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    Plenarprotokoll 12/105 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 105. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. September 1992 Inhalt: Bestimmung des Abgeordneten Hans-Ulrich Klose als ordentliches Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Hans-Jochen Vogel . . . . . . . . . . . . . 8987 A Bestimmung des Abgeordneten Hans Gottfried Bernrath als stellvertretendes Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle des aus dem Deutschen Bundestag ausgeschiedenen Abgeordneten Harald B. Schäfer (Offenburg) 8987 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung . . 8987 B Tagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheits-Strukturgesetz 1993) (Drucksache 12/3209) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 12/3210) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Reform des Gesundheitswesens (Drucksache 12/3226) Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 8987 D Rudolf Dreßler SPD . . . . . . . 8995 D Dr. Dieter Thomae F.D.P. . . . . . . . . 9000 C Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste 9003A, 9019D Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU 9004 D Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9008 A Dr. Klaus Gollert, Minister des Landes Mecklenburg-Vorpommern 9009 D Klaus Kirschner SPD 9010D Dr. Bruno Menzel F.D.P. 9012 D Gudrun Schaich-Walch SPD 9015 A Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . 9016B Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD 9018 C Dr. Hans-Joachim Sopart CDU/CSU . 9021 D Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD . . 9023 D Dr. Martin Pfaff SPD 9025 C Bernhard Jagoda CDU/CSU 9026 B Wolfgang Zöller CDU/CSU . 9027C, 9027 D Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen (Drucksache 12/3211) b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (Drucksache 12/3008) II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1992 Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 9029A Manfred Reimann SPD 9032 B Adolf Ostertag SPD . . . . . . . . . 9033 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 9035 B Petra Bläss PDS/Linke Liste 9037 C Heinz Schemken CDU/CSU 9038 D Manfred Reimann SPD . . . . . 9040B Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . 9040 D Ulrike Mascher SPD 9042 A Julius Louven CDU/CSU 9043 C Regina Kolbe SPD 9044 B Tagesordnungspunkt 4 c: c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der anderweitigen Verwendung von Berufssoldaten und Beamten des Geschäftsbereichs des Bundesministers der Verteidigung (Verwendungsförderungsgesetz) (Drucksache 12/3159) 9045 C Nächste Sitzung 9045 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9047* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9048* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1992 8987 105. Sitzung Bonn, den 11. September 1992 Beginn: 8.30 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 11. 09. 92*** Bachmaier, Hermann SPD 11. 09. 92 Dr. Blank, CDU/CSU 11. 09. 92** Joseph-Theodor Blunck (Uetersen), SPD 11. 09. 92 Liselott Böhm (Melsungen), CDU/CSU 11. 09. 92* Wilfried Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 11. 09. 92 Brandt, Willy SPD 11. 09. 92 Büchler (Hof), Hans SPD 11. 09. 92* Clemens, Joachim CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 11. 09. 92 Herta Doss, Hansjürgen CDU/CSU 11. 09. 92 Feilcke, Jochen CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 11. 09. 92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 11. 09. 92*** Friedrich, Horst F.D.P. 11. 09. 92 Fuchs (Köln), Anke SPD 11. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 11. 09. 92*** Gattermann, Hans H. F.D.P. 11. 09. 92 Dr. Gautier, Fritz SPD 11. 09. 92 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 11. 09. 92 Göttsching, Martin CDU/CSU 11. 09. 92 Gres, Joachim CDU/CSU 11. 09. 92 Hämmerle, Gerlinde SPD 11. 09. 92 Haschke CDU/CSU 11.09.92 (Großhennersdorf), Gottfried Haungs, Rainer CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 11. 09. 92 Hollerith, Josef CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 11. 09. 92*** Huonker, Gunter SPD 11. 09. 92 Janz, Ilse SPD 11. 09. 92 Jaunich, Horst SPD 11. 09. 92 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 11. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 11. 09. 92 Koppelin, Jürgen F.D.P. 11. 09. 92 Koschnick, Hans SPD 11. 09. 92 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 11. 09. 92 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 11. 09. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 11. 09. 92 Elke Lohmann (Witten), Klaus SPD 11. 09. 92 Lühr, Uwe F.D.P. 11. 09. 92 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lummer, Heinrich CDU/CSU 11. 09. 92* Dr. Meseke, Hedda CDU/CSU 11. 09. 92 Michels, Meinolf CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Mildner, CDU/CSU 11. 09. 92 Klaus Gerhard Müller (Wadern), CDU/CSU 11. 09. 92 Hans-Werner Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 11. 09. 92 Neumann (Bramsche), SPD 11. 09. 92 Volker Oesinghaus, Günther SPD 11. 09. 92 Opel, Manfred SPD 11. 09. 92** Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 11. 09. 92 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 11. 09. 92 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 11. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 11. 09. 92 Reichenbach, Klaus CDU/CSU 11. 09. 92 Rempe, Walter SPD 11. 09. 92 Reuschenbach, Peter W. SPD 11. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 11. 09. 92** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 11. 09. 92 Scheffler, Siegfried Willy SPD 11. 09. 92 Dr. Schmude, Jürgen SPD 11. 09. 92 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 11. 09. 92 Dr. Schreiber, Harald CDU/CSU 11. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 11. 09. 92** Brigitte Schuster, Hans Paul F.D.P. 11. 09. 92 Hermann Sehn, Marita F.D.P. 11. 09. 92 Dr. Sperling, Dietrich SPD 11. 09. 92 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 11. 09. 92 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 11. 09. 92 Vosen, Josef SPD 11. 09. 92 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 11. 09. 92 Welt, Jochen SPD 11. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 11. 09. 92*** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 11. 09. 92 Wieczorek (Duisburg), SPD 11. 09. 92 Helmut Wittmann (Tännesberg), CDU/CSU 11. 09. 92 Simon Zurheide, Burkhard F.D.P. 11. 09. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union 9048* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1992 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Karin Jeltsch, Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Herbert Werner (Ulm) und weiterer Abgeordneter zum Bundesverkehrswegeplan, Drucksache 12/2679, ist zurückgezogen worden. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/2101 Nm. 3.7, 3.9, 3.10, 3.14-3.19, 3.21, 3.22, 3.24, 3.25 Drucksache 12/2257 Nrn. 3.8-3.10, 3.13, 3.14, 3.16-3.18, 3.20, 3.22, 3.23, 3.25, 3.26 Drucksache 12/2315 Nr. 2.3 Drucksache 12/2520 Nrn. 3.5, 3.7 Drucksache 12/2582 Nrn. 2.2, 2.5-2.13 Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Drucksache 12/269 Nr. 2.38 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/2774 Nr. 2.37
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    Rede von Rudolf Dreßler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 1988, im November, stand an diesem Pult der Vorgänger von Herrn Seehofer, der damalige Gesundheitsminister Blüm. Sein Parlamentarischer Staatssekretär Seehofer saß hinter ihm. Herr Blüm erzählte uns: „Wir stimmen heute über eine Jahrhundertreform ab." Gelächter auf der Seite der Opposition, Ovationen auf der Seite der CDU/CSU und F.D.P. Ich stelle heute fest: Das CDU/CSU-F.D.P.-Jahrhundert dauert drei Jahre. Das ist Ihre Mengenlehre.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Wer die Einbringungsrede zu den beiden Gesetzentwürfen der Koalitionsfraktionen hier verfolgt hat, wer die darin aufgelisteten Probleme in unserem Gesundheitswesen registriert, der muß daran erinnert werden: Wir schreiben eben nicht das Jahr 1988, sondern das Jahr 1992. Bei der heute zur Beratung anstehenden Vorlage handelt es sich nicht um die damalige sogenannte Gesundheitsreform. Auf frappierende Weise gleichen sich nämlich die Problembeschreibungen damals und heute. Das beweist: Wir sind seither keinen Schritt weitergekommen.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Sehr wahr! — Zuruf von der CDU/CSU: Wir schon!)

    Die Mängel im Gesundheitswesen bestehen nach wie vor. Noch so kunstvolle rhetorische Umschreibungsversuche können nicht verdecken, was offenkundig Tatsache ist. Das sogenannte Gesundheits-Reformge-



    Rudolf Dreßler
    setz von 1989 ist gescheitert, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Eindrucksvoller könnte der Beweis nicht ausfallen: Nach nur drei Jahren wird unser Gesundheitswesen abermals von einer schweren Kostenkrise heimgesucht. Bestürzender könnte die Bilanz für die Beitragszahler wie für die Patienten wohl nicht ausfallen. Trotz erheblicher zusätzlicher Lasten in Form von Selbstbeteiligungen und Leistungskürzungen von 7 Milliarden DM Jahr für Jahr streben die Beitragssätze der Krankenkassen auf ein nie gekanntes Rekordniveau zu. Die großen Ersatzkassen sehen sich zu Beitragssatzerhöhungen von über einem Prozentpunkt gezwungen. Mehrere große Ortskrankenkassen erreichen mit ihren Beitragssätzen mittlerweile die 16-%-Marke oder liegen gar noch darüber. Im laufenden Jahr müssen wir mit einem Defizit in der Krankenversicherung von 10 bis 12 Milliarden DM rechnen.
    Jeder muß wissen: Die politische Verantwortung für diese Entwicklung trägt die Koalition, tragen die Fraktionen von CDU/CSU und F.D.P. Ihre Unfähigkeit, die Kraft zu einer wirklichen Reform des Gesundheitswesens aufzubringen, wirkt sich für die Patienten und Beitragszahler so verhängnisvoll aus wie beschrieben, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will es mir an dieser Stelle versagen, meine Reden vom Herbst 1988 zu wiederholen, in denen ich für die SPD exakt jene Entwicklung prognostiziert habe, die nunmehr eingetreten ist.

    (Zuruf von der SPD: Das ist wahr!)

    Ich will statt dessen die Frage problematisieren, ob CDU/CSU und F.D.P. wenigstens nunmehr begriffen haben, daß derartige Gesetzesoperationen nicht weiterhelfen.
    Die uns heute präsentierten Vorlagen machen mich allerdings skeptisch. Die Gesetzentwürfe greifen abermals zu kurz, werden den Problemen erneut nicht gerecht. Wenn die beiden Gesundheitsgesetze in der heute vorliegenden Form verabschiedet würden, wäre die nächste Kostendämpfungsoperation im Gesundheitswesen schon für 1995 vorprogrammiert. Sie sind deshalb für die SPD-Fraktion nicht zustimmungsfähig.

    (Beifall bei der SPD)

    Unser Gesundheitswesen muß durchgreifend umgestaltet werden. Die Tatsachen liegen auf der Hand. Der ungünstige demographische Aufbau unserer Gesellschaft, das wachsende Gesundheitsbewußtsein der Menschen, die gestiegene und weiter ansteigende Lebenserwartung der Bürgerinnen und Bürger und der unaufhaltsame medizinische Fortschritt lassen eine ständig steigende Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitswesens erwarten. Diese vier säkularen Trends, die wir größtenteils alle gemeinsam begrüßen, können aber nicht verändert werden. Angesichts dieser Entwicklung käme es einer Illusion gleich, würde man annehmen, einen 10%igen Sektor unserer Volkswirtschaft, wie das Gesundheitswesen
    ihn darstellt, aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dauerhaft ausblenden zu können. Das geht nicht!
    Es bedeutete einen großen Erfolg, wenn es gelänge, den gesundheitsbezogenen Anteil unseres Bruttosozialprodukts für absehbare Zeit bei etwa 10 % stabil zu halten. Aber mit Ihren Gesetzentwürfen gelingt dies nicht. CDU/CSU und F.D.P. lügen sich in die Tasche, wenn sie so tun, als könnte durch einen noch weitergehenden Ausbau der Selbstbeteiligungsleistungen für die Versicherten etwa eine Stabilisierung gelingen. Dieses Instrument kann bestenfalls die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung absenken. Die Gesundheitsausgaben insgesamt wird es jedoch überhaupt nicht beeinflussen. Hier wird lediglich eine Finanzierungsquelle durch eine andere ersetzt. Denn das, was in den Haushalten der Krankenversicherungen gespart wird, führt zu kompensatorischen Erhöhungen der Ausgaben von Privaten für Gesundheit. Der Gesundheitsanteil des Bruttosozialprodukts wird nicht verändert. Die Verteilung der finanziellen Lasten auf die einzelnen Glieder unserer Gesellschaft wird allerdings grundlegend umgestaltet. Die solidarische Finanzierung von Gesundheitsleistungen wird zugunsten einer privaten Finanzierung ohne Rücksicht auf die gesellschaftlichen Folgen zurückgedrängt. Das wissen CDU, CSU und F.D.P. Sie wissen es aber nicht nur. Sie wollen das. Sie sind in dieser Frage ideologisch fixiert.

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Sie wollen unser Gesundheitswesen durch Einführung der Selbstbeteiligung auf breiter Front auf den Weg der Privatisierung von Risiken bringen: Jahr für Jahr 7 Milliarden DM Selbstbeteiligung seit 1989 durch die sogenannte Gesundheitsreform und jetzt noch einmal über 3 Milliarden DM mehr ab Januar 1993.
    Den Weg der Privatisierung gesundheitlicher Risiken darf es nicht geben. Er wäre sozial nicht zu verantworten. Der weitere Ausbau des Instrumentariums von Selbstbeteiligungsleistungen ist daher mit der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion nicht zu verwirklichen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Die Qualität des deutschen Gesundheitswesens steht und fällt mit der Anwendung des Grundsatzes der solidarischen Finanzierung. In kaum einem anderen vergleichbaren System steht die moderne Medizin allen Gruppen der Bevölkerung, und zwar unabhängig von ihrem Einkommen, gleichermaßen zur Verfügung wie in Deutschland. In keinem anderen System kommt der medizinische Fortschritt in dieser umfassenden Breite und so schnell für alle Menschen zur Anwendung wie in Deutschland.
    Das muß so bleiben und darf nicht gefährdet werden. Gesundheitsleistungen dürfen nicht über den Umweg der Selbstbeteiligung künftig von der Größe



    Rudolf Dreßler
    der persönlichen Geldbörse abhängig gemacht werden.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Von einigen wird argumentiert, gerade die solidarische Finanzierung fördere durch die nicht personengebundene Zuordnung von Beitragslast und Leistungsnutzen den Mißbrauch.
    Damit kein Mißverständnis aufkommt: Niemand kann mißbräuchliche Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen bestreiten; sie ist offenkundig. Mißbrauch gibt es im übrigen nicht nur auf der Seite der Versicherten — wie allzu Einäugige manchmal voreilig feststellen möchten —. Es gibt ihn auch auf der Seite der Leistungserbringer.
    Aber dieser Mißbrauch ist nicht auf die solidarische Grundausrichtung des Systems zurückzuführen. Er ist vielmehr darin begründet, daß allzu viele der sich im System Bewegenden die ihnen übertragenen Auf gaben, die Pflichten und die Rechte nicht ernst nehmen.
    Die Klage, bei den Patienten habe sich eine Art Selbstbedienungsmentalität breitgemacht, ist für mich nicht sonderlich überzeugend. So ist z. B. der vielfach überzogene Arzneimittelverbrauch — wer wollte den eigentlich bestreiten? — nur vordergründig in den Wünschen der Patienten begründet. Seine tatsächliche Ursache findet er darin, daß andere es den Patienten erst ermöglichen, diese Wünsche zu realisieren.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Richtig!)

    Tatsache ist doch, daß jede, auch die mißbräuchliche, Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen erst durch die Unterschrift des Arztes auf dem Rezeptblock möglich wird.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Der Arzt allein entscheidet; er allein hat den Gewährleistungsauftrag; er allein stellt die Indikation; und er allein entscheidet über die Verordnungen, die für die Genesung des Patienten notwendig sind.
    Das muß so bleiben; etwas anderes ist nicht denkbar. Aber der Arzt muß den daraus folgenden Verpflichtungen nachkommen und kann ihnen nicht dadurch ausweichen, daß er mittels Selbstbeteiligung den Patienten indirekt daran beteiligt. Nicht die Selbstbeteiligung, sondern das Nein des behandelnden Arztes löst das Problem des Mißbrauchs.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Sie sind blauäugig!)

    Haben Sie sich eigentlich die Folgen Ihrer neuen Selbstbeteiligungsregelungen im einzelnen einmal überlegt, etwa im Krankenhaus oder beim Zahnersatz?
    Sie wollen, daß Patienten bei Krankenhausaufenthalt künftig 11 DM je Tag ohne zeitliche Begrenzung bezahlen. Wissen Sie, was das etwa für einen Unfallpatienten bedeutet? Bei einem halbjährigen Krankenhausaufenthalt mit anschließender dreimonatiger Rehabilitationskur heißt das, daß er 274 mal 11 DM zu bezahlen hat. Das sind 3 014 DM. In Ostdeutschland,
    wo Sie statt 11 DM 8 DM von den Patienten abkassieren wollen, bedeutet dies 2 192 DM.
    Ein Herzinfarktpatient mit sechswöchigem Auf enthalt im Krankenhaus und vierwöchiger Reha-Kur ist im Westen mit 770 DM und im Osten mit 560 DM dabei. Für den normalen Beinbruch bei vier Wochen Krankenhausaufenthalt kassieren Sie im Westen 308 DM und im Osten 224 DM.
    All dies wird fällig ohne jede Einschränkung. Selbst der ärmste der Armen soll zahlen. Können Sie mir einmal sagen, was das eigentlich mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat?

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich frage Sie: Was hat es eigentlich mit Solidarität zu tun, wenn von dieser Regelung die Wirkung ausgeht, daß derjenige, der am schwersten krank ist, am meisten an Selbstbeteiligung aufzubringen hat? Dies alles ist weder solidarisch noch gerecht. Dies ist die Fortsetzung der 1989 mit dem Gesundheits-Reformgesetz begonnenen Abkassiererei.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Damen und Herren von der Freien Demokratischen Partei beweisen dabei besondere Einfühlsamkeit.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Wie öfters!)

    Unangemessene Härten und übermäßige Einkommensreduzierungen müssen jedoch vermieden werden, meint Herr Solms, der Vorsitzende der F.D.P.-Fraktion, im Zusammenhang mit diesem Gesetz. Aber dies meint er nicht etwa an die Rentnerin mit 1 500 DM Einkommen pro Monat gerichtet, nein; dies sagt er Zahnärzten mit 20 000 DM vor Steuern im Monat ganz ungeniert und öffentlich in einer Pressemitteilung der F.D.P.

    (Zurufe von der SPD: Unerhört!)

    Selbst wenn man sich in dieser unverhohlenen Form als Zahnärztepartei profilieren will: das ganze Parlament ist auf die Bundesrepublik Deutschland als Sozialstaat verpflichtet, auch die F.D.P. Ich frage Sie: Können Sie derartige Äußerungen Ihres Fraktionsvorsitzenden eigentlich mit Ihrem Gewissen vereinbaren?

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich frage, ob CDU/CSU und F.D.P. sich die Folgewirkungen ihrer Neuregelungen im Zahnersatzbereich hinreichend deutlich vor Augen geführt haben. Da soll künftig zwischen Wahlleistungen und Regelleistungen unterschieden werden. Um nicht mißverstanden zu werden: Es geht nicht darum, künftig Luxusversorgung beim Zahnersatz zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu ermöglichen. Luxusversorgung gab es schon bisher nicht. Es geht ausschließlich um eine funktionell vernünftige und auch ästhetisch angemessene Versorgung mit Zahnersatz.
    Was ist denn nun Regelleistung, und was soll Wahlleistung sein? Hier sind der definitorischen Willkür Tür und Tor geöffnet. Genau das wollen Sie. Sie wollen ein Einfallstor schaffen, um die Versorgung der



    Rudolf Dreßler
    Versicherten mit Zahnersatz künftig noch weiter zu privatisieren.
    Bei der Verabschiedung des sogenannten Gesundheits-Reformgesetzes haben Sie sich 1989 mit dem Festbetragskonzept gebrüstet und haben versprochen, daß künftig Festbetragsmedikamente von jeder Zuzahlung frei seien. Das soll nun auf einmal nicht mehr wahr sein. Wer in Ihr neues Gesetz hineinschaut, wird feststellen, daß künftig auch für Festbetragspräparate Selbstbeteiligungen bezahlt werden sollen, aber nicht — wie bisher bei den anderen Medikamenten üblich — 3 DM je Präparat, sondern mindestens 3 DM, höchstens 10 DM, und in dieser Spanne in jedem Falle 10 % des Preises. Hier werden das Motto „Was schert mich mein Geschwätz von gestern?" zur politischen Losung und der Wortbruch zum politischen Programm.

    (Beifall bei der SPD)

    Deshalb nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß ich für die SPD-Fraktion feststelle: Es gibt keine Stimme der Sozialdemokraten für eine weitere Erhöhung der Selbstbeteiligung, weder im Bundestag noch im Bundesrat.
    Sie versuchen derzeit, durch allerlei Nebelwerferei den Eindruck zu erwecken, als sei die abermalige Belastung der kranken Menschen nicht so schlimm. In dieser Woche trat der Bundesgesundheitsminister im ZDF auf und verkündete die These, das Unsozialste überhaupt sei die Beitragserhöhung in der Krankenversicherung. Das hört sich zwar gut an. Aber es ist die Unwahrheit; es ist die Verdrehung von Tatsachen.
    Sie versuchen nämlich mit diesem Argument, Herr Seehofer, zu verwischen, daß in Wahrheit die Selbstbeteiligung auch eine spezielle Form der Beitragserhöhung ist, und zwar eine Beitragserhöhung, die nicht alle Versicherten, wohl aber die besonders Benachteiligten unter ihnen, nämlich die Kranken, trifft. Gibt es eigentlich etwas Unsozialeres als ein solches Instrument?

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Ich hoffe, es ist Ihnen klar, daß Sie mit solchen Argumenten die Beitragszahler gegeneinander aufbringen. Sie versuchen das berechtigte Interesse der Beitragszahler an niedrigen Beitragssätzen als Instrument gegen die Kranken und ihr Interesse an niedriger Selbstbeteiligung einzusetzen. Ich nenne das ein schlimmes Verfahren.
    Die Koalition vertritt seit geraumer Zeit in der ihre Gesetzgebung begleitenden öffentlichen Diskussion eine merkwürdige Behauptung. Ich meine die These von der gerechten Verteilung der Belastungen auf Zahnärzte, Ärzte, Pharmaindustrie auf der einen Seite und Versicherte und Kranke auf der anderen Seite.
    Auch daran stimmt übrigens nichts. Mit dem Gesundheits-Reformgesetz von 1989 wollten Sie 14 Milliarden DM einsparen. 7 Milliarden DM sollten die Leistungserbringer aufbringen und 7 Milliarden DM die Versicherten und Patienten. Tatsächlich eingespart wurden 7 Milliarden DM, und die haben ausschließlich die Versicherten und Kranken aufgebracht. Der 7-Milliarden-DM-Beitrag der Leistungserbringer steht noch aus.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Richtig!)

    Jetzt sollen es 11 Milliarden DM sein, die gespart werden, diesmal 8 Milliarden DM für die Leistungserbringer und 3 Milliarden DM für die Patienten. Die 8 Milliarden DM für Ärzte, Zahnärzte und Pharmaindustrie — sollten sie je wirklich eingespart werden — sind doch nichts anderes als das, was bereits vor drei Jahren fällig gewesen wäre. Damit wird doch lediglich die Bezahlung der Zeche von vor drei Jahren nachgeholt. Gleichwohl verlangen Sie von den Versicherten zusätzlich zu den 7 Milliarden DM pro Jahr seit 1989 nun weitere 3,2 Milliarden DM. Was ist daran eigentlich sozial ausgewogen?

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Gar nichts!)

    Sie schreiben doch lediglich die soziale Unausgewogenheit des damaligen Gesetzes in die Zukunft der 90er Jahre fort.

    (Beifall bei der SPD)

    Noch eines fällt ins Auge, wenn man Ihre Behauptung von der sozialen Ausgewogenheit des Pakets nachprüft. Den Patienten und Versicherten werden 11 Milliarden DM im Jahr durch Leistungskürzungen und zusätzliche Selbstbeteiligungen direkt abgeknöpft.
    Bei Ärzten gehen Sie ganz anders vor. Sie kürzen nicht, sondern Sie begrenzen die Einkommenszuwächse. Bei Ärzten gibt es also immer noch ein Mehr; das Mehr wird nur nicht so groß sein wie bisher. Und auch das soll sozial ausgewogen sein?
    CDU/CSU und F.D.P. geben sich seit je als die ordnungspolitischen Gralshüter der Sozialen Marktwirtschaft aus. Haben Sie sich eigentlich die ordnungspolitische Wirkung Ihrer Instrumente, die Sie in diesem Gesetz anwenden wollen, wirklich vor Augen geführt?
    Herr Seehofer sprach heute morgen von tiefgreifenden Strukturveränderungen. Im Gesetz ist zu lesen: staatlicher Stopp der Einkommenszuwächse bei Ärzten und Zahnärzten, staatlicher Stopp der Entgelte für die Krankenhäuser, staatliche Preisabsenkung in der Arzneimittelversorgung. Wo man hinschaut: Preisstopps. Statt mehr Marktwirtschaft im Gesundheitswesen da, wo es möglich wäre, gibt es mehr staatliche Intervention. Das ist die CDU/CSU-F.D.P.-Devise: In Sonntagsreden sich selbst als Erben von Ludwig Erhard feiern, aber in der praktischen Politik die Nachlaßverwalter von Günther Mittag sein! Das ist eine schöne Gesellschaft.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch und Zurufe von der CDU/CSU — Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Helau! Helau!)

    — Helau.
    Natürlich müssen Ärzte, Zahnärzte und Pharmaindustrie Sparbeiträge erbringen. Es geht um kostengünstige Honorarformen, andere Krankenhauspflegesätze, endlich Preisverhandlungen zwischen Krankenkassen und Pharmaindustrie.



    Rudolf Dreßler
    Die hinter dem Gesetzespaket von CDU/CSU und F.D.P. stehende Philosophie ist in einem wichtigen Aspekt die gleiche wie die des sogenannten Gesundheits-Reformgesetzes von 1989. Es wird eine politisch motivierte, rein willkürliche Einsparsumme vorgegeben, die dann entsprechend realisiert werden muß. Man könnte fragen: Wieso eigentlich 11 Milliarden, warum nicht 9 oder 14 oder 20? Woher wird eigentlich eine solche Zahl genommen? Da machen sich ministerielle Einsammler auf den Weg nach dem Motto „Ein bißchen von diesem, ein bißchen von jenem", und dann gehen sie zusammen ans Werk. Welch eine Überraschung: Sie kommen dann zu dem gewünschten Einsparergebnis.
    Das alles hat weder etwas mit gesundheitspolitischer Orientierung oder gar Strategie und noch gar mit den gesundheitspolitischen Notwendigkeiten für die Versicherten zu tun. Dies ist eine ins Fiskalische gewandelte Gesundheitspolitik.
    Ich glaube, an dieser Stelle sind einige klare Worte in Richtung Ärzte und Zahnärzte geboten. Man kann zu den Gesetzesvorschlägen der Koalition und zur Gesundheitspolitik von Herrn Seehofer stehen, wie man will — auch die Opposition kritisiert viele von deren Aspekten —; aber es ist unerträglich, wenn von Interessengruppen der Ärzte und Zahnärzte versucht wird, Politik unter Druck zu setzen, wie das in den vergangenen Wochen versucht wurde.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS/Linke Liste)

    Ich denke, es ist Aufgabe des ganzen Hauses, unabhängig davon, ob Koalition oder Opposition, deutlich zu machen: Der Deutsche Bundestag läßt sich nicht unter Druck setzen, und nötigen läßt er sich schon gar nicht.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS/Linke Liste)

    Er weist die anschließende Begleitmusik einiger ärztlicher Standesfunktionäre mt Entschiedenheit zurück. Zudem: Wer sich seine eigene Propaganda gegen parlamentarische Vorhaben von pharmazeutischen Unternehmen finanzieren läßt, wie etwa der Hartmannbund, bringt seine Glaubwürdigkeit ins Zwielicht und scheidet als seriöser Gesprächspartner aus. Er schafft unerträgliche Zustände. Das muß deshalb vom Tisch.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Kassenärzte wehren sich besonders gegen die Budgetierung der Arzneimittelausgaben, insbesondere aber gegen die Regelung, Überschreitungen des Budgets auf die eigenen Honorare angerechnet zu bekommen. Über den Sinn einer solchen Regelung mag man streiten. Aber es ist nicht glaubwürdig, den Patienten einzureden, dadurch könnten sie künftig nicht mehr ordentlich mit Arzneimitteln versorgt werden. Gleichzeitig höre ich, daß Krankenkassen — Krankenkassen! — und Kassenärzte hinter verschlossenen Türen um eine Regelung kungeln, nach der die Kassenärzte, sollten sie die Arzneimittelbudgets
    unterschreiten, die unterschrittene Summe ihrem Honorar gutgeschrieben erhalten.

    (Heiterkeit bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

    Budgetierungen also, bei denen die Ärzte im Zweifelsfall zuzahlen müssen, sollen die Arzneimittelversorgung der Patienten gefährden, und viel strengere Budgetierungen, bei denen die Ärzte noch verdienen, sind ein lohnenswertes Unterfangen und gefährden plötzlich die Versorgung nicht. Hier wird doch deutlich, um was es in Wahrheit geht: nicht um die Arzneimittelversorgung, nicht um die Patienten, sondern nur ums Geld. Das ist ein schlimmer Verfall der sozialen Sitten.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Seehofer hat heute im Namen der Bundesregierung ein Gesprächsangebot unterbreitet. Er trägt damit den Tatsachen Rechnung, weil er weiß, daß jede Strukturreformmaßnahme im Gesundheitswesen, also auch die Pläne der Koalition zu einem Gesundheitsstrukturgesetz, der Zustimmung des Bundesrates, also der SPD, bedarf. Ich begrüße dieses Angebot auch deswegen, weil es zeitgerecht kommt, der Klärungsprozeß zwischen Koalition und Opposition also nicht auf die letzte Sekunde — und das wäre der Vermittlungsausschuß — vertagt wird.
    Herr Seehofer, die Sozialdemokraten nehmen Ihr Gesprächsangebot an. Wir sind bereit, mitzuarbeiten, eine breite parlamentarische Mehrheit für eine wirkliche Reform des Gesundheitswesens zustande zu bringen. Sie wissen, die Mitarbeit der SPD ist politisch nicht kostenlos.

    (Zuruf von der SPD: Herr Seehofer hört gar nicht zu!)

    — Wenn ihn die Antwort der Opposition auf sein Angebot nicht mehr interessiert, dann kann er das sagen.

    (Zuruf des Bundesministers Horst Seehofer)

    — Der interessiert in diesem Zusammenhang überhaupt nicht, Herr Seehofer.
    Sie wissen, Herr Seehofer, die Mitarbeit der SPD ist politisch nicht kostenlos. Unsere Vorstellungen kennen Sie. Damit Sie sie nicht vergessen, stehen sie heute in Form eines Antrages ebenfalls zur Diskussion.
    Allerdings sage ich Ihnen: Irritierend sind seit gestern Presseberichte, nach denen die Koalition parallel zu Gesprächen mit der SPD in Arbeitsgruppen mit Verbänden des Gesundheitswesens über Veränderungen an ihren Gesetzentwürfen verhandeln will. Herr Seehofer, ich sage Ihnen: Reden Sie mit wem Sie wollen. Aber wenn Sie ernsthaft an einer tragfähigen Gesetzeslösung mit der SPD interessiert sind, wird dieses Verfahren nicht möglich sein. Die SPD spricht nicht über Gesetzentwürfe, die in Hinterzimmern und Kungelrunden mit Verbänden schon längst zur Makulatur geworden sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich gehe davon aus, daß Sie für ihre Vorhaben eine Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat haben



    Rudolf Dreßler
    wollen. Deshalb frage ich Sie: Wie viele Stimmen haben eigentlich Ärzteverbände und Pharmaindustrie im Bundesrat, und wie viele Sitze haben sie eigentlich im Bundestag? Gespräche müssen dort geführt werden, wo die Mehrheit für Gesetze zu erlangen ist: zwischen den Fraktionen des Bundestages, den Ländern und der Regierung.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Unglaubliche Arroganz! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Etwas anderes wird die Sozialdemokratische Partei Deutschlands jedenfalls nicht akzeptieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer Gespräche führen will, sollte eine eindeutige Geschäftsgrundlage haben. Sie müssen sich also über folgendes klar sein:
    Erstens. Die SPD wird weder im Bundestag noch im Bundesrat einen Gesetzentwurf mittragen, der die abermalige Erhöhung der Selbstbeteiligung der Versicherten vorsieht.
    Zweitens. Wer eine Reform des Gesundheitswesens will, die trägt, darf nicht bei den Vorschlägen, die Sie in Ihrem zweiten Gesetzentwurf, dem Gesundheitsstrukturgesetz, gemacht haben, stehenbleiben. Dieser Gesetzentwurf ist unzureichend. Hier muß kräftig korrigiert werden. Ohne eine Organisationsreform der gesetzlichen Krankenversicherung wird unser Gesundheitswesen auch weiter von einer Krise in die andere taumeln.

    (Beifall bei der SPD)

    Drittens. Nur unter der Bedingung einer echten Strukturreform ist die SPD zu einem Vorschaltgesetz bereit, in das kurzfristige Maßnahmen aufgenommen werden, die übergangsweise wirken, bis die eigentliche Reform trägt.
    Das Rentenreformgesetz und unser gemeinsames Vorgehen dort zeigen: Wer eine gemeinsame Lösung will, braucht eine gemeinsame Vorlage. Für die sozialdemokratische Fraktion erkläre ich, daß wir bereit sind, unseren Antrag zur Reform des Gesundheitswesens in einen gemeinsamen Gesetzentwurf der drei Fraktionen eingehen zu lassen. Wir erwarten von der Koalition das gleiche.
    Bei möglichen Konsensgesprächen müssen sich im Ergebnis alle Beteiligten wiederfinden. Aber dabei darf der Sinn für parlamentarisch-politische Proportionen nicht verlorengehen. Die Union vertritt 45 % des Parlaments, die SPD 35 % und die F.D.P. 10 %. Ein mögliches Konsensergebnis kann das nicht auf den Kopf stellen.
    Wir sind bereit, in diesem Sinn die Gespräche mit der Koalition und die dann folgenden parlamentarischen Beratungen zu führen.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD — Beifall bei der PDS/Linke Liste und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Abgeordnete Dr. Dieter Thomae.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dieter Thomae


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Die gesetzliche Krankenversicherung befindet sich in einer dramatischen Lage. Ich brauche die Zahlen nicht zu wiederholen. 10 % Ausgabenzuwachs im letzten Jahr und wieder 10 % im Laufe des Jahres zwingen zum Handeln, und zwar kurzfristig zu wirksamem Handeln. Die Lage ist bedrohlich. Wir haben viel zu verlieren.
    Das Gesundheitswesen in der Bundesrepublik Deutschland genießt höchste Anerkennung. Es gibt medizinische Spitzenleistungen für jedermann. Wir sind in den Leistungsbereichen kaum zu übertreffen: von der schwersten Operation bis hin zu Rehabilitation, Pflege, ja sogar Sterbegeld.
    Es sind die gut ausgebildeten, engagierten und motivierten Menschen, die Ärzte, die Zahnärzte, die Krankenschwestern, die fachlich versierten Apotheker und alle anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen, die dies überhaupt möglich machen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Geld allein macht nicht gesund. All diesen Berufen möchte ich von dieser Stelle aus zurufen, daß wir im Ringen um die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens das Menschliche nicht aus den Augen verlieren dürfen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wir unterstreichen dies im Gesetzentwurf durch die Bereitstellung von Mitteln für 13 000 neue Pflegekräfte.
    Wir haben ein freiheitliches Gesundheitswesen mit Therapiefreiheit, freier Arztwahl, Selbstverwaltung und Freiberuflichkeit. Wir haben ein international kaum erreichtes Niveau bei der Entlohnung der medizinischen Leistungen. Wir haben bestmöglich ausgestattete Praxen und damit ein gut funktionierendes ambulantes Versorgungssystem.
    Wir dürfen aber nicht die Augen davor verschließen, daß das alles weitestgehend aus Beiträgen, Zwangsbeiträgen, bezahlt werden muß; Beiträge, die die Versicherten und die Arbeitgeber gemeinsam aufbringen müssen; Beiträge, die — wie Steuern — als Lasten empfunden werden, die Lohnnebenkosten sind und die über die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft entscheiden.
    Deshalb können steigende Beitragssätze nicht die Antwort auf steigende Ausgaben sein. Wer diesen Weg geht und diesen Weg propagiert, stellt auf Dauer die Grundlagen des Systems in Frage.
    Die gesetzliche Krankenversicherung ist ein Solidarsystem. Es lebt letztlich von der Akzeptanz der Beitragszahler. Niemandem — nicht den Versicherten und auch nicht denen, die im Gesundheitswesen tätig sind — wäre damit gedient, wenn wir die Krankenversicherung in den finanziellen Kollaps laufen ließen. Wir haben Verständnis dafür, daß die Mediziner aus ihrem Engagement, aus dem hippokratischen Eid heraus, der sie in die Pflicht zu maximal möglichen medizinischen Leistungen nimmt, sich schwertun, die ökonomischen Zwänge zu akzeptieren, von denen wir Politiker uns auch dann nicht befreien können, wenn



    Dr. Dieter Thomae
    es um das höchste Gut, nämlich die Gesundheit, geht.
    Höhere Beiträge — sie sind ja in den letzten Tagen wieder angekündigt worden — können auch in Zukunft nicht ausgeschlossen werden, wenn sie gebraucht werden, um medizinische Defizite zu beseitigen. Das steht für uns außer Frage. Die gesetzliche Krankenversicherung als Teil des beitragsfinanzierten Solidarsystems steht in einer unaufkündbaren Schicksalsgemeinschaft mit der wirtschaftlichen Entwicklung.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Deshalb gilt für die Krankenversicherung wie für alle anderen Sozialleistungen der liberale Grundsatz: Es kann nicht mehr ausgegeben werden, als erwirtschaftet wurde.
    Ausgabenzuwächse von durchschnittlich 10 % sind nicht finanzierbar. Sie rechtfertigen keine Beitragssatzerhöhung, weil sie in dieser Zeitspanne auch medizinisch nicht begründbar sind. Wir stehen heute mehr denn je in allen Bereichen im Zwang zur Konsolidierung. Das gilt für die Staatshaushalte. Das gilt selbstverständlich auch für die Haushalte der Sozialversicherung.
    Vielleicht ist es uns noch immer nicht ganz bewußt: Eine Epoche geht zu Ende. Die politischen und, in ihrem Gefolge, die wirtschaftlichen Veränderungen, die Überwindung der Blöcke, das alles hat weit mehr Konsequenzen für jeden einzelnen, als wir es erkennen oder wahrhaben wollen. Es hat natürlich Konsequenzen auch für die Gestaltung der Politik. Die alten Muster, die alten Rituale des Verteilens, vor allem des Verteilens von Zuwächsen, tragen nicht mehr. Wir müssen aufpassen, daß der breite soziale Konsens nicht unter die Mühlen von Gruppenansprüchen gerät.
    In diesen schwierigen Zeiten ist die Sicherung des Erreichten schon viel, und selbst das geht nicht ohne schmerzliche Eingriffe.
    Wir müssen die Versicherten, aber auch die Leistungserbringer mehr in die Verantwortung für die Kosten einbinden. Wir Liberalen tun uns da sehr schwer.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das merkt man!)

    Die vorgesehenen Eingriffe in Einkommenspositionen von Zahntechnikern und von Zahnärzten, von Pharmaunternehmen und Apothekern, von Ärzten, von den Chefärzten in Krankenhäusern, sind Opfer, die wir diesen Berufsgruppen abverlangen. Es sind Solidarbeiträge, die wir brauchen, weil es in dieser besonderen Notsituation, in der die gesetzliche Krankenversicherung ist, kaum kurzfristige wirksame Alternativen gibt.
    Ich will das nicht beschönigen. Budgetierung und gesetzlicher Preis bzw. Gebührensenkungen sind keine liberalen Instrumente. Nur unter bestimmten Bedingungen ist dies für uns Liberale hinnehmbar. Deshalb haben wir auf eine konsequente Befristung
    gedrängt. Eine Verlängerung des Zeitraums für die Budgetierung kommt für die F.D.P. nicht in Frage.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Im Gegenteil: Das Arzneimittelbudget soll, wenn möglich, noch vor 1995 durch eigenverantwortliche Regelungen der Selbstverwaltung abgelöst werden.

    (Beifall bei der F.D.P. und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Hierüber sind jetzt konkrete Gespräche mit den Beteiligten aufgenommen worden. Ich bin sicher, daß wir am Ende zu einvernehmlichen Lösungen kommen werden, die auch die Ärzteschaft mittragen kann.
    Herr Dreßler, ich bitte auch zu bedenken: Auch die Koalition, jede einzelne Partei hat das Recht — die Möglichkeit dazu muß bestehen —, mit den einzelnen Gruppen zu sprechen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Zum zweiten ist es mit der Kostendämpfung allein nicht getan. Das Gesundheitswesen läßt sich nicht immer weiter durch Sparmaßnahmen sanieren. Wir brauchen keine laufende Reparatur, sondern durchgreifende Reformen.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Sehr wahr!)

    Die Verknüpfung der Sofortbremsung, Herr Kirschner, mit Strukturveränderungen war für uns eine absolute Bedingung. Am Ende des interventionistischen Tunnels steht für uns der Übergang zu mehr Marktwirtschaft und zu mehr Freiheit.

    (Beifall bei der F.D.P.) Das erreichen wir


    (Klaus Kirschner [SPD]: Durch Preisverhandlungen bei Arzneimitteln beispielsweise!)

    durch die zeitlich unbefristeten Strukturmaßnahmen, und das erreichen wir durch den Einstieg in eine Neubestimmung der Grenzen zwischen Eigenverantwortung und Solidarabsicherung. Der Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion wird beauftragt, konkrete Vorschläge für diese Neudefinition des Aufgabenkatalogs der sozialen Krankenversicherung vorzulegen.
    Daß wir nicht nur Kostendämpfung betreiben, sondern die Strukturen in wichtigen Bereichen reformieren, will ich an den folgenden Punkten aufzeigen.
    Wir führen endlich eine durchgreifende Reform im Krankenhaus durch. Rund 60 Milliarden DM werden in diesem Bereich ausgegeben; das sind rund ein Drittel der gesamten Ausgaben der GKV. Dieser riesige Beitrag wird nach einem Prinzip ausgegeben, das die ordnungsgemäße Behandlung von Kosten und eine hohe Auslastung von vorhandenen Betten belohnt.
    Die Verweildauer in deutschen Krankenhäusern ist noch zu hoch. Sie ist zwar zurückgegangen; aber sie ist noch zu hoch. Viele Leistungen, die heute stationär erbracht werden, können zudem ambulant erfolgen. Die medizinische Technik macht dies möglich. Hier liegen noch unausgeschöpfte Wirtschaftlichkeitsreserven. Deshalb meine ich, daß wir im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gerade in diesem Bereich



    Dr. Dieter Thomae
    noch Öffnungen durchführen müssen, damit ambulante Operationen stärker gefördert werden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Für uns Liberale ist vor allem wichtig, daß endlich das Selbstkostendeckungsprinzip abgeschafft wird. Es ist die entscheidende Ursache für Unwirtschaftlichkeiten. Wer wirtschaftlich arbeitet, wird in Zukunft durch Gewinne belohnt und kann diese vor allem behalten. Auf der anderen Seite führt Unwirtschaftlichkeit zu Verlusten. Aber die Solidargemeinschaft muß diese Verluste nicht mehr übernehmen.
    Wir werden ab 1995 schrittweise ein System der leistungsgerechten Entgelte einführen. Wenn wir den Übergang schon früher schaffen, so kann ich nur sagen, ist das der F.D.P. nur recht. Wichtig ist, daß wir echte Preise für Krankenhausleistungen bekommen. Wichtig ist auch, daß wir weiterhin Pflegesätze haben, die neben den Fallpauschalen und Sonderentgelten endlich trennen zwischen Hotelkosten oder Unterbringungskosten, Pflegekosten und medizinischen Kosten.
    Es bedarf im Krankenhaus schließlich eines schrittweisen Übergangs zur monistischen Finanzierung. Es muß die Möglichkeit geben, Rationalisierungsinvestitionen endlich anders durchzuführen und — die entscheidende Möglichkeit — private Gelder in Krankenhäusern zu investieren. Das ist vor allen Dingen eine Chance in den neuen Bundesländern. Hierauf wird mein Kollege Dr. Menzel noch näher eingehen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, ein zweiter wichtiger Bereich sind die Wahl- und Regelleistungen. Man kann in Zukunft nicht mehr für alles die Solidargemeinschaft in Anspruch nehmen. Luxus zu finanzieren gehört nicht zu den Aufgaben einer Solidarversicherung. Wer Wahlleistungen will, muß sie aus der eigenen Tasche bezahlen. Wahltarife werden angeboten. Ich würde mich freuen, wenn dies durch die private Versicherung erfolgen würde, damit hier eine klare Trennung bestehenbleibt. Dies ist für uns eine Wegweisung für die Zukunft; denn auf Dauer wird die Solidargemeinschaft, wie schon erwähnt wurde, nicht mehr alles finanzieren können.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Das wird doch heute schon nicht gemacht!)

    Darum müssen wir in Regel- und Wahlleistungssysteme einsteigen.
    Wir haben trotz massivster Bedenken einer Absenkung der zahnprothetischen Honorare und der Preise für zahntechnische Leistungen zugestimmt. Dies war ein hoher politischer Preis für uns. Eine pauschale Honorarabsenkung bei einem freien Beruf ist ein schwerwiegender Eingriff.

    (Manfred Reiman [SPD]: Das muten Sie den Gewerkschaften doch jeden Tag zu!)

    Wir werden noch einmal sehr genau alle Auswirkungen prüfen. Niemandem, weder Zahnärzten noch Zahntechnikern, dürfen unzumutbare Opfer abverlangt werden. Eine 20 %ige Absenkung bei den prothetischen Leistungen und 10 % bei der Zahntechnik
    sind vorgesehen. Auf keinen Fall mehr! Wenn sich zeigen sollte, daß die Einsparvolumen überschritten werden, dann werden und müssen wir korrigieren.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Der dritte wesentliche Reformbestandteil des vorliegenden Gesetzespaktes ist der Arzneimittelbereich. Es wird von niemandem bestritten, daß in diesem Bereich Wirtschaftlichkeitsreserven vorhanden sind. Das hat vielfache Ursachen. Hier müssen wir dafür sorgen, daß die Arzneimittel medizinisch vernünftig verschrieben werden. Aber wir müssen auch dafür sorgen, daß die Therapiefreiheit erhalten wird. Darum bin ich froh, daß wir jetzt Gespräche führen, damit eine vernünftige Lösung mit den beteiligten Gruppen gefunden werden kann.
    Pharmaindustrie und Apotheker erbringen ebenfalls einen Solidarbeitrag. Im Laufe des Verfahrens bitte ich aber auch noch einmal in diesem Bereich die Einsparquoten genau zu definieren und festzulegen, damit wir ganz fundierte Daten haben, um die endgültigen politischen Entscheidungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren letztlich zu treffen.
    Für mich persönlich — das möchte ich betonen — ist die Einbeziehung der Selbstmedikation nicht unproblematisch.
    Meine Damen und Herren, leider läuft die Zeit ab.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Für die Koalition läuft die Zeit ab! Das ist angesagt!)

    Ich hätte noch gerne einige Punkte vorgetragen. Ich möchte das Angebot des Gesundheitsministers an die SPD unterstützen: Die F.D.P. steht zu Gesprächen bereit. Die F.D.P. will mit Ihnen die einzelnen Themenbereiche abklopfen.
    Aber es gibt auch gewisse Bedingungen der F.D.P., Herr Dreßler. Das ist für uns das Thema Regionalisierung, und das ist für uns — ich glaube, Herr Dreßler, da liege ich mit Ihnen fast auf einer Linie — auch das Thema Finanzausgleich. Ich kann mich erinnern, daß Sie, Herr Dreßler, vor kurzer Zeit an irgendeiner Stelle gesagt haben, ein kassenartenübergreifender Finanzausgleich wäre nichts anderes als Verkleisterung.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wenn Sie bei dieser Auffassung blieben, würden wir uns sehr freuen. Wir stehen zu Gesprächen zur Verfügung.
    Eines möchte ich der Öffenlichkeit noch mitgeben — weil die Zeit nicht reicht, kann ich es nicht lange ausführen —: Die F.D.P. steht für alle zum Dialog bereit. Ich bitte alle Gruppen, die sich bisher benachteiligt fühlen oder sich ausgeklinkt haben: Suchen Sie das Gespräch mit uns! Das Gesetzgebungsverfahren läuft erst.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Dann müßten die Patienten kommen!)

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Manfred Reimann [SPD]: 10 % sind halt etwas viel für die F.D.P.!)