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    Plenarprotokoll 12/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Inhalt: Begrüßung einer Delegation des ungarischen Parlaments 8785 D Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltspians fur das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Hans-Ulrich Klose SPD 8713B, 8761D Dr. Wolfgang Bötsch CDU/CSU 8721B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 8725B, 8754 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 8729 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 8730C Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8733 D Dr. Helmut Kohl Bundeskanzler BK 8736A, 8745C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8745 A Björn Engholm, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . . . . 8746A, 8755B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . 8750 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU 8755C, 8762B Franz Müntefering SPD 8759 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA 8762 D Hans-Ulrich Klose SPD 8765 A Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 8766 A Ulrich Irmer F D P. 8767 D Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 8769 D Walter Kolbow SPD 8773 B Paul Breuer CDU/CSU 8775 A Dr. Klaus Rose CDU/CSU 8776 C Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 8778 B Dr. Sigrid Hoth F D P 8781 B Dr. Karl-Heinz Hornhues . . . . 8782C, 8798B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 8784 B Hans-Gerd Strube CDU/CSU 8786A Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 8787 B Carl-Ludwig Thiele F D P 8788 B Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 8790 A Dr. Ingomar Hauchler SPD 8792 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU 8793 D Werner Zywietz F.D.P. . . . . . . . . 8794 D Dr. Ingomar Hauchler SPD 8795 B Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8796 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8799 B Ortwin Lowack fraktionslos 8800 C Ulrich Briefs fraktionslos 8802 B Rudolf Seiters, Bundesminister BMI . . 8804 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . 8806A, 8815C Gerd Wartenberg (Berlin) SPD 8809C Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 8813D Gerd Wartenberg (Berlin) SPD . . . 8817C Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 8818C Ina Albowitz F D P 8820 B Freimut Duve SPD 8822A, 8826 B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 8822D, 8841 C Freimut Duve SPD 8823 C Karl Deres CDU/CSU 8824 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 8826 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 8829 A Dr. Hans de With SPD 8831 B Norbert Geis CDU/CSU 8834 B Dr. Hans de With SPD 8834 D Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 8836 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 8836D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 8838 C Dr. Michael Luther CDU/CSU 8840B Dr. Norbert Geis CDU/CSU 8842 D Tagesordnungspunkt 4: a) Fortsetzung der Beratung (Abstimmung) der Entschließungsanträge der Fraktion der SPD zum Nachtragshaushaltsgesetz 1992 (Drucksachen 12/2910, 12/2911) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu den dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 1/92 und 2 BvE 2/92 (Drucksache 12/3195) Ortwin Lowack fraktionslos (Erklärung nach § 31 GO) 8804 A Nächste Sitzung 8843 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8845* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude CDU/CSU . . . . 8845* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 8713 103. Sitzung Bonn, den 9. September 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 09. 09. 92*** Antretter, Robert SPD 09. 09. 92* Dr. Blank, CDU/CSU 09. 09. 92** Joseph-Theodor Blunck, Lieselott SPD 09. 09. 92* Böhm (Melsungen), CDU/CSU 09. 09. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 09. 09. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 09. 09. 92 van Essen, Jörg F.D.P. 09. 09. 92*** Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 09. 09. 92*** Friedrich, Horst F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Fuchs, Ruth PDS/LL 09. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 09. 09. 92*** Gattermann, Hans H. F.D.P. 09. 09. 92 Haschke CDU/CSU 09.09.92 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Holtz, Uwe SPD 09. 09. 92*** Jaunich, Horst SPD 09. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 09. 09. 92 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 09. 09. 92*** Oesinghaus, Günther SPD 09. 09. 92 Opel, Manfred SPD 09. 09. 92** Pfuhl, Albert SPD 09. 09. 92 Poß, Joachim SPD 09. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 09. 09. 92* Reddemann, Gerhard CDU/CSU 09. 09. 92* Regenspurger, Otto CDU/CSU 09. 09. 92 Rempe, Walter SPD 09. 09. 92 Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 09. 09. 92** Helmut Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 09. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 09. 09. 92*** Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 09. 09. 92 Schulte (Hameln), SPD 09. 09. 92** Brigitte Schuster, Hans F.D.P. 09. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 09. 09. 92*** Weyel, Gudrun SPD 09. 09. 92*** Dr. Wieczorek, Norbert SPD 09. 09. 92 Dr. Wieczorek CDU/CSU 09. 09. 92 (Auerbach), Bertram Wittmann (Tännesberg), CDU/CSU 09. 09. 92 Simon Zierer, Benno CDU/CSU 09. 09. 92* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1993) Michael von Schmude (CDU/CSU): Der einigungsbedingte Mehraufwand im Justizetat 1993 unterstreicht erneut den festen Willen von Regierung und Parlament, den Aufbau des Rechtsstaates weiter voranzutreiben und zu konsolidieren. Bei der Haushaltsdebatte 1991 wurde sehr zu Recht die schleppende Abwicklung von Gerichtsverfahren, die totale Überlastung der Grundbuch- und Katasterämter beklagt. Inzwischen hat sich trotz noch immer vorhandener Mängel auch vieles überaus positiv entwickelt. Wer hätte gedacht, daß nach den ersten Erfahrungen-wir mußten ja nach der Säuberung der alten DDR-Justiz in den meisten Bereichen bei Null anfangen - eine derart große Zahl von Juristen für die neuen Bundesländer gewonnen werden könnte. Erinnern wir uns: Es gab dort zur Zeit der Wende 1989 ganze 600 Rechtsanwälte, heute sind es immerhin schon 3 200. Das von der Bundesregierung initiierte Modell „Aufbau des Rechtsstaates" leistet nunmehr einen entscheidenden Beitrag zur Personalausstattung der Gerichte und Grundbuchämter in den neuen Ländern. War es 1991 noch ein Etatansatz von 117,4 Millionen DM, der nur mit 53,5 Millionen ausgenutzt werden konnte, so mußten wir bereits in diesem Jahr den vorgesehenen Betrag von 104,5 Millionen DM noch um Haushaltsreste aus 1991 von rund 19 Millionen DM für EDV-Maßnahmen aufstocken. Damit sind die Zielvorgaben per heute wie folgt verwirklicht worden: i. 1 000 Richter und Staatsanwälte, davon 820 tätig, 500 Rechtspfleger, davon 500 tätig. 2. Der Einsatz von pensionierten Richtern, Staatsanwälten, Rechtspflegern und Urkundsbeamten zeigt leider immer noch ein unbefriedigendes Ergebnis, obwohl bürokratische Hemmnisse beseitigt wurden. Statt der angestrebten Zahl von 500 sind es jetzt erst ganze 68. Man sollte also mehr für ein Seniorenmodell werben. 3. Die Bundesförderung für die Neueinstellung von Richtern, Rechtsanwälten, Rechtspflegern - insgesamt sollen es 300 sein -, wird von den neuen Ländern voll in Anspruch genommen. Diese Gesamtförderung wird 1993 mit 107,5 Millionen DM fortgesetzt, wobei wir die Unterstützung bei der EDV-Ausstattung der Grundbuchämter erneut mit einschließen. Natürlich besteht auch darüber hinaus für die Folgejahre noch Handlungsbedarf. Ich möchte aber heute auch allen danken, die in den neuen Bundesländern auf Dauer oder vorübergehend beim schwierigen Aufbau des Rechtsstaates mitwirken. Sie tragen entscheidend dazu bei, das Vertrauen in unseren Staat zu stärken. Für ganz Deutschland gilt gleiches Recht, und damit muß auch die gleiche Rechtswirklichkeit einhergehen. Allerdings müssen wir in diesem Zusammenhang auch einige selbstkritische Fragen stellen: - Was bremst und blockiert eigentlich den Wiederaufbau im 8846* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1992 Osten? — Sind es nicht vielfach bürokratische Hemmnisse, ist es nicht vor allem unser Gesetzesperfektionismus, der schon den Wirtschaftsstandort Westdeutschland mehr als genug belastet? Insoweit muß dringend geprüft werden, ob und wie Maßnahmegesetze zur Beschleunigung — so wie im Verkehrsbereich — auch im Umwelt- und Baubereich für eine begrenzte Zeit einzuführen sind. Die Ungeduld und Unzufriedenheit vieler Landsleute mit bestimmten Verwaltungsabläufen ist verständlicherweise groß. Wir als Gesetzgeber sind darüber hinaus gefordert, bei der Aufarbeitung des DDR-Unrechts zügig fortzufahren. In den letzten 12 Monaten sind wir bereits ein gutes Stück vorangekommen. Ich nenne hier das 1. SED-Unrechts-Bereinigungsgesetz sowie das 2. Vermögensrechts-Änderungsgesetz. Es sind noch gesetzliche Regelungen zur Wiedergutmachung von Berufs- und Verwaltungsunrecht zu beschließen und vor allem das in Kürze vorliegende Entschädigungsgesetz. Die Erwartung aller Betroffenen ist in diesem Bereich besonders groß. Die Höhe der Entschädigung bei Unmöglichkeit der Rückgabe — gleich aus welchen Gründen — muß sich leider auch an den finanziellen Möglichkeiten orientieren. Dasselbe gilt für die Ausgleichsleistungen für besatzungsrechtliche Enteignungen in der Zeit von 1945 bis 1949. Die Anerkennung der Bodenreform auf Grund der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen und _des Einigungsvertrages stellen für den betroffenen Personenkreis eine besondere Härte dar. Die Rückgabe des oft unter unvorstellbaren Bedingungen enteigneten Besitzes wurde ausgeschlossen, obwohl gerade im Bereich der Land- und Forstwirtschaft oft noch wesentliche Teile des Altbesitzes für eine Rückübertragung verfügbar wären. Es ist deshalb dringend geboten, den Anspruch von Alteigentümern auf das geplante Wiedereinrichtermodell ausdrücklich festzuschreiben. Für die nach 1949 Enteigneten sollte noch einmal überprüft werden, ob das bisher geltende Wahlrecht: Rückgabe oder Entschädigung nicht auch künftig beizubehalten ist, da bereits Fälle bekannt wurden, wo Anspruchsberechtigte im Vertrauen auf das geltende Vermögensgesetz freiwillig auf ihren Besitz verzichtet haben, um kommunale Planungen zu ermöglichen. Wichtig ist auch, daß Vertriebene vor allem jenseits von Oder und Neiße, die nach 1945 ihren ständigen Aufenthalt in der früheren DDR genommen haben, eine einmalige Zuwendung von 4 000 DM erhalten sollen, da sie von der in Westdeutschland durchgeführten Lastenausgleichsregelung nicht begünstigt wurden. Zur sozialen Gerechtigkeit gehört selbstverständlich, daß mit dem geplanten Entschädigungsgesetz bei Rückgabe von Vermögenswerten auch der gezahlte Lastenausgleich zurückzuzahlen ist und daß darüber hinaus wegen des Ungleichgewichts zwischen Sachwert bei Rückgabe und Entschädigung eine Vermögensabgabe erhoben werden soll. Zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts gehört ferner, daß die Verfolgung von Regierungskriminalität zügig vorangetrieben wird. Bund und Länder hatten vereinbart, 60 Staatsanwälte zum Kammergericht nach Berlin zu delegieren. Als einziges Bundesland hat das Saarland sich bisher geweigert, seinen Anteil, der sowieso nur aus einem Staatsanwalt besteht, zu leisten. Ein vergleichbar unwürdiges Verhalten konnte man übrigens auch bei anderen SPD-regierten Ländern in der Vergangenheit bereits feststellen, wenn es um die Finanzierung der zentralen Dokumentationsstelle Salzgitter ging. Die Mitarbeiter dieser Einrichtung haben in vorbildlicher Weise Unrechtstatbestände ermittelt und die dafür Verantwortlichen festgestellt. Großen Unmut in der Bevölkerung gibt es verständlicherweise über Fälle von Bereicherung in der früheren DDR, die bis heute nicht rückgängig gemacht wurden. Einige Beispiele dafür hat BILD am Sonntag gerade in der letzten Ausgabe dargestellt. Da wird Herr Diestel ebenso erwähnt wie sein damaliger Stellvertreter Müller, aber auch eine Reihe von Generälen der NVA, u. a. der Chef der DDR-Grenztruppen sowie der frühere Polizeipräsident von Berlin. Bei beiden stellt sich übrigens nicht nur die Frage der Überprüfung der Grundstücksgeschäfte, sondern auch nach deren strafrechtlicher Verantwortung auf Grund ihrer früheren Tätigkeit. Die Reformaufgaben der Justiz werden — wenn auch nicht im gleichen Tempo wie in den vergangenen Jahren — fortgeführt. Dabei steht volumenmäßig die Überprüfung des Nichtehelichenrechts im Vordergrund. Das Justizministerium muß aber jetzt mit besonderer Priorität Änderungen im Ausländer- und Asylrecht vorbereiten. Die Erfahrungen der letzten Monate, insbesondere der letzten Wochen, zeigen, mit welcher Dringlichkeit auch eine Grundgesetzänderung zum Schutz des Asylrechts und gegen den ungezügelten Mißbrauch durch Wirtschaftsflüchtlinge erfolgen muß. Abschließend möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesjustizministerium bedanken, die auch in diesem Jahr in besonderer Weise Mehrarbeit für den Aufbau des Rechtsstaats in den neuen Bundesländern zu leisten hatten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Bötsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Forderung der SPD im Vorfeld dieser Debatte, die Haushaltsberatungen auszusetzen,

    (Zuruf von der SPD: Sehr richtig!) war absurd,


    (Lachen bei der SPD)

    denn der Haushalt 1993 ist

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Solide!)

    solide finanziert,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

    auch wenn Sie Ihre Unsicherheit durch Lachen zu überbrücken versuchen und auch wenn Frau Matthäus-Maier und der Kollege Klose heute einen anderen Eindruck erwecken wollen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ich lache nur!)

    Ich danke dem Bundesfinanzminister für die ausgezeichnete Arbeit,

    (Lachen bei der SPD)

    die er mit der Vorlage des Haushaltsentwurfs 1993 geleistet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    hr hat diesen Bundeshaushalt rechtzeitig vorgelegt. Das ist eine Tatsache, die zu Zeiten sozialdemokratischer Finanzminister nicht selbstverständlich war, obwohl wir damals nicht mit solch großen Herausforderungen wie heute konfrontiert waren. Ich danke dem Bundesfinanzminister ferner

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Wo ist er überhaupt?)

    — das sage ich Ihnen gleich — für die umfangreiche Abstimmungsarbeit mit den Koalitionsfraktionen vor der Verabschiedung des Haushalts im Kabinett. — Herr Kollege Struck, der Zwischenruf: „Wo ist er eigentlich?" ist unberechtigt.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Wo ist er denn?)

    Sie wissen selbst, daß der Bundesfinanzminister im Vorfeld dieser Haushaltsberatungen gewaltige Arbeit zu leisten hatte und daß er in diesen Tagen gewaltige Arbeit zu leisten hat. Angesichts dessen ist es wirklich vertretbar, wenn er sich kurzfristig einmal durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär auf der Regierungsbank vertreten läßt. Ich empfinde diesen Zwischenruf als unangemessen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, die Begrenzung des Ausgabenzuwachses auf 2,5 % bei einem gleichzeitigen Anstieg der Bundesleistungen an die jungen Länder um 6,9 % und die weitere Rückführung der Neuverschuldung zeigt den einzig richtigen Konsolidierungskurs auf, der für eine positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung unverzichtbar ist. Die Kapitalmärkte werden entlastet. Die Rückkehr zur Preisstabilität wird gefördert. Die Erwartungen auf den internationalen Finanzmärkten werden nicht enttäuscht. Die D-Mark bleibt stabil.
    Die erfolgreiche Konsolidierungspolitik der Bundesregierung knüpft an die erfolgreiche Politik der 80er Jahre an, Ausgabenzuwächse deutlich niedriger als den Zuwachs des Bruttosozialprodukts zu halten. Gemessen am Bruttosozialprodukt sind die Schulden niedriger als 1981, dem letzten vollen Jahr sozialdemokratischer Regierungsverantwortung,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    obwohl damals wesentlich weniger Aufgaben zu bewältigen waren.
    Meine Damen und Herren, insofern sollten Sie erkennen, daß es zu der soliden Haushalts- und Finanzpolitik von Theo Waigel und der gesamten Bundesregierung keine seriöse Alternative gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Gelächter selbst bei Ihnen!)

    Sie haben — jedenfalls was den Verlauf der bisherigen Debatte anlangt — keine Alternativen aufgezeigt. Sie haben sich zwar im Entwurf eines Sofortprogramms für eisernes und konsequentes Sparen ausgesprochen. Auf Länderebene, wo sozialdemokratische Finanzminister Verantwortung tragen, können Sie zeigen, wie ernst es Ihnen damit ist.

    (Zuruf von der SPD: Bayern!)




    Dr. Wolfgang Bötsch
    Und auch Ihr Parteivorsitzender, Herr Ministerpräsident Engholm, kann dies zeigen. Auf Ihren Zwischenruf hin: Ich meine damit alle westlichen Bundesländer ohne Ausnahme, Herr Kollege, das will ich Ihnen durchaus zugestehen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: In Bayern gibt es leider noch keine sozialdemokratische Regierung!)

    —Es wird auch in absehbarer Zeit keine geben, davon können Sie ausgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, im Zuge des Einigungsprozessses, des revolutionären Umbruches in Osteuropa und im Zuge der Veränderungen in der Europäischen Gemeinschaft stellen wir natürlich auch eine tiefgreifende Verunsicherung der Bevölkerung fest. In den neuen Ländern stehen die Menschen vor schwierigen ökonomischen, sozialen und auch mentalen Anpassungsbelastungen. Herr Kollege Klose, Sie haben das heute angesprochen, Sie haben es auch beklagt. Nur haben Sie sich ein ziemlich unpassendes Beispiel dafür ausgesucht, nämlich ausgerechnet die Milchquoten. Wenn Ihr Argument richtig wäre, daß man Brandenburg mehr Milchquoten zuteilen müßte, weil die Menschen dort durch die zugeteilten Milchquoten nicht selbst versorgt werden können, dann müßten Sie auch Nordrhein-Westfalen sofort mehr Milchquoten zuteilen, weil auch die Menschen in Nordrhein-Westfalen natürlich durch die zugeteilten Milchquoten nicht versorgt werden können.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Dieses Beispiel stimmt also wirklich nicht.

    Auf der anderen Seite wächst aber auch in den alten Ländern die Sorge — das dürfen wir auch nicht übersehen — vor einer gesamtwirtschaftlichen Überforderung.
    Ein weiterer Punkt, der die Menschen heute beunruhigt, ist, daß die in Maastricht erreichten Fortschritte beim europäischen Integrationsprozeß — und das waren Fortschritte — Furcht vor dem Verlust eigener nationaler Integrität auslösen. Der gewaltige Umbruch in den Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes hat Hoffnungen auf dauerhaften Frieden erweckt, die sich offenbar nicht überall erfüllen, was sich besonders im ehemaligen Jugoslawien zeigt, wenige hundert Kilometer vor unserer Haustür.
    Der Zusammenbruch des Marktes im Osten Europas löst darüber hinaus Befürchtungen über eine Wohlstandsgrenze mitten durch Europa mit dem damit verbundenen Zuzug aus, den wir im Rahmen von Asylverfahren, aber nicht nur hier, deutlich beobachten. Daneben müssen wir eine zunehmende Gefährdung der inneren Sicherheit, insbesondere durch die organisierte Kriminalität, feststellen.
    Meine Damen und Herren, CDU und CSU haben den innen- und außenpolitischen Handlungsbedarf erkannt. Sie haben ihn nicht nur erkannt, sie haben gehandelt, ihre Konzepte vorgelegt, und sie werden zusammen mit dem Koalitionspartner F.D.P. auch in Zukunft handeln.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Nur, meine Damen und Herren, wir tragen die Verantwortung für die Herausforderungen in dieser Zeit des Umbruchs nicht allein. Denn auch Sie, meine Damen und Herren von der SPD, tragen mit Ihrer Mehrheit im Bundesrat und als stärkste Oppositionspartei im Deutschen Bundestag Verantwortung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Ich sage das mehr hoffnungsvoll für die Zukunft, obwohl Sie dieser Verantwortung in den vergangenen Jahren nicht gerecht wurden.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Herr Kollege Klose, Sie haben heute nach der Methode „Haltet den Dieb! " gesagt: Sie müssen handeln, wir setzen uns dann damit auseinander! — Ihre Alternativen, die Sie dazu vorgetragen haben, waren mehr als dünn. Sie haben versagt, etwa im Einigungsprozeß.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Lachen bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich!)

    Sie haben lange Zeit die Atmosphäre in Deutschland vergiftet, indem Sie im Osten Forderungen aufstellten, diese aber gleichzeitig im Westen zurückgewiesen und die Bevölkerung aufgehetzt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Verhaltensweise beruhte darauf, daß Sie die deutsche Einheit nicht wollten und sich lange nicht damit abfinden konnten.

    (Zuruf von der SPD: Eine Frechheit ist das!)

    — Frechheit? Noch im Herbst 1989 kritisierte der heutige SPD-Vorsitzende Engholm, daß sich keiner hinstellt und zur Wiedervereinigung sagt: Das geht nicht! — Jedenfalls war das in einem großen Magazin so nachzulesen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ein alter Käse ist das!)

    — Alter Käse? Ich kann Ihnen noch mehr aus der Vergangenheit auftischen, was Ihnen möglicherweise unangenehm ist, z. B. was wir vor kurzem lesen konnten: Vertreter der SPD haben die SED, eine Partei, die unsere Landsleute über 40 Jahre aller Freiheitsrechte beraubt hat, die für Stasiwillkür und Todesstreifen verantwortlich war, und deren höchsten Repräsentanten um Wahlhilfe ersucht.

    (Widerspruch bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wahr, schämen Sie sich!)

    Meine Damen und Herren, dieser Skandal betrifft die SPD-Kanzlerkandidaten Rau und Lafontaine. Sie sind deshalb als Kanzlerkandidaten zu Recht gescheitert. Aber auch der heutige SPD-Vorsitzende Engholm hat als schleswig-holsteinischer Ministerpräsident Wahlhilfe von der SED angefordert,

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Erbeten und erhalten!)




    Dr. Wolfgang Bötsch
    — also erbeten , man solle doch einen Badesee freigeben. Das bietet die Voraussetzung, daß auch er als Kanzlerkandidat scheitern wird,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Baden gehen wird er!)

    und zwar deshalb, meine Damen und Herren, weil diese Regierung mit Helmut Kohl als Kanzler der Einheit von 1990 und diese Koalition auch 1994 das Vertrauen der Wähler wieder erhalten wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Denn sie hat den Wählerauftrag 1990 erhalten, und sie wird ihn erfüllen, und wir werden dafür die Voraussetzungen schaffen.

    (Zuruf von der SPD: Warten Sie nur noch zwei Jahre!)

    Meine Damen und Herren, Kollege Klose hat ausführlich zur Problematik der Asylpolitik Stellung. genommen. In seinem Beitrag hat sich alles widergespiegelt, was dazu im Augenblick an Diskussion bei der SPD im Gange ist. Wir müssen feststellen, daß in den ersten acht Monaten dieses Jahres auf Grund Ihrer Verweigerungspolitik mit 274 000 Asylbewerbern 18 000 mehr eintrafen als im gesamten vergangenen Jahr.

    (Zuruf von der SPD: So ein Schmarrn!) — Das sind die Zahlen, das ist kein Schmarrn.

    Darunter befinden sich nur zu einem geringen Bruchteil wirklich politisch, rassisch oder religiös Verfolgte.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Dieser unkontrollierte Zustrom von ausländischen Flüchtlingen kann selbst bei voller Anwendung des am 1. Juli in Kraft getretenen Beschleunigungsgesetzes für die Asylverfahren ohne eine Änderung des Grundgesetzes nicht bewältigt werden. Es ist schon ein starkes Stück, daß Ihre Ministerpräsidenten Scharping und Eichel die Unverschämtheit besessen haben, den Bundesinnenminister für diese Entwicklung verantwortlich zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. — Zurufe von der SPD)

    Rudolf Seiters hat immer darauf hingewiesen, Wolfgang Schäuble hat darauf hingewiesen, ich habe darauf hingewiesen, daß wir dieses Beschleunigungsgesetz zwar verabschieden, aber davon überzeugt sind, daß es allein nicht reicht.

    (Zurufe von der SPD)

    Wir haben das gemacht, weil Sie sich einer Änderung der Verfassung verweigert haben, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Und deshalb haben wir es begrüßt, als wir glauben konnten, es gäbe nach Ihrer Petersberger Klausurtagung eine Wende in der Asylpolitik. Wenn Sie dazu endlich bereit wären, nachdem Sie in der Vergangenheit zu den dringenden Problemen hier Nein gesagt haben, eine Änderung mitzumachen, dann würden wir das begrüßen. Aber ich warne vor zu frühem Applaus. Der verlockende Duft vom Petersberg
    könnte sich bald verflüchtigen, wie schwaches Parfüm angesichts der vielen Gremien, die bei Ihnen bereits nein gesagt haben und die Sie jetzt noch in die Beratungen mit einbeziehen wollen. Der Beifall, der auf seiten der SPD gerade bei den kritischen Passagen zu diesem Thema in der Rede von Herrn Klose aufgebrandet ist, zeigt die ganze Verlegenheit, die Sie in dieser Frage an den Tag legen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.])

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU/CSU-Fraktion hat gestern einstimmig beschlossen, daß wir in Bälde, noch im Oktober, hier im Deutschen Bundestag über die Änderung der Asylverfahren abstimmen wollen. Wir müssen darüber abstimmen. Die Politiker könnten noch warten. Aber die Bevölkerung kann mit der Lösung des Problems nicht mehr warten.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wir vertreten diese Politik nicht auf Grund der Unruhen, die in Hoyerswerda begonnen und in Rostock, Cottbus und anderswo ihre unrühmliche Fortsetzung gefunden haben. Herr Kollege Klose, mit Ihren Eingangsbemerkungen in diesem Zusammenhang stimmen wir voll und ganz überein. Es gibt keinen Rassismus in Deutschland, und noch so großer Unmut über politisches Fehlverhalten oder über nicht gelöste politische Probleme kann Gewalt gegen Ausländer oder gegen Sicherheitskräfte nicht rechtfertigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Da gibt es keinen Beifall, und da gibt es kein Verständnis, sondern da gibt es nur Abscheu und Empörung zu äußern. Allerdings muß ich eines hinzufügen. Wir haben immer gesagt: Wer die Mißbräuche des Asylrechts nicht bekämpft, der fördert, wenn auch unbewußt, die Ausländerfeindlichkeit. Leider haben wir mit dieser Warnung recht gehabt. Deshalb ist es höchste Zeit zu handeln.
    Herr Kollege Klose, Sie haben Gespräche angeboten. Sie selbst haben vor einigen Tagen geäußert, daß Sie nicht die Arbeitsergebnisse der Gremien in der SPD abwarten wollen. Wir sind bereit, in Gespräche einzutreten. Nur geht es natürlich nicht, daß Sie, die Sie sich in dieser Frage jahrelang verweigert haben, plötzlich die Justizministerin angreifen. Auch ich habe mit ihrer Zeitvorstellung nicht übereingestimmt. Aber, Herr Kollege Klose, Sie haben kein Recht, Frau Leutheusser-Schnarrenberger anzugreifen, weil sie etwas zögerlich gewesen ist.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Das machen wir selber!)

    Nein, meine Damen und Herren, Sie haben jahrelang gezögert; dann können Sie ihr nicht vorwerfen, wenn sie sich einige Wochen zum Überlegen nehmen will.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Herzlichen Glückwunsch, Frau Ministerin!)




    Dr. Wolfgang Bötsch
    Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben durch eine verantwortungslose Politik auch in anderen Bereichen der inneren Sicherheit auf sich aufmerksam gemacht. Es waren Regierungen unter Ihrer Verantwortung, die jahrelang Hausbesetzungen geduldet haben,

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das ist nur peinlich!)

    wodurch das Rechtsbewußtsein sichtbaren Schaden genommen hat. Das darf man auch nicht übersehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Auch all jene, die Kritik am konsequenten Vorgehen der Polizei beim Münchener Weltwirtschaftsgipfel geübt haben,

    (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Jetzt wirft er alles in einen Topf!)

    sollten sich heute ihrer möglicherweise unbeabsichtigten Mitverantwortung bewußt werden, die andere ermuntert,

    (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist ja das letzte!)

    auf Tatenlosigkeit der Polizeikräfte zu spekulieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. — Ingrid MatthäusMaier [SPD]: Das ist wirklich abwegig!)

    Wir brauchen Rechtsbewußtsein und Solidarität, um den gefährlichen Entwicklungen beim organisierten Verbrechen und vor allen Dingen bei der Rauschgiftkriminalität entgegenzuwirken. Die Berichte des Präsidenten des Bundeskriminalamts, Herrn Zachert, seine Äußerungen von vorgestern, sind besorgniserregend. Die wehrhafte Demokratie steht auch bei diesen Punkten auf dem Prüfstand. Der Kultur der Passivität und des Wegsehens, die sich hier teilweise entwickelt, müssen wir entgegenwirken. Aber wie wollen wir das von den Bürgern verlangen, wenn die Politik insgesamt nicht in der Lage ist, hier Zeichen zu setzen?
    „Der Staat muß sich gegen Gangster wehren können, auch mit versteckten Kameras und Anlagen. " Das war ein Zitat. Das sagte der SPD-Vorsitzende Björn Engholm in einer deutschen Illustrierten am 3. September. Eine bemerkenswerte Wende. Es wäre jedoch besser gewesen, wenn sie früher gekommen wäre und wenn sie insbesondere jetzt von der gesamten SPD mitgetragen würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie sich Ihre Gremien in bezug auf den Gesamtbereich der deutschen Außenpolitik und der gestiegenen Verantwortung Deutschlands entscheiden werden. Nicht um neue Macht auszuüben, sondern um der von uns geforderten internationalen Solidarität gerecht zu werden, sage ich: Wer internationale Solidarität verweigert, obwohl es um die gemeinsame Sicherung des Friedens und der Menschenrechte geht, der macht sich mitschuldig, wenn dann andere glauben, sie könnten auf Grund dieser verweigerten internationalen Solidarität Schindluder treiben.
    Partnerschaft ist immer ein Prinzip deutscher Außenpolitik gewesen. Das vereinte Deutschland darf hier keine Sonderrolle anstreben, die es in die Isolierung treiben würde, weder in der einen noch in der anderen Richtung. Wir haben darüber während der Sondersitzung des Deutschen Bundestages im Juli ausführlich diskutiert. Ich habe damals das Nötige gesagt. Das Beispiel Jugoslawien zeigt uns nach wie vor in erschreckender Weise die Notwendigkeit dieser internationalen Solidarität zur Erhaltung des Weltfriedens und der Menschenrechte. Wir müssen die UNO für diese Aufgabe handlungsfähig machen. Wir müssen aber auch die Handlungsfähigkeit der Europäischen Gemeinschaft auf diesem Gebiet stärken. Vor allem wollen wir die europäische Außen- und Sicherheitspolitik effizient gestalten. Eine Beschränkung der Bundeswehr auf Blauhelmaktionen der UNO würde nicht nur der nach unserer Überzeugung geltenden Verfassungslage hinterherhinken, sondern sie würde auch dem aktuellen Handlungsbedarf nicht entsprechen.
    Meine Damen und Herren, die ökonomischen und ökologischen Altlasten von vierzig Jahren Sozialismus in den jungen Ländern sind größer, als von Bundesregierung, Bundesbank, Wirtschaftsforschungsinstituten und Wirtschaftsverbänden erkannt werden konnte. Die DDR war eben nicht die Wirtschaftsmacht, als die sie Lafontaine noch 1989 bezeichnet hat.

    (Zuruf von der SPD: Und Franz Josef Strauß!)

    Deshalb gilt um so mehr: Aufschwung Ost ist nur auf der Grundlage von Wachstum West möglich. Die gewaltigen Aufgaben für die neuen Länder bedürfen unverändert der Akzeptanz im Westen, wo die Beiträge vornehmlich über Steuern, Abgaben und Gebühren aufgebracht werden. Ich meine, wir müssen aufpassen, daß wir nicht ein Gefühl der Überforderung auslösen, das möglicherweise subjektiv größer ist, als die tatsächlichen Anforderungen wirklich sind.
    Wir sind darüber hinaus als Wirtschaftsstandort Deutschland einem immer härter werdenden internationalen Wettbewerb ausgesetzt. Unsere Konkurrenten auf den Weltmärkten schlafen nicht. In Amerika — das ist während der parlamentarischen Sommerpause in den Nachrichten fast etwas untergegangen — entsteht ein riesiger Binnenmarkt von Kanada bis Mexiko. Er wird mehr Menschen umfassen als der europäische Binnenmarkt, der am 1. Januar 1993 in Kraft tritt. Japan hat ein 170 Milliarden DM umfassendes Konjunkturprogramm beschlossen. Das zeigt, wie ernst dort der Wettbewerb genommen wird.
    Meine Damen und Herren, in dieser Situation müssen auch Länder und Kommunen — darauf komme ich noch zurück — Verantwortung für die wirtschafts- und finanzpolitische Bewältigung des Wiedervereinigungsprozesses übernehmen. Er wird nur gelingen, wenn auch sie einen konsequenten Kurs der Ausgabenbegrenzung einhalten.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Verantwortung trägt hier auch der Bürger selbst. Verantwortung tragen die Tarifparteien, die sich auf



    Dr. Wolfgang Bötsch
    kleiner werdende Verteilungsspielräume einstellen müssen. Deshalb brauchen wir einen umfassenden Solidarpakt, diesen Konsens der Vernunft und der Solidarität, um die Zukunft zu sichern.
    Ich danke dem Bundeskanzler, daß er die Initiative für diesen Solidarpakt gestartet hat und verschiedene Organisationen, Verbände, Körperschaften zum Gespräch eingeladen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, die volle Unterstützung der CDU/CSU-Fraktion haben Sie bei diesem Vorhaben. Wir werden an der Realisierung tatkräftig mitarbeiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, der gewaltige Umbruch in Europa mit seinen weltpolitischen Auswirkungen bringt für Deutschland gewaltige Herausforderungen und die Notwendigkeit der Neubestimmung des eigenen Standortes mit sich. Die Deutschen können ihre Bewährungsprobe jedoch nur bei einer Neubesinnung auf das Gemeinwohl bestehen. Solidarität und Eigeninitiative sind Merkmale der Sozialen Marktwirtschaft. Sie müssen jetzt in allen Bereichen verstärkt zur Geltung kommen. In diesem Sinne ist nicht nur die Regierung gefordert, sondern auch die Opposition, die Länder und Kommunen und der einzelne Bürger. Ich bin zuversichtlich, daß uns dieser Solidarpakt der Vernunft gelingen wird. CDU und CSU werden ihren Beitrag dazu leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster Redner Otto Graf Lambsdorff.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich bin seit 20 Jahren an den Haushaltsdebatten im Deutschen Bundestag beteiligt. Ich kann mich an keine erinnern, der ein derart dissonantes Konzert, eine derart konfuse politische Diskussion vorhergegangen wäre.

    (Zuruf von der SPD: Das ist richtig!)

    Beteiligt haben sich daran alle Fraktionen dieses Hauses.

    (Zuruf von der SPD: Solidarität!)

    Mut macht das alles nicht, es fördert den Mißmut.
    Wir streiten uns um Finanzierungsmodelle. Wer erklärt eigentlich, wozu und wofür er jetzt so dringend Mittel aus was für Anleihen auch immer benötigt?

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Der Bundesfinanzminister versichert uns das Gegenteil. Er erklärt, neue Einnahmequellen jetzt nicht zu brauchen. Geld ist nicht alles, sagt der Ministerpräsident von Thüringen. Die Stadt Leipzig, so hört man — das mag ein Ausnahmefall sein —, gewährt der Stadt Hannover einen Kredit von 100 Millionen DM.

    (Heiterkeit bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Aber, meine Damen und Herren, wie sollen die Bürger im Lande eine solche Diskussion eigentlich verstehen? Wer spricht noch vom Verzicht auf Zuwachs im Westen für den Aufbau im Osten?

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der SPD — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Dazu habe ich viel gesagt!)

    Wer spricht eigentlich noch vom Sparen? Zu diesem Thema hat Frau Matthäus-Maier gestern Richtiges gesagt. Aber wenn es ans Eingemachte geht, z. B. beim Subventionsabbau, dann ist die SPD fast immer dagegen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Zwangsanleihe!)

    — Frau Matthäus, ich will Ihnen gerne ein Beispiel nennen: Haben Sie nicht den Bundeswirtschaftsminister massiv behindert, die Subventionen im Steinkohlenbergbau abzubauen, und tragen Sie nicht auf diese Weise dazu bei, daß ein freigesetzter westdeutscher Steinkohlenarbeiter 100 000 DM bekommt und der Braunkohlenarbeiter in der Lausitz immer noch nur 7 000 DM bekommt? Wie soll das denn weitergehen?

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wo, meine Damen und Herren, ist die Bereitschaft in Ländern und Gemeinden, den Ausgabenzuwachs auf 3 % zu begrenzen? Was die hessische Finanzministerin hier gestern vorgetragen hat, war der Gipfelpunkt schäbiger und eigensüchtiger Politik und die Verweigerung der alten Länder.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Dr. Wolfgang Weng [Gerungen] [F.D.P.]: Unter Applaus der SPD!)

    Die alten Länder, meine Damen und Herren, haben bisher an der deutschen Einheit verdient und nicht zu ihrer Finanzierung und ihrer Gestaltung beigetragen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Stimmt es, daß Hamburg jetzt, Herr Klose — Sie kommen ja aus Hamburg —, für eine Museumsinsel 115 Millionen DM ausgeben will? Jetzt!

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ja!)

    Warum wird in Hof an der Saale ein zusätzliches Klärwerk gebaut und nicht in Naumburg an der Saale, wo es sehr viel dringlicher ist?

    (Peter Conradi [SPD]: Und das Deutsche Historische Museum? — Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Eine sinnvolle Sache!)

    Den Anleiheerfindern, alle fern vom Kapitalmarkt, war kein Einfall zu abwegig: eine Zwangsanleihe für die alte sozialdemokratische Erfindung, den sogenannten Besserverdienenden.
    Die deutsche Einheit, meine Damen und Herren, und ihre Folgen zwingen uns ja zu mancher Verfassungsänderung. Aber jetzt sollen wir die Verfassung auch schon ändern, um ein Finanzierungsinstrument



    Dr. Otto Graf Lambsdorff
    zu schaffen? Da sage ich für die F.D.P.: Ein Abreißkalender ist unser Grundgesetz nun doch nicht.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Der Finanzminister schlug eine steuerbefreite niedrigverzinsliche Anleihe vor. Vergessen wir dies. Er tut es wohl auch.
    Im Sommer kramte die SPD das abgenutzte Optionsmodell für eine Einkommen- und Körperschaftsteuerreform hervor — längst als unbrauchbar erwiesen, 1951 ausprobiert, 1952 schleunigst wieder abgeschafft.
    Zwischendurch belebte der Verkehrsminister, teilweise assistiert vom Umweltminister, die Autobahnplakette und die Erhöhung der Mineralölsteuer.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Was war denn mit Ihren Vorschlägen?)

    Dann wieder die SPD: Her mit der Ergänzungsabgabe für Besserverdienende, der sogenannten NeidSteuer.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Macht ja nichts, daß denen das Geld weggenommen wird, die es im Osten investieren sollen.

    (Zurufe von der SPD)

    Ganz schnell setzte der DGB eines drauf. Frau Engelen-Kefer will die Arbeitsmarktabgabe für Beamte und Selbständige. Was haben die denn eigentlich mit der Bundesanstalt für Arbeit zu tun? Richtig wäre es doch wohl, die Mittel der Bundesanstalt nicht für versicherungsfremde Leistungen auszugeben.
    Das ganze Verwirrspiel, meine Damen und Herren, ließ die SPD nicht ruhen.

    (Hans-Ulrich Klose [SPD]: Nur die F.D.P.!) — Auch die kommt.

    Am Sonntag vor zwei Wochen kamen die Schlagzeilen vom Petersberg, dem Ort gepflegter sozialdemokratischer Erleuchtung:

    (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Schwenk bei Asyl und Bundeswehreinsätzen. Meine Nachfrage am Montag ergab: Einen schriftlich formulierten Beschluß gibt es nicht. Aber es gibt einen Sprechzettel für die Pressekonferenz des Herrn Engholm. Den bekam ich dann auch. Sehr aufschlußreich war er nicht. Inzwischen ist das Bild ja von Tag zu Tag undeutlicher geworden. Jeden Tag kommen neue Absagen an Herrn Engholm aus Hessen, aus Bayern, aus Rheinland-Pfalz, heute morgen lese ich in der Zeitung: aus Bremen.

    (Hans-Ulrich Klose [SPD]: Wir sind im Gegensatz zu Ihnen eine demokratische Partei, in der diskutiert wird!)

    Immerhin, meine Damen und Herren, die Richtung scheint zu stimmen. Aber eines, Herr Engholm, sei dazu gesagt: Die Bundeswehr muß zukünftig mit allen Kautelen auch für Kampfeinsätze im Rahmen der UNO verfügbar sein. Wenn Sie sich beim Bundes-
    wehreinsatz auf Blauhelme beschränken wollen, sind und werden Sie nicht regierungsfähig.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Werner Schulz [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das die entscheidende Frage für Regierungsfähigkeit? — Zurufe von der SPD)

    — Ich habe das hier schon einmal gesagt. Da war die Aufregung nicht so groß. Da hatte ich Ihnen gesagt: Sie sind international nicht handlungsfähig und national nicht regierungsfähig mit einer solchen Position. Sie müssen schon über die Hürde springen und nicht unter ihr durchkriechen. Sonst können Sie gleich den zweiten Sonderparteitag einbestellen.

    (Heiterkeit bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich will gar nicht verschweigen, Herr Klose, daß auch meine eigene Partei ihren — allerdings vergleichsweise bescheidenen — Beitrag zur Aufführung geleistet hat.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD)

    Ich kann eine Diskussion, ob die F.D.P. ein bißchen weniger marktwirtschaftlich, dafür ein wenig mehr sozialdemokratisch oder sozial sein soll, nicht für sehr sinnvoll halten. Die Fragestellung: Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Liberalste im ganzen Land?, ist so alt wie der politische Liberalismus, fördert nicht immer die hochgepriesene Toleranz.
    Meine Damen und Herren, ich rechne nicht damit, daß solche Ausführungen freudige Zuhörer im Hohen Hause finden. Aber sollen wir das eigentlich alles auch noch schönreden, oder sollen wir es verschweigen? Ich will das nicht. Zur Politikverdrossenheit haben wir in den letzten 14 Tagen ein ordentliches Stück beigetragen — alle.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Hans Magnus Enzensberger hat Politik und Politikern am vergangenen Wochenende in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in brillanter Form und überraschend barmherzig den Spiegel vorgehalten. Ich empfehle den Kolleginnen und Kollegen diesen Aufsatz zur Lektüre. Er schildert auch die Zwänge unseres Daseins. Aber letztlich sind es doch wohl weitgehend selbstgeschaffene Zwänge. Könnten wir sie nicht durch eigene Anstrengungen mildern?
    Vielleicht können wir den Tatbestand nutzen, daß sich jahrzehntelang festgefügte Strukturen lockern, daß sie in Bewegung geraten sind, nicht nur bei uns, sondern weltweit. Ich kann, meine Damen und Herren, keinen sachlichen Zusammenhang erkennen, aber wohl einen zeitlichen. Seit dem Ende der ideologischen Teilung der Welt in zwei Blöcke sind nicht nur Warschauer Pakt und NATO verschwunden oder verändert; es haben sich auch Bindungen und Formen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gewandelt, die wir für gegeben hielten. Es gibt dafür unzählige Beispiele, im Inland wie im Ausland.



    Dr. Otto Graf Lambsdorff
    In Deutschland müssen wir mehr und mehr erkennen, daß sich nicht nur der Osten, sondern auch der Westen verändert. Es war ein folgenschwerer Fehler anzunehmen, daß mit dem Fall der Mauer aus bisherigen DDR-Bürgern nach 40 Jahren Diktatur über Nacht — gewissermaßen im Handumdrehen — Menschen werden könnten, die sich in der Freiheit von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft alle miteinander zurechtfinden könnten. So einfach geht es eben doch nicht.
    Aber es wäre ebenso falsch zu glauben, daß alle diese Veränderungen an den Menschen im Westen spurlos vorübergegangen sind oder vorübergehen.
    Ich fürchte, daß wir all das noch nicht völlig realisiert haben. Ich weiß — ich will uns in dieser Hinsicht alle in Schutz nehmen, wenn es nötig ist —, daß wir uns hier redlich mühen; aber manchmal erinnert mich unser Mühen schon an das Radtreten eines Hamsters.
    Meine Damen und Herren, wir kommen nicht umhin — das ist heute morgen ja schon mit Recht geschehen —, ein anderes Kapitel mit Deutlichkeit anzusprechen. Nacht für Nacht — in den letzten Nächten glücklicherweise weniger — wiederholten sich die Ereignisse von Rostock, glücklicherweise mit inzwischen besserer polizeilicher Abwehr. Diese Debatte ist kein geeigneter Platz, um Ursachenforschung zu betreiben, um Verantwortung und Schuld zu klären. Aber eines sage ich für die F.D.P. ganz deutlich: Wer Ausländerhaß predigt, wer Gewalt gegen Ausländer, Aussiedler und Asylbewerber anwendet, wer anderer Leute Häuser und Autos ansteckt, wer gewalttätig gegen die Polizei vorgeht, dem steht in unserem Lande nur ein einziger Platz zu — das Gefängnis.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Das gilt auch für diejenigen, die solchen Untaten Beifall zollen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Merken sie eigentlich gar nicht, daß Szenen wie die von Rostock und Cottbus Investoren und mögliche Arbeitsplätze fernhalten? Welcher Ausländer investiert in einem Land mit bürgerkriegsähnlichen Szenen?
    Wenn sie schon die ausländischen Reaktionen, die Herr Klose zitiert hat; nicht interessieren, so liegt dies doch in ihrem eigenen Interesse. Wie kann man denen Beifall zollen, die morgen den eigenen Trabi oder den eigenen Golf anstecken?

    (Zuruf von der SPD: Sehr wahr!)

    Die F.D.P., meine Damen und Herren, hat sich zu zügigen Gesprächen über eine Änderung des Asylrechts, auch des Grundgesetzes bereit erklärt. Es war nicht so ganz einfach, Herr Klose — aber ich verstehe die Schwierigkeiten in Ihrer Partei —, Ihre heutigen Ausführungen mit Ihren früheren Äußerungen dazu in Übereinstimmung zu bringen.
    Aber wir warnen vor dem Aberglauben, daß damit allein — ich unterstreiche das Wort „allein" — ein zweites Rostock verhindert werden könnte.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Wir sehen mit Besorgnis, daß das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz zu langsam in die Praxis umgesetzt wird. Wenn Sie, Herr Klose, das Gespräch vom Oktober vorigen Jahres kritisieren — das haben Sie in einem Aufwasch mit anderen Begegnungen getan —: Ist denn das Gespräch zu kritisieren, oder ist die Tatsache zu kritisieren, daß das, was dort vereinbart worden ist, hier zu spät verabschiedet worden ist und so zögerlich umgesetzt wird?

    (Zuruf von der SPD: Das haben wir oft genug kritisiert!)

    Welche Landesregierungen in den alten Bundesländern — um die geht es in erster Linie — sind denn dabei?

    (Zurufe von der SPD)

    — Nein! Schieben Sie nicht alles immer hin und her wie eine heiße Kartoffel. Bund und Länder haben gemeinsame Verantwortung. Sie wissen ganz genau, daß die verwaltungsmäßige Durchführung nur auf der Länderebene geschehen kann.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Deswegen sage ich auch: Das Betragen von Herrn Eichel in dieser Sache finde ich unerhört.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das von Schröder ist noch schlimmer!)

    Es gibt befremdliche Nachrichten über die Personalnot im Durchgangslager Zirndorf. Fehlt es an Bewerbungen, oder werden sie schleppend behandelt? Machen die Länder mit? Sind sie bereit, Personal zur Verfügung zu stellen oder nicht?

    (Zuruf von der SPD)

    — Sehr beschränkt, meine Damen und Herren, jedenfalls reicht das Personal ganz offensichtlich nicht aus.

    (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist Ihr Regierungspartner! Das müßte doch zu klären sein!)

    — Hören wir doch auf, uns gegenseitig vorzuhalten, der Bundesinnenminister sei schuld oder die Landesinnenminister seien schuld. Wenn wir als Abgeordnete, als Parlamentarier sagen „Nun tut endlich etwas, damit die Beschwerden aufhören" und etwas bewegen wollen, dann muß das doch gemeinsam geschehen.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)

    Die Bürger unseres Landes sind zunehmend besorgt über die steigende Kriminalität. Das Thema „innere Sicherheit" wird mehr und mehr und mit Recht größer geschrieben. Die F.D.P. ist bereit, alles Notwendige zu tun, um dieser Entwicklung zu wehren, um ein Ansteigen der Flut von Gewalt und Verbrechen zu verhindern.



    Dr. Otto Graf Lambsdorff
    Meine Damen und Herren, täuschen wir uns bitte nicht: Wir bewegen uns in Westdeutschland am Rande einer Rezession. Der Bundeswirtschaftsminister wird das morgen sehr deutlich machen. Wir dürfen die westdeutsche Wirtschaft nicht zusätzlich belasten.
    Das, was Sie, Frau Matthäus-Maier, gestern im Zusammenhang mit einer vielleicht familienlastenausgleichsmäßig berechtigten Überlegung vorgeschlagen haben, ist sehr wohl eine Steuererhöhung, ist sehr wohl eine Erhöhung der Steuerquote, ist sehr wohl eine Erhöhung der Staatsquote, hemmt natürlich die Investitionen und die Kapitalmärkte und behindert die wirtschaftliche Dynamik. Es fallen Ihnen immer nur Steuererhöhungen zur Lösung von Problemen ein.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Nein!)

    Wir müssen Vertrauen für Unternehmen, Investoren und Kapitalmärkte schaffen. Dazu gehört auch, Herr Bundesfinanzminister, die Unternehmensteuerreform. Die F.D.P. begrüßt Ihre Ankündigung, die Unternehmensteuerreform, die unter den gegebenen Umständen nur aufkommensneutral sein kann, schon 1994 in Kraft zu setzen. Wir werden mit Ihnen die Anregungen und die Inhalte, die Sie genannt haben, sorgfältig prüfen und dafür sorgen, daß schnell entschieden werden kann und entschieden wird.
    Der Bundeskanzler, meine Damen und Herren, hat völlig recht: Wenn die westdeutsche Kuh nicht gesund bleibt, gibt es keine Milch für Ostdeutschland. Selbst, Herr Bundeskanzler, wenn ich das Zitat schon in einer anderen Schrift gefunden habe, dann geht das eben nach dem alten Grundsatz der Politik „Plagiare necesse est"; das ist ja deswegen nicht falsch.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Das hat schon Schiller gesagt: Das ist ante Lambsdorff!)

    — Wie bitte?

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Das ist noch vor Lambsdorff! — Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    — Gut! Meinethalben also auch vor Lambsdorff und damit klassisch.

    (Heiterkeit bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir dürfen nach Auffassung meiner Partei und Fraktion die Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft nicht untergraben. Der stabilitäts- und ordnungspolitische Konsens muß hergestellt werden; wo er verletzt worden ist, muß er wiederhergestellt werden. Nach liberalem Verständnis sind die wirtschaftspolitischen Akzente nicht auf Verteilungsfragen zu setzen, sondern auf die Schaffung wirtschaftlicher Dynamik. Das hat Vorrang, weil nur so Arbeitsplätze geschaffen werden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Dafür aber müssen Glaubwürdigkeit, Verläßlichkeit und innere Konsistenz die Politik prägen.
    Es gehört, meine Damen und Herren, — ich habe am Anfang ja von den 20 Jahren gesprochen — zum Ritual einer jeden Haushaltsdebatte, daß die Opposition den
    Entwurf zur Makulatur erklärt und einen neuen Entwurf verlangt. Was soll eigentlich dieses Gerede? Es war doch nie anders. Nutzen Sie doch die Möglichkeiten der Parlamentsberatung, und setzen Sie Änderungen dort durch, wo Sie die Mehrheit des Hauses überzeugen können und wo Sie auch die Finanzierung darstellen können.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sie lassen sich ja nicht überzeugen!)

    — Dann sind Ihre Argumente wahrscheinlich nichts wert.

    (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich möchte Herrn Klose ausdrücklich in dem einen Punkt unterstützen: Was die kulturellen Einrichtungen, insonderheit die Erhaltung der historischen Bausubstanz in den fünf neuen Bundesländern angeht, sollten wir sehen, daß wir Deckungsmöglichkeiten für Finanzmittel finden, die wir dafür brauchen; die F.D.P. teilt diese Auffassung.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der PDS/Linke Liste und BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ich will in dem Zusammenhang vielleicht noch eine Bemerkung machen: In den fünf neuen Bundesländern ist die kulturhistorische Bausubstanz bedroht. Ich finde es ausgesprochen eindrucksvoll und bin dankbar dafür, wieviel private Spendentätigkeit sich in diesen Bereichen bemerkbar macht und wieviel da getan wird: von der Frauenkirche in Dresden bis zur Erlöserkirche Nikolskoe — das sind zufällig zwei Kirchen —, aber auch in anderen Gebieten. Man sieht, daß die Deutschen bereit sind, Geld zu geben. Sie wollen nur nicht, daß der Staat es ihnen dauernd wegnimmt, weil sie die Umverteilerei nicht mögen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Der Haushalt 1993 bemüht sich, den Anforderungen der Vollendung der deutschen Einheit gerecht zu werden. Der Finanzminister hat bestätigt, daß der Haushalt steht und daß er zu seiner Finanzierung keine weiteren Einnahmeerhöhungen braucht.
    Die gestrige Diskussion um die Frage, ob wir in Zukunft vielleicht doch noch Steuererhöhungen brauchen könnten oder nicht, fand ich ausgesprochen unerfreulich. Ihre Argumentation, Frau MatthäusMaier, ist in dem Zusammenhang nicht ehrlich. Wenn Sie dem Finanzminister und dann auch gleich dem Bundeskanzler die zweite oder dritte — ich weiß nicht, die wievielte — Steuerlüge vorwerfen,

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ihnen!)

    aber gleichzeitig sagen, wenn sich der Finanzminister die Frage offenhält, ob er auf längere Sicht gesehen vielleicht doch eine Steuererhöhung braucht, da sei schon wieder die nächste Lüge, er habe die Steuererhöhung schon in der Tasche, wie soll bei einer solch schrägen Diskussion dann eigentlich geantwortet werden?

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)




    Dr. Otto Graf Lambsdorff
    Noch einmal, meine Damen und Herren: Geld ist nicht alles. Die verwaltungsmäßige Umsetzung von privaten und öffentlichen Investitionen, die Klärung von Eigentumsverhältnissen, das Überwinden bürokratischer Hindernisse, die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Beseitigung falscher Anreize bei ABM, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe, Flexibilität bei Entlohnung und Arbeitszeiten, stärkere Sanierungsbemühungen der Treuhandanstalt, Abgabe von Gewerbeflächen zu darstellbaren Preisen, — das alles ist jetzt vordringlich und nicht blinder Finanzaktionismus.
    Die F.D.P. hat mehrfach darauf aufmerksam gemacht, daß wir mehr Flexibilität in den Tarifverträgen und in den Gehalts- und Lohnfragen nötig haben, wenn die Betriebe überleben sollen; Stichwort: Öffnung von Tarifklauseln. Wir waren auch immer der Meinung, daß das in der alten Bundesrepublik notwendig ist. Der Fall Lufthansa scheint zu beweisen, daß wir hier nicht völlig schiefliegen.

    (Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: So ist es!)

    Aber eines, meine Damen und Herren, verstehe ich nun überhaupt nicht mehr, auch nicht von den Gewerkschaften, die sich dagegenstellen: Wer die Berichte zur Kenntnis nimmt, wie jetzt illegal mit Druck auf die Arbeitnehmer unter Tarif bezahlt wird und die Arbeitnehmer vor lauter Angst nicht zu ihrer Gewerkschaft und nicht zum Gericht gehen und sich gar nicht dagegen wehren, weil sie den Arbeitsplatz verlieren könnten, muß doch zu dem Ergebnis kornmen: Die Öffnungsklauseln müssen gesetzlich vereinbart werden, dann kann es auf eine gewisse Zeit beschränkt werden, dann können die Betriebsräte mitarbeiten, dann kann es arbeitsrechtlichen Schutz geben.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das, was Sie von der SPD hier befürworten, ist eine Vernachlässigung des arbeitsrechtlichen Schutzes der Arbeitnehmer, deren Partei Sie angeblich sein wollen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, nicht die Neuauflage der erfolglosen Rezepte der 70er Jahre mit Beschäftigungsprogrammen und Vollbeschäftigungsgarantien ist der Weg zum Erfolg; wir brauchen die marktwirtschaftlich erfolgreichen Rezepte der 80er Jahre. Die können wir, die Freien Demokraten, nicht mit der SPD durchsetzen, das kann nur die Koalition. Deshalb sage ich auch an dieser Stelle, Herr Bundeskanzler, Herr Schäuble, Herr Waigel, Herr Bötsch: Die F.D.P. will deshalb — nicht nur deshalb, aber vor allem deshalb — diese Koalition, und sie will sie mit diesem Bundeskanzler.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Neulich hat mir eine meiner Parteifreundinnen aus Ostdeutschland geschrieben: Du sprichst von der erfolgreichen Politik der 80er Jahre; wir haben die Ergebnisse dieser marktwirtschaftlichen Politik der 80er Jahre nicht miterlebt; was war das denn? —Meine Damen und Herren, man muß gelegentlich daran erinnern: Damals gab es die höchste Zahl von
    Beschäftigten in Deutschland seit 1945, es gab sinkende Haushaltsdefizite, es gab niedrige Zinsen, es gab niedrige Preissteigerungsraten, und es gab als Folge maßvoller Tarifabschlüsse steigende Realeinkommen, und es herrschte sozialer Frieden. Es war eine ungewöhnlich erfolgreiche Politik, die wir vor 1989 gemacht haben.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Es gab auch rückläufige Arbeitslosenzahlen, wenngleich das Arbeitslosenproblem damals ebenso wie heute — heute erst recht — nicht befriedigend gelöst war.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Wann ist das Arbeitslosenproblem denn entstanden?)

    — Es entstand in der zweiten Hälfte der 70er Jahre, weltweit.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Richtig! Wer hat denn da regiert? — Hans-Ulrich Klose [SPD]: Wer war denn damals Wirtschaftsminister? — Weitere Zurufe von der SPD)

    Weil Sie dieser Wirtschaftspolitik und Ihrem Kanzler nicht mehr folgen wollten, ging es zu Ende.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Diejenigen, die dabei waren, werden sich noch an die Fraktionssitzung vom Juli 1982 erinnern: Genossen, ich will dieses, und das wollt ihr nicht; ihr wollt jenes, und das will ich nicht; deswegen geht es nicht. So Helmut Schmidt. So kurz ist unser Gedächtnis nun auch nicht.

    (Hans-Ulrich Klose [SPD]: Herr Kollege Lambsdorff, die Leistung des menschlichen Gehirns besteht nicht immer im Erinnern, sondern auch im Vergessen!)

    — Verehrter Herr Klose, ich sage ja: So kurz ist unser Gedächtnis nicht. In diesem Hause waren Sie nicht dabei, aber Sie werden darüber auch etwas gelesen haben.