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    Plenarprotokoll 12/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Inhalt: Begrüßung einer Delegation des ungarischen Parlaments 8785 D Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltspians fur das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Hans-Ulrich Klose SPD 8713B, 8761D Dr. Wolfgang Bötsch CDU/CSU 8721B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 8725B, 8754 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 8729 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 8730C Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8733 D Dr. Helmut Kohl Bundeskanzler BK 8736A, 8745C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8745 A Björn Engholm, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . . . . 8746A, 8755B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . 8750 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU 8755C, 8762B Franz Müntefering SPD 8759 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA 8762 D Hans-Ulrich Klose SPD 8765 A Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 8766 A Ulrich Irmer F D P. 8767 D Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 8769 D Walter Kolbow SPD 8773 B Paul Breuer CDU/CSU 8775 A Dr. Klaus Rose CDU/CSU 8776 C Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 8778 B Dr. Sigrid Hoth F D P 8781 B Dr. Karl-Heinz Hornhues . . . . 8782C, 8798B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 8784 B Hans-Gerd Strube CDU/CSU 8786A Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 8787 B Carl-Ludwig Thiele F D P 8788 B Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 8790 A Dr. Ingomar Hauchler SPD 8792 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU 8793 D Werner Zywietz F.D.P. . . . . . . . . 8794 D Dr. Ingomar Hauchler SPD 8795 B Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8796 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8799 B Ortwin Lowack fraktionslos 8800 C Ulrich Briefs fraktionslos 8802 B Rudolf Seiters, Bundesminister BMI . . 8804 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . 8806A, 8815C Gerd Wartenberg (Berlin) SPD 8809C Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 8813D Gerd Wartenberg (Berlin) SPD . . . 8817C Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 8818C Ina Albowitz F D P 8820 B Freimut Duve SPD 8822A, 8826 B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8822D, 8841 C Freimut Duve SPD 8823 C Karl Deres CDU/CSU 8824 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 8826 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 8829 A Dr. Hans de With SPD 8831 B Norbert Geis CDU/CSU 8834 B Dr. Hans de With SPD 8834 D Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 8836 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 8836D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 8838 C Dr. Michael Luther CDU/CSU 8840B Dr. Norbert Geis CDU/CSU 8842 D Tagesordnungspunkt 4: a) Fortsetzung der Beratung (Abstimmung) der Entschließungsanträge der Fraktion der SPD zum Nachtragshaushaltsgesetz 1992 (Drucksachen 12/2910, 12/2911) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu den dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 1/92 und 2 BvE 2/92 (Drucksache 12/3195) Ortwin Lowack fraktionslos (Erklärung nach § 31 GO) 8804 A Nächste Sitzung 8843 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8845* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude CDU/CSU . . . . 8845* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 8713 103. Sitzung Bonn, den 9. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 09. 09. 92*** Antretter, Robert SPD 09. 09. 92* Dr. Blank, CDU/CSU 09. 09. 92** Joseph-Theodor Blunck, Lieselott SPD 09. 09. 92* Böhm (Melsungen), CDU/CSU 09. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 09. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 09. 09. 92 van Essen, Jörg F.D.P. 09. 09. 92*** Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 09. 09. 92*** Friedrich, Horst F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Fuchs, Ruth PDS/LL 09. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 09. 09. 92*** Gattermann, Hans H. F.D.P. 09. 09. 92 Haschke CDU/CSU 09.09.92 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Holtz, Uwe SPD 09. 09. 92*** Jaunich, Horst SPD 09. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 09. 09. 92 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 09. 09. 92*** Oesinghaus, Günther SPD 09. 09. 92 Opel, Manfred SPD 09. 09. 92** Pfuhl, Albert SPD 09. 09. 92 Poß, Joachim SPD 09. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 09. 09. 92* Reddemann, Gerhard CDU/CSU 09. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 09. 09. 92 Rempe, Walter SPD 09. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 09. 09. 92** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 09. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 09. 09. 92*** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 09. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 09. 09. 92** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 09. 09. 92*** Weyel, Gudrun SPD 09. 09. 92*** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 09. 09. 92 Dr. Wieczorek CDU/CSU 09. 09. 92 (Auerbach), Bertram Wittmann (Tännesberg), CDU/CSU 09. 09. 92 Simon Zierer, Benno CDU/CSU 09. 09. 92* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude (CDU/CSU): Der einigungsbedingte Mehraufwand im Justizetat 1993 unterstreicht erneut den festen Willen von Regierung und Parlament, den Aufbau des Rechtsstaates weiter voranzutreiben und zu konsolidieren. Bei der Haushaltsdebatte 1991 wurde sehr zu Recht die schleppende Abwicklung von Gerichtsverfahren, die totale Überlastung der Grundbuch- und Katasterämter beklagt. Inzwischen hat sich trotz noch immer vorhandener Mängel auch vieles überaus positiv entwickelt. Wer hätte gedacht, daß nach den ersten Erfahrungen-wir mußten ja nach der Säuberung der alten DDR-Justiz in den meisten Bereichen bei Null anfangen - eine derart große Zahl von Juristen für die neuen Bundesländer gewonnen werden könnte. Erinnern wir uns: Es gab dort zur Zeit der Wende 1989 ganze 600 Rechtsanwälte, heute sind es immerhin schon 3 200. Das von der Bundesregierung initiierte Modell „Aufbau des Rechtsstaates" leistet nunmehr einen entscheidenden Beitrag zur Personalausstattung der Gerichte und Grundbuchämter in den neuen Ländern. War es 1991 noch ein Etatansatz von 117,4 Millionen DM, der nur mit 53,5 Millionen ausgenutzt werden konnte, so mußten wir bereits in diesem Jahr den vorgesehenen Betrag von 104,5 Millionen DM noch um Haushaltsreste aus 1991 von rund 19 Millionen DM für EDV-Maßnahmen aufstocken. Damit sind die Zielvorgaben per heute wie folgt verwirklicht worden: i. 1 000 Richter und Staatsanwälte, davon 820 tätig, 500 Rechtspfleger, davon 500 tätig. 2. Der Einsatz von pensionierten Richtern, Staatsanwälten, Rechtspflegern und Urkundsbeamten zeigt leider immer noch ein unbefriedigendes Ergebnis, obwohl bürokratische Hemmnisse beseitigt wurden. Statt der angestrebten Zahl von 500 sind es jetzt erst ganze 68. Man sollte also mehr für ein Seniorenmodell werben. 3. Die Bundesförderung für die Neueinstellung von Richtern, Rechtsanwälten, Rechtspflegern - insgesamt sollen es 300 sein -, wird von den neuen Ländern voll in Anspruch genommen. Diese Gesamtförderung wird 1993 mit 107,5 Millionen DM fortgesetzt, wobei wir die Unterstützung bei der EDV-Ausstattung der Grundbuchämter erneut mit einschließen. Natürlich besteht auch darüber hinaus für die Folgejahre noch Handlungsbedarf. Ich möchte aber heute auch allen danken, die in den neuen Bundesländern auf Dauer oder vorübergehend beim schwierigen Aufbau des Rechtsstaates mitwirken. Sie tragen entscheidend dazu bei, das Vertrauen in unseren Staat zu stärken. Für ganz Deutschland gilt gleiches Recht, und damit muß auch die gleiche Rechtswirklichkeit einhergehen. Allerdings müssen wir in diesem Zusammenhang auch einige selbstkritische Fragen stellen: - Was bremst und blockiert eigentlich den Wiederaufbau im 8846* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Osten? — Sind es nicht vielfach bürokratische Hemmnisse, ist es nicht vor allem unser Gesetzesperfektionismus, der schon den Wirtschaftsstandort Westdeutschland mehr als genug belastet? Insoweit muß dringend geprüft werden, ob und wie Maßnahmegesetze zur Beschleunigung — so wie im Verkehrsbereich — auch im Umwelt- und Baubereich für eine begrenzte Zeit einzuführen sind. Die Ungeduld und Unzufriedenheit vieler Landsleute mit bestimmten Verwaltungsabläufen ist verständlicherweise groß. Wir als Gesetzgeber sind darüber hinaus gefordert, bei der Aufarbeitung des DDR-Unrechts zügig fortzufahren. In den letzten 12 Monaten sind wir bereits ein gutes Stück vorangekommen. Ich nenne hier das 1. SED-Unrechts-Bereinigungsgesetz sowie das 2. Vermögensrechts-Änderungsgesetz. Es sind noch gesetzliche Regelungen zur Wiedergutmachung von Berufs- und Verwaltungsunrecht zu beschließen und vor allem das in Kürze vorliegende Entschädigungsgesetz. Die Erwartung aller Betroffenen ist in diesem Bereich besonders groß. Die Höhe der Entschädigung bei Unmöglichkeit der Rückgabe — gleich aus welchen Gründen — muß sich leider auch an den finanziellen Möglichkeiten orientieren. Dasselbe gilt für die Ausgleichsleistungen für besatzungsrechtliche Enteignungen in der Zeit von 1945 bis 1949. Die Anerkennung der Bodenreform auf Grund der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen und _des Einigungsvertrages stellen für den betroffenen Personenkreis eine besondere Härte dar. Die Rückgabe des oft unter unvorstellbaren Bedingungen enteigneten Besitzes wurde ausgeschlossen, obwohl gerade im Bereich der Land- und Forstwirtschaft oft noch wesentliche Teile des Altbesitzes für eine Rückübertragung verfügbar wären. Es ist deshalb dringend geboten, den Anspruch von Alteigentümern auf das geplante Wiedereinrichtermodell ausdrücklich festzuschreiben. Für die nach 1949 Enteigneten sollte noch einmal überprüft werden, ob das bisher geltende Wahlrecht: Rückgabe oder Entschädigung nicht auch künftig beizubehalten ist, da bereits Fälle bekannt wurden, wo Anspruchsberechtigte im Vertrauen auf das geltende Vermögensgesetz freiwillig auf ihren Besitz verzichtet haben, um kommunale Planungen zu ermöglichen. Wichtig ist auch, daß Vertriebene vor allem jenseits von Oder und Neiße, die nach 1945 ihren ständigen Aufenthalt in der früheren DDR genommen haben, eine einmalige Zuwendung von 4 000 DM erhalten sollen, da sie von der in Westdeutschland durchgeführten Lastenausgleichsregelung nicht begünstigt wurden. Zur sozialen Gerechtigkeit gehört selbstverständlich, daß mit dem geplanten Entschädigungsgesetz bei Rückgabe von Vermögenswerten auch der gezahlte Lastenausgleich zurückzuzahlen ist und daß darüber hinaus wegen des Ungleichgewichts zwischen Sachwert bei Rückgabe und Entschädigung eine Vermögensabgabe erhoben werden soll. Zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts gehört ferner, daß die Verfolgung von Regierungskriminalität zügig vorangetrieben wird. Bund und Länder hatten vereinbart, 60 Staatsanwälte zum Kammergericht nach Berlin zu delegieren. Als einziges Bundesland hat das Saarland sich bisher geweigert, seinen Anteil, der sowieso nur aus einem Staatsanwalt besteht, zu leisten. Ein vergleichbar unwürdiges Verhalten konnte man übrigens auch bei anderen SPD-regierten Ländern in der Vergangenheit bereits feststellen, wenn es um die Finanzierung der zentralen Dokumentationsstelle Salzgitter ging. Die Mitarbeiter dieser Einrichtung haben in vorbildlicher Weise Unrechtstatbestände ermittelt und die dafür Verantwortlichen festgestellt. Großen Unmut in der Bevölkerung gibt es verständlicherweise über Fälle von Bereicherung in der früheren DDR, die bis heute nicht rückgängig gemacht wurden. Einige Beispiele dafür hat BILD am Sonntag gerade in der letzten Ausgabe dargestellt. Da wird Herr Diestel ebenso erwähnt wie sein damaliger Stellvertreter Müller, aber auch eine Reihe von Generälen der NVA, u. a. der Chef der DDR-Grenztruppen sowie der frühere Polizeipräsident von Berlin. Bei beiden stellt sich übrigens nicht nur die Frage der Überprüfung der Grundstücksgeschäfte, sondern auch nach deren strafrechtlicher Verantwortung auf Grund ihrer früheren Tätigkeit. Die Reformaufgaben der Justiz werden — wenn auch nicht im gleichen Tempo wie in den vergangenen Jahren — fortgeführt. Dabei steht volumenmäßig die Überprüfung des Nichtehelichenrechts im Vordergrund. Das Justizministerium muß aber jetzt mit besonderer Priorität Änderungen im Ausländer- und Asylrecht vorbereiten. Die Erfahrungen der letzten Monate, insbesondere der letzten Wochen, zeigen, mit welcher Dringlichkeit auch eine Grundgesetzänderung zum Schutz des Asylrechts und gegen den ungezügelten Mißbrauch durch Wirtschaftsflüchtlinge erfolgen muß. Abschließend möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesjustizministerium bedanken, die auch in diesem Jahr in besonderer Weise Mehrarbeit für den Aufbau des Rechtsstaats in den neuen Bundesländern zu leisten hatten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Vera Wollenberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Bemerkung vorab. Ich empfinde es als ausgesprochenen Affront, daß ich als sicherheitspolitische Sprecherin unserer Gruppe unter „ferner liefen" auf die Rednerliste gesetzt wurde und erst zu Wort komme, nachdem die Adressaten meiner Rede und auch die allermeisten meiner Kollegen aus dem Verteidigungsausschuß längst den Raum verlassen haben. Ich empfinde das als eine ausgesprochene Mißachtung meiner parlamentarischen Tätigkeit.
    Der Milliardenetat geht Jahr für Jahr — mit schönen Sparsamkeitsreden begleitet — im Reichstag durch. Über die Notwendigkeit einer Reichswehr läßt sich streiten, über die Beschaffenheit dieser Reichswehr gibt es nur eine Meinung: Sie muß geändert werden.
    Tucholskys Worte sind die genaue Beschreibung der heutigen Situation; man muß nur „Reichs" durch „Bundes" ersetzen.
    Erst gestern wurden wir mit einer Sparsamkeitsrede bedacht, wenn ich sie auch nicht unbedingt mit dem Adjektiv „schön" beschreiben würde. Finanzminister Waigel strich in dieser Rede besonders heraus, daß bei den Rüstungsausgaben über 2 Milliarden DM eingespart worden seien. Dem steht aber ein Wehretat von 50,8 Milliarden DM gegenüber. Zählt man die Militärausgaben nach NATO-Kriterien aus all den verschiedenen Einzelplänen zusammen, so belaufen sie sich auf die astronomische Summe von 65,7 Milliarden DM. Dieser Haushalt ist enorm, aber er ist ganz bestimmt kein enormer Sparhaushalt, wie Verteidigungsminister Rühe uns vorhin weismachen wollte.
    So groß das Chaos in der Regierungskoalition, das durch die Löcher — oder besser gesagt: durch die Abgründe — in der Haushaltskasse verursacht wurde, auch ist: Im Sparhaushalt von Theo Waigel wird jedenfalls an militärischen Beschaffungen nicht gespart. Am Bundeshaushalt lassen sich die Prioritäten der deutschen Militärführung festmachen. Hier finden ihre strategisch-konzeptionellen Überlegungen ihren Niederschlag.
    Mit ihrer Klausurtagung am 12. und 13. Januar 1992, der dritten seit November 1991, hatte die politische und militärische Leitung des BMVg die Rahmenplanung für die künftige Struktur und Ausrüstung der Bundeswehr abgeschlossen. Die sich aus den historischen Veränderungen in Europa ergebende Chance für grundsätzliche sicherheitspolitische Reformen oder gar für einschneidende Reduzierungen bei den Militärausgaben wurde vertan.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nein, konsequent genutzt!)

    Die seit 40 Jahren auf eine potentielle Bedrohung aus Osteuropa ausgerichteten militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr sollen zwar reduziert, jedoch keineswegs aufgehoben werden. Zugleich werden die Planungen an den neuen Bedrohungen, Risiken und Instabilitäten von außerhalb Europas orientiert. Diesen neuen Gefahren will man mit kleinen hochmobilen und flexiblen Verbänden und Waffensystemen entgegentreten.
    Die Überlegungen zur zukünftigen Rolle der Bundeswehr ist dabei oft wesentlich von den im westlichen Bündnis stattfindenden Planungen für Out-ofarea-Einsätze bestimmt. In diesen Szenarien ist kein Platz für gravierende Einsparungen, im Gegenteil: Die Bundeswehr wird sogar noch teurer.
    Trotzdem präsentierte die erwähnte Klausurtagung der erstaunten Öffentlichkeit als Ergebnis Einsparungen bei den Rüstungskosten von stolzen 43,7 Milliarden DM bis zum Jahre 2005. Die Rechnung hatte nur einen kleinen Schönheitsfehler: Für die meisten der eingesparten Militärwünsche hatten noch gar keine Finanzierungszusagen vorgelegen.
    Summiert man die kürzlich beschlossenen Zahlen für die nächsten zwölf Jahre, so sollen 117 Milliarden



    Vera Wollenberger
    DM für die Beschaffung und 39 Milliarden DM für militärische Forschung und Entwicklung ausgegeben werden. Zur Verwirklichung dieser Vorstellungen müßte der Haushalt aber Jahr für Jahr über 50 Milliarden DM liegen, was kaum eine Absenkung der Militärausgaben genannt werden kann. Mit Sparsamkeit hat das alles jedenfalls nichts zu tun. Ich glaube auch nicht, daß die Äußerungen von Verteidigungsminister Rühe, der uns eine Konversion eines winzigen Teils des Militäretats in ein Wohnungsbauprogramm vorgeführt hat, an dieser Feststellung etwas ändern.
    Gestatten Sie mir, die Klagelieder der Teilstreitkräfte über die Ergebnisse der Planungskonferenz zu übergehen und mir weiteres Jonglieren mit den Haushaltszahlen zu ersparen. Über die Beschaffenheit der Bundeswehr gibt es eine Meinung: Sie muß geändert werden. Über das Wie der Veränderungen gehen die Meinungen dagegen weit auseinander.
    Die Bundesregierung — das beweist ihr Verteidigungshaushalt — rückt trotz der radikal gewandelten sicherheitspolitischen Lage in Europa nicht von der traditionellen Konzeption einer Verteidigungsarmee ab. Diese Armee soll lediglich mit mobilen Einsatztruppen garniert werden, die später weltweit eingesetzt werden können. Die Pflicht zur weltweiten Wahrnehmung von Verantwortung wird das genannt. Aber die simple Erkenntnis, daß die beste Wahrnehmung von weltweiter Verantwortung darin besteht, das überlebte Militärmonster Bundeswehr in seiner jetzigen Form zu verabschieden, ist der Bundesregierung noch nicht gekommen. Im Gegenteil: Um die Armee, in der längst ein innerer Zerfallprozeß eingesetzt hat, aufrechterhalten zu können, klammert sich die Bundesregierung an die überlebte Wehrpflicht wie eine Ertrinkende an den Strohhalm und nimmt mit der Irrationalität einer Ertrinkenden den politischen Ärger in Kauf, den ihr die wachsende Wehrungerechtigkeit und die Einbeziehung von Wehrpflichtigen in Out-of-area-Einsätze bringen wird.
    Ich möchte an dieser Stelle meine christlichen Kollegen von der Regierungskoalition an die Botschaft Jesu erinnern, die lautet: Fürchtet euch nicht!

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Vor den GRÜNEN und vor der PDS!)

    Fürchtet euch nicht vor dem Vakuum, das der zusammengebrochene Gegner aus dem Kalten Krieg hinterlassen hat! Fürchtet euch nicht vor einer gründlichen Revision der militärischen und ideologischen Relikte der Ost-West-Konfrontation! Fürchtet euch nicht vor den Chancen einer gerechten Neuordnung der Welt! Fürchtet euch nicht vor den Mitteln friedlicher Konfliktlösung!
    Die Bundesregierung möchte das sogenannte Asylantenproblem klären, aber sie fürchtet sich, die Tatsache, daß Deutschland längst ein Einwanderungsland geworden ist, anzuerkennen. Lieber will sie den edelsten Teil der deutschen Verfassung opfern als ein Einwanderungsgesetz beschließen.
    Die Bundesregierung möchte den Krieg in Jugoslawien austrocknen, aber sie fürchtet sich offensichtlich vor der konsequenten Ächtung des Embargobruchs durch den NATO-Partner Griechenland. Außenminister Kinkel hat heute in der Debatte gesagt, daß nur eine völlig wasserdichte Blockade des Aggressors dem Blutbad in Restjugoslawien ein Ende setzen kann. Was hindert denn die Bundesregierung, was den Außenminister daran, sich konsequent für eine solche Blockade einzusetzen? Mit ein paar Kontrollschiffen mehr ist es wohl nicht getan. Es fehlt entschiedener politischer Druck auf Griechenland.
    Die Bundesregierung möchte einen Platz für Deutschland im Weltsicherheitsrat, wie wir heute von Herrn Kinkel wieder gehört haben, zwar nicht prioritär, aber sekundär. Aber wenn sich die Bundesregierung für eine UNO-Reform einsetzt, dann müßte ihr wohl klar sein, daß bei einer solchen Reform vor allen Dingen der Sicherheitsrat verändert werden muß. Fast 18 Jahre ist die Bundesrepublik Mitglied der Vereinten Nationen, und seit dieser Zeit wird immer wieder einmal über einen bundesdeutschen Beitrag zu den UN-Friedenstruppen diskutiert. Zur Zeit erleben wir dort lediglich eine neue Etappe auf dem Weg, die Bundeswehr für militärische Missionen außerhalb der Beschränkungen des Grundgesetzes einzusetzen.

    (Michaela Geiger [CDU/CSU]: Quatsch!)

    Fatal an dieser Diskussion ist aber, daß es der Bundesregierung bei der Änderung des Grundgesetzes weniger um die Stärkung der UNO und deren friedenserhaltenden Maßnahmen gelt — dies war schon zu Ihren Oppositionszeiten und ist auch heute nur schmückendes Beiwerk —, sondern es ging von Anfang an darum, bundesdeutsche Soldaten für die Durchsetzung nationaler Interessen, egal, unter welchem organisatorischen Dach, weltweit einzusetzen.
    Das wirklich Perfide an dem neuen Versuch ist, daß man mit diesen Vorschlägen die UNO instrumentalisiert. Die hohe Akzeptanz der bundesdeutschen Bevölkerung gegenüber den unbestrittenen Leistungen der Vereinten Nationen — ich denke beispielsweise an die Verleihung des Friedensnobelpreises —wird ausgenutzt, um nationalen Interessen künftig auch mit militärischen Mitteln Nachdruck zu verleihen, etwa um deutsche Handelsschiffe auf hoher See zu schützen.
    Will man die Regelung künftiger Konflikte nicht den Supermächten überlassen, dann gibt es zur Stärkung der Vereinten Nationen keine Alternative. Deshalb tritt die Mehrheit unserer Gruppe für eine bundesdeutsche Beteiligung an friedenserhaltenden Missionen der UNO ein. Ein weitergehender Einsatz der Bundeswehr z. B. im Rahmen einer westeuropäischen Eingreiftruppe der WEU oder der EG oder bei Outof-area-Einsätzen der NATO, bevor die Mittel friedlicher Konfliktlösung überhaupt ausgeschöpft sind, ist für uns völlig indiskutabel und wird von uns entschieden abgelehnt.
    Herr Außenminister Kinkel hat heute zwar betont, daß er Kampfeinsätze nur im äußersten Notfall für gerechtfertigt hält. Aber warum wird dann über das Mittel im äußersten Notfall —


Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Kollegin, Sie haben Ihre Redezeit schon ein gutes Stück überschritten.




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    Rede von Vera Wollenberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    — sofort — eifrig diskutiert, über die Mittel, die geeignet wären, diesen Notfall zu verhindern, aber nicht?
    Otto Graf Lambsdorff hat heute Deutschland als ein Land mit bürgerkriegsähnlichen — —