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ID1210502600

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    Plenarprotokoll 12/105 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 105. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. September 1992 Inhalt: Bestimmung des Abgeordneten Hans-Ulrich Klose als ordentliches Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Hans-Jochen Vogel . . . . . . . . . . . . . 8987 A Bestimmung des Abgeordneten Hans Gottfried Bernrath als stellvertretendes Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle des aus dem Deutschen Bundestag ausgeschiedenen Abgeordneten Harald B. Schäfer (Offenburg) 8987 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung . . 8987 B Tagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheits-Strukturgesetz 1993) (Drucksache 12/3209) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 12/3210) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Reform des Gesundheitswesens (Drucksache 12/3226) Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 8987 D Rudolf Dreßler SPD . . . . . . . 8995 D Dr. Dieter Thomae F.D.P. . . . . . . . . 9000 C Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste 9003A, 9019D Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU 9004 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9008 A Dr. Klaus Gollert, Minister des Landes Mecklenburg-Vorpommern 9009 D Klaus Kirschner SPD 9010D Dr. Bruno Menzel F.D.P. 9012 D Gudrun Schaich-Walch SPD 9015 A Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . 9016B Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD 9018 C Dr. Hans-Joachim Sopart CDU/CSU . 9021 D Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD . . 9023 D Dr. Martin Pfaff SPD 9025 C Bernhard Jagoda CDU/CSU 9026 B Wolfgang Zöller CDU/CSU . 9027C, 9027 D Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen (Drucksache 12/3211) b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (Drucksache 12/3008) II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1992 Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 9029A Manfred Reimann SPD 9032 B Adolf Ostertag SPD . . . . . . . . . 9033 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 9035 B Petra Bläss PDS/Linke Liste 9037 C Heinz Schemken CDU/CSU 9038 D Manfred Reimann SPD . . . . . 9040B Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . 9040 D Ulrike Mascher SPD 9042 A Julius Louven CDU/CSU 9043 C Regina Kolbe SPD 9044 B Tagesordnungspunkt 4 c: c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der anderweitigen Verwendung von Berufssoldaten und Beamten des Geschäftsbereichs des Bundesministers der Verteidigung (Verwendungsförderungsgesetz) (Drucksache 12/3159) 9045 C Nächste Sitzung 9045 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9047* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9048* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1992 8987 105. Sitzung Bonn, den 11. September 1992 Beginn: 8.30 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 11. 09. 92*** Bachmaier, Hermann SPD 11. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 11. 09. 92** Joseph-Theodor Blunck (Uetersen), SPD 11. 09. 92 Liselott Böhm (Melsungen), CDU/CSU 11. 09. 92* Wilfried Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 11. 09. 92 Brandt, Willy SPD 11. 09. 92 Büchler (Hof), Hans SPD 11. 09. 92* Clemens, Joachim CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 11. 09. 92 Herta Doss, Hansjürgen CDU/CSU 11. 09. 92 Feilcke, Jochen CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 11. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 11. 09. 92*** Friedrich, Horst F.D.P. 11. 09. 92 Fuchs (Köln), Anke SPD 11. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 11. 09. 92*** Gattermann, Hans H. F.D.P. 11. 09. 92 Dr. Gautier, Fritz SPD 11. 09. 92 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 11. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 11. 09. 92 Gres, Joachim CDU/CSU 11. 09. 92 Hämmerle, Gerlinde SPD 11. 09. 92 Haschke CDU/CSU 11.09.92 (Großhennersdorf), Gottfried Haungs, Rainer CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 11. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 11. 09. 92*** Huonker, Gunter SPD 11. 09. 92 Janz, Ilse SPD 11. 09. 92 Jaunich, Horst SPD 11. 09. 92 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 11. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 11. 09. 92 Koppelin, Jürgen F.D.P. 11. 09. 92 Koschnick, Hans SPD 11. 09. 92 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 11. 09. 92 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 11. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 11. 09. 92 Elke Lohmann (Witten), Klaus SPD 11. 09. 92 Lühr, Uwe F.D.P. 11. 09. 92 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lummer, Heinrich CDU/CSU 11. 09. 92* Dr. Meseke, Hedda CDU/CSU 11. 09. 92 Michels, Meinolf CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Mildner, CDU/CSU 11. 09. 92 Klaus Gerhard Müller (Wadern), CDU/CSU 11. 09. 92 Hans-Werner Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 11. 09. 92 Neumann (Bramsche), SPD 11. 09. 92 Volker Oesinghaus, Günther SPD 11. 09. 92 Opel, Manfred SPD 11. 09. 92** Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 11. 09. 92 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 11. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 11. 09. 92 Reichenbach, Klaus CDU/CSU 11. 09. 92 Rempe, Walter SPD 11. 09. 92 Reuschenbach, Peter W. SPD 11. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 11. 09. 92** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 11. 09. 92 Scheffler, Siegfried Willy SPD 11. 09. 92 Dr. Schmude, Jürgen SPD 11. 09. 92 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 11. 09. 92 Dr. Schreiber, Harald CDU/CSU 11. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 11. 09. 92** Brigitte Schuster, Hans Paul F.D.P. 11. 09. 92 Hermann Sehn, Marita F.D.P. 11. 09. 92 Dr. Sperling, Dietrich SPD 11. 09. 92 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 11. 09. 92 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 11. 09. 92 Vosen, Josef SPD 11. 09. 92 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 11. 09. 92 Welt, Jochen SPD 11. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 11. 09. 92*** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 11. 09. 92 Wieczorek (Duisburg), SPD 11. 09. 92 Helmut Wittmann (Tännesberg), CDU/CSU 11. 09. 92 Simon Zurheide, Burkhard F.D.P. 11. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union 9048* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1992 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Karin Jeltsch, Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Herbert Werner (Ulm) und weiterer Abgeordneter zum Bundesverkehrswegeplan, Drucksache 12/2679, ist zurückgezogen worden. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/2101 Nm. 3.7, 3.9, 3.10, 3.14-3.19, 3.21, 3.22, 3.24, 3.25 Drucksache 12/2257 Nrn. 3.8-3.10, 3.13, 3.14, 3.16-3.18, 3.20, 3.22, 3.23, 3.25, 3.26 Drucksache 12/2315 Nr. 2.3 Drucksache 12/2520 Nrn. 3.5, 3.7 Drucksache 12/2582 Nrn. 2.2, 2.5-2.13 Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Drucksache 12/269 Nr. 2.38 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/2774 Nr. 2.37
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Hinrich Knaape


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht gegen Personen gerichtete aggressionsgeladene Affektausbrüche, akzentuierte Beleidigungen und Vorwürfe über und für in den zurückliegenden Jahren in der Gesundheitsgesetzgebung Unterlassenes sollten heute gefordert sein, sondern kühle Sachlichkeit und der Wille zur Verständigung,

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    über unterschiedliche Auffassungen und Lösungswege hinweg, unter Einbeziehung von fachlicher Kompetenz aller Anbieter von medizinischen Leistungen. Gesucht werden muß nach einem tragfähigen Kompromiß, der der Sachlage dient, sie befördert, dies aber nicht nur auf der Grundlage der von der Koalition eingebrachten Gesetzentwürfe, sondern auch unter Berücksichtigung der Vorstellungen der Opposition.

    (Beifall bei der SPD)

    Ehrlichkeit und der Wille zur Verständigung sind gefragt. Ein Problem ist zu lösen. Es ist nicht die Zeit für wortgewaltige Selbstdarstellungen. Gesundheit und Krankheit betreffen alle Bürger unseres Staates.
    Wenn nach außen hin der Eindruck erweckt wird — so der Kollege Hoffacker schriftlich, und auch der Kollege Zöllner hat sich heute in diesem Sinne geäußert —:
    Fest steht, daß sich die Koalition keinen Stein aus dem Gesetzeswerk brechen läßt, aber andererseits Kollege Dr. Thomae verlauten läßt, daß der Kabinettsentwurf des Gesundheits-Strukturgesetzes verbessert werden könnte, und zwar ohne finanzielle Eckpunkte zur Disposition zu stellen,

    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P]: Richtig!)

    sondern — so steht es im gelben Dienst — allein durch das Aufbrechen von Fronten und durch neue und wirkungsvolle Vorschläge, und wenn weiterhin Verhandlungsangebote der Ärzte und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des Deutschen Ärztetages vorliegen und kritische, aber auch kompromißbereite Stellungnahmen der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Kassen und anderer medizinischer



    Dr. Hans-Hinrich Knaape
    Leistungsanbieter bei uns allen eingegangen sind, so signalisiert dies doch, daß eine feste Mauer noch nicht steht, aber eine breite Bereitschaft zur Lösung der Aufgabe vorhanden ist.
    Das Problem erscheint zu umfassend und zu schwierig, als daß nur eine Seite eine für lange Jahre sozial verträgliche Lösung finden könnte.
    Wenn wir dies nun in den folgenden Wochen versuchen, so müssen wir uns darüber im klaren sein, daß dieses Gesetzgebungsverfahren in erster Linie wegen der Kostenausweitung im Gesundheitswesen der alten Bundesländer erforderlich ist und das Gesetzeswerk den Besonderheiten des Gesundheitswesens in den neuen Bundesländern Rechnung tragen muß. Fest steht, daß die Qualität und Quantität der medizinischen Versorgung in den neuen Ländern erst jener in den alten Ländern angeglichen werden muß, daß dies noch Jahre dauern wird und daß diese Aufgabe ohne investive Hilfe des Bundes nicht bewältigt werden kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Daneben sind menschliche Probleme sozial verträglich zu ordnen. Ärzte, die stolz darauf sind, daß sie ihren Übergang von der sozialistischen Planwirtschaft in die freie Niederlassung ohne staatliche Hilfe reibungslos vollzogen haben, sind jetzt in Angst um ihre Existenz. Ein Gesetz über die Gesundheits-Strukturreform muß für die neuen Bundesländer ohne Zweifel Ausnahmen, Schonfristen, Übergangsregelungen, zusätzliche Regelungen und auch Experimentierklauseln enthalten.
    Wir sind der Auffassung, daß in den neuen Bundesländern neue Wege für Gesundheitszentren, die Zulassung von Fachambulanzen an Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung, aber auch Institutsambulanzen nicht nur an psychiatrischen Kliniken, sondern auch an psychiatrischen Abteilungen von Krankenhäusern notwendig sind, damit insbesondere die medizintechnischen Geräte und das spezielle ärztliche Fachwissen aus den besonders seit dem vorletzten Ärztetag weiter differenzierenden Fachdisziplinen sinnvoll eingesetzt werden können.
    Eine Beschränkung der Zahl der Kassenärzte wird nicht zu umgehen sein. Die Regulierung bedeutet aber nicht die Aufgabe des historisch gewachsenen, fachlich bewährten und von den Versicherten akzeptierten Systems der Freiberuflichkeit der Ärzte, das aber auch Anreize für den Mißbrauch der Gelder der Versicherten einschließt. Diesem Mißbrauch muß begegnet werden.
    Für die Zuzahlung bei Arzneimitteln haben insbesondere die Bürger im Osten kein Verständnis. Der Steuerungseffekt auf Ausgaben im Gesundheitswesen wird überschätzt. Das gleiche trifft für die Hilfsmittel zu.
    Für die Krankenhäuser in den neuen Ländern ist ein Sonderprogramm über Jahre hinaus notwendig. Nicht nur Infrastrukturmodernisierungen sind erforderlich, sondern teilweise auch Neubauten. Eine finanzielle Beteiligung des Bundes an den Rationalisierungsinvestitionen ist deshalb nicht zu umgehen. Nach dem Einigungsvertrag ist die Koalition ver-
    pflichtet, dafür zu sorgen, daß das Niveau auch im Bereich des Gesundheitswesens angeglichen wird.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Sehr wahr!)

    Die Krankenhäuser in Ostdeutschland sind noch in der Umbruchphase. Die Koalition sei daran erinnert, daß sie zu ihrem Wort stehen müßte, wie sie es im Januar 1991 in der Koalitionsvereinbarung gesagt hat.
    Ebenso wird die abrupte Aufhebung des Selbstkostendeckungsprinzips unter Aufrechterhaltung des Sicherstellungsauftrages und der Behandlungspflicht zu erheblichen Finanzdefiziten zu Lasten der Träger, also überwiegend der finanzschwachen Kommunen, führen. Eine Zuzahlung in den Krankenhäusern würde nicht nur die Schwächsten unter den Versicherten in den neuen Bundesländern treffen, die Altersrentner mit niedrigen Bezügen, sondern auch die Versicherten mit geringem Einkommen, die wegen ihres größeren Nachholbedarfs in allen Bereichen ihrer persönlichen Haushaltsführung wenig finanziellen Spielraum haben.
    Überhaupt muß beachtet werden, daß die durch die Versicherten in den neuen Bundesländern aufgebrachten Beiträge geringer sind als vergleichsweise jene in den alten Ländern. Geringere Tarifabschlüsse, hohe Arbeitslosigkeit und die Überalterung der Bevölkerung durch die Landflucht der Jugend und arbeitsfähigen Frauen und Männer in den Westen des Landes senken die Einnahmen der Kassen erheblich. Ein bundesweiter kassenartenübergreifender Risikostrukturausgleich ist deshalb für den Osten zu fordern, nachdem alle Kassen für alle Bürger offen sind.
    Eine Strukturreform des Gesundheitswesens kann ohne eine Organisationsreform der Krankenversicherung — dies lehrt uns die Sichtung der Situation im Osten —, wenn eine langfristige Kostenbewältigung im Gesundheitswesen angestrebt wird, nicht erreicht werden. Das Gesetz, das nach der parlamentarischen Beratung das Zusammenspiel der am Gesundheitswesen Beteiligten finanziell verträglich und medizinisch auf hohem diagnostischen und therapeutischen Niveau für den Versicherten regeln soll, muß den Nachholbedarf in allen Belangen in Ostdeutschland berücksichtigen und gesamtdeutsche Solidarität bei einer für mehrere Jahre notwendigen Übergangslösung in sich einschließen. Sonst ist ein solches Gesetz für die SPD nicht tragfähig.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Renate Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nun hat die Kollegin Dr. Ursula Fischer das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ursula Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich möchte doch auf eine Bemerkung in Ihrem Beitrag eingehen. Sie haben gesagt, daß es jetzt eine flächendeckende Versorgung in den neuen Bundesländern gebe. Ich möchte nur eine kleine Korrektur anbringen, weil ich dort lange genug gearbeitet habe: Die flächendeckende Versorgung gab es vorher auch. Das muß ich einmal so sagen, weil diese Bemerkung doch



    Dr. Ursula Fischer
    etwas demütigend war. Beispielsweise bei Mutter und Kind war die Versorgung wahrscheinlich sehr viel umfassender, als es jetzt möglich ist.
    Nun zum Gesundheits-Strukturgesetz: Ein weiterer Fakt läßt uns die vorgeschlagenen Regelungen ablehnen. Nach der Zerschlagung der Strukturen des Gesundheitswesens der DDR — —

    (Zuruf von der CDU/CSU: „Zerschlagung" haben Sie gesagt?)

    —Ja, Zerschlagung. Genau das habe ich gemeint. Ich lasse mich durch Sie nicht durcheinanderbringen. Sie machen das immer so.
    Nach der Zerschlagung der Strukturen des Gesundheitswesens der DDR, bei dem eine Vielzahl von Ärzten auch in die Niederlassung gezwungen wurden, um auch Polikliniken plattzumachen, sieht die Situation derzeit nach Auskunft des Bundesministeriums auf eine Kleine Anfrage folgendermaßen aus. Nach Stand vom 31. Dezember 1991 hatten sich in den neuen Bundesländern und Ostberlin 14 677 Kassenärzte niedergelassen, von denen im übrigen 5 243 über 49 Jahre alt waren. Das würde man wahrscheinlich in der alten Bundesrepublik nicht so machen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die haben genügend Erfahrung, Frau Kollegin!)

    Das bedeutet für mehr als ein Drittel dieser Ärzte, daß sie nicht einmal 15 Jahre Zeit haben werden, um die Kreditierung ihrer Praxen zurückzuzahlen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt doch nicht!)

    Die Möglichkeiten für ihre Altersvorsorge sind sehr beschränkt. Der Lebensstandard wird sinken. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
    Ähnlich stellt sich die Situation bei den Zahnärzten dar. Mit Hilfe des Gesundheits-Strukturgesetzes zwingen Sie die Ärzte ja geradezu zu einem Denken und Handeln, bei dem der Patient und die Behandlungszeiten für ihn glatt auf der Strecke bleiben. Die Ethik eines behandelnden Kassenarztes und des Ärztestandes überhaupt wird mehr und mehr in Frage gestellt. Was bleibt den Ärzten unter solchen Bedingungen denn anderes übrig, als Quantität im Auge zu haben, statt Qualität zu leisten? Qualität wird zum großen Teil nicht vergütet. Ich nenne z. B. zwischenmenschliche Beziehungen und verbale Therapien, sehr kostengünstig, wie gesagt, und sehr wirksam.
    Ein weiteres Beispiel sind die Medikamentenkosten. Der Minister will ab 1993 nun nicht nur dem Patienten eine Zuzahlung von 3 bis 10 DM pro verordnetes Medikament abknöpfen, sondern obendrein den Kassenärztlichen Vereinigungen Kostenerstattungen verweigern, wie die Malusregel ausweist. Wir haben hier schon gehört, daß das nicht klappen wird. Es wäre doch viel sinnvoller, die Marktstrategie der Pharmaindustrie, die das Preisgefüge verschleiert, anzuprangern und da auch einzugreifen. Es ist einfach ein Fakt, daß 86 von 100 angeblich neuen Medikamenten Wirkstoffe enthalten, die es in vorhandenen Präparaten bereits gibt. Wo bleibt denn da die Sinnhaftigkeit dieses Systems? Den deutschen Pharmamarkt mit seinen mehr als 125 000 Medikamenten können selbst Branchenexperten nicht mehr über-
    schauen, geschweige denn der einzelne Arzt. Das ist
    — das wissen Sie genausogut wie ich — unbedingt zum Nachteil für den Patienten. Diese ganze Strategie wird in keiner Weise angesprochen.
    Ein anderes Problem ist, daß in der Bundesrepublik Jahr für Jahr 6 bis 7 Milliarden Mark für unwirksame Medikamente ausgegeben werden bzw. ein nicht quantifizierbarer Anteil von Medikamenten einfach weggeworfen wird. Das wird eine Malusregel nicht ändern können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da sind wir bei der Compliance!)

    — Ich weiß übrigens, was „Compliance" heißt; ich habe damit auch schon etwas zu tun gehabt.
    Schwierigkeiten habe ich auch mit der Altersbegrenzung für Kassenärzte oder für Ärzte überhaupt. An sich erscheint es natürlich relativ logisch, jungen Ärzten eine Chance zu bieten. Minister Seehofer will ja bekanntlich Medizinern die Kassenzulassung entziehen, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet haben. Das hat Herr Thomae im März übrigens noch abgestritten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie endet! Das ist ein Unterschied!)

    — Das ist das gleiche. — Wie ich von vielen Patienten, aber auch aus eigener Erfahrung weiß, sind es gerade die älteren und erfahrenen Praktiker — das wissen Sie auch —, die mehr auf Beratung und Gespräche setzen als auf High-Tech und pharmakologischen Unsinn.
    Kommen wir zu einem dritten, aber sehr wichtigen Komplex: dem kostenintensiven Krankenhausbereich. Mit dem Entwurf des Gesundheits-Strukturgesetzes wird nun der Weg frei, neben den Finanzierungsmitteln der Länder — wie die Situation im Osten ist, setze ich als bekannt voraus — verstärkt auch privates Kapital einzusetzen und über den Pflegesatz zu finanzieren. Eine Ausnahmeregelung für die neuen Bundesländer, zusätzliche Mittel durch den Bund bereitzustellen und so zeitweilig eine Mischfinanzierung von Bund und Ländern zu gewährleisten, ist von seiten des Bundes ausgeschlossen worden. Das heißt, einerseits soll insbesondere im Osten Privatkapital den investiven Nachholbedarf realisieren und die Kommunen sozusagen entlasten. Das heißt allerdings auch, daß die Kommunen von ihrer Verantwortung für die stationäre medizinische Versorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger entlastet werden. Aber wie zaghaft privates Kapital in den Osten „strömt", kennen wir wohl alle aus der Wirtschaft. Wird so die stationäre Versorgung im Osten gesichert, geschweige denn verbessert werden können, wie es der Einigungsvertrag vorsieht? Uns scheint, daß die Bundesregierung mit diesen Entscheidungen generell den Weg frei machen will für einen kapitalen Gesundheitsmarkt. So steuert man auf kritikwürdige Zustände von sogenannter Grundversorgung oder wohl eher Notversorgung und Wahlmöglichkeiten für Gutbetuchte hin. Ich könnte Ihnen dafür Beispiele anführen.
    Grundsätzlich muß man doch feststellen, daß privates Kapital nur dann investiert, wenn Profite zu erwarten sind. Es geht hier also um Krankenhausprofite. Unter dem Tenor „Mehr Wirtschaftlichkeit im



    Dr. Ursula Fischer
    Krankenhaus " versteckt sich also dann mehr Profit bei stationärer Behandlung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gewinne, Frau Kollegin! Das ist ein Unterschied!)

    — Das ist der gleiche Unterschied wie der zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus. Das habe ich auch noch nie begriffen. — Dann haben wir also im ambulanten und auch im stationären Bereich permanent zu fragen — überlegen Sie das —: Wie und womit verdienen der Arzt und dann der jeweilige „Krankenhauskonzern" ihr Geld an der Krankheit der Patienten? Das ist der Weg zum großen Krankheitskapitalmarkt, der — wie gesagt — dafür Sorge tragen muß, daß möglichst viele mit möglichst schwierigen Krankheiten versehene Menschen existieren.
    Aus all dem Gesagten wird deutlich, daß wir dieses Gesundheits-Strukturgesetz ablehnen, das seinen Namen eben nicht verdient. Wir bleiben bei unseren Forderungen nach einem an den Bedürfnissen der Patienten orientierten, nicht profitsüchtigen, demokratisch gestalteten, pluralistischen Gesundheitswesen, in dem das Solidarprinzip, eine gesetzliche Krankenversicherung ohne Ausgrenzung der Bestverdienenden, für alle Kranken eine angemessene Behandlungsmöglichkeit garantiert. Und das ist auch bezahlbar.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Die Diskussion um den Haushalt 1993 macht ja deutlich, daß der Bundeshaushalt bei einer veränderten Prioritätensetzung — darum geht es — durchaus genügend Geld zur Verfügung hat, um als Staat der Fürsorgepflicht für die Gesundheit — und nicht nur für die Krankheit — seiner Bürgerinnen und Bürger nachzukommen.
    Somit sind wir bei dem Thema der eigentlichen Reform im Gesundheitswesen der Bundesrepublik angelangt. Dafür hat sich Minister Seehofer allerdings noch zwei Jahre Zeit ausgebeten, wahrscheinlich auch wegen Wahlen usw. Das hat er in der „Süddeutschen Zeitung" auch schon einmal zugegeben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schade, daß Sie dann nicht mehr dabeisein werden!)

    — Warten Sie es ab!
    Mit dem Gesetz wird ein kollektiver Entsolidarisierungsprozeß eingeleitet, der durch die Eröffnung des Zugangs zu Sonderklassen der Versicherten zu einer Zersplitterung führt, und das ist sozial und materiell massiv ungerecht. Diese Ungerechtigkeiten sind auch überhaupt nicht zu begründen.
    Genau an dieser Stelle versagt das Gesundheits-Strukturgesetz wieder einmal völlig, weil es eben die Grundstrukturen nicht berührt, die als manifeste Faktoren zu den Problemen im Gesundheitswesen führen, geführt haben und führen werden. Ich habe bereits von der unendlichen Geschichte gesprochen.
    Alle dirigistischen Eingriffe, den Markt der Medizin zu steuern, müssen scheitern, solange der Patient überhaupt nichts zu sagen hat, und das hat er nicht. Aber ich habe auch Hoffnung. Ich habe besondere Hoffnung in die jüngere Ärztegeneration. Die jungen
    Ärzte verfluchen insgeheim den sogenannten Sicherstellungsauftrag, von dem ihre Vorgänger so lange und auch sehr gut gelebt haben, der ihnen aber nur bürokratische Schikanen und Frust bringt.

    (Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Meinen Sie etwa die Polikliniken, Frau Kollegin?)

    Sie sind auch die Politiker leid, die ihnen die Abläufe in ihrer Praxis bis ins kleinste Detail vorschreiben wollen und sie in den Medien als Geldgeier vorführen. Sie haben offensichtlich auch keine Lust, große Teile des Tages —