energiepolitischen Vorstellungen der EG-Kommission wirken angesichts der Problemlage geradezu anachronistisch, und das, obwohl der Ansatz auf den ersten Blick plausibel zu sein scheint. Wettbewerb im Gas- und Strombereich, Aufbrechen regionaler und nationaler Monopole, Öffnung der Leitungen für Dritte — das klingt passabel. Aber das eigentliche Ziel dieser Liberalisierungspolitik, nämlich die erwünschten Preissenkungen, geht ohne neue Rahmenbedingungen in eine völlig falsche Richtung. Die angestrebten Preissenkungen schreiben die Energieverschwendung fest, unter der die Umwelt und die Gesundheit vieler Menschen heute leiden. Aber auch markt- und wettbewerbspolitisch ist diese Politik fehlgeleitet. Sollten die EG-Richtlinien Wirklichkeit werden, würde eine Entwicklung eingeleitet, die statt zu mehr Wettbewerb zu einer Konzentration der Energieversorgung auf wenige Großunternehmen in Europa hinausläuft. Die Energiekonzerne könnten mit ihren oftmals schon abgeschriebenen Großanlagen schnell den Markt beherrschen und Stellungen festschreiben. Dadurch würde nicht zuletzt auch der anstehende Vergleich zum Stromvertrag zwischen den ostdeutschen Kommunen und den westdeutschen Stromkonzernen wieder ausgehebelt. Die innovativen Impulse, die von der Rekommunalisierung der Energiewirtschaft Ostdeutschlands für ganz Deutschland und Europa ausgehen könnten, würden durch den Einstieg in den europäischen Energiemarkt in den Sand gesetzt. Völlig unterschiedliche Umweltstandards, Sicherheitsvorschriften sowie Steuern und Subventionen innerhalb Europas führen für die Energieunternehmen zu sehr divergierenden Startbedingungen. So käme eine Öffnung des Energiemarktes zu den heutigen Bedingungen in erster Linie den französischen Atomstromlieferanten zugute. Es darf nicht wahr sein, daß in Deutschland der Konsens für einen Ausstieg aus der Atomwirtschaft gesucht wird, um dann französischen Atomstrom zu importieren. Die EG-Kommission beschränkt sich mit ihren Vorschlägen zunächst auf den Einstieg mit industriellen Großkunden. Die erhalten dann allerdings Vorteile auf Kosten von Kleinverbrauchern und mittelständischen Gewerbetreibenden. Gleichzeitig läßt sich absehen, daß die EG-Richtlinien zu einem gewaltigen Hemmschuh für alle innovativen Bemühungen zugunsten einer dezentralen, effizienten Energieversorgungsstruktur werden. Unter gegenwärtigen Bedingungen wird der gemeinsame Energiemarkt die Kommunalisierung der Energieversorgung und damit vor allem die zukunftsweisende Kraft-Wärme-Kopplung, aber auch die Eigenerzeugung von Strom in Industrieunternehmen und Haushalten behindern oder sogar unterbinden. Das wäre, das wäre meine Damen und Herren, nicht nur umweltpolitisch fatal. Damit wäre auch eine der nicht eben zahlreichen Chancen zur Schaffung neuer, zukunftssicherer Arbeitsplätze in Ostdeutschland vertan. Und die Beschäftigungswirkungen einer kleinräumigen Energiestruktur sind gar nicht hoch genug einzuschätzen. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. März 1993 12441* Zukunftsorientierte Energiepolitik, die Entwicklung von Energiesystemen, kann nicht länger ohne die Umwelt gedacht und konzipiert werden. Die langjährige Ökologiedebatte hat vor allem eins gezeigt: Aus ökonomischer Sicht wurde die Umweltkrise durch ein Grundübel verursacht: Viel zu niedrige Preise für den Energie- und Ressourcenumsatz. Dieser ökonomische Selbstbetrug hinterläßt heute einen Berg ökologischer Schulden gegenüber zukünftigen Generationen, der Natur, der sogenannten Dritten Welt und der eigenen Gesundheit. Deshalb ist es endlich an der Zeit, die entstehenden externen Kosten Zug um Zug den Verursachern aufzubürden. Die EG-Kommission favorisiert hierfür bekanntlich eine Lösung, die als eine Komponente die Einführung einer CO2-Steuer vorsieht. Ein solcher Vorschlag birgt die Gefahr, daß doch wieder die nachsorgenden Umweltschutzmaßnahmen in den Vordergrund treten, die technische Rückhaltung schädlicher Emissionen — letztlich trügerische Alternativen zum grundsätzlichen Wandel des Energiesystems. Im Gegensatz zu den Vorschlägen der EG-Kommission hält die Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine allgemeine Energiesteuer oder besser Primärenergiesteuer für die umweltpolitisch sinnvollere Lösung. Damit werden außer der Klimagefährdung auch die anderen ökologischen Kosten und Schäden der Energieträger vom Abbau über die Nutzung bis zur Lagerung der Reststoffe einbezogen. Nachdem nun auch die USA willens scheinen, in die Richtung eines grundsätzlichen Wandels des Energiesystems zu gehen, fallen die bisherigen Ausreden von EG und auch Bundesregierung weg. So sollte die Bundesregierung mit einer eigenen wirkungsvollen Primärenergiesteuer Zeichen und Impulse auch für die EG setzen. Obwohl die Bundesregierung seit über zwei Jahren ihre Energiepolitik auf Sparflamme kocht, ist jetzt auch in der Bundesrepublik wieder die energiepolitische Debatte in Gang gesetzt worden. Der Energiekonsens ist in aller Munde. Rückgrat eines solchen Konsenses müßte auf jeden Fall eine spürbare und stufenweise wachsende Primärenergiesteuer sein. Diese ist die effizienteste staatliche Maßnahme, um den tiefgreifenden Wandel der Energiestrukturen langfristig anzubahnen. Bei den Konsensgesprächen dreht sich bislang alles um die weitere Nutzung von Atomkraftwerken in der Bundesrepublik. Kein Tag vergeht ohne schweren Schaden, der von der Nutzung der Atomenergie ausgeht. Ich erinnere nur an die fortwirkenden Folgen der Katastrophe von Tschernobyl. Täglich werden Regionen, Nahrungsketten und Menschen weltweit bei Abbau, Verarbeitung und Nutzung des Urans schleichend vergiftet. Allein aus diesen Gründen ist es geboten, in den Konsensgesprächen schnellstmöglich den Ausstieg aus der Atomenergienutzung vorzubereiten. Der Ausstieg aus der Atomenergie mit den damit verbundenen Großkraftwerken und Verbundstrukturen beseitigt zugleich die grundlegenden Strukturhemmnisse auf dem Weg zu einer dezentralisierten, ökologisch angepaßten Energieversorgung. Die Konsensgespräche lassen eines deutlich werden: Die Atomindustrie und ihre Lobby stehen vor dem Aus. Die mit der Atomenergie verbundenen Probleme sind weder technisch noch gesellschaftlich gelöst. Die Energiekonzerne brauchen den Energiekonsens, um nicht in eine auch für sie bedrohliche, unkalkulierbare Situation hineinzuschliddern. Der einzige Konsens, der in dieser Situation erreichbar und vertretbar ist, liegt im kontrollierten, gemeinsam verantworteten Ausstieg aus der unheilvollen Nutzung der Atomenergie. Diese Richtungsentscheidung ist überfällig. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12. Februar 1993 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen oder einen Einspruch gem. Art. 77 Abs. 3 GG nicht einzulegen. Fünfzehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Wehrsoldgesetzes Gesetz zur Gewährleistung der Geheimhaltung der dem Statistischen Amt der europäischen Gemeinschaften übermittelten vertraulichen Daten — SAEG-Übermittlungsschutzgesetz — Gesetz über das Ruhen der Verjährung bei SED-Unrechtstaten (VerjährungsG) Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Bundesbauverwaltung Gesetz über gebäude- und wohnungsstatistische Erhebungen (Wohnungsstatistikgesetz — WoStatG) Gesetz zu dem Protokoll vom 9. Dezember 1991 zu der Vereinbarung vom 8. Oktober 1990 über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe Gesetz zu dem Abkommen vom 18. Juni 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Bahrain über den Luftverkehr Gesetz zu dem Abkommen vom 22. Oktober 1991 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Rumänien fiber die Schiffahrt und den Binnenwasserstraßen Gesetz zu dem Abkommen vom 8. November 1991 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über die Binnenschiffahrt Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und lindern In Angelegenheiten der Europäischen Union Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 12/1365 Drucksache 12/2791 Drucksache 12/3232 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/4131 Nm. 3.8-3.12 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 12/2144 Nr. 2.14
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    Rede von Dr. Fritz Gautier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Darf ich Sie vielleicht darauf hinweisen, daß die Frage, wie die Geschäftsordnung der Bundesregierung angewendet wird, mehr von den Koalitionsfraktionen zu klären ist. Ich möchte noch einmal aus dem Brief des Bundesfinanzministers zitieren. Der Bundesfinanzminister schreibt darin:
    Was die Ausgestaltung einer EG-weiten CO2- Energiesteuer angeht, so möchte ich vorsorglich auf zwei Eckpunkte hinweisen, die
    — das ist unterstrichen —
    für die Bundesrepublik von grundsätzlicher Bedeutung sind.
    Das heißt, der Bundesfinanzminister behauptet, was die Außenbeziehungen zur EG-Kommission angeht, für sich selber offensichtlich, für die Bundesregierung sprechen zu können.
    Es ist Ihr Problem, es ist das Problem der Koalitionsfraktionen, wer für die Bundesregierung sprechen darf. Wir können so etwas nur zur Kenntnis nehmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich denke, in Brüssel wird man nicht unbedingt immer auf die Geschäftsordnung der Bundesregierung verweisen können; denn ich könnte mir vorstellen, daß Frau Scrivener, eine Französin, nicht unbedingt die Details innerhalb der Bundesregierung kennt. Wenn sie einen Brief des Bundesministers der Finanzen bekommt, wird sie vielmehr denken, er spreche im Namen der Bundesregierung.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Das ist eine kluge Frau!)

    — Sie ist eine kluge Frau; ich kenne sie. Trotzdem kennt sie wahrscheinlich nicht die Geschäftsordnung der Bundesregierung.

    (Zuruf von der F.D.P.: Sie ist eine liberale Frau!)

    Ich möchte in meinen Ausführungen zu dem eigentlichen Thema fortfahren. Wir diskutieren heute ja u. a. über die Richtlinienentwürfe der EG-Kommission über einen Binnenmarkt für Strom und Gas. Über diese Richtlinienentwürfe sollte eigentlich viel intensiver im Bundestag diskutiert werden, weil sie sowohl das Energiewirtschaftsgesetz als auch das Kartellgesetz, d. h. das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, den Jahrhundertvertrag, das Einspeisegesetz, das Konzessionsabgabenrecht usw. berühren. Das heißt, die Kommission schlägt neue gesetzliche Regelungen vor, die tief in das in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Rechtssystem eingreifen, was die Versorgung mit leitungsgebundener Energie angeht.
    Man kann sich von zwei Philosophien tragen lassen. Ich hatte heute den Eindruck, daß quer durch alle Fraktionen Einigkeit darüber besteht, daß wir in Deutschland uns von einer Philosophie leiten lassen, die besagt: Wir stellen Versorgungssicherheit, Preisgünstigkeit, Umwelt- und Ressourcenschonung in den Vordergrund und leiten davon ab, wieviel Wettbewerb wir wollen. Das haben wir bislang so gemacht. Deswegen haben wir § 103 GWB mit seinen Ausnahmeregelungen in den letzten 30, 40 Jahren unverändert gelassen. Ich erinnere auch an die §§ 4 und 5 des Energiewirtschaftsgesetzes mit den entsprechenden Kontrollmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden usw.
    Die EG-Kommission und zum Teil auch die F.D.P.-Fraktion, wenn ich meinen Kollegen Beckmann richtig verstanden habe, machen genau das Gegenteil. Sie



    Dr. Fritz Gautier
    sagen: Laßt uns erst einmal Wettbewerb machen, und dann gucken wir, was am Ende dabei herauskommt; dann gucken wir, wieviel Braunkohle, wieviel Steinkohle man anschließend verstromen kann. Wettbewerb ist aber eine relativ einfache Angelegenheit. Im Wettbewerb richtet sich alles nach dem Preis. Es entspricht dem normalen Verhalten in einer wettbewerbsorientierten Gesellschaft, daß man möglichst viele Produkte zu einem möglichst günstigen Preis absetzen will, um seine Gewinne zu optimieren. Das ist doch ein selbstverständliches Verhalten. Bloß, so kann die Stromversorgung doch offensichtlich nicht funktionieren.
    Der Kollege Klinkert sagte soeben in seiner Rede, die Berliner sollten doch gefälligst Lausitzer Braunkohlestrom abnehmen, obwohl sie billigeren Strom aus Norwegen bekommen. Was hat es denn mit Wettbewerb zu tun, lieber Kollege Klinkert, wenn der Strom, den ich aus Norwegen beziehe, billiger ist als der Strom aus der Lausitzer Braunkohle? Das heißt, man muß sich schon entscheiden, was man eigentlich will. Wenn man eine bestimmte Primärenergiepolitik will, die ihre Grundlage in der deutschen Steinkohle oder in der deutschen Braunkohle hat — oder wo auch immer —, dann muß man sich darüber im klaren sein, daß man Wettbewerb nicht um jeden Preis auf den Endmärkten durchsetzen kann.
    Dann kommen Leute und sagen: Beim Bezug von Strom ist es genau dasselbe wie beim Gang zum Friseur; beides sind Dienstleistungen. Ich will Ihnen dazu etwas sagen. Ich war letztens beim Friseur. Ich habe mich dort für 15 Uhr angemeldet; es ist schon eine Zeitlang her, wie man sehen kann. Als ich dort ankam, sagte man mir: Herr Gautier, nehmen Sie sich noch eine halbe Stunde Zeit; gehen Sie noch einen Kaffee trinken, wir haben im Augenblick zuviel zu tun. Daraufhin habe ich gesagt: Es ist in Ordnung, ich gehe noch einen Kaffee trinken. Als ich um 15.30 Uhr wiederkam, mußte ich noch einmal 20 Minuten warten. Stellen Sie sich vor, daß jemand abends um 8 Uhr die „Tagesschau" anstellt und das Energieversorgungsunternehmen ihm sagt: Versuchen Sie es in einer halben Stunde noch einmal; dann können wir wieder Strom liefern. So kann man das Thema doch wirklich nicht behandeln.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste — Ulrich Klinkert [CDU/CSU]: Sind wir hier denn auf dem Jahrmarkt?)

    Von daher sind wir auf völlig unterschiedlichen Märkten tätig. Das, was die Kommission in diesem Bereich vorschlägt, geht doch an der Realität vorbei.

    (Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Nicht so schnell, Herr Gautier!)

    — Ich muß ja schnell reden, weil ich so wenig Zeit habe.
    Lassen Sie mich noch ein Wort zur besonders mittelstandsfreundlichen F.D.P. sagen, die das ja immer vor sich herträgt. Die F.D.P. sagt ja immer: Wir müssen unsere mittleren Unternehmer schützen usw. Nun schlägt die EG-Kommission ja vor, daß bestimmte Unternehmen in den Genuß eines besonders günstigen Strompreises kommen sollen, nämlich dann, wenn sie mindestens 100 Gigawattstunden pro Jahr verbrauchen. Das sind schon relativ große Unternehmen.
    Ich kann Ihnen ein praktisches Beispiel nennen. In der Aachener Region gibt es zwei Unternehmen, die energieintensiv Glas herstellen.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Dort gibt es mehr!)

    — Ja, dort gibt es mehr. — Das eine Unternehmen verbraucht über 100 Gigawattstunden, das andere hingegen verbraucht vielleicht nur 90 oder 80 Gigawattstunden. Das heißt: Das kleinere Unternehmen müßte den teuren Strom beziehen, während das größere Unternehmen den billigeren Strom beziehen dürfte. Das ist doch die Philosophie der EG-Kommission. Es kann doch nicht wahr sein, daß wir Unternehmen über solche Dinge in eine Fusion hineintreiben.

    (Klaus Beckmann [F.D.P.]: Wir wollen das auch nicht!)

    — Nein, Sie wollen das auch nicht, Herr Beckmann. Bloß, Ihre Philosophie führt zu diesem Ergebnis; denn Sie wissen — wie ich auch —, daß die bestehenden Strompreisunterschiede nicht primär eine Frage des Wettbewerbs sind. Sehen Sie sich — auf Ihren Zwischenruf bezogen — z. B. einmal die Situation zwischen Deutschland und Frankreich an. In Frankreich haben wir einen Monopolisten — fürchterlich! —, die EDF. In Deutschland haben wir viele Unternehmen. Der Monopolist EDF bietet aber einen Industriestrompreis an, der 6 Pfennig unter dem deutschen Industriestrompreis liegt. Das ist aber doch nicht eine Frage des Wettbewerbs, sondern das liegt doch daran, daß wir in Deutschland — Gott sei Dank, sage ich — hervorragende Umweltauflagen haben

    (Zuruf von der CDU/CSU: Staatliche Subventionen in Frankreich!)

    und daß wir auch noch heimische Energieträger verstromen usw. Dadurch läßt sich doch ganz einfach erklären, warum es Unterschiede beim Industriestrompreis gibt.
    Wenn man das alles nicht mehr will, dann sollte man sagen, wir machen Wettbewerb, aber dann sollte man konsequenterweise auch den Rest der Veranstaltung abschaffen. Dann sollte man sagen: Den Rest der Veranstaltung wie Jahrhundertvertrag oder Einspeisegesetz usw. wollen wir nicht mehr. Wenn wir das abgeschafft haben, dann ist alles in Ordnung, und dann kann man auch Wettbewerb machen. Bloß, Sie müssen das dann auch konsequent durchhalten.
    Lassen Sie mich, da meine Redezeit abläuft, nur noch eine Bemerkung zu den Richtlinien machen. Der Ministerrat sagt auf Grund seiner Beschlußlage vom 30. November letzten Jahres: Das alles ist nicht in Ordnung. Letzte Woche hat der Berichterstatter Desama im Energieausschuß des Europäischen Parlaments einen Bericht vorgelegt, in dem auch er die Meinung vertritt, daß das alles nicht in Ordnung ist. Der Bundesrat hat gesagt: So geht das nicht. Wir werden uns ja am nächsten Mittwoch im Wirtschaftsausschuß damit beschäftigen.
    Bloß, was passiert denn nun? Nun führt das Bundeskartellamt ein Verfahren nach Art. 85 des EWG-



    Dr. Fritz Gautier
    Vertrages gegen einen Konzessionsvertrag durch
    ich will die Städte oder die beteiligten Unternehmen jetzt nicht nennen — und versucht, das Problem, das im Augenblick auf politischem Wege schwer lösbar ist, auf juristischem und kartellrechtlichem Wege zu lösen. Das ist eine Amtsanmaßung des Bundeskartellamts. Das halte ich für unglaublich.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Unglaublich?)

    — Der bundesdeutsche Gesetzgeber — Sie waren doch im Deutschen Bundestag, als wir das Kartellgesetz novelliert haben — hat in Kenntnis von Art. 85 des EWG-Vertrages gesagt: Wir machen eine Ausnahmebestimmung. Das Kartellamt möge sich daran halten. Jetzt sagt das Kartellamt: Nein, das ist eine politische Diskussion im Ministerrat, im Europäischen Parlament und im Bundestag. Das interessiert uns alles nicht. Wir ziehen jetzt alles durch.
    Dieses Verhalten ist nicht zu akzeptieren. Deswegen fordere ich auch von dieser Stelle aus die EG- Kommission auf, das Verfahren selber an sich zu ziehen und im Zweifelsfall eine Freistellung nach Art. 85 Abs. 3 zu machen. Es ist schon unglaublich, daß die EG-Kommission kartellrechtliche Freistellungen macht, z. B. für Bierlieferverträge; ausschließliche Vertragsbeziehungen zwischen Brauereien und Gaststätten. Die Gaststätten dürfen dann nur das Bier von bestimmten Brauereien verkaufen. Dies alles soll kartellrechtlich freigestellt werden. Aber bei ausschließlichen Bezugsverträgen im Strombereich, in einem sensiblen Bereich, wird gesagt: Dies können wir nicht dulden.
    Dann soll sich das Kartellamt einmal um Bierlieferverträge, um Gruppenfreistellungsvereinbarungen für Automobilvertriebsysteme oder um Franchise-Systeme für McDonalds usw. kümmern. Aber in diesem Bereich versuchen sie jetzt, einen Musterprozeß zu machen, um das, was politisch umstritten ist, auf juristischem und kartellrechtlichem Wege durchzusetzen. Dies können wir auf keinen Fall akzeptieren.
    Abschließend möchte ich für die SPD-Fraktion sagen, daß wir das, was sich die EG-Kommission vorstellt, so nicht akzeptieren können. Wir haben in unserem Antrag eine Reihe von Alternativen deutlich gemacht. Wir sind auch für den Binnenmarkt im Bereich der leitungsgebundenen Energieversorgung. Bloß, der Binnenmarkt muß dort auf die Grundprioritäten Rücksicht nehmen, nämlich auf Versorgungssicherheit, Preisgünstigkeit sowie Umwelt- und Ressourcenschonung, nicht aber das Umgekehrte machen, das, was die Kommission im Augenblick vorsieht.
    Recht herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Abgeordnete Dr. Bernd Protzner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Bernd Protzner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Weil
    Sie, Herr Gautier, den bayerischen Finanzminister angesprochen haben, muß ich Ihnen doch versichern, daß wir in Bayern nach wie vor wirtschaftlich erfolgreich sind. Wir sind deswegen wirtschaftlich erfolgreich, weil wir durchaus auch auf Preise schauen. Trotzdem haben wir uns als erstes Bundesland der Bundesrepublik Deutschland entschieden, über unseren Stromversorger Braunkohlenstrom aus den jungen Bundesländern abzunehmen.
    Sie können versichert sein, daß wir uns das wirtschaftlich und finanziell sehr gut überlegt haben. Nachdem uns ja sehr enge Kontakte der Politik zur Wirtschaft nachgesagt werden und wir uns dieser Kontakte der Wirtschaft zur Politik auch nicht schämen, können Sie auch sicher sein,

    (Günter Verheugen [SPD]: Kontakte werden Ihnen nicht vorgeworfen! — Barbara Weiler [SPD]: Unbezahlte Kontakte sind gut! Die Bezahlung ist nicht gut!)

    daß sehr gründlich darüber diskutiert worden ist, ob sich das rechnet, lieber Herr Kollege Verheugen.
    Wir sind der Überzeugung, daß sich bei modernen Braunkohlekraftwerken der Bezug von Strom nach Bayern rechnet. Die bayrischen Versorgungsunternehmen — das wissen Sie, Herr Verheugen, nachdem ja auch Sie regelmäßig in Oberfranken sind und wir im gleichen Gebiet miteinander Politik betreiben — haben bereits 1 Milliarde DM ausgegeben, um eine entsprechende 380-KV-Hochspannungsleitung zu bauen.
    Herr Gautier, Ihre Ausführungen bestätigen mir, daß der Leitsatz Ihres Antrags so, wie er formuliert ist, kein Zufall ist. Da heißt es nämlich: „Ein gemeinsamer europäischer Binnenmarkt braucht eine ökologisch verantwortbare Energieversorgung." Sie sprechen vom europäischen Binnenmarkt. Da kann ich Ihnen noch folgen. Aber wenn es dann um die Energie geht, dann sprechen Sie nur noch von Versorgung. Da kommen Sie von der Marktwirtschaft zur Versorgungswirtschaft. Wir brauchen aber — und das setze ich Ihnen entgegen — Marktwirtschaft und keine Versorgungswirtschaft, um weiterzukommen.
    Wie gut Versorgungswirtschaft ist, habe ich Ihnen ja gerade gesagt. Das können wir in Oberfranken und kann auch der Kollege Verheugen an jedem zehnten Tag, den er in seinem Wahlkreisgebiet in Kulmbach und Bayreuth ist, feststellen. An jedem zehnten Tag haben wir Ostwind. Dann kriegen wir aus den Kraftwerken der neuen Bundesländer und auch aus der ehemaligen Tschechoslowakei erhebliche Schmutzfrachten seit Jahrzehnten zu uns herüber. Dort hat man Versorgungswirtschaft betrieben. Dort hat man nicht marktwirtschaftlich gedacht.
    Marktwirtschaft bringt Veränderung und auch besseren Umweltschutz. Es ist eben kein Gegensatz zwischen Marktwirtschaft und Umweltschutz zu konstruieren, wie Sie das immer wieder versuchen. Nur über Wettbewerb kommt der Fortschritt. Ohne Wettbewerb erlahmt die kaufmännische und technische Innovation.
    Warum gibt es denn, wie Sie in Ihrem Antrag beklagen, so wenige Kraftwärmekopplungen auf



    Dr. Bernd Protzner
    lokaler Ebene? Ganz einfach deshalb, weil wir hier Monopolisten, und zwar kommunale Monopolisten haben, die Sie noch zusätzlich kartellrechtlich aufrechterhalten, denen Sie Schutzzäune ziehen wollen. Deswegen sind die an dem technischen Fortschritt der Kraftwärmekopplung um Jahrzehnte vorbeigegangen. Welche Torheit ist es, hier fortsetzen zu wollen.
    Akzeptabel bei den Kunden sind neuere Kraftwerke, sind bessere Kraftwerke. Die lassen sich durchsetzen.