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    Plenarprotokoll 12/136 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 136. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 3. Februar 1993 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Agrarbericht 1993; Bildungs- und Forschungspolitik; Offensive gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit; Änderung des Abwasserabgabengesetzes) Jochen Borchert, Bundesminister BML 11775B Horst Sielaff SPD 11775 D Jochen Borchert, Bundesminister BML 11776A Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . . 11776 B Jochen Borchert, Bundesminister BML 11776C Egon Susset CDU/CSU 11776 C Jochen Borchert, Bundesminister BML 11776C Egon Susset CDU/CSU 11776D Jochen Borchert, Bundesminister BML 11776D Günther Bredehorn F D P 11777 A Jochen Borchert, Bundesminister BML 11777A Günther Bredehorn F D P 11777 A Jochen Borchert, Bundesminister BML...11777B Rudolf Müller (Schweinfurt) SPD . . . . 11777B Jochen Borchert, Bundesminister BML . 11777C Dr. Gerald Thalheim SPD 11777 D Jochen Borchert, Bundesminister BML 11777D Dr. Gerald Thalheim SPD 11778A Jochen Borchert, Bundesminister BML 11778A Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste 11778 B Jochen Borchert, Bundesminister BML 11778B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste 11778C Jochen Borchert, Bundesminister BML 11778C Ulrich Heinrich F D P 11778 D Jochen Borchert, Bundesminister BML 11778D Ulrich Heinrich F.D P 11778D Jochen Borchert, Bundesminister BML 11779A Doris Odendahl SPD 11779A Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11779B Doris Odendahl SPD 11779C Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11779C Günter Rixe SPD 11779D Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11779D Günter Rixe SPD 11779D Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11780A Edelgard Bulmahn SPD 11780A Matthias Wissmann, Bundesminister BMFT 11780B Edelgard Bulmahn SPD . . . . . . . . . 11780 D Matthias Wissmann, Bundesminister BMFT 11780D Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 11781B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11781C Josef Vosen SPD 11781 C Matthias Wissmann, Bundesminister BMFT 11781C Horst Kubatschka SPD 11781D Matthias Wissmann, Bundesminister BMFT 11781D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Februar 1993 Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde — Drucksachen 12/4235 vom 29. Januar 1993 und 12/4245 vom 2. Februar 1993 — Dringlichkeitsfrage 1 des Abgeordneten Otto Schily (SPD) Drucksache 12/4245 vom 2. Februar 1993 Finanzierung des Höhenforschungsflugzeugs „StratoC" Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11782 C Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . 11782 C Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11782 D Manfred Opel SPD . . . . . . . . . . . 11783 B Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 11783 B Edelgard Bulmahn SPD . . . . . . . . . 11783 D Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT 11783D Renate Schmidt (Nürnberg) SPD . . . 11784A Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF 11784A Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT 11784B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 11784 C Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT . . . . . . . 11784 D Norbert Gansel SPD . . . . . . . . 11785 A Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11785 A Norbert Gansel SPD . . . . . . . . . . 11785A Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF 11785A Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 11785 C Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . 11785 C Brigitte Baumeister CDU/CSU 11785D Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT . . . . . . . . . . 11785D Horst Kubatschka SPD 11786A Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT . . . . . . . . . . . . . . . . . 11786 A Dr. Emil Schnell SPD 11786B Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11786C Dr. Emil Schnell SPD 11786D Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT 11787A Monika Ganseforth SPD . . . . . . . 11787 D Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT 11788A Dr. Konrad Elmer SPD 11788 C Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF 11788C Cornelia Schmalz-Jacobsen F D P 11788 C Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT 11788C Christoph Matschie SPD 11788D Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT . . . . . . . . . . . . . . . . . 11788D Dringlichkeitsfrage 2 des Abgeordneten Otto Schily (SPD) Drucksache 12/4245 vom 2. Februar 1993 Fördermittel für das Höhenforschungsflugzeug „StratoC" Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF 11789B Otto Schily SPD 11789 B Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF 11789C Otto Schily SPD 11789 C Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF 11789C Manfred Opel SPD . . . . . . . . . . 11789 D Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . • 11789 D Renate Schmidt (Nürnberg) SPD . . . 11790A Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11790A Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT . . . . . . . • . . . . . 11790B... Norbert Gansel SPD . . . . 11791A Jürgen Echternach, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11791 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . 11791 B Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMFT. . . . . . . . . 11791 D Zusatztagesordnungspunkt: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den jüngsten Vorgängen im Kernkraftwerk Brunsbüttel Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 11791D Heinrich Seesing CDU/CSU 11793A Dr. Jürgen Starnick F D P 11793 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Februar 1993 III Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 11794D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11795D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU 11796C 11804A Joseph Fischer, Staatsminister des Landes Hessen 11798A, 11804C Dietrich Austermann CDU/CSU 11799B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD .. 11800C Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F D P 11801 C Dr. Klaus Kübler SPD . . . . . . . . . 11802 C Klaus Harries CDU/CSU 11803B Horst Kubatschka SPD 11805A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU 11805 D Ulrich Klinkert CDU/CSU 11806 D Nächste Sitzung 11807 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11809* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Februar 1993 11775 136. Sitzung Bonn, den 3. Februar 1993 Beginn: 13.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 3. 2. 93 Antretter, Robert SPD 3. 2. 93 * Barbe, Angelika SPD 3. 2. 93 Baum, Gerhart Rudolf F.D.P. 3. 2. 93 Berger, Hans SPD 3. 2. 93 Bindig, Rudolf SPD 3. 2. 93 * Blunck (Uetersen), SPD 3. 2. 93 * Lieselott Böhm (Melsungen), CDU/CSU 3. 2. 93 * Wilfried Büchler (Hof), Hans SPD 3. 2. 93 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 3. 2. 93 * Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 3. 2. 93 Dehnel, Wolfgang CDU/CSU 3. 2. 93 Eich, Ludwig SPD 3. 2. 93 Eimer (Fürth), Norbert F.D.P. 3. 2. 93 Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 3. 2. 93** Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 3. 2. 93 * Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 3. 2. 93 Gerster (Mainz), CDU/CSU 3. 2. 93 Johannes Hasenfratz, Klaus SPD 3. 2. 93 Dr. Holtz, Uwe SPD 3. 2. 93 * Kittelmann, Peter CDU/CSU 3. 2. 93 * Lenzer, Christian CDU/CSU 3. 2. 93 * Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 3. 2. 93 Lummer, Heinrich CDU/CSU 3. 2. 93 * Marx, Dorle SPD 3. 2. 93 Mascher, Ulrike SPD 3. 2. 93 * Dr. Meyer zu Bentrup, CDU/CSU 3. 2. 93 * Reinhard Michels, Meinolf CDU/CSU 3. 2. 93 * Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 3. 2. 93 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller, Günther CDU/CSU 3. 2. 93* Oesinghaus, Günther SPD 3. 2. 93 Opel, Manfred SPD 3. 2. 93** Dr. Penner, Willfried SPD 3. 2. 93 Pfuhl, Albert SPD 3. 2. 93 * Poß, Joachim SPD 3. 2. 93 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 3. 2. 93 * Reddemann, Gerhard CDU/CSU 3. 2. 93* Reimann, Manfred SPD 3. 2. 93* Rempe, Walter SPD 3. 2. 93 Richter (Bremerhaven), F.D.P. 3. 2. 93 Manfred Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 3. 2. 93 Ingrid Dr. Scheer, Hermann SPD 3. 2. 93 * Dr. Schmidt CDU/CSU 3. 2. 93 (Halsbrücke), Joachim von Schmude, Michael CDU/CSU 3. 2. 93* Dr. Schneider CDU/CSU 3. 2. 93 (Nürnberg), Oscar Dr. Schnell, Emil SPD 3. 2. 93 Schulte (Hameln), SPD 3. 2. 93** Brigitte Schwarz, Stefan CDU/CSU 3. 2. 93 Dr. Soell, Hartmut SPD 3. 2. 93 * Stachowa, Angela PDS/LL 3. 2. 93 Steiner, Heinz-Alfred SPD 3. 2. 93* Terborg, Margitta SPD 3. 2. 93* Verheugen, Günter SPD 3. 2. 93 Dr. Waffenschmidt, Horst CDU/CSU 3. 2. 93 Zierer, Benno CDU/CSU 3. 2. 93* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versamm- lung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, die von Ihnen beschworene Sachlichkeit ersetzt nicht das Einfühlungsvermögen in die Sorgen der Betroffenen und auch nicht den Ernst der Bedenken, den es tatsächlich gibt. Leider haben wir ein trauriges Beispiel der ideologisch bedingten Verharmlosung, kombiniert mit Medienschelte, durch meinen Vorredner geboten bekommen. Ich bedauere das.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen; versetzen Sie sich bitte für einen Moment in die Lage der Menschen, die in Brunsbüttel und der näheren Umgebung leben. Im Industriegebiet haben sich vorwiegend Chemieunternehmen angesiedelt. Die strukturschwache Region erhält dadurch Arbeitsplätze. Die Bevölkerung weiß das zu schätzen.
    Demnächst wird dort eine Sonderabfallverbrennungsanlage gebaut. Auch das wird von der Mehrheit der Anwohner akzeptiert, trotz mancher hitzigen Auseinandersetzung.
    Schließlich gibt es dort den betagten Atomreaktor. Ein anderer, ebenfalls durch Pannen nicht unbekannter, steht praktisch schräg gegenüber am anderen Elbufer bei Stade. Ein Stück stromaufwärts von Brunsbüttel erhebt sich ein moderneres Kernkraftwerk, dessen Name für die Antiatombewegung Symbolkraft erlangte: Brokdorf.
    Die Menschen dort haben sich an die Gegebenheiten ihres Umfelds gewöhnt, aber sie verlangen Sicherheit und Schutz vor allen Gefahren, die mit dieser Umgebung einhergehen. Sie sind hochsensibel. Man muß auf diese Interessen eingehen. Das weiß ich als Abgeordnete dieses Kreises aus vielen Gesprächen.
    Erst kürzlich wieder machten alarmierende Gerüchte über eine Häufung von Leukämiefällen in diesem Gebiet die Runde. Mir ist bekannt, meine Damen und Herren, daß die Untersuchungen nicht wissenschaftlich erhärtet sind. Panikmache liegt mir hier fern. Aber ich will Ihnen einfach klarmachen, auf welche Stimmungslage die jüngsten Vorfälle um den



    Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast
    Meiler von Brunsbüttel an Ort und Stelle treffen müssen.
    Allein im ersten Jahrzehnt nach seiner Inbetriebnahme wurden 158 Störfälle registriert. Es gab später immer wieder Mängel und Fehler, Bolzen rissen auf, Schrauben verschwanden. Jetzt also Risse im Rohrsystem.
    Es ist nur konsequent, richtig und notwendig, daß das Werk abgeschaltet bleibt, bis alle denkbaren Ursachen und Folgen geklärt sind, und zwar lückenlos. Daß damit das Problem nur kurzfristig gelöst ist, wissen wir alle. Vor allem aber: Es ist wieder einmal der fatale Eindruck entstanden, daß sich das Bundesumweltministerium, Herr Minister, wie auch die Hamburgischen Elektrizitätswerke vor der frühzeitigen und umfassenden Aufklärung gedrückt haben.

    (Beifall bei der SPD — Unruhe und Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Es ist ein Kardinalfehler der Atompolitik, meine Damen und Herren, den man vermeiden muß. Die Menschen in Brunsbüttel und überall dort, wo Pannen und Mängel an Kernkraftwerken auftreten, haben einen Anspruch auf Klarheit und Wahrheit. Was sie nicht brauchen können, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind Beschwichtigung, Vernebelung, Verharmlosung von Tatsachen.

    (Beifall bei der SPD — Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Abschalten oder nicht?)

    Der Energieminister von Schleswig-Holstein kämpft seit Jahren für ein Konzept zum Ausstieg aus der Kernenergie, das die SPD des Landes seit den 70er Jahren vertritt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und deswegen ist er heute nicht hier?)

    Die Weisungsbefugnis des Bundes schnürt seinen Handlungs- und Entscheidungsspielraum ein, das wissen Sie. Immer wieder muß er mit Sicherheitsüberprüfungen den Beweis dafür erbringen, daß es eben keinen absoluten Schutz vor den Risiken der Kernkraft gibt. Das Schwarze-Peter-Spiel, das Sie hier probieren, machen wir nicht mit. Der Informationspolitik des Ministers ist nichts vorzuwerfen.

    (Beifall bei der SPD)

    Im übrigen: Die Hartnäckigkeit, Wachsamkeit und Ehrlichkeit eines Günther Jansen vermisse ich bei dieser Bundesregierung, wenn es um die Kernenergie geht.

    (Beifall bei der SPD — Unruhe bei der CDU/ CSU — Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Und wir vermissen Jansen!)

    Meine Damen und Herren, es ist offenbar wieder Zeit, daran zu erinnern: Die Sicherheit, die hier in der Atomenergie verlangt wird, duldet keine Abstriche und keinen Kompromiß. Eine Technologie, die menschliches Versagen nicht verzeiht und bei der Materialschäden unabsehbare Konsequenzen und
    Ängste heraufbeschwören, können und dürfen wir uns auf die Dauer eben nicht leisten.

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt das Wort unserem Kollegen Karl-Hans Laermann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Sonntag-Wolgast, ich stimme ja mit Ihnen überein, daß es unsere Aufgabe ist, Beunruhigung und Verunsicherung von der Bevölkerung zu nehmen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Aber ob Ihre und die Aktion von Herrn Jansen, begleitet von den Medien, dazu geführt hat, diese Beruhigung herbeizuführen, wage ich zu bezweifeln. Denn die Leute in Brunsbüttel wissen seit August, daß das Kernkraftwerk stillgelegt ist und daß seit November die Risse entdeckt worden sind. Das war auch Herrn Jansen bekannt. Und vor wenigen Tagen wurde die Nachricht groß herausgepustet, dort hätte es sozusagen fast eine Katastrophe gegeben. So ist es doch angekommen.
    Ich habe mir die Sendung im Fernsehen angeschaut und war zunächst einmal total verwirrt. Was dort gezeigt wurde, entsprach überhaupt nicht der Wahrheit. Dem Herrn Timm, den man gebeten hatte, dort Stellung zu nehmen, wurde dann das Wort abgeschnitten, als er die Fakten wirklich auf den Tisch legen wollte, um klarzustellen, worum es eigentlich geht,

    (Zurufe von der SPD)

    daß es bei diesen Vorgängen eben nicht um das Kühlsystem als solches geht, sondern um die Pumpenschmierung. Es handelt sich überhaupt nicht um sicherheitsrelevante, sondern um betriebsnotwendige Anlagenteile. Selbst wenn diese ausfallen, laufen der Naturumlauf und die Kühlung nachdrücklich weiter.

    (Zuruf von der SPD: Aber die Sicherheit ist geringer!)

    Die Risse haben mit der Kühlung überhaupt nichts zu tun. Das andere ist das Reaktorwasserreinigungssystem. Auch das hat mit den Sicherheitsaspekten überhaupt nichts zu tun.

    (Dr. Klaus-Dieter Feige [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie sich einmal Greifswald an!)

    Nun will ich nicht verhehlen, daß es sicherlich wichtig ist, das festzustellen. Ich habe auch beim Umweltminister Töpfer nichts anderes gehört. Er hat sich auch nicht leichtfertig um Informationen gedrückt. Ich möchte sagen, daß hier leichtfertig mit der Wahrheit umgegangen wird und nicht mit den Sicherheitsauflagen in einem Kernkraftwerk. Ich glaube, in dieser Richtung sind wir alle sehr sensibel. Das wollen wir doch noch einmal deutlich herausstellen.



    Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann
    Ich meine, daß man durchaus der Frage nachgehen muß, wo Risse in diesem Rohrleitungssystem herkommen, auch wenn es sich nicht um hochsicherheitsoder sicherheitsrelevante Systemteile handelt. Es ist für einen Konstrukteur und Ingenieur schon wichtig, zu wissen, wo die Risse herkommen. Nun weiß man von austenitischen Stählen, daß es Heißrisse bei den Schweißnähten gibt. Die Prüfverfahren sind verfeinert und verbessert worden, so daß man heute in der Lage ist, mit dem hohen Auflösungsvermögen der neuartigen Meßgeräte Dinge festzustellen, die wir vor zehn Jahren noch nicht feststellen konnten. Auch das muß einmal gesagt werden. Wenn heute gerätselt wird, ob es sich in dem einen oder anderen Fall um die betriebsbedingte Erweiterung eines Risses handelt oder nicht, dann wird diese Frage sehr sorgfältig zu prüfen sein. Sie wird auch sehr sorgfältig geprüft. Sie können sich darauf verlassen, daß wir dieses Ergebnis abwarten.
    Inzwischen stellt sich aber schon die Frage: Wie kommt es zu dem Unterschied zwischen dem Erstbild, dem Röntgenbild der Schweißnaht von 1979, und der jetzt festgestellten Erscheinung? Dies muß einmal analysiert werden. Es ist nämlich noch gar nicht sicher, ob es sich um eine Rißerweiterung handelt oder nicht. Aber hier wird schon so getan, als ob das ganze Ding am Zusammenbrechen sei.
    Man sollte die Bevölkerung nicht weiter verunsichern, sondern ehrlich feststellen, woran es liegt,

    (Zuruf von der SPD: Darum geht es doch!)

    welche Relevanz es für die Sicherheit hat. Es hat nämlich keine Relevanz für die Sicherheit. Außerdem sollte man nicht so tun, als ob es sich um das hochempfindliche Kühlkreis- und Kühlsystem handelte, das ohnedies redundant ausgelegt ist. Von daher sind auch bei einer Leckage keine Schwierigkeiten, keine Probleme im Betrieb zu erwarten oder zu befürchten.

    (Zuruf von der SPD: Das war ja das Problem, daß keine Leckagen da waren!)

    Sollte ein Leck auftreten, wird im Naturumlauf die Pumpenschmierung weiterlaufen. Alles andere ist für die Sicherheitsbeurteilung des Betriebs überhaupt nicht relevant.
    Ich habe die Vermutung, daß es beim Hochspielen dieser Geschichte, nachdem man davon schon drei oder vier Monate wußte, um politische Dinge geht. Vielleicht sollte doch der Ansatz von Herrn Schröder gestört werden, sich mit einigen EVU zu arrangieren.

    (Widerspruch bei der SPD — Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Wir haben die Risse bestellt!)

    — Nein, nein, das ist Demagogie um die Restzeitnutzung. Herr Schröder war doch bereit, dies zu tun. Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Unter Berücksichtigung der hohen Sicherheitsanforderungen, die wir stellen, wäre es mir lieber, wir würden die älteren Kernkraftwerke durch neue mit neuer, verbesserter Sicherheit und neuer, verbesserter Technik ersetzen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das wäre mir lieber. Die Vereinbarungen, die sich abzuzeichnen beginnen, halte ich für ein Übel. Hier sollte offensichtlich von anderer Seite der SPD, aus anderer Sicht Störfeuer gegeben werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ganz genau!)

    Das dient wirklich nicht einer sachlichen Aufklärung unserer Bevölkerung.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)