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    Plenarprotokoll 12/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Inhalt: Begrüßung einer Delegation des ungarischen Parlaments 8785 D Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltspians fur das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Hans-Ulrich Klose SPD 8713B, 8761D Dr. Wolfgang Bötsch CDU/CSU 8721B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 8725B, 8754 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 8729 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 8730C Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8733 D Dr. Helmut Kohl Bundeskanzler BK 8736A, 8745C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8745 A Björn Engholm, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . . . . 8746A, 8755B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . 8750 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU 8755C, 8762B Franz Müntefering SPD 8759 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA 8762 D Hans-Ulrich Klose SPD 8765 A Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 8766 A Ulrich Irmer F D P. 8767 D Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 8769 D Walter Kolbow SPD 8773 B Paul Breuer CDU/CSU 8775 A Dr. Klaus Rose CDU/CSU 8776 C Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 8778 B Dr. Sigrid Hoth F D P 8781 B Dr. Karl-Heinz Hornhues . . . . 8782C, 8798B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 8784 B Hans-Gerd Strube CDU/CSU 8786A Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 8787 B Carl-Ludwig Thiele F D P 8788 B Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 8790 A Dr. Ingomar Hauchler SPD 8792 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU 8793 D Werner Zywietz F.D.P. . . . . . . . . 8794 D Dr. Ingomar Hauchler SPD 8795 B Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8796 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8799 B Ortwin Lowack fraktionslos 8800 C Ulrich Briefs fraktionslos 8802 B Rudolf Seiters, Bundesminister BMI . . 8804 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . 8806A, 8815C Gerd Wartenberg (Berlin) SPD 8809C Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 8813D Gerd Wartenberg (Berlin) SPD . . . 8817C Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 8818C Ina Albowitz F D P 8820 B Freimut Duve SPD 8822A, 8826 B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8822D, 8841 C Freimut Duve SPD 8823 C Karl Deres CDU/CSU 8824 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 8826 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 8829 A Dr. Hans de With SPD 8831 B Norbert Geis CDU/CSU 8834 B Dr. Hans de With SPD 8834 D Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 8836 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 8836D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 8838 C Dr. Michael Luther CDU/CSU 8840B Dr. Norbert Geis CDU/CSU 8842 D Tagesordnungspunkt 4: a) Fortsetzung der Beratung (Abstimmung) der Entschließungsanträge der Fraktion der SPD zum Nachtragshaushaltsgesetz 1992 (Drucksachen 12/2910, 12/2911) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu den dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 1/92 und 2 BvE 2/92 (Drucksache 12/3195) Ortwin Lowack fraktionslos (Erklärung nach § 31 GO) 8804 A Nächste Sitzung 8843 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8845* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude CDU/CSU . . . . 8845* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 8713 103. Sitzung Bonn, den 9. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 09. 09. 92*** Antretter, Robert SPD 09. 09. 92* Dr. Blank, CDU/CSU 09. 09. 92** Joseph-Theodor Blunck, Lieselott SPD 09. 09. 92* Böhm (Melsungen), CDU/CSU 09. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 09. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 09. 09. 92 van Essen, Jörg F.D.P. 09. 09. 92*** Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 09. 09. 92*** Friedrich, Horst F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Fuchs, Ruth PDS/LL 09. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 09. 09. 92*** Gattermann, Hans H. F.D.P. 09. 09. 92 Haschke CDU/CSU 09.09.92 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Holtz, Uwe SPD 09. 09. 92*** Jaunich, Horst SPD 09. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 09. 09. 92 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 09. 09. 92*** Oesinghaus, Günther SPD 09. 09. 92 Opel, Manfred SPD 09. 09. 92** Pfuhl, Albert SPD 09. 09. 92 Poß, Joachim SPD 09. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 09. 09. 92* Reddemann, Gerhard CDU/CSU 09. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 09. 09. 92 Rempe, Walter SPD 09. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 09. 09. 92** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 09. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 09. 09. 92*** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 09. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 09. 09. 92** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 09. 09. 92*** Weyel, Gudrun SPD 09. 09. 92*** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 09. 09. 92 Dr. Wieczorek CDU/CSU 09. 09. 92 (Auerbach), Bertram Wittmann (Tännesberg), CDU/CSU 09. 09. 92 Simon Zierer, Benno CDU/CSU 09. 09. 92* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude (CDU/CSU): Der einigungsbedingte Mehraufwand im Justizetat 1993 unterstreicht erneut den festen Willen von Regierung und Parlament, den Aufbau des Rechtsstaates weiter voranzutreiben und zu konsolidieren. Bei der Haushaltsdebatte 1991 wurde sehr zu Recht die schleppende Abwicklung von Gerichtsverfahren, die totale Überlastung der Grundbuch- und Katasterämter beklagt. Inzwischen hat sich trotz noch immer vorhandener Mängel auch vieles überaus positiv entwickelt. Wer hätte gedacht, daß nach den ersten Erfahrungen-wir mußten ja nach der Säuberung der alten DDR-Justiz in den meisten Bereichen bei Null anfangen - eine derart große Zahl von Juristen für die neuen Bundesländer gewonnen werden könnte. Erinnern wir uns: Es gab dort zur Zeit der Wende 1989 ganze 600 Rechtsanwälte, heute sind es immerhin schon 3 200. Das von der Bundesregierung initiierte Modell „Aufbau des Rechtsstaates" leistet nunmehr einen entscheidenden Beitrag zur Personalausstattung der Gerichte und Grundbuchämter in den neuen Ländern. War es 1991 noch ein Etatansatz von 117,4 Millionen DM, der nur mit 53,5 Millionen ausgenutzt werden konnte, so mußten wir bereits in diesem Jahr den vorgesehenen Betrag von 104,5 Millionen DM noch um Haushaltsreste aus 1991 von rund 19 Millionen DM für EDV-Maßnahmen aufstocken. Damit sind die Zielvorgaben per heute wie folgt verwirklicht worden: i. 1 000 Richter und Staatsanwälte, davon 820 tätig, 500 Rechtspfleger, davon 500 tätig. 2. Der Einsatz von pensionierten Richtern, Staatsanwälten, Rechtspflegern und Urkundsbeamten zeigt leider immer noch ein unbefriedigendes Ergebnis, obwohl bürokratische Hemmnisse beseitigt wurden. Statt der angestrebten Zahl von 500 sind es jetzt erst ganze 68. Man sollte also mehr für ein Seniorenmodell werben. 3. Die Bundesförderung für die Neueinstellung von Richtern, Rechtsanwälten, Rechtspflegern - insgesamt sollen es 300 sein -, wird von den neuen Ländern voll in Anspruch genommen. Diese Gesamtförderung wird 1993 mit 107,5 Millionen DM fortgesetzt, wobei wir die Unterstützung bei der EDV-Ausstattung der Grundbuchämter erneut mit einschließen. Natürlich besteht auch darüber hinaus für die Folgejahre noch Handlungsbedarf. Ich möchte aber heute auch allen danken, die in den neuen Bundesländern auf Dauer oder vorübergehend beim schwierigen Aufbau des Rechtsstaates mitwirken. Sie tragen entscheidend dazu bei, das Vertrauen in unseren Staat zu stärken. Für ganz Deutschland gilt gleiches Recht, und damit muß auch die gleiche Rechtswirklichkeit einhergehen. Allerdings müssen wir in diesem Zusammenhang auch einige selbstkritische Fragen stellen: - Was bremst und blockiert eigentlich den Wiederaufbau im 8846* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Osten? — Sind es nicht vielfach bürokratische Hemmnisse, ist es nicht vor allem unser Gesetzesperfektionismus, der schon den Wirtschaftsstandort Westdeutschland mehr als genug belastet? Insoweit muß dringend geprüft werden, ob und wie Maßnahmegesetze zur Beschleunigung — so wie im Verkehrsbereich — auch im Umwelt- und Baubereich für eine begrenzte Zeit einzuführen sind. Die Ungeduld und Unzufriedenheit vieler Landsleute mit bestimmten Verwaltungsabläufen ist verständlicherweise groß. Wir als Gesetzgeber sind darüber hinaus gefordert, bei der Aufarbeitung des DDR-Unrechts zügig fortzufahren. In den letzten 12 Monaten sind wir bereits ein gutes Stück vorangekommen. Ich nenne hier das 1. SED-Unrechts-Bereinigungsgesetz sowie das 2. Vermögensrechts-Änderungsgesetz. Es sind noch gesetzliche Regelungen zur Wiedergutmachung von Berufs- und Verwaltungsunrecht zu beschließen und vor allem das in Kürze vorliegende Entschädigungsgesetz. Die Erwartung aller Betroffenen ist in diesem Bereich besonders groß. Die Höhe der Entschädigung bei Unmöglichkeit der Rückgabe — gleich aus welchen Gründen — muß sich leider auch an den finanziellen Möglichkeiten orientieren. Dasselbe gilt für die Ausgleichsleistungen für besatzungsrechtliche Enteignungen in der Zeit von 1945 bis 1949. Die Anerkennung der Bodenreform auf Grund der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen und _des Einigungsvertrages stellen für den betroffenen Personenkreis eine besondere Härte dar. Die Rückgabe des oft unter unvorstellbaren Bedingungen enteigneten Besitzes wurde ausgeschlossen, obwohl gerade im Bereich der Land- und Forstwirtschaft oft noch wesentliche Teile des Altbesitzes für eine Rückübertragung verfügbar wären. Es ist deshalb dringend geboten, den Anspruch von Alteigentümern auf das geplante Wiedereinrichtermodell ausdrücklich festzuschreiben. Für die nach 1949 Enteigneten sollte noch einmal überprüft werden, ob das bisher geltende Wahlrecht: Rückgabe oder Entschädigung nicht auch künftig beizubehalten ist, da bereits Fälle bekannt wurden, wo Anspruchsberechtigte im Vertrauen auf das geltende Vermögensgesetz freiwillig auf ihren Besitz verzichtet haben, um kommunale Planungen zu ermöglichen. Wichtig ist auch, daß Vertriebene vor allem jenseits von Oder und Neiße, die nach 1945 ihren ständigen Aufenthalt in der früheren DDR genommen haben, eine einmalige Zuwendung von 4 000 DM erhalten sollen, da sie von der in Westdeutschland durchgeführten Lastenausgleichsregelung nicht begünstigt wurden. Zur sozialen Gerechtigkeit gehört selbstverständlich, daß mit dem geplanten Entschädigungsgesetz bei Rückgabe von Vermögenswerten auch der gezahlte Lastenausgleich zurückzuzahlen ist und daß darüber hinaus wegen des Ungleichgewichts zwischen Sachwert bei Rückgabe und Entschädigung eine Vermögensabgabe erhoben werden soll. Zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts gehört ferner, daß die Verfolgung von Regierungskriminalität zügig vorangetrieben wird. Bund und Länder hatten vereinbart, 60 Staatsanwälte zum Kammergericht nach Berlin zu delegieren. Als einziges Bundesland hat das Saarland sich bisher geweigert, seinen Anteil, der sowieso nur aus einem Staatsanwalt besteht, zu leisten. Ein vergleichbar unwürdiges Verhalten konnte man übrigens auch bei anderen SPD-regierten Ländern in der Vergangenheit bereits feststellen, wenn es um die Finanzierung der zentralen Dokumentationsstelle Salzgitter ging. Die Mitarbeiter dieser Einrichtung haben in vorbildlicher Weise Unrechtstatbestände ermittelt und die dafür Verantwortlichen festgestellt. Großen Unmut in der Bevölkerung gibt es verständlicherweise über Fälle von Bereicherung in der früheren DDR, die bis heute nicht rückgängig gemacht wurden. Einige Beispiele dafür hat BILD am Sonntag gerade in der letzten Ausgabe dargestellt. Da wird Herr Diestel ebenso erwähnt wie sein damaliger Stellvertreter Müller, aber auch eine Reihe von Generälen der NVA, u. a. der Chef der DDR-Grenztruppen sowie der frühere Polizeipräsident von Berlin. Bei beiden stellt sich übrigens nicht nur die Frage der Überprüfung der Grundstücksgeschäfte, sondern auch nach deren strafrechtlicher Verantwortung auf Grund ihrer früheren Tätigkeit. Die Reformaufgaben der Justiz werden — wenn auch nicht im gleichen Tempo wie in den vergangenen Jahren — fortgeführt. Dabei steht volumenmäßig die Überprüfung des Nichtehelichenrechts im Vordergrund. Das Justizministerium muß aber jetzt mit besonderer Priorität Änderungen im Ausländer- und Asylrecht vorbereiten. Die Erfahrungen der letzten Monate, insbesondere der letzten Wochen, zeigen, mit welcher Dringlichkeit auch eine Grundgesetzänderung zum Schutz des Asylrechts und gegen den ungezügelten Mißbrauch durch Wirtschaftsflüchtlinge erfolgen muß. Abschließend möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesjustizministerium bedanken, die auch in diesem Jahr in besonderer Weise Mehrarbeit für den Aufbau des Rechtsstaats in den neuen Bundesländern zu leisten hatten.
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    Rede von Andrea Lederer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muß zum Verlauf der heutigen Debatte zwei Anmerkungen machen. Die eine betrifft die Rede des Herrn Bundeskanzlers. Er ist leider nicht mehr hier. Er hat es hinsichtlich der Frage des Asylrechts und der Frage der Ausschreitungen nicht für nötig befunden, sich bei den ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in diesem Lande zu entschuldigen, sondern er ist darauf eingegangen, daß das Asylrecht geändert werden müsse, damit die Opfer dieser Anschläge sozusagen rausgeschmissen werden können.
    Als zweites hat er in unsäglicher Weise Rechtsextremismus mit dem von ihm behaupteten Linksextremismus gleichgesetzt. Ich frage Sie: Wer ist es eigentlich, der heute Flüchtlingsheime schützt? Wer ist es, der in Rostock auf die Straße gegangen ist? Wo ist eigentlich das von Herrn Engholm hier angeführte demokratische Potential, die Gewerkschaften, die SPD, wo sind sie denn an dem Samstag in Rostock geblieben? Ich frage Sie das.

    (Dieter Heistermann [SPD]: Sie können doch nicht alles für sich vereinnahmen!)

    — Wären Sie doch gekommen! Wir wären froh gewesen, wenn noch viel, viel mehr Menschen in Rostock gewesen wären.
    Hintergrund ist aber die Bemerkung, die der Herr Bundeskanzler gemacht hat, daß — ich zitiere ihn —40 Jahre SED-Diktatur nachhaltiger wirkten als zwölf Jahre Nazi-Zeit. Ich frage den Herrn Bundeskanzler, ob er diese These eigentlich einmal einer jüdischen Gemeinde vorgetragen hat. Es kann wirklich nur als
    Skandal bezeichnet werden, daß das hier ohne irgendeine Form von Protest durchgeht.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste)

    Das ist eine Geschichtsklitterung, die ihn nicht nur als Biedermann ausweist, sondern als jemanden, der im Grunde genommen mentale Brandstiftung betreibt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ungezogen!)

    Meine zweite Anmerkung betrifft den Herrn Verteidigungsminister Rühe. Sie haben hier gerade gesagt, das Zusammenwachsen zwischen Ost und West in einem Leo II gehe eben einfacher als in manchem Parteivorstand. Herr Rühe, das ist gnadenloser Militarismus.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Es ist gnadenloser Militarismus, angesichts der Probleme in diesem Land das hier noch quasi als Beispiel vorzuschlagen.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist doch eine realistische Beschreibung des CDU-Parteivorstandes! Die fahren nur noch mit Panzern im Gelände herum!)

    Das gehört genau zu dem, was Sie in Ihrer Rede das letzte Mal behauptet haben, nämlich Europafähigkeit und Bündnisfähigkeit bewiesen sich gerade darin, daß man gemeinsam marschiere, daß man gemeinsame militärische Einsätze europäischer Staaten mittrage.

    (Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Auch darin!)

    Das ist nichts als gnadenloser Militarismus.
    Eines bestätigt sich in diesen Zeiten wieder: Die Asylpolitik ist der innenpolitische Spiegel der Außenpolitik. In beiden Fragen erlebt dieses Land eine Zäsur in einer absolut negativen Weise. Wenn von der SPD behauptet wird, das individuelle Recht auf Asyl werde nicht angetastet, dann stimmt das einfach nicht, wenn man ihre Vorschläge präzise liest. Sie schlagen beispielsweise vor, ganz bestimmte Länder, in denen angeblich keine Verfolgung besteht, an Hand von Länderlisten auszunehmen.
    Nehmen Sie das Verhältnis der Bundesregierung zur türkischen Regierung und deren Einschätzung der Situation dort. Was machen Sie denn angesichts der Verfolgung der kurdischen Menschen, wenn die Bundesregierung sagt: Auf die Länderliste gehört die Türkei? Was machen Sie dann?

    (Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Welcher kurdischen Menschen?)

    Ich frage Sie: Sind Sie der Auffassung, daß dieses legitim wäre? Wie wollen Sie denn mit Ihren Vorschlägen, die schon wieder ein Einfallstor sind, mit denen Sie schon wieder nachgeben und schon wieder auf den ganzen Kurs dieser Rechtsentwicklung reinfallen, die Probleme lösen? Im Grunde genommen wollen Sie dem doch weiter nachgeben.
    Es ist so: Wenn in diesem Land von Flüchtlingen die Rede ist, dann ist davon die Rede, wie man sie loswerden kann. Und wenn von der internationalen Lage die Rede ist, dann wird darüber nachgedacht, wie die Bundesrepublik künftig militärisch interve-



    Andrea Lederer
    nieren kann. Einen Zusammenhang zwischen einer fehlenden radikalen Änderung der Weltwirtschaftspolitik und den Migrationsbewegungen etwa will man hier kaum wahrhaben.
    Das internationale Kräfteverhältnis hat sich verändert, aber weiterhin zuungunsten der Länder, die sowieso schon benachteiligt sind, und auch zuungunsten der Länder vor allem in Osteuropa, die sich in einem ungeheuer schwierigen Transformationsprozeß befinden.

    (Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Das ist unser Verschulden?)

    Wo sind denn die Initiativen der Bundesrepublik, die ihr ökonomisches, politisches, wissenschaftlichtechnisches und geistiges Potential dafür einsetzt, die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten in der Welt zu verringern und damit etwas zur Bekämpfung von Konflikt- und Fluchtursachen beizutragen? Warum ist denn bei dem G-7-Gipfel in München in dieser Richtung nichts weiter herausgekommen? Auch das wird hier schlicht nicht beantwortet. Statt dessen werden diejenigen, die auf genau diesen Mißstand hinweisen, weiter diffamiert.
    Die deutsche Außenpolitik ist gekennzeichnet von der Ignoranz gegenüber den wahren Ursachen globaler Probleme, von dem Kampf um die Vormachtstellung der Bundesrepublik in Europa und einer stetigen Militarisierung. Auch für letzteres ist gerade die Europapolitik der Bundesregierung ein gutes Beispiel.
    Die Verträge von Maastricht sind noch von keinem einzigen Unterzeichnerstaat ratifiziert und stehen ohnehin auf der Kippe. Aber ein Bereich wird bereits ganz konkret umgesetzt. Das ist die sogenannte Sicherheitspolitik; denn das, was in der Petersberger Erklärung unterschrieben wurde — der Petersberg ist wirklich ein unheilvoller Ort, ich komme dazu noch —, ist exakt die Erfüllung des Ersuchens an die WEU, im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik im Grunde genommen auch für Out-of-AreaEinsätze der WEU die Vorbereitungen zu treffen. Daß auch auf materieller Ebene alle Anstrengungen vorangeschritten sind, beweist das geplante Euro-Korps mit der deutsch-französischen Kerntruppe. Das ist europäische Integration in Ihrem Sinne — offenkundig. Es ist aber nicht die Spur von einer europäischen Integration in friedlichem Sinne, vor allem nicht gegenüber der sogenannten Dritten Welt und auch nicht gegenüber den osteuropäischen Staaten.

    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Davon hat die PDS besonders viel Ahnung!)

    Es sei wirklich dahingestellt, ob sich François Mitterrand einen guten Dienst damit erwiesen hat, ausgerechnet den Bundeskanzler ins französische Fernsehen zu holen, um Werbung für Maastricht zu betreiben. Es bleibe auch dahingestellt, ob nicht hierin die kalten Füße Mitterrands im Hinblick auf ein eher sehr deutsches Europa ihren Ausdruck finden. Die Fernseh-Show hat jedenfalls eines ganz deutlich signalisiert: Während hierzulande das Volk nicht einmal gefragt wird,

    (Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Im Volkfragen hat die SED ja Erfahrung!)

    mischt sich der Kanzler in einem anderen Staat ein, wo die Gefahr einer Ablehnung durch Volksentscheid droht.
    Zweitens arbeitet der Kanzler wie auch seine Regierungsmitglieder mit der Verharmlosung der deutschen Rolle in Europa, mit der Verharmlosung der rassistischen Ausschreitungen in Deutschland, mit der Verharmlosung der Beispielfunktion des deutschen Einheitsprozesses für die Frage der Integration von Ost und West in Europa. Mit diesen Verharmlosungen wird gearbeitet, um ein Europa im Grunde genommen deutscher Prägung durchzusetzen. Wie wäre es denn, würde im Haushalt ein Titel für eine breit angelegte Aufklärung der Bevölkerung über die Folgen der Maastrichter Verträge vorgesehen werden? Aber nicht diese schönen weißen Heftchen mit dem schwarz-rot-goldenen Band, die einem derzeit ständig auf den Tisch flattern, meine ich, sondern wirkliche Aufklärung durch unabhängige Institutionen: Informationen darüber, daß die Frauen wieder einmal die Hauptbenachteiligten sein werden, Informationen darüber, daß der soziale und ökologische Standard noch weiter zurückgeschraubt werden wird, Informationen über das massive Demokratiedefizit des Maastrichter Europas und Informationen über die Freude der Rüstungskonzerne über die künftige europäische Kooperation und auch über die Sorge des Staatssekretärs Wilz, die deutsche Rüstungsproduktion könne möglicherweise gegenüber Frankreich zu kurz kommen.
    Wie wäre es mit einem Engagement für eine europäische Verfassungsversammlung, anstatt im Grunde genommen die Bürokratie weiter zu vertiefen?
    Der Politikwissenschaftler Czempiel hat im letzten „Spiegel" festgestellt: „Ein neues Wort geht um in Deutschland: Frieden schaffen — mit Waffen. " Er hat weiterhin gesagt, der Zusatz werde nicht immer gesprochen, wohl aber immer gedacht. — Er wird leider zunehmend auch ausgesprochen.
    Wenn der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion in seinem sicherheitspolitischen Papier für die Fraktion propagiert, man möge sich in der Frage der künftigen Bundeswehreinsätz doch bitte nicht von Institutionen wie UNO oder KSZE abhängig machen, dann wird mehr als deutlich, daß es vor allem um ein freies militärisches Agieren der Bundesregierung in dem von ihr dominierten europäischen Gefüge geht.
    Europa und Bündnisfähigkeit, das verstehen Sie militärisch. Sie verstehen es nicht friedlich, vor allem im Sinne einer Verständigung zwischen den Völkern und einer Verständigung zwischen Ost und West.
    Ich habe im Grunde genommen nur eine Bitte an Herrn Rüttgers, daß er nämlich künftig die demagogische Infamie unterläßt, bei seinen Vorschlägen auch noch von „Friedenspolitik" zu reden. Reden Sie Klartext! Sagen Sie der Bevölkerung, was Sie wollen! Sie wollen den Aufbau einer europäischen Militärmacht,



    Andrea Lederer
    die sich in einem Vertrag mit der NATO und den USA sozusagen den Kuchen in der Welt aufteilt.
    Es gibt zwei Zitate vom Verteidigungsminister und vom Außenminister, diesem Gespann der Bundesregierung, das derzeit die größten Lorbeeren bekommt, obwohl eigentlich zahlreiche Äußerungen zu finden sind, die nur noch hellhörig machen können.
    Der Verteidigungsminister hat in der Sondersitzung am 22. Juli hier gesagt:
    In der deutschen Geschichte sind wir häufig militärisch voranmarschiert und haben uns auf schlimme Weise isoliert und Verbrechen begangen. Aber es darf auch nicht die umgekehrte Situation eintreten.
    Ich frage Sie, was das bedeuten soll: „die umgekehrte Situation eintreten"? Schlußfolgerung kann nur sein: Marschieren soll sein, im Gleichschritt mit den anderen — wohlwissend aber, daß natürlich die Vormachtstellung der Bundesregierung das Marschtempo und den Anlaß schon bestimmen wird.

    (Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Logik scheint nicht Ihre Stärke zu sein!)

    Ich muß nun auch noch auf die Rolle der SPD in der derzeitigen Diskussion zu sprechen kommen. Ich weiß, das freut Sie, nimmt Ihnen aber nicht die Spur von Verantwortung für das, was Sie derzeit an Entwicklung betreiben.

    (Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Aber natürlich nicht! Wir wollen auch dafür verantwortlich sein!)

    Das Schlimmste ist tatsächlich, daß sich gegenüber dieser Entwicklung hier kaum noch eine Opposition feststellen läßt, von Ihnen leider immer weniger.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank haben wir Sie!)

    Herr Klose hat in der Sondersitzung am 22. Juli die WEU kritisiert — mit Recht. Er hat darauf hingewiesen, daß die WEU Out-of-Area-Einsätze offenkundig ganz selbstverständlich annimmt und auch plant. Er hat dann zur Bundesregierung gesagt — ich zitiere —:
    Wir vermuten nicht nur, wir behaupten, daß Sie im Begriff sind, scheibchenweise eine fundamentale Veränderung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik vorzunehmen.
    Ich konnte bei dieser Feststellung, die faktisch richtig ist, nicht klatschen, weil mich verwundert hat, daß er im Anschluß lediglich kritisiert hat, daß das Parlament umgangen wird und daß die Parlamentarier nicht befragt werden, es aber verabsäumt hat, tatsächlich den Inhalt dieser fundamental veränderten Außen- und Sicherheitspolitik zu kritisieren.
    Siehe da, ein paar Wochen später haben wir die Petersberger Beschlüsse. Ich möchte nicht wissen, was an der Atmosphäre auf diesem Berg so offenkundig militärisch Anregendes ist.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das war früher der Sitz der westlichen Alliierten! Deshalb!)

    Wir haben hier noch vor einigen Monaten über Blauhelme diskutiert. Sie haben aufgeschrien, als ich
    Ihnen prognostiziert habe, daß es bei Ihnen um mehr gehen wird. Sie haben gesagt, das sei alles Quatsch. — Ich besorge Ihnen gerne noch einmal die Zitate.
    Heute stehen wir hier, diskutieren über Kampfeinsätze, und Herr Engholm erklärt lediglich, daß die einzige Barriere für ihn ein Einsatz wie im Rahmen des Golf-Krieges sei. Das ist offensichtlich die Barriere für Sie. Ich frage Sie ganz ernsthaft: Wann fällt auch noch diese?
    Ich appelliere wirklich an die Delegierten Ihres Parteitages, diesen verhängnisvollen Kurs zu stoppen,

    (Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Vielleicht werden Sie als Gastrednerin eingeladen!)

    damit sich der Kurs dieser Bundesregierung nicht durchsetzt. Sie sind auf dem besten Wege, dafür Sorge zu tragen, daß dieser Kurs durchgesetzt wird.
    Ich appelliere auch an die jungen Männer in diesem Lande, sich gründlich zu überlegen, ob sie tatsächlich den Dienst in einer künftigen Angriffsarmee leisten wollen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Vorsichtig!)

    — Nicht „vorsichtig". Ich werde das noch zuspitzen; das kann ich Ihnen garantieren. Der Ausdruck „Angriffsarmee" kommt nicht von mir. Es ist der Ausdruck des Generals a. D. Schmückle. Ich kann Ihnen das Zitat gerne besorgen. Also, noch einmal: Ich appelliere an die jungen Männer in diesem Lande, zu überlegen, ob sie es nicht vorziehen wollen, den Dienst zu verweigern.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste — Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Unglaublich, was Sie uns hier bieten!)

    Noch kurz zum Verteidigungshaushalt: Er ist im Grunde genommen schon wieder der beste Beweis für all das, was ich vorher ausgeführt habe. Ich will angesichts der Kürze der Zeit nur noch ein Beispiel nennen.
    Bei den Forschungsvorhaben sieht es so aus: Das Verhältnis von Friedensforschung zu Militärforschung beträgt 1 :1 200, oder anders ausgedrückt: 3,4 Millionen DM für den Frieden und 4,1 Milliarden DM für den Krieg.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Und jetzt soll die Friedensforschung auch noch gekürzt werden! Das ist ja der Skandal!)

    Die Mittel für die Förderung der Friedensforschung hatten schon 1991 nur noch den Stand von 1982 in Höhe von 3,3 Millionen DM. 1993 sollen sie auf 2,3 Millionen DM abgesenkt werden — und das vor dem Hintergrund, daß allenthalben von den vielen Gefahren, Konflikten und militärischen Interventionen die Rede ist.
    Wenn hier tatsächlich, wie hier fälschlicherweise behauptet wird, friedenspolitische Absichten bestünden, dann wäre der erste Schritt in dieser Situation gewesen, die Friedensforschung weiter zu unterstützen, anstatt die Militärforschung auszubauen und im Verteidigungshaushalt auch noch die Mittel für die sogenannte Zukunftsforschung militärisch weiter zu



    Andrea Lederer
    steigern. Es wäre richtig gewesen, sich darum zu bemühen, friedenspolitische Vorstellungen zu entwickeln und gemeinsam mit der ökonomischen Potenz dieses Landes zum friedenspolitischen Wirken zu bringen.
    Ein anderes Beispiel ist das Truppenübungsplatzkonzept. Auch hier ist eine unsägliche Benachteiligung der neuen Bundesländer festzustellen. Ich garantiere Ihnen, daß Sie auf einen starken Widerstand in den neuen Bundesländern stoßen werden.

    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Was erzählen Sie denn da?)

    Weit über 40 % der Truppenübungsflächen sollen in einem Drittel der Fläche der Bundesrepublik angesiedelt werden. Truppenübungs- statt Arbeitsplätze für den „Aufbau Ost" ist offenkundig Ihr Angebot an die Menschen in den neuen Bundesländern, abgesehen davon, daß diese Heeresverlagerung nach Osten auch noch ein fatales Signal für die europäische Einigung zwischen West und Ost ist.

    (Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Sie hätten doch in der Hafenstraße bleiben sollen!)

    Ich komme zum Schluß.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank!)

    Sie werden auf erbitterten Widerstand unsererseits gegen diesen Kurs der Militarisierung der deutschen Außenpolitik stoßen. Ich garantiere Ihnen, daß Sie auf erbitterten Widerstand der Friedensbewegungen stoßen. Wir werden in dem Engagement dafür, daß sich diese Entwicklung nicht fortsetzen wird, nicht nachlassen.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste — Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Solche Kommunisten haben wir schon öfters gehört!)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächste hat Frau Dr. Sigrid Hoth das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Sigrid Hoth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich noch einige Worte an mein Vorrednerin richten: Frau Lederer, es erstaunt mich wirklich immer wieder, mit welcher Unverfrorenheit Mitglieder der PDS, die dazu noch aus Hamburg kommen,

    (Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Altkommunisten!)

    die Bundesregierung, das deutsche Parlament meiner Ansicht nach in nicht geeigneter Form angreifen und dabei völlig an den geschichtlichen Tatsachen vorbeigehen. Bei aller Kritik, die Sie hier üben, sollten Sie bedenken, was all die Bürger, die 40 Jahre in der DDR leben mußten — was Sie nicht nachvollziehen können —, erdulden mußten.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Zurück zur eigentlichen Debatte: Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages wird von den weltpolitischen Ereignissen überschattet, deren Bilder täglich über die Medien ins Haus kommen. Die Ereignisse im früheren Jugoslawien, in Somalia, in den GUS-Staaten und in Südafrika machen uns erschreckend klar, daß wir von der neuen friedlichen Weltordnung noch meilenweit entfernt sind.
    Doch auch im Inneren des vereinten Deutschlands stehen die Dinge nicht zum besten.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das kann ich bestätigen! Endlich sagt das jemand von der Regierungskoalition!)

    Die neuen Bundesländer brauchen weit längere Zeit als erwartet, um die wirtschaftliche Talsohle zu durchschreiten. Die Menschen werden ungeduldig. Einige fühlen sich wohl auch von denen, die sich im Westen ihre Brüder und Schwestern nennen, im Stich gelassen. Ausländerfeindlichkeit und Gewalt beherrschen die Schlagzeilen.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Leider auch die Wirklichkeit!)

    Man muß sich über die Ursachen dieser in keiner Weise zu entschuldigenden Ausländerfeindlichkeit, die eine Schande für alle Deutschen ist, klar werden. Waren und sind die neuen Bundesländer nicht hoffnungslos räumlich, materiell und insbesondere personell überfordert worden, als ihnen von Anfang an an Hand eines Länderschlüssels ein den alten Ländern adäquater Anteil an Asylbewerbern zugeordnet wurde?

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Sehr richtig!)

    Nebenbei bemerkt — das wurde heute bereits angesprochen —: Auf eine Gleichbehandlung bezüglich des Länderfinanzausgleichs werden die neuen Bundesländer noch lange warten müssen.
    Sind nicht in die Bürger der neuen Bundesländer sehr hohe Erwartungen gesetzt worden, was ihre Fähigkeit zur sofortigen Anpassung an die Marktwirtschaft betrifft, ihre Kraft, große soziale und psychische Probleme auch über einen längeren — zum Teil auch sehr langen — Zeitraum zu ertragen, Erwartungen, denen einige wenige Bürger augenscheinlich nicht gerecht werden, deren Probleme und Ängste sich in fataler Weise artikuliert haben?
    Es ist meiner Ansicht nach nicht hinzunehmen, daß viele Regelungen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes erst im März 1993 greifen sollen, daß in Zirndorf nach wie vor wohl an die 1 000 Stellen unbesetzt sind.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Mehr!)

    Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, die weitaus meisten Bürger in den neuen Bundesländern lehnen Gewalt aus innerer Überzeugung ab. Sie sind bereit, friedlich mit Ausländern zusammenzuleben, und leiden mit, wenn andernorts Menschen getötet werden oder verhungern. Die Flüchtlinge aus Bosnien sind gerade in den neuen Bundesländern mit besonderer Herzlichkeit aufgenommen worden.

    (Zustimmung bei der F.D.P. und der CDU/CSU)




    Dr. Sigrid Hoth
    Bei einem Besuch im Asylbewerberheim Möhlau in Sachsen-Anhalt mit annähernd 1 000 Plätzen konnte ich mich durch Gespräche auch mit der dortigen Bürgerinitiative davon überzeugen. Auch das private Spendenaufkommen für das ehemalige Jugoslawien und für Somalia gerade aus den neuen Bundesländern ist beträchtlich.
    Die Asyldebatte wird von manchen zu einspurigen Erklärungen und Patentlösungsvorschlägen genutzt. Doch auch mit einer Änderung des Grundgesetzes, die ich übrigens seit längerem unterstütze, und mit der Erarbeitung nachfolgender Gesetze — darunter eines Einwanderungsgesetzes, welches ich für unumgänglich halte — werden die Probleme der Integration von Ausländern in unserem Land nicht gelöst, da die Ausländerfeindlichkeit meiner Ansicht nach in erster Linie ein Symptom für die sozialen Spannungen in den neuen und den alten Bundesländern ist.
    Wir müssen beides tun: schnellstmöglich die entsprechenden rechtlichen Bestimmungen umsetzen — hier sind auch die Länder gefordert — bzw. ergänzen und schnellstmöglich die bestehenden sozialen Spannungen abbauen.
    Unsere Bereitschaft zur Hilfe außerhalb Deutschlands wird z. B. in der Somaliahilfe und besonders im Jugoslawienkrieg deutlich. Immerhin haben wir über 40 % der von der EG und fast 30 % der von den Industrieländern finanzierten und inzwischen weit über 700 Millionen DM betragenden humanitären Hilfeleistungen erbracht.
    Die im Titel 686 12 des Auswärtigen Amtes ausgewiesene humanitäre Hilfe beträgt seit August 1991 insgesamt fast 50 Millionen DM, die für die Flüchtlinge in Kroatien, Serbien und Slowenien und die notleidende Zivilbevölkerung in Bosnien-Herzegowina verwendet werden. Für den Bau von Flüchtlingszentren sind weitere 50 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden. Das vom Auswärtigen Amt betriebene Verbindungsbüro „Deutsche humanitäre Hilfe" in Zagreb ist eine entscheidende Schaltstelle.
    Schließt man die Leistungen des Bundesverteidigungsministeriums sowie den deutschen Anteil an der EG-Hilfe ein, so beträgt die direkte und indirekte Hilfe der Bundesrepublik über 200 Millionen DM.
    In all diesen Fällen kann der Einsatz des Auswärtigen Amtes und seiner Auslandsvertretungen ebenso wie der anderen beteiligten deutschen Stellen nicht genug hervorgehoben werden. Die Organisationen und Helfer begeben sich oft an die Grenze ihrer Belastbarkeit und sogar in Lebensgefahr.
    Diese Hilfsmaßnahmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, können jedoch nur ein Anfang sein. So müssen wir z. B. meiner Ansicht nach unbedingt über unsere zukünftige Rolle im Rahmen der UNO — der Außenminister hat vorhin seine Vorstellungen dazu erläutert —, die zukünftigen Aufgaben der Bundeswehr und — damit im Zusammenhang stehend — auch über die Struktur der Bundeswehr beraten.

    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wenn wir trotz aller Rückschläge unbeirrt daran arbeiten, letztlich die Ursachen von Krieg und Not zu beseitigen, wenn das Aufbauwerk in den neuen
    Bundesländern zügig vorangetrieben wird, besteht Hoffnung, daß unser vereintes Deutschland seinen inneren Frieden findet und daß die Welt nicht weiter in Chaos und Bürgerkriegen versinkt.
    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)