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    Plenarprotokoll 12/124 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 124. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. November 1992 Inhalt: Begrüßung einer Delegation des Sejm der Republik Polen unter Leitung des Vizemarschalls des Sejm, Herrn Dr. Jòzef Zych . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10607 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Rudolf Müller (Schweinfurt) . . 10607 B Begrüßung einer Delegation des Kulturausschusses der Ungarischen Nationalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . 10641 D Tagesordnungspunkt III: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksachen 12/3000, 12/3541) Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen 12/3509, 12/3530) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III 25: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1993 (ERPWirtschaftsplangesetz 1993) (Drucksachen 12/3331, 12/3538, 12/3750) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III 26: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Verwaltung des ERP-Sondervermögens (Drucksachen 12/3332, 12/3751) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III 27: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zum Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 für die Jahre 1989 bis 1992 (13. Subventionsbericht) (Drucksachen 12/1525, 12/2503) Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD . . . . . 10608 A Rudi Walther (Zierenberg) SPD . . . . 10610A Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 10611A Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD 10611D, 10631C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 10613 B Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . 10613D Josef Grünbeck F.D.P. . . . . 10614D, 10638A Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste 10616C Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . 10618 B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1992 Johannes Nitsch CDU/CSU 10620C Wolfgang Roth SPD 10623 A Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU . . . 10623C Michael Glos CDU/CSU 10623D Herbert Lattmann CDU/CSU . . . . 10624 C Josef Grünbeck F D P 10626B Anke Fuchs (Köln) SPD 10626B Matthias Wissmann CDU/CSU . . . 10626C Johannes Nitsch CDU/CSU 10627 D Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . 10629A Ingrid Matthäus-Maier SPD . 10630A, 10635D Karl Stockhausen CDU/CSU . . . . . 10630 C Otto Schily SPD . . . • . . . . . . • . 10630D Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . 10634 B Hans Martin Bury SPD . . . . . . . . . 10636D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10638C Rainer Haungs CDU/CSU . . . . . . . . 10639A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos . . . . . . 10640D Namentliche Abstimmung . . 10641 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . 10645 C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 12/3512, 12/3530) Ernst Waltemathe SPD . . . . 10642A Wilfried Bohlsen CDU/CSU . . . . . . . 10647 D Werner Zywietz F.D.P. . . . . . . . . . 10650A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 10652B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . 10654 A Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 10656 B Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . 10657 B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 10659 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksachen 12/3507, 12/3530) in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 12/3519, 12/3530) Dr. Hans de With SPD 10660A Michael von Schmude CDU/CSU . . . 10662D Franz Müntefering SPD . . . . . . . 10664 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 10666A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste 10667 A, 10668 C Gerhard Reddemann CDU/CSU . . . . 10668B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 10668 C Gerhard Reddemann CDU/CSU . . 10669A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 12/3510, 12/3530) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III 32: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Sielaff, Brigitte Adler, Ernst Kastning, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Zur bilanziellen Entlastung von landwirtschaftlichen Unternehmen in den neuen Ländern (Drucksachen 12/2317, 12/3234) Ernst Kastning SPD . . . . . . . . . . . 10670 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . 10674 B Ernst Kastning SPD . . 10676C, 10681C Dr. Sigrid Hoth F.D.P. . . . . . . . . . 10677 B Jan Oostergetelo SPD . . . . . . . . . 10677 D Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste . . . . . . . . . . . . . . . 10679 A Ignaz Kiechle, Bundesminister BML . . . 10680C Ingrid Matthäus-Maier SPD 10683 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 12/3522, 12/3530) Thea Bock SPD . . . . . . . . . . . . . 10684 B Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 10685D Dieter Pützhofen CDU/CSU 10688 A Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD . . . . 10688C Thea Bock SPD . 10688D, 10692B, 10698A Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 10691B, 10694C Dr. Walter Hitschler F.D.P. . . . . . . . 10693 A Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 10694D, 10697A Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese) CDU/ CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10696 C Dr. Irmgard Schwaetzer, Bundesministerin BMBau . . . . . . . . . . . . . . . . 10697A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1992 III Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 12/3516, 12/3530) Hans Georg Wagner SPD . . . . . . . . 10699 D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 10703A Michael von Schmude CDU/CSU . . . 10703 D Dr. Emil Schnell SPD 10706 A Dr. Sigrid Hoth F D P 10706 B Otto Schily SPD 10707C Karl Diller SPD 10708A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 10708 C Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10709D Joseph Fischer, Staatsminister des Landes Hessen 10711B Dr. Sigrid Hoth F.D P 10713 B Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU 10714D, 10718B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 10717D Ulrich Klinkert CDU/CSU (Erklärung nach § 31 der GO) 10718C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie (Drucksachen 12/3523, 12/3530) Dr. Emil Schnell SPD 10719B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . 10722 C Werner Zywietz F D P 10725 D Ingeborg Philipp PDS/Linke Liste . . 10727 B Dr. Heinz Riesenhuber, Bundesminister BMFT 10728A Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . 10728B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für Post und Telekommunikation (Drucksachen 12/3513, 12/3530) Arne Börnsen (Ritterhude) SPD 10731 C Manfred Kolbe CDU/CSU 10733 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU 10735A Jürgen Timm F D P 10735 C Peter Paterna SPD 10736 D Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT 10738 C Dr. Peter Struck SPD 10741A Haushaltsgesetz 1993 (Drucksachen 12/3590, 12/3591) Christoph Matschie SPD 10741 D Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 10742 D Dr. Peter Struck SPD 10743A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 10744A Tagesordnungspunkt III 38: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses: Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksachen 12/3100, 12/3541, 12/3759) 10745 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . 10745D Berichtigung 10746 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10747* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1992 10607 124. Sitzung Bonn, den 26. November 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    10746 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1992 Berichtigung 122. Sitzung, Seite 10383 C: In der Rede des Abgeordneten Lowack muß ab der dritten Zeile der Satz richtig lauten: „Am 8. September dieses Jahres hat der Bundesfinanzminister eine von ihm vielbeachtete Rede gehalten." Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 26. 11. 92 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 26. 11. 92 * Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 26. 11. 92 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 26. 11. 92 Peter Harry Clemens, Joachim CDU/CSU 26. 11. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 26. 11. 92 ** Ganseforth, Monika SPD 26. 11. 92 ** Gattermann, Hans H. F.D.P. 26. 11. 92 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 26. 11. 92 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 26. 11. 92 Gries, Ekkehard F.D.P. 26. 11. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 26. 11. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Holtz, Uwe SPD 26. 11. 92 Homburger, Birgit F.D.P. 26. 11. 92 Ibrügger, Lothar SPD 26. 11. 92 Kolbe, Regina SPD 26. 11. 92 Kretkowski, Volkmar SPD 26. 11. 92 Kubatschka, Horst SPD 26. 11. 92 ** Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 26. 11. 92 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 26. 11. 92 Klaus W. Marx, Dorle SPD 26. 11. 92 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 26. 11. 92 ** Müller (Pleisweiler), SPD 26. 11. 92 Albrecht Oesinghaus, Günther SPD 26. 11. 92 Rempe, Walter SPD 26. 11. 92 Reuter, Bernd SPD 26. 11. 92 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 26. 11. 92 Ingrid Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 26. 11. 92 Dr. Seifert, Ilja PDS/LL 26. 11. 92 Dr. Sperling, Dietrich SPD 26. 11. 92 Vosen, Josef SPD 26. 11. 92 Welt, Jochen SPD 26. 11. 92 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 26. 11. 92
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    Rede von Dr. Klaus-Dieter Feige


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben am Dienstag einen aufschlußreichen Eindruck von der finanzpolitischen Seriosität dieser Regierung bekommen. Herr Waigel hat Zahlen für den Papierkorb vorgelegt, und dennoch hat eine Mehrheit dieses Hauses — die Gnade der Technik konnte diese Debatte gerade noch ein paar Stunden verhindern —

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Aber die Kollegen Ihrer Gruppe bleiben aus Protest lieber zu Hause!)

    einem Verfahren zugestimmt, das alle Haushaltsgrundsätze des Grundgesetzes verletzt. Es ist weder
    vollständig, noch entspricht es dem Prinzip der Klarheit und Wahrheit.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Das nehmen Sie aber sofort zurück!)

    Man betrachte nur die Neuverschuldung, die jetzt mit 43 Milliarden DM, Herr Waigel, den ursprünglichen Ansatz noch um 5 Milliarden DM übersteigt — die ganzen Schatten- und Nebenhaushalte nicht eingerechnet; die beherrsche ich als Ostabgeordneter noch nicht.
    Meine Damen und Herren, in der weltwirtschaftlichen Schönwetterperiode der 80er Jahre — das sind zufällig die letzten zehn Jahre, von denen der Kanzler gestern gesprochen hat — konnte das wirtschaftspolitische Nichtstun keinen großen Schaden anrichten. Nach der Wiedervereinigung hat sich aber die Geschäftsgrundlage für die Wirtschaftspolitik nachhaltig geändert. Die Folgen der wirtschaftspolitischen Ignoranz werden jetzt sichtbar. Selbst die traditionellen Formen der Wirtschaftspolitik wurden in unverantwortlicher Weise vernachlässigt. Neue wirtschaftspolitische Strategien, der Umbruchsituation in den neuen Bundesländern angemessen, waren nicht zu erkennen. Die Vertreter der Bundesregierung glaubten allen Ernstes, daß die Angleichung der Lebensverhältnisse im Selbstlauf erfolgen würde.
    Das strukturpolitische Versagen der Bundesregierung wurde zuallererst bei der vom Bundesfinanzminister zu verantwortenden Treuhandpolitik sichtbar. Die Treuhandanstalt sieht ihre Aufgabe fast ausschließlich in der Privatisierung der Unternehmen und Betriebe. Die Aufgabe der Sanierung der Wirtschaftseinheiten wird bis auf den heutigen Tag — trotz anderer Beteuerungen — in ihrer Bedeutung unterschätzt.
    Bei einer Privatisierung ohne vorherige Sanierung bleibt in der Regel jedoch nur ein Bruchteil von industrieller Substanz und Arbeitsplätzen der Unternehmen erhalten. So war absehbar, daß es bei einer Fortschreibung der bisherigen Politik der Treuhandanstalt zu einer weitgehenden Vernichtung der industriellen Kernbereiche Ostdeutschlands kommen würde.
    Nach der Rede des Bundeskanzlers von gestern habe ich heute früh die Reaktionen darauf der Presse entnehmen können. In Mecklenburg-Vorpommern z. B. machen sich genau die Betriebe Hoffnungen, jetzt zum Kernbereich erklärt zu werden, die durch die gerade erwähnte Vernachlässigung bereits heute alle Experten verloren haben, weil diese in die alten Länder gegangen sind; gute Leute bekommen halt Arbeit. Angesichts der gegenwärtigen Situation kommt dieses Neuankurbeln entschieden zu spät und wird viel teurer, als wenn man es vor drei Jahren getan hätte.

    (Josef Grünbeck [F.D.P.]: Mein Gott, was reden Sie für einen Unsinn! Besorgen Sie doch einmal neue Märkte; Sie sind doch so intelligent!)

    Meine Damen und Herren, der jüngste strukturund regionalpolitische Schwenk der Bundesregierung



    Dr. Klaus-Dieter Feige
    kommt in diesem Sinne genau diese drei Jahre zu spät. Die Bundesregierung hat sich bekanntermaßen beharrlich geweigert, die für den wirtschaftlichen Aufbau der neuen Bundesländer notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir dagegen haben seit 1990 gefordert, neue industriepolitische Wege zu beschreiten.
    Die Treuhandanstalt muß den klaren gesetzlichen Auftrag bekommen — auch jetzt noch, gegen Ende ihrer Arbeit —, die ihr anvertrauten Unternehmen zu sanieren, wenn diese nicht sofort — unter Erhalt ihrer Substanz — privatisierbar sind und wenn dies auf mittlere Sicht erfolgversprechend ist. Hierzu gehört auch eine konsequente Altlastensanierung und die ökologische Modernisierung der Unternehmen.
    Die Arbeit der Treuhandanstalt muß intensiver als bisher mit staatlicher Regional- und Strukturpolitik verzahnt werden. Die Treuhandanstalt muß mit angemessenen finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um notwendige Entschuldungen durchzuführen und die Sanierungsaufgaben zu erfüllen. Das ist die Aufgabe der Stunde! Die vielfältigen finanziellen Ansprüche an das Treuhandvermögen müssen neu bewertet werden. Vorrang gebührt hier der Sanierungsaufgabe und den damit unmittelbar zusammenhängenden Aufgaben.
    Meine Damen und Herren, die notwendige Neuorientierung der Wirtschaftspolitik bedeutet auch, daß die Subventionspraxis in der Bundesrepublik revidiert werden muß. Geboten ist eine noch deutlichere Senkung der Finanzhilfen und Steuersubventionen in Westdeutschland, um die notwendigen Mittel für den Aufbau der Wirtschaft im Osten aufzubringen. Die neuen Bundesländer benötigen nach der schnellen politischen Einheit viele wirtschaftliche Hilfen, um den ökonomischen Anpassungsprozeß möglichst rasch zu bewerkstelligen und sozial abzufedern. Die anhaltende Strukturkrise in Ostdeutschland zeigt, daß noch für eine lange Zeit Finanzhilfen für den wirtschaftlichen Aufbau benötigt werden. Dabei sind die Mittel vor allem in jene Bereiche zu lenken, die strukturpolitische und regionalpolitische Bedeutung haben.
    Die Bundesregierung hat trotz ihrer Ankündigung keinen Kurswechsel vollzogen; sie war nicht in der Lage, die Subventionierung der Wirtschaft und anderer Bereiche auf ein ökonomisch vernünftiges Maß zu beschränken. Ich möchte dabei nicht verhehlen, daß die Beschneidung von Besitzständen kein leichtes Unterfangen ist. Deshalb, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Partei, ist es auch nicht besonders glaubwürdig, wenn sich nun ausgerechnet sozialdemokratische Finanzpolitiker zu den schärfsten Subventionskritikern wandeln, nachdem Sie selbst, als Sie an der Regierung waren, diese Subventionen eingeführt haben. Es wirft ein Schlaglicht auf die Glaubwürdigkeit der SPD, wenn Bundespolitiker der SPD den Abbau von Finanzhilfen fordern, während die SPD in den Ländern eben diese Subventionen verteidigt.
    Meine Damen und Herren, neben dem Versagen der Regierung in wichtigen traditionellen Bereichen der Wirtschaftspolitik muß auch die ökologische Herausforderung zum Ende dieses Jahrtausends als völlig ungelöst betrachtet werden. Die Bundesregierung hat bislang unter allen Industrienationen das ehrgeizigste CO2-Minderungsziel beschlossen, ohne allerdings die dafür notwendige wesentliche Änderung ihrer Energiepolitik vorzunehmen. Die Energie wird in der Bundesrepublik am stärksten subventioniert. Die Unterzeichnung der Klimakonvention 1992 in Rio, deren Anforderung dem langfristigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gleichkommt, unterstreicht die dringende Notwendigkeit einer effizienten Revolution unseres Energiesystems.

    (überDer „Süddeutschen Zeitung" entnehme ich, daß Herr Möllemann jetzt die Mineralölsteuer aus Umweltgründen erhöhen will. Das ist sicher ein richtiger Schritt, und ich würde mich freuen, wenn er das heute bestätigen könnte. Ich glaube aber, daß er damit wieder um Jahre zu spät kommt. Dieser Weg der Energiepolitik wird von den charakteristischen Großkraftwerksund Verbundstrukturen weitgehend blockiert, die für die Nutzung der Atomenergie unausweichlich sind. Auch deshalb muß der Ausstieg aus der Atomenergie unverzüglich in die Wege geleitet werden, wodurch jährliche Subventionen in Höhe von nahezu 2 Milliarden DM hinfällig würden. Das würde die halbe Milliarde DM, die Sie gerade erwähnt haben, deutlich überschreiten. Gleichzeitig ist das Energiewirtschaftsgesetz von 1935 durch eine neue Regelung zu ersetzen, die die Orientierung am gesamtund einzelwirtschaftlichen least-cost-planning erlaubt. Dies würde eine Umwandlung der heutigen Energieversorgungsin Energiedienstleistungsunternehmen ermöglichen und zu dezentralen Erzeugungsstrukturen führen. Meine Damen und Herren, bisher hat die Bundesregierung durch ihr engstirniges Festhalten an den verschwenderischen Energieversorgungsstrukturen, die sie mit dem Stromvertrag auch im Osten zu zementieren gedachte, eine weiträumige Investitionsblockade im Energiebereich verschuldet. Die Annahme des vom Bundesverfassungsgericht angebotenen Vergleichs würde schnelle Investitionen in ökologisch sinnvolle Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen modernster Bauart ermöglichen. Das wäre ein für Banken und Kommunen sicheres Geschäft. Wir haben darüber im Bundestag bereits debattiert. Jetzt aber ist es an der Bundesregierung und den Stromkonzernen, dem Vergleich zuzustimmen, um damit dem Aufbauwillen der ostdeutschen Kommunen nicht länger im Weg zu stehen. Die schnelle Umsetzung des Vergleichs ist ein nicht zu unterschätzender Schritt für die effiziente Neuorganisation unseres Energiesystems. Dr. Klaus-Dieter Feige Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend auf unseren Änderungsantrag zum Einzelplan 09 eingehen. Wir fordern die Rücknahme der beabsichtigten Streichung von 150 Millionen DM für die Wismut-Sanierung. Die meisten von Ihnen wissen, daß sich in den dicht besiedelten Bundesländern Sachsen und Thüringen die bisher größte Atommülldeponie der Welt befindet, unter freiem Himmel und auf nicht abgedichtetem Untergrund. Dies sind die Hinterlassenschaften des jahrzehntelangen Uranabbaus von Wismut. Das ist tatsächlich eine der schlimmsten Erblasten, die wir übernommen haben, für die die Bundesrepublik jetzt aber die Verantwortung tragen muß. Ich will darüber nicht diskutieren. (Zuruf von der SPD: Was ihr macht, das ist richtig, ja?!)




    Die Auswirkungen auf die Menschen in diesen Regionen sind sehr stark und vielfältig. Neben der in der unmittelbaren Umgebung von Halden und Absetzanlagen direkt einwirkenden Gammastrahlung ist die Atemluft mit erheblichen Mengen an Radon, seinen Folgeprodukten und mit schwermetallhaltigen Stäuben belastet. Ich könnte noch viele weitere Probleme auflisten.
    Wir haben bereits am 12. November über diese Problematik debattiert. Da Sie meinem Antrag vorwerfen, er sei aus Gründen des Populismus gestellt, möchte ich aus der Debatte, die wir am 12. November weitgehend übereinstimmend geführt haben, einige meiner Kollegen zitieren, ohne daß gesagt werden könnte, diese Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen. Ich habe im übrigen mit diesen Kolleginnen und Kollegen gesprochen, und sie haben mir bestätigt, daß sie das, was sie gesagt haben, auch so meinen. So hat Herr Dr. Michael Luther — CDU/CSU-Fraktion — gesagt:
    Eine Etatkürzung der Wismut würde dazu führen, daß notwendige Sanierungsschritte verlangsamt werden, daß Investoren verunsichert werden können und daß sich der Aufschwung in dieser Region noch schwieriger gestalten wird.
    Frau Klemmer — SPD-Fraktion — hat gesagt:
    An Bedarfsmangel kann es nicht liegen. Denn erstens ist der Bedarf dadurch charakterisiert, daß das Sanierungsprojekt, das dort zur Zeit noch weitgehend in der Untersuchungsphase steckt, in der Durchführungsphase mehr Geld verschlingen wird.
    Herr Türk — F.D.P.-Fraktion — hat erklärt:
    Nun zur Kürzung des Haushaltsansatzes bei der Wismut GmbH um 150 Millionen DM im Jahr 1993 von 926 Millionen DM auf 776 Millionen DM. Ich muß Ihnen sagen, daß ich, aber nicht nur ich, erst einmal geschockt war; denn der hohe Bedarf in dieser Region ist ganz offensichtlich mehr als begründet.
    Ich zitiere auch Herrn Kolb, der in dieser Debatte für die Bundesregierung beispielgebend auf die Probleme hingewiesen hat, indem er sagte:
    Die Streichung von 150 Millionen DM von den für
    die Altlastensanierungstätigkeit der Wismut
    GmbH vorgesehenen Zuwendungen wird — das
    muß ich ganz nüchtern feststellen — zu deutlich spürbaren Einschränkungen der Sanierungstätigkeit der Wismut GmbH führen. Einzelne Projekte werden verschoben werden müssen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nichts wird verschoben!)

    Es wird letztlich sicherlich auch zu einer Verteuerung des Gesamtprojekts ... führen können.
    Das ist kein Populismus, das ist der ernstgemeinte Versuch, mit einem deutlichen Signal etwas für die neuen Länder gemeinsam zu tun.

    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Wir sprechen uns Ende nächsten Jahres wieder!)

    Sie haben gesagt, im Verkehrsbereich sei es möglich gewesen, weitere Eingriffe zu Lasten unserer Umwelt zu vermeiden. Im Interesse eines umfassenden Schutzes unserer Umwelt bitte ich Sie um Unterstützung unseres Antrages.
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Abgeordnete Johannes Nitsch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Johannes Nitsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte damit gerechnet, daß mein Kollege Roth vor mir spricht, aber ich nehme auch diese Reihenfolge gerne an.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Der Roth kneift! — Wolfgang Roth [SPD]: Die Präsidentin hat entschieden!)

    Die Gruppe der Abgeordneten aus den neuen Bundesländern in unserer Fraktion hat im Sommer in Erfurt eingehend darüber beraten, wie wir die Attraktivität des Industriestandortes Deutschland im Ganzen erhalten und weiterentwickeln können. Von unserem Programm sind sehr wichtige Impulse auf die Politik ausgegangen. Ich darf daran erinnern, daß aus dem Programm, das wir „Wohlstand im Osten entwikkeln, im Westen sichern" genannt haben, auch der Solidarpakt hervorgegangen ist. Wir haben ihn damals „Pakt der Vernunft für den Aufbau Ost" genannt. Ich glaube, daß es sehr wichtig ist, daß wir in der Debatte über den Einzelplan 09 überprüfen, wie dieses Programm insgesamt gewirkt hat.
    An erster Stelle des Erfurter Papiers stand die Überlegung, mit welchen Strukturkonzepten der Entindustrialisierung der neuen Bundesländer begegnet werden kann. Die entscheidende Voraussetzung für einen anhaltenden Aufschwung im Osten ist die Sicherung der industriellen Kerne. In diesen industriellen Kernen müssen die Einkommen erarbeitet werden, die es erlauben, die Finanztransfers aus den alten Bundesländern in Zukunft abzubauen.
    Wie die fünf wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten 1992 zu Recht feststellten, ist die befürchtete Entindustrialisierung der ostdeutschen Wirtschaft in der Tat weit fortgeschritten. Ich zitiere:



    Johannes Nitsch
    Vom ursprünglichen Produktionsniveau des ostdeutschen verarbeitenden Gewerbes ist nur ein Drittel übriggeblieben. Es gibt viele Unternehmen, die den Umstellungsprozeß bislang nicht gemeistert haben und vermutlich weiter schrumpfen werden oder die Produktion ganz einstellen müssen. Kritisch ist die Lage insbesondere bei den Unternehmen, die stark von den Exporten in die Sowjetunion abhingen. Die Lieferungen sind hier weiter gesunken, und die Erwartung einer baldigen Belebung — auch im Vertrauen auf weitere Hermesbürgschaften — ist einer Ernüchterung gewichen. In der Industrie dürften noch rund 100 000 Arbeitsplätze und damit jeder zehnte vom Export nach Osteuropa und in die GUS abhängig sein.
    Soweit das Gutachten.
    Diesen zentralen Punkt für den Aufschwung Ost und für die Menschen in den neuen Bundesländern hat der Bundeskanzler engagiert aufgegriffen und zu seiner persönlichen Sache gemacht. Das ist genau das — davon bin ich überzeugt —, was der Osten jetzt braucht. Die neuen Länder, die Treuhandanstalt, die Gewerkschaften, die Verbände und die Unternehmen selbst müssen jetzt ein Konzept erarbeiten, das die noch vorhandenen Industriekerne erhält. Wir hoffen und wünschen, daß sich mit diesen Ergebnissen aus den Gesprächen zum Solidarpakt ein Programm entwickeln läßt, das genau das leistet. Dafür steht eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung, die fast alle schon in der alten Bundesrepublik angewendet worden sind.
    Wir haben im Erfurter Programm einige genannt; andere sind im Laufe der Diskussion hinzugefügt worden. Ich erwähne Umsatzsteuerpräferenzen auf der Basis der Wertschöpfung in den neuen Ländern und Lohnzuschüsse für bestimmte Zeiträume. Es wird jetzt Sache der Regierung sein, die geeigneten Instrumente auszuwählen, sie anzuwenden und die noch ausstehenden Entscheidungen zu treffen. Diese sollten jetzt, sollten zumindest sehr bald getroffen werden. Der Herr Bundeskanzler hat gestern in einem anderen Zusammenhang einen Termin genannt: bald, mindestens vor Weihnachten. Ich sehe das auch so. Ich weiß natürlich, daß das nicht so einfach sein wird.
    Einen weiteren wichtigen Ansatz sehen wir in der sogenannten Als-Ob-Privatisierung. Hierbei geht es darum, daß Treuhandbetriebe, die sanierungsfähig sind, in ihrer Umstrukturierung in einem mittelfristigen Prozeß abgesichert werden. Dabei ist aber ganz wichtig, daß dem Management der Unternehmen möglichst viel Handlungsfreiheit vor Ort eingeräumt wird, um die nötigen unternehmerischen Entscheidungen zu treffen. Die Sicherheit für marktorientierte unternehmerische Konzepte und Entscheidungen ist zu schaffen, und die Befreiung der betroffenen Unternehmen von der Blockade zur Aufnahme unternehmensnotwendiger Kredite bzw. zur Gewährung von Bürgschaften ist herbeizuführen. Mit einer solchen schrittweisen Privatisierung werden wir auf dem angestrebten Weg sicher vorankommen.
    Hierher gehört auch ganz wesentlich die Erhaltung der anwender- und industrienahen Forschung. Gerade eine breite Produktinnovation ist zur Erreichung wettbewerbsfähiger Produkte, die bei uns hergestellt werden sollen, wesentlich. Die noch vorhandenen 5 000 F- und E-Spezialisten in den 40 Forschungs-GmbHs und weitere Spezialisten in den noch vorhandenen Treuhand-Unternehmen — vor allem im Bereich der Chemie — müssen eine Chance bekommen, aus eigener Kraft wirtschaftlich zu bestehen und zu beweisen, was sie können.

    (Zustimmung bei der SPD und dem BONDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Dazu müssen sie gleichwertige Startbedingungen einhalten. Alle Restriktionen, die ihre Überlebensfähigkeit in Frage stellen, wie Nichteigentum an Immobilien und Altschulden, sind als erstes rasch zu beseitigen. Dazu gibt es ein Votum der Kommission „Wiederaufbau neue Bundesländer" unserer Fraktion, das auch in unserer Leipziger Beratung durch die Treuhand und die Fraktion unterstützt wurde. Leider sind wir hier etwas in Verzug geraten.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Wir haben auch schon viel durchgesetzt!)

    Ich bitte die Regierung, auf den weiteren terminlichen Ablauf unmittelbar Einfluß zu nehmen. So werden wir dann auch die 200 Millionen DM, die wir in diesem Bereich zusätzlich zur Verfügung stellen, effizient einsetzen können.

    (Dr. Nils Diederich [Berlin] [SPD]: Würden Sie einräumen, daß die Regierung allzulange gewartet hat? — Gegenrufe von der CDU/ CSU: Nein!)

    Einen erheblichen und dauerhaften Anstoß für die Belebung innerer Antriebskräfte im Osten und besonders für den Aufbau eines Mittelstandes ist von einem Aufschwung der Bauindustrie, insbesondere des Wohnungsbaus, zu erwarten. Der Bedarf hier ist riesig groß; die Hinterlassenschaften des alten Regimes machen dies überdeutlich.
    Nach einer Umfrage des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft bei seinen Mitgliedsunternehmen, die rund 3,2 Millionen Wohnungen bewirtschaften, stehen knapp 4 % der Wohnungen „infolge baulicher Schäden" leer. In Dresden ist ein gravierender Verfall wertvoller Wohnungssubstanz zu verzeichnen.
    Ein besonders schwieriges Problem sind die Altschulden, die sich am Ende unseres Zinsmoratoriums auf 51 Milliarden DM belaufen werden. Für die Bürger in den neuen Bundesländern stellt ihre Wohnung angesichts der schwierigen Anpassungs- und Umstellungsprobleme einen besonders hohen persönlichen Wert dar. Deshalb ist eine Regelung der Altschuldenfrage äußerst dringend.

    (Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. KlausDieter Feige [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Wir können nicht warten, bis über die unterschiedlichen Rechtsauffassungen verbindlich entschieden worden ist. Auszugehen ist dabei vom Auftrag des Einigungsvertrages, die Privatisierung von Wohnungen voranzutreiben, und zwar in freier Entscheidung der Mieter. Das ist sicherlich eine Entscheidung vieler Menschen für das Privateigentum.



    Johannes Nitsch
    Die Altschuldenregelung sollte deshalb zunächst im Zusammenhang mit der Privatisierung der Wohnungen erfolgen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Ausweitung des Verfügungsrahmens für den Wohnungsbau auf 800 Millionen DM ist ein guter Anfang für den Aufschwung der Bauwirtschaft in diesem Bereich. Äußerst wichtig ist auch die Aufstokkung des KfW-Kreditprogramms auf 30 Milliarden DM.
    Lassen Sie mich noch einige weitere Punkte nennen, die aus dem Erfurter Programm Eingang in den Haushalt und in die Gesetzgebung gefunden haben:
    Erstens: die 20%ige Investitionszulage für ortsansässige Unternehmer für Investitionen bis zu 1 Million DM, beschränkt auf das verarbeitende Gewerbe und das Handwerk. Darüber sind wir ganz besonders im Hinblick auf den entstehenden Mittelstand erfreut. Wir versprechen uns hiervon auch bessere Voraussetzungen für die Kreditnahme unserer kapitalschwachen Unternehmer. Wir denken, daß sich die Banken im Hinblick auf diese großzügige Investitionszulage den Menschen bei uns gegenüber etwas entgegenkommender verhalten werden.
    Zweitens: die Verlängerung des Eigenkapitalhilfeprogramms um weitere zwei Jahre.
    Drittens: die Aufstockung der Mittel für die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur.
    Viertens: die doch zur Anwendung kommenden Möglichkeiten von Mietkauf und Pachtkauf für Treuhand-Unternehmen.

    (Dr. Klaus-Dieter Feige [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommt das jetzt im Nachtragshaushalt, oder wann kommt das?)

    Fünftens. In diesem Zusammenhang wird auch geprüft werden, inwieweit Möglichkeiten geschaffen werden können, Immobilien aus Mietkauf- oder Pachtkaufunternehmen voll beleihungsfähig zu machen, also volle Eigentümerrechte einzuräumen.
    Sechstens. Die Investitionspauschale wird, wenn sie nicht in Geld kommt, im Hinblick auf die Kommunen zumindest daraufhin zu prüfen sein, inwieweit die Freistellung der Kommunen von Gegenfinanzierungen analog dem Verfahren beim Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz möglich ist.
    Siebentens. Mit dem in der nächsten Woche vom Kabinett zu verabschiedenen Artikelgesetz werden wichtige Rechts- und Verwaltungsvereinfachungen in Gang gesetzt, die eine wesentliche Voraussetzung für den Aufschwung bei uns sein werden. Hier werden die Erfahrungen, die wir aus den Verkehrsprojekten zur deutschen Einheit gewonnen haben, auf weitere Gebiete ausgedehnt.
    In diesem Zusammenhang muß ich unserem Kollegen Günther Krause ein ganz großes Dankeschön dafür sagen, daß er sich damals in dieser Frage in diesem Hause hat durchsetzen können. Das ist wohl einer der Punkte, bei dem sich Erfahrungen aus dem Hinzukommen der neuen Bundesländer auch für die alten Bundesländer fruchtbringend auf den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt auswirken werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nicht vergessen werden dürfen in diesem Zusammenhang auch — das liegt uns ja ganz besonders am Herzen — die Verdoppelung der Mittel für die Überbrückungsfinanzierung zur Erhaltung der Kulturlandschaft, die ebenfalls Bestandteil unseres Programms war, und die erwähnten zusätzlichen 200 Millionen DM für die industriellen Forschungseinrichtungen. Ich darf hier noch einmal das Junktim zu dem herstellen, was ich bereits gesagt habe: Herr Minister, ich wäre Ihnen äußerst dankbar, wenn wir mit der Regelung der Immobilien- und Altschuldenfrage, nachdem wir zunächst den 30. September anvisiert hatten, in diesem Jahr noch zu Rande kämen.
    Den letzten Punkt, die zusätzlichen Mittel für den Wohnungsbau, die Städtebauförderung und die Ausweitung der KfW-Kredite auf 30 Milliarden DM, habe ich bereits genannt.
    Insgesamt ist das eine gute Bilanz, zumal da nicht realisierte Punkte weiterhin auf der Tagesordnung stehen.
    An dieser Stelle muß ich noch auf die Erklärung Ihres Kollegen Schwanitz vom Anfang dieses Monats eingehen, die mich einfach ein bißchen enttäuscht hat. Er hat das Erfurter Programm als in wesentlichen Punkten gescheitert bezeichnet.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das ist wahr!)

    — Das ist wohl nicht wahr.

    (Dr. Nils Diederich [Berlin] [SPD]: Doch!)

    Es wäre für die Menschen bei uns sicher besser gewesen, wenn wir das Erreichte so dargestellt hätten und uns gemeinsam um das noch nicht Erreichte kümmerten und bemühten.
    Einen wesentlichen Punkt noch zum Schluß. Die Zeit — nicht nur meine jetzt hier — für die Umsetzung dieses Programms und des Programms zur Erhaltung der Industriekerne drängt wirklich. Ein halbes Jahr wäre viel zuviel. Ich hatte schon einen Zeitpunkt genannt.

    (Dr. Nils Diederich [Berlin] [SPD]: Stimmen Sie mit mir darin überein, daß das schon vor einem Jahr hätte kommen müssen?)

    — Ich wäre sehr erfreut gewesen, wenn es so gekommen wäre.

    (Beifall des Abg. Dr. Nils Diederich [Berlin] [SPD])

    Alle aus dem Solidarpakt zu finanzierenden Aufgaben müssen bald auf den Tisch, möglichst noch vor Weihnachten. Den Nachtrag zum Haushalt müssen wir sofort nach dem Abschluß der Gespräche zum Solidarpakt auf den Tisch bekommen, damit beim Wiederaufbau der neuen Bundesländer wertvolle Zeit nicht ungenutzt verstreicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)