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    Plenarprotokoll 12/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Inhalt: Begrüßung einer Delegation des ungarischen Parlaments 8785 D Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltspians fur das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Hans-Ulrich Klose SPD 8713B, 8761D Dr. Wolfgang Bötsch CDU/CSU 8721B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 8725B, 8754 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 8729 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 8730C Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8733 D Dr. Helmut Kohl Bundeskanzler BK 8736A, 8745C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8745 A Björn Engholm, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . . . . 8746A, 8755B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . 8750 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU 8755C, 8762B Franz Müntefering SPD 8759 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA 8762 D Hans-Ulrich Klose SPD 8765 A Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 8766 A Ulrich Irmer F D P. 8767 D Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 8769 D Walter Kolbow SPD 8773 B Paul Breuer CDU/CSU 8775 A Dr. Klaus Rose CDU/CSU 8776 C Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 8778 B Dr. Sigrid Hoth F D P 8781 B Dr. Karl-Heinz Hornhues . . . . 8782C, 8798B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 8784 B Hans-Gerd Strube CDU/CSU 8786A Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 8787 B Carl-Ludwig Thiele F D P 8788 B Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 8790 A Dr. Ingomar Hauchler SPD 8792 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU 8793 D Werner Zywietz F.D.P. . . . . . . . . 8794 D Dr. Ingomar Hauchler SPD 8795 B Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8796 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8799 B Ortwin Lowack fraktionslos 8800 C Ulrich Briefs fraktionslos 8802 B Rudolf Seiters, Bundesminister BMI . . 8804 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . 8806A, 8815C Gerd Wartenberg (Berlin) SPD 8809C Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 8813D Gerd Wartenberg (Berlin) SPD . . . 8817C Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 8818C Ina Albowitz F D P 8820 B Freimut Duve SPD 8822A, 8826 B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8822D, 8841 C Freimut Duve SPD 8823 C Karl Deres CDU/CSU 8824 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 8826 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 8829 A Dr. Hans de With SPD 8831 B Norbert Geis CDU/CSU 8834 B Dr. Hans de With SPD 8834 D Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 8836 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 8836D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 8838 C Dr. Michael Luther CDU/CSU 8840B Dr. Norbert Geis CDU/CSU 8842 D Tagesordnungspunkt 4: a) Fortsetzung der Beratung (Abstimmung) der Entschließungsanträge der Fraktion der SPD zum Nachtragshaushaltsgesetz 1992 (Drucksachen 12/2910, 12/2911) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu den dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 1/92 und 2 BvE 2/92 (Drucksache 12/3195) Ortwin Lowack fraktionslos (Erklärung nach § 31 GO) 8804 A Nächste Sitzung 8843 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8845* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude CDU/CSU . . . . 8845* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 8713 103. Sitzung Bonn, den 9. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 09. 09. 92*** Antretter, Robert SPD 09. 09. 92* Dr. Blank, CDU/CSU 09. 09. 92** Joseph-Theodor Blunck, Lieselott SPD 09. 09. 92* Böhm (Melsungen), CDU/CSU 09. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 09. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 09. 09. 92 van Essen, Jörg F.D.P. 09. 09. 92*** Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 09. 09. 92*** Friedrich, Horst F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Fuchs, Ruth PDS/LL 09. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 09. 09. 92*** Gattermann, Hans H. F.D.P. 09. 09. 92 Haschke CDU/CSU 09.09.92 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Holtz, Uwe SPD 09. 09. 92*** Jaunich, Horst SPD 09. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 09. 09. 92 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 09. 09. 92*** Oesinghaus, Günther SPD 09. 09. 92 Opel, Manfred SPD 09. 09. 92** Pfuhl, Albert SPD 09. 09. 92 Poß, Joachim SPD 09. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 09. 09. 92* Reddemann, Gerhard CDU/CSU 09. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 09. 09. 92 Rempe, Walter SPD 09. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 09. 09. 92** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 09. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 09. 09. 92*** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 09. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 09. 09. 92** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 09. 09. 92*** Weyel, Gudrun SPD 09. 09. 92*** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 09. 09. 92 Dr. Wieczorek CDU/CSU 09. 09. 92 (Auerbach), Bertram Wittmann (Tännesberg), CDU/CSU 09. 09. 92 Simon Zierer, Benno CDU/CSU 09. 09. 92* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude (CDU/CSU): Der einigungsbedingte Mehraufwand im Justizetat 1993 unterstreicht erneut den festen Willen von Regierung und Parlament, den Aufbau des Rechtsstaates weiter voranzutreiben und zu konsolidieren. Bei der Haushaltsdebatte 1991 wurde sehr zu Recht die schleppende Abwicklung von Gerichtsverfahren, die totale Überlastung der Grundbuch- und Katasterämter beklagt. Inzwischen hat sich trotz noch immer vorhandener Mängel auch vieles überaus positiv entwickelt. Wer hätte gedacht, daß nach den ersten Erfahrungen-wir mußten ja nach der Säuberung der alten DDR-Justiz in den meisten Bereichen bei Null anfangen - eine derart große Zahl von Juristen für die neuen Bundesländer gewonnen werden könnte. Erinnern wir uns: Es gab dort zur Zeit der Wende 1989 ganze 600 Rechtsanwälte, heute sind es immerhin schon 3 200. Das von der Bundesregierung initiierte Modell „Aufbau des Rechtsstaates" leistet nunmehr einen entscheidenden Beitrag zur Personalausstattung der Gerichte und Grundbuchämter in den neuen Ländern. War es 1991 noch ein Etatansatz von 117,4 Millionen DM, der nur mit 53,5 Millionen ausgenutzt werden konnte, so mußten wir bereits in diesem Jahr den vorgesehenen Betrag von 104,5 Millionen DM noch um Haushaltsreste aus 1991 von rund 19 Millionen DM für EDV-Maßnahmen aufstocken. Damit sind die Zielvorgaben per heute wie folgt verwirklicht worden: i. 1 000 Richter und Staatsanwälte, davon 820 tätig, 500 Rechtspfleger, davon 500 tätig. 2. Der Einsatz von pensionierten Richtern, Staatsanwälten, Rechtspflegern und Urkundsbeamten zeigt leider immer noch ein unbefriedigendes Ergebnis, obwohl bürokratische Hemmnisse beseitigt wurden. Statt der angestrebten Zahl von 500 sind es jetzt erst ganze 68. Man sollte also mehr für ein Seniorenmodell werben. 3. Die Bundesförderung für die Neueinstellung von Richtern, Rechtsanwälten, Rechtspflegern - insgesamt sollen es 300 sein -, wird von den neuen Ländern voll in Anspruch genommen. Diese Gesamtförderung wird 1993 mit 107,5 Millionen DM fortgesetzt, wobei wir die Unterstützung bei der EDV-Ausstattung der Grundbuchämter erneut mit einschließen. Natürlich besteht auch darüber hinaus für die Folgejahre noch Handlungsbedarf. Ich möchte aber heute auch allen danken, die in den neuen Bundesländern auf Dauer oder vorübergehend beim schwierigen Aufbau des Rechtsstaates mitwirken. Sie tragen entscheidend dazu bei, das Vertrauen in unseren Staat zu stärken. Für ganz Deutschland gilt gleiches Recht, und damit muß auch die gleiche Rechtswirklichkeit einhergehen. Allerdings müssen wir in diesem Zusammenhang auch einige selbstkritische Fragen stellen: - Was bremst und blockiert eigentlich den Wiederaufbau im 8846* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Osten? — Sind es nicht vielfach bürokratische Hemmnisse, ist es nicht vor allem unser Gesetzesperfektionismus, der schon den Wirtschaftsstandort Westdeutschland mehr als genug belastet? Insoweit muß dringend geprüft werden, ob und wie Maßnahmegesetze zur Beschleunigung — so wie im Verkehrsbereich — auch im Umwelt- und Baubereich für eine begrenzte Zeit einzuführen sind. Die Ungeduld und Unzufriedenheit vieler Landsleute mit bestimmten Verwaltungsabläufen ist verständlicherweise groß. Wir als Gesetzgeber sind darüber hinaus gefordert, bei der Aufarbeitung des DDR-Unrechts zügig fortzufahren. In den letzten 12 Monaten sind wir bereits ein gutes Stück vorangekommen. Ich nenne hier das 1. SED-Unrechts-Bereinigungsgesetz sowie das 2. Vermögensrechts-Änderungsgesetz. Es sind noch gesetzliche Regelungen zur Wiedergutmachung von Berufs- und Verwaltungsunrecht zu beschließen und vor allem das in Kürze vorliegende Entschädigungsgesetz. Die Erwartung aller Betroffenen ist in diesem Bereich besonders groß. Die Höhe der Entschädigung bei Unmöglichkeit der Rückgabe — gleich aus welchen Gründen — muß sich leider auch an den finanziellen Möglichkeiten orientieren. Dasselbe gilt für die Ausgleichsleistungen für besatzungsrechtliche Enteignungen in der Zeit von 1945 bis 1949. Die Anerkennung der Bodenreform auf Grund der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen und _des Einigungsvertrages stellen für den betroffenen Personenkreis eine besondere Härte dar. Die Rückgabe des oft unter unvorstellbaren Bedingungen enteigneten Besitzes wurde ausgeschlossen, obwohl gerade im Bereich der Land- und Forstwirtschaft oft noch wesentliche Teile des Altbesitzes für eine Rückübertragung verfügbar wären. Es ist deshalb dringend geboten, den Anspruch von Alteigentümern auf das geplante Wiedereinrichtermodell ausdrücklich festzuschreiben. Für die nach 1949 Enteigneten sollte noch einmal überprüft werden, ob das bisher geltende Wahlrecht: Rückgabe oder Entschädigung nicht auch künftig beizubehalten ist, da bereits Fälle bekannt wurden, wo Anspruchsberechtigte im Vertrauen auf das geltende Vermögensgesetz freiwillig auf ihren Besitz verzichtet haben, um kommunale Planungen zu ermöglichen. Wichtig ist auch, daß Vertriebene vor allem jenseits von Oder und Neiße, die nach 1945 ihren ständigen Aufenthalt in der früheren DDR genommen haben, eine einmalige Zuwendung von 4 000 DM erhalten sollen, da sie von der in Westdeutschland durchgeführten Lastenausgleichsregelung nicht begünstigt wurden. Zur sozialen Gerechtigkeit gehört selbstverständlich, daß mit dem geplanten Entschädigungsgesetz bei Rückgabe von Vermögenswerten auch der gezahlte Lastenausgleich zurückzuzahlen ist und daß darüber hinaus wegen des Ungleichgewichts zwischen Sachwert bei Rückgabe und Entschädigung eine Vermögensabgabe erhoben werden soll. Zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts gehört ferner, daß die Verfolgung von Regierungskriminalität zügig vorangetrieben wird. Bund und Länder hatten vereinbart, 60 Staatsanwälte zum Kammergericht nach Berlin zu delegieren. Als einziges Bundesland hat das Saarland sich bisher geweigert, seinen Anteil, der sowieso nur aus einem Staatsanwalt besteht, zu leisten. Ein vergleichbar unwürdiges Verhalten konnte man übrigens auch bei anderen SPD-regierten Ländern in der Vergangenheit bereits feststellen, wenn es um die Finanzierung der zentralen Dokumentationsstelle Salzgitter ging. Die Mitarbeiter dieser Einrichtung haben in vorbildlicher Weise Unrechtstatbestände ermittelt und die dafür Verantwortlichen festgestellt. Großen Unmut in der Bevölkerung gibt es verständlicherweise über Fälle von Bereicherung in der früheren DDR, die bis heute nicht rückgängig gemacht wurden. Einige Beispiele dafür hat BILD am Sonntag gerade in der letzten Ausgabe dargestellt. Da wird Herr Diestel ebenso erwähnt wie sein damaliger Stellvertreter Müller, aber auch eine Reihe von Generälen der NVA, u. a. der Chef der DDR-Grenztruppen sowie der frühere Polizeipräsident von Berlin. Bei beiden stellt sich übrigens nicht nur die Frage der Überprüfung der Grundstücksgeschäfte, sondern auch nach deren strafrechtlicher Verantwortung auf Grund ihrer früheren Tätigkeit. Die Reformaufgaben der Justiz werden — wenn auch nicht im gleichen Tempo wie in den vergangenen Jahren — fortgeführt. Dabei steht volumenmäßig die Überprüfung des Nichtehelichenrechts im Vordergrund. Das Justizministerium muß aber jetzt mit besonderer Priorität Änderungen im Ausländer- und Asylrecht vorbereiten. Die Erfahrungen der letzten Monate, insbesondere der letzten Wochen, zeigen, mit welcher Dringlichkeit auch eine Grundgesetzänderung zum Schutz des Asylrechts und gegen den ungezügelten Mißbrauch durch Wirtschaftsflüchtlinge erfolgen muß. Abschließend möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesjustizministerium bedanken, die auch in diesem Jahr in besonderer Weise Mehrarbeit für den Aufbau des Rechtsstaats in den neuen Bundesländern zu leisten hatten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Carl-Ludwig Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es gut und richtig, daß die Haushaltsdebatte über den Verteidigungsetat in die Debatte „Politik für Deutschland" eingebunden ist.
    Lassen Sie mich in der kurzen mir zur Verfügung stehenden Zeit im wesentlichen auf die folgenden Punkte eingehen: Vor der deutschen Einheit hatte die Bundeswehr etwa 500 000 Soldaten. In der DDR besaß die NVA 170 000 Soldaten. Hinzu kamen Grenztruppen in der Größenordnung von 60 000 Mann sowie Betriebskampfgruppen und Wehrsportgruppen in der Höhe von 400 000 Mann. Dies bedeutet, daß wir vor der deutschen Einheit auf deutschem Boden über 1,1 Millionen deutsche Soldaten hatten.
    Die deutsche Einheit wurde erreicht, weil Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher in dem Kaukasus-Gespräch ein Absenken der Zahl der Soldaten der Bundeswehr im wiedervereinten Deutschland auf 370 000 anboten.
    Wenn ich daraufhin den Verteidigungsetat betrachte, so stelle ich fest, daß etwas mehr als die Hälfte des Verteidigungsetats auf Personalausgaben entfallen. Unterstellt man einmal, daß wir in Deutschland wie vor der deutschen Einheit über 1,1 Millionen Soldaten unter Waffen hätten und diese Soldaten den gleichen Anteil an Material- und Betriebsausgaben verursachen würden wie die Bundeswehr, so käme man in den nächsten Jahren nicht zu einem Verteidigungsetat von etwa 50 Milliarden DM, sondern bei der dreifachen Personalstärke zu einem Verteidigungsetat in dreifacher Höhe, nämlich 150 Milliarden DM pro Jahr.

    (Freimut Duve [SPD]: Das ist natürlich eine Milchmädchenrechnung!)

    — Nein, das ist gar keine Milchmädchenrechnung.

    (Zuruf von der F.D.P.: Das ist schon die richtige Rechnung!)

    — Verzeihung, wenn Sie das Beispiel nicht nachvollziehen können, dann kann ich es Ihnen nachher gerne schriftlich geben. Ich gehe gleich noch einmal darauf ein.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Wir schreiben ein Buch für Herrn Duve! — Weiterer Zuruf von der F.D.P.: Das müssen Sie ihm literarisch erklären!)

    Die Größenordnung von 150 Milliarden DM für den Verteidigungshaushalt mag Ihnen exorbitant hoch vorkommen. Mir geht es genauso. Hierbei darf man allerdings nicht übersehen, daß im Jahre 1963 der Anteil des Verteidigungsetats am Bundeshaushalt 33 % betrug. Derzeit beträgt der Anteil des Verteidigungsetats am Gesamtetat 11,7 % mit weiter rasch sinkender Tendenz.

    (Freimut Duve [SPD]: Jetzt wird es schon vernünftiger!)

    — Ja, das ist nur die Fortführung des Vernünftigen, was ich vorhin schon sagte. — 1995 werden es nur noch 10,5 % sein. Der dreifache Anteil des Verteidigungsetats würde einen Anteil von etwa 31 % ausmachen, mithin weniger als im Jahre 1963.
    Aber durch die Wiedervereinigung sind eben keine 150 Milliarden DM erforderlich, sondern nur 50 Milliarden DM an Verteidigungsausgaben. Diese wiedervereinigungsbedingt eingesparten 100 Milliarden DM müssen wir zum Glück nicht für die Verteidigung ausgeben. Ein Betrag in dieser Größenordnung wird Jahr für Jahr vom Bundeshaushalt für die neuen Bundesländer zur Verfügung gestellt. Insofern kann man sagen: Die Friedensdividende muß nicht mehr erwirtschaftet werden. Die Friedensdividende ist schon erwirtschaftet, wobei ich allerdings hinzufügen möchte: Es muß auch weiter an einer erhöhten Friedensdividende gearbeitet werden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)




    Carl-Ludwig Thiele
    In jüngster Zeit wurde ein Thema kritisch innerhalb der NATO, insbesondere von unseren amerikanischen Bündnispartnern, diskutiert, nämlich das Eurokorps. Lassen Sie mich an dieser Stelle nochmals ausdrücklich für die F.D.P. erklären, daß wir uns als Atlantiker betrachten. Die Vereinigten Staaten von Amerika waren uns immer ein fairer und verläßlicher Bündnispartner, und wir wünschen, daß dieses auch zukünftig so bleibt.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Deshalb verbinden wir mit dem Eurokorps die konkrete Erwartung, daß die Franzosen den Weg wieder in die NATO finden.
    In jüngster Zeit ist auch viel über den Auftrag der Bundeswehr diskutiert worden. Insbesondere wurde von vielen Seiten die Erwartung geäußert, daß der Auftrag der Bundeswehr jetzt darin bestehen möge, für Hilfsmaßnahmen, für den Einsatz bei Umweltkatastrophen sowie für UNO-Einsätze tätig zu werden. Lassen Sie mich hierzu anmerken, daß der Auftrag der Bundeswehr durch diese neuen Tätigkeitsfelder nicht beschrieben wird. Es kann sich allenfalls um eine Ergänzung des Aufgabenfeldes der Bundeswehr handeln.
    Der Auftrag der Bundeswehr besteht in der Landesverteidigung und in der Wahrnehmung der Pflichten als Bündnispartner innerhalb der NATO. Der Verteidigungsauftrag wurde nach dem Selbstverständnis der Bürger in der Vergangenheit im wesentlichen aus der Bedrohung durch den überrüsteten Warschauer Pakt definiert. Dieses ist heute zum Glück nicht mehr erforderlich. Gleichwohl haben uns die Erfahrungen in anderen Staaten in der Vergangenheit gelehrt, daß eine Demokratie wehrhaft sein muß. Die Weltpolitik läßt sich nun einmal leider nicht im voraus planen, und ebensowenig läßt sich eine Bundeswehr von heute auf morgen neu aufstellen und einrichten.
    Sehr verehrte Damen und Herren, der Jugoslawienkonflikt bedrückt uns alle. Es ist den Medien zu danken, daß dieses kein verborgener Konflikt ist, sondern daß wir uns mit den Folgen dieser kriegerischen Auseinandersetzung täglich konfrontiert sehen. Wir sind uns wohl alle darin einig, daß dieser Konflikt so schnell wie möglich beendet werden muß. Ich bedanke mich deshalb bei Außenminister Klaus Kinkel für die aktive und engagierte Art, in der er sich um eine Beendigung dieses Konfliktes bemüht.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Gerade bei diesem Thema ist allerdings in der Vergangenheit immer wieder der Ruf danach laut geworden, militärisch in Jugoslawien aktiv zu werden. Hierzu möchte ich Ihnen sagen: Säbelrasseln hilft nicht, schon gar nicht, wenn es mit den Säbeln anderer geschieht.

    (Beifall des Abg. Josef Grünbeck [F.D.P.])

    Auch wenn die politischen Verhandlungen in Jugoslawien nicht zu endgültigen Ergebnissen geführt haben, so wird man sagen müssen, daß weiter versucht werden muß, auf politischem Wege, z. B. durch die Ausdehnung des Embargos, durch eine verschärfte Kontrolle des Embargos, durch Stärkung der Opposition und durch die weltweite Ächtung der Hauptverantwortlichen, auf den Frieden hinzuwirken.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Politik und Verhandlungen brauchen manchmal einen langen Atem. Wer garantiert eigentlich denjenigen, die einen militärischen Einsatz fordern, daß dieser schneller als Verhandlungen zur Beendigung des Konfliktes führt? Militärische Optionen sollten nur Ultima ratio der Friedenssicherung sein. Zur Durchsetzung des Friedens sind diese doch nur dann ernsthaft diskutierbar und können nur dann empfohlen werden, wenn sie die Chance bieten, den Konflikt zu beenden.
    Zur Lagebeurteilung in Jugoslawien möchte ich den Generalinspekteur Klaus Naumann zitieren, der folgendes gesagt hat:
    Auf keinen Fall darf dieser Krieg mit dem Beispiel des Golfkrieges aus dem vergangenen Jahr in Verbindung gebracht werden. Vorstellungen, mit gezielten operativen militärischen Eingriffen ein Einstellen der Kämpfe zu erreichen sind militärisch naiv. Dies gilt auch für die immer wieder geforderten präzisen Luftwaffenschläge.
    Meine Damen und Herren, diesen Ausforderungen habe ich nichts hinzuzufügen.

    (Dr. Ingomar Hauchler [SPD]: Fragen Sie doch einmal Herrn Gerster!)

    Wenn wir uns die Welt jetzt, knapp drei Jahre nach der deutschen Einheit ansehen, so sehen wir eine Menge von Risiken und Gefahren. Entgegen unsern ersten Hoffnungen ist die Welt nicht friedlicher geworden. Ethnische Konflikte und Nationalismen stellen Gefahren dar. Man sollte aber auch sehen, daß die Risiken in der Vergangenheit ungleich größer waren. Wir erlebten die Zeit des permanenten Rüstungswettlaufs und des zigfachen atomaren Overkills. Waffentechnik und Waffenentwicklung schritten munter voran. Mit der Begründung, sich immer besser verteidigen zu müssen, wurden immer neue und gefährlichere Waffensysteme entwickelt, produziert und stationiert.
    Diese Zeit ist vorüber. Die riesigen Panzermengen östlich von uns in der alten Form sind nicht mehr vorhanden.

    (Dieter Heistermann [SPD]: Jetzt machen wir Schrott daraus!)

    — Das wäre auch richtig. —

    (Dieter Heistermann [SPD]: Das sage ich ja!)

    Wir sollten sehen, daß diese Situation auch ungeheure Chancen mit sich bringt, die aktiv zu gestalten sind. Wir müssen dazu beitragen, daß weltweit Menschenrechte gewährt werden, daß Minderheiten ihre



    Carl-Ludwig Thiele
    Rechte erhalten und daß der Nationalismus weltweit keine Chance mehr erhält.

    (Beifall bei F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)

    In diesem Jahrhundert hat sich Europa durch Kriege mehrfach auf grausame Weise verändert. Die Chancen, die sich jetzt durch die friedliche Beendigung des Kalten Krieges ergeben, müssen wir erkennen. Lassen Sie uns diese Chancen gemeinsam nutzen.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit Spranger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Carl-Dieter Spranger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn sich Mitglieder der Nachfolgepartei der SED so wie Frau Fischer zur Entwicklungspolitik äußern, dann ist das nicht nur amüsant, sondern in der dargebrachten Art auch eine Zumutung. Frau Fischer: Ideologie, Staatssicherheit und Rüstung waren im wesentlichen die Exportartikel der SED-Entwicklungspolitik. Nach intensiver Überprüfung konnten wir, sehr modifiziert, noch 64 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 120 Millionen DM übernehmen. Ich empfehle Ihnen, das Thema Entwicklungspolitik erst einmal im Rahmen der Geschichte der SED aufzuarbeiten, bevor Sie Bundesregierung oder Bundestag wegen der Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland kritisieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Unmittelbarkeit und die Dimension der weltpolitischen Probleme stellt die Entwicklungspolitik vor neue Herausforderungen. Sie reichen von neuen Hungersnöten in Afrika über die Flüchtlingsströme in unser Land, von dem wirtschaftlichen und ökologischen Chaos in den ehemaligen Ostblockländern bis zu den weltweiten Bedrohungen durch die zunehmende Umweltzerstörung.
    Dem Zusammenwachsen unseres Vaterlandes gilt zuallererst unsere Sorge. Dennoch dürfen wir demgegenüber die Probleme in den Entwicklungsländern nicht als zweitrangig abtun. Die gewachsene Verantwortung, die Deutschland in der Staatengemeinschaft zukommt, läßt dies nicht zu.
    Der Flüchtlingsansturm und die zunehmende Verbreitung von Drogen z. B. beweisen, daß die aus Entwicklungsländern importierten Probleme auch das Leben der Menschen hierzulande betreffen. An die Entwicklungspolitik werden daher gestiegene Erwartungen gestellt. Sie muß sich dieser neuen Herausforderung nicht nur annehmen, um nur zu reparieren, sondern um zukunftsorientiert zu gestalten. Diese Einsicht erhöht auch den Stellenwert der Entwicklungspolitik.
    Oft wird das Aufgabenfeld der Entwicklungszusammenarbeit aber noch mißverstanden. Dies zeigt das Beispiel Somalia. Soforthilfe in Notsituationen ist ein Gebot der Menschlichkeit. Die Bundesregierung stellt sich dieser Aufgabe. Humanitäre Hilfe ersetzt jedoch nicht uns ere langfristig angelegte Entwicklungszusammenarbeit.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Beides wird noch immer verwechselt. Manche übersehen auch, daß Krieg, Chaos und Rechtlosigkeit Hilfe von außen nahezu unmöglich machen. Die Mittel für derartige humanitäre Hilfe, für das Kurieren an Symptomen, würden eigentlich gebraucht, um die Ursachen für weitere Notfälle zu beseitigen.
    Wir haben dennoch in diesem Jahr über unser Budget Nahrungsmittelhilfe für Afrika in Höhe von rund 180 Millionen DM bereitgestellt. Auf Somalia entfallen davon 22 Millionen DM. Zusammen mit der sonstigen humanitären Hilfe von 20 Millionen DM und unserem Anteil an der EG-Nahrungsmittelhilfe von weiteren 23 Millionen DM sind dies insgesamt 65 Millionen DM. Dies kann sich wirklich sehen lassen.
    Die Europäische Gemeinschaft leistet insgesamt für Afrika Nahrungsmittelhilfe in Höhe von 770 Millionen DM. Bei einem deutschen Finanzierungsanteil von knapp 29 % werden davon ca. 220 Millionen DM vom deutschen Steuerzahler finanziert. Es ist wichtig, daß auch diese über die EG erbrachten beträchtlichen Leistungen stärker in das Bewußtsein derer dringen, die behaupten, wir täten zuwenig für Afrika. Allerdings: Es erfüllt uns mit Sorge, daß Bürgerkriege und Naturkatastrophen der Entwicklungspolitik zunehmend die Rolle eines Reparaturbetriebes zur kurzfristigen Schadensbeseitigung aufzwingen.
    Unser Ansatz in der Entwicklungspolitik bleibt es daher, die Lebensbedingungen der Menschen in den Entwicklungsländern auf Dauer zu verbessern. Wir wollen dort auf die Verbesserung der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Strukturen hinwirken. Dies beinhaltet in erster Linie den Kampf gegen die Armut; denn die Beseitigung der Armut und ihrer strukturellen Ursachen ist die Voraussetzung für eine sozial gerechte und damit stabile und friedliche Entwicklung.
    Ohne Investitionen in den Menschen und ohne Angebote auch zu besseren Ausbildungsmöglichkeiten wird selbstbestimmte Entwicklung aus eigener Kraft nur bescheidene Fortschritte machen. Deshalb haben wir im Bildungssektor einen weiteren Schwerpunkt gesetzt und für die Rahmenplanung 1993 etwa 10,4 % des Etats in der Größenordnung von ca. 400 Millionen DM vorgesehen.
    Inzwischen wurden nicht nur für die Förderschwerpunkte Grundbildung und berufliche Bildung, sondern des weiteren für die Bevölkerungspolitik, den Tropenwaldschutz, die Berücksichtigung soziokultureller Kriterien in der Entwicklungszusammenarbeit und für Afrika spezifische Konzepte erarbeitet, die bereits in der entwicklungspolitischen Praxis umgesetzt werden. Für Afrika sind 1992 40 % des bilateralen Etats mit einer Größenordnung von 1,431 Milliarden DM und für die Rahmenplanung 1993 41,5 % vorgesehen, das sind etwa 1,53 Milliarden DM, eine beträchtliche Steigerung.
    Das neue Konzept des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit zur Armutsbekämpfung



    Bundesminister Carl-Dieter Spranger
    werde ich Ihnen am 7. Oktober 1992 im Bundestagsausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit — es ist auch der Wunsch des Ausschusses gewesen, über dieses Thema zu diskutieren — vorstellen.
    Meine Damen und Herren, zu den zentralen und globalen Herausforderungen der Zukunft gehören der Schutz und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Nicht erst seit der Konferenz in Rio wissen wir um die Wechselbeziehungen von Armut und Umweltzerstörung. Der Erdgipfel hat der Entwicklungspolitik das Mandat erteilt, die Agenda 21 umzusetzen. Viele Empfehlungen der Agenda greifen unsere entwicklungspolitischen Zielsetzungen auf. Die weltweite Entschlossenheit zu konsequenter Umsetzung stellt eine neue Qualität internationaler Partnerschaft dar. Die Beschlüsse von Rio zu verwirklichen gibt daher auch uns neue Impulse und neue Verantwortung.
    Die Schwerpunkte Armutsbekämpfung, Bildung und Umwelt ziehen sich deutlich durch die Rahmenplanung der bilateralen finanziellen und technischen Zusammenarbeit der letzten beiden Jahre und werden in zahlreichen Ländern bereits durch konkrete Maßnahmen ausgefüllt.

    (Hans-Günther Toetemeyer [SPD]: Na!)

    Es ist mir daher schwer verständlich, daß Kollegen — auch Sie, Herr Toetemeyer und Herr Hauchler — einerseits verlangen, die genannten Schwerpunkte zu fördern, andererseits im gleichen Atemzug aber öffentlich eine grundlegende Wende in der Entwicklungspolitik einfordern, dann wiederum begrüßen, daß wir die vom BMZ gesetzten sektoralen Schwerpunkte und die Kriterien, die Sie als richtig bestätigen, nun anwenden.
    Wir müssen die Verantwortlichen in den jeweiligen Regierungen überzeugen, daß der Weg der ideologischen Fixierung, dem viele Entwicklungsländer viel zu lange gefolgt sind, in eine politische und wirtschaftliche Sackgasse geführt hat oder führt. Der Zusammenbruch der kommunistischen Systeme in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion hat dem größten Teil der Menschheit zu klaren Einsichten verholfen. Deshalb hat sich eine große Zahl von Entwicklungsländern von sozialistisch-dirigistischen Konzepten abgewandt.
    Unsere Entwicklungszusammenarbeit unterstützt diese Reformprozesse. Die Vergabe unserer Hilfe richtet sich nach Kriterien, die eine nachhaltige und effiziente Zusammenarbeit mit den Partnerländern gewährleisten sollen.
    Unsere Ihnen bekannten Kriterien, die mittlerweile auch breite internationale Anerkennung und Zustimmung erfahren haben, sollen reformwilligen Ländern durch unsere Unterstützung positive Anreize zum Aufbau demokratischer, rechtsstaatlicher und marktwirtschaftlicher Strukturen geben. Das BMZ und die Durchführungsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit verfügen über die Erfahrung, die Instrumente und das Fachpersonal, um den Regierungen in den Entwicklungsländern, aber auch den Regierungen in Osteuropa und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion die geeignete Beratung und Hilfe zukommen zu lassen. Geld allein ist nämlich nicht das einzige Mittel für erfolgreiche Hilfe zur Selbsthilfe.
    In vielen Gebieten der ehemaligen Sowjetunion sowie Mittel- und Osteuropas herrschen zur Zeit Verhältnisse, die denen der klassischen Entwicklungsländer in Afrika, Asien oder Lateinamerika nicht nachstehen. Das betrifft zum einen die strukturelladministrativen Bedingungen, zum anderen aber auch den Grad der ökonomischen und ökologischen Zerstörung. Wir müssen auch dort helfen.
    Meine Damen und Herren, Entwicklungspartnerschaft bedeutet eine wechselseitige Übernahme von Verpflichtungen. Dazu stehen wir. Wir haben uns deshalb dafür eingesetzt, daß auch die Industrieländer das Ihrige tun, um Eigenanstrengungen der Entwicklungsländer durch günstige externe Rahmenbedingungen zum Durchbruch zu verhelfen.
    Die Bundesregierung hat auf dem Weltwirtschaftsgipfel in München bekräftigt, daß sie sich für eine verantwortungsvolle Zinspolitik und weitere Schuldenerleichterungen einsetzen will. Sie hat in den vergangenen Jahren bereits Schulden aus Kapitalhilfe in einer Größenordnung von über 9 Milliarden DM erlassen. Wir werden diesen Weg auch weiterhin beschreiten. So wird im Haushalt 1993 erstmals vorgeschlagen, Schulden von bis zu 50 Millionen DM gegen konkrete Maßnahmen des Umwelt- und Ressourcenschutzes zu erlassen.
    Die Zahl der Flüchtlinge wird weltweit auf etwa 100 Millionen geschätzt. Diese Zahlen müssen wir als Appell verstehen, mit unseren Anstrengungen in der Entwicklungszusammenarbeit nicht nachzulassen, sondern sie zu verstärken. Die meisten dieser Menschen aus den Entwicklungsländern fliehen, weil sie das drückende Elend nicht mehr ertragen können. Sie fliehen, weil sie Hunger haben. Sie fliehen, weil sie in ihrer Armut ihre eigene Umwelt zerstört haben. Sie verlassen aber auch ihr Land, weil Bürgerkriege ihre Heimat verwüsten und sie dort keine Zukunftsperspektive mehr sehen und weil sie in den westlichen Industrieländern ein besseres Leben erwarten, auch wenn dies zum vielfachen Mißbrauch unseres Asylrechtes führt.
    Die Probleme sind groß, und die Mittel sind begrenzt. Wir begrüßen die geplante Aufstockung des Entwicklungsetats. Ehrlicherweise müssen wir aber auch gestehen, daß es unsicher ist, ob die Mittelzuwächse des BMZ-Haushaltes und seine personelle Ausstattung auch künftig mit den gewachsenen und weiter wachsenden Herausforderungen Schritt halten können.
    Wir sind dankbar, daß eine Vielzahl von Bürgern unsere Bemühungen durch private Initiativen und Spenden unterstützt. Das zeigt nicht nur, daß die Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit in breiten Kreisen der deutschen Bevölkerung erkannt ist. Das zeigt nicht nur, daß auch Kirchen und nichtstaatliche Institutionen bereit sind, sich weiter und mit großem Einsatz, mit viel Idealismus und Zuversicht für die Bekämpfung des Elends in der Welt einzusetzen. Es zeigt vor allem, daß die jüngsten Ausbrüche von Fremdenfeindlichkeit Ausnahmeerscheinungen sind und in der breiten Öffentlichkeit keinen Rückhalt



    Bundesminister Carl-Dieter Spranger
    finden. Daß die öffentliche und veröffentlichte Meinung auf unserer Seite steht, ist für uns Bestätigung und Ermutigung zugleich.
    Wir müssen verhindern, daß unser Zeitalter von Hunger, Armut, Flüchtlingselend und kriegerischen Konflikten beherrscht wird. Das schaffen wir nur, wenn wir weiterhin auf einen nationalen Konsens bauen können, der in der Entwicklungszusammenarbeit die notwendige Strategie zur Zukunftssicherung erkennt. Ich bitte in diesem Sinne um weitere Unterstützung durch den Deutschen Bundestag.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)