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ID1210203100

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    Plenarprotokoll 12/102 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 102. Sitzung Bonn, Dienstag, den 8. September 1992 Inhalt: Nachruf auf den Abgeordneten Dr. FranzHermann Kappes 8661 A Erklärung der Präsidentin Dr. Rita Süssmuth zu den Ausschreitungen gegen Asylsuchende und Ausländer 8661 C Eintritt der Abgeordneten Dr. Michaela Blunk in den Deutschen Bundestag für den durch Verzicht ausgeschiedenen Abgeordneten Wolfgang Kubicki 8662 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Detlef Kleinert (Hannover) . . 8662 B Mitteilung zum Stenographischen Bericht (Plenarprotokoll) 8662 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1993 (Haushaltsgesetz 1993) (Drucksache 12/3000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1992 bis 1996 (Drucksache 12/3100) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 8662 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 8672 D Jochen Borchert CDU/CSU 8680 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 8684 C Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste 8689B, 8709C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 8690 C Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 8692 D Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . 8695 A Dr. Annette Fugmann-Heesing, Staatsministerin des Landes Hessen 8695 C Ina Albowitz F D P 8699 B Hinrich Kuessner SPD 8701 D Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 8705A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 8707 D Nächste Sitzung 8709 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8711* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 8711* B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 8. September 1992 8661 102. Sitzung Bonn, den 8. September 1992 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 08. 09. 92 * * Bartsch, Holger SPD 08. 09. 92 Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 08. 09. 92 Blunck (Uetersen), SPD 08. 09. 92 * Lieselott Bock, Thea SPD 08. 09. 92 Brandt, Willy SPD 08. 09. 92 Dreßler, Rudolf SPD 08. 09. 92 van Essen, Jörg F.D.P. 08. 09. 92 * * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 08. 09. 92 * * Friedrich, Horst F.D.P. 08. 09. 92 Dr. Fuchs, Ruth PDS/LL 08. 09. 92 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 08. 09. 92 * Gattermann, Hans H. F.D.P. 08. 09. 92 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 08. 09. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 08. 09. 92 * * Jaunich, Horst SPD 08. 09. 92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 08. 09. 92 Lenzer, Christian CDU/CSU 08. 09. 92* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 08. 09. 92 * * Oesinghaus, Günther SPD 08. 09. 92 Pfuhl, Albert SPD 08. 09. 92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 08. 09. 92 * Rempe, Walter SPD 08. 09. 92 Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 08. 09. 92 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 08. 09. 92 * * Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 08. 09. 92 Schuster, Hans Paul F.D.P. 08. 09. 92 Hermann Dr. Solms, Hermann Otto F.D.P. 08. 09. 92 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 08. 09. 92 * * Dr. Waffenschmidt, Horst CDU/CSU 08. 09. 92 Weyel, Gudrun SPD 08. 09. 92 * * Dr. Wieczorek, Norbert SPD 08. 09. 92 Zierer, Benno CDU/CSU 08. 09. 92 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 26. Juni 1992 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz zu dem Vertrag vom 6. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) Gesetz zur Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Beratung in Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit Gesetz zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes Erstes Gesetz zur Änderung des Saatgutverkehrsgesetzes Gesetz zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und anderer Gesetze Gesetz über die nachträgliche Umstellung von Kontoguthaben, über die Tilgung von Anteilrechten an der AltguthabenAblösungs-Anleihe, zur Änderung lastenausgleichsrechtlicher Bestimmungen und zur Ergänzung des Gesetzes über die Errichtung der „Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung" Strafrechtsänderungsgesetz - Menschenhandel - (... StrÄndG) Gesetz zur Anpassung der Rechtspflege im Beitrittsgebiet (Rechtspflege-Anpassungsgesetz-RpflAnpG) Gesetz zur Verlängerung der Verwaltungshilfe Gesetz zur Festlegung des Anwendungsbereiches und zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 Gesetz zu dem Protokoll vom 20. Dezember 1990 betreffend die Änderung des Übereinkommens vom 9. Mai 1980 über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) Drittes Gesetz zur Änderung des Marktstrukturgesetzes Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens Gesetz zur Regelung der Aufnahme von Krediten durch die Treuhandanstalt (Treuhandkreditaufnahmegesetz - THA KredG) Zu den beiden letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: Zum Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens: Der Bundesrat hat nach wie vor gewichtige Bedenken gegen das Gesetz. Er hält das Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens vor allem in folgenden zentralen Punkten für verbesserungsbedürftig: 1. Konzentration der Zuständigkeit für das gesamte beschleunigte Verfahren beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Neubestimmung der Schnittstelle zur Ausländerbehörde) 2. Schaffung einer asylverfahrensunabhängigen Aufenthalts- und Verteilungsregelung für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, bei der der Bund die Kosten trägt. 3. Schaffung einer gesetzlichen Verpflichtung des Bundes, den Ländern für die Unterbringung von Asylbewerbern freie und frei werdende Liegenschaften kostenfrei zu überlassen. 4. Darüber hinaus wird der Bund aufgefordert, endlich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Rückstände der mehr als 300 000 unerledigten Asylanträge schnellstens zu bewältigen. Dies ist zwingend geboten, um das neue beschleunigte Verfahren überhaupt zu gewährleisten. Der Bundesrat behält sich Gesetzesinitiativen ausdrücklich vor, wenn sich in der Praxis herausstellen sollte, daß das Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens die erhoffte Verfahrensbeschleunigung nicht erbringt; er fordert die Bundesregierung auf, die praktischen Erfahrungen beim Gesetzvollzug aufmerksam zu registrieren und Verfahrensmängel unverzüglich durch geeignete Maßnahmen abzustellen. Zum Treuhandkreditaufnahmegesetz: Der Bundesrat hält die von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates im Zusammenhang mit der Begründung zu § 4 des Gesetzes zur Regelung der Aufnahme von Krediten durch die Treuhandanstalt vertretene Auffassung für rechtlich und sachlich unbegründet, wonach sich aus dem Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 und dem Einigungsvertrag vom 31. August 1990 eine Verpflichtung der Länder des Beitrittsgebietes ergibt, sich an einer verbleibenden Verschuldung der Treuhandanstalt zu beteiligen. 8712* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 8. September 1992 Der Bundesrat bekräftigt seine Auffassung, daß der Bund bei Auflösung der Treuhandanstalt allein die verbleibenden Schulden zu übernehmen hat. Er verweist dabei auf die bereits in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf gegebene Begründung (BT-Drucksache 12/2217 vom 11.3. 1992, Anlage 2; BR-Drucksache 2/92 [Beschluß] vom 14. 02. 1992). Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 10. Juli 1992 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1992 (Nachtragshaushaltsgesetz 1992) Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung des Strukturhilfegesetzes und zur Aufstockung des Fonds „Deutsche Einheft" Gesetz zur Anpassung des Umsatzsteuergesetzes und anderer Rechtsvorschriften an den EG-Binnenmarkt (Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz) Erstes Gesetz zur Änderung des Agrarstatistikgesetzes Gesetz zur Einführung des passiven Wahlrechts für Ausländer bei den Sozialversicherungswahlen und zur Änderung weiterer Vorschriften (2. Wahlrechtsverbesserungsgesetz) Zweites Gesetz zur Änderung des Gerätesicherheitsgesetzes Gesetz zur Verlängerung der Kündigungsmöglichkeiten in der öffentlichen Verwaltung nach dem Einigungsvertrag Gesetz zur Änderung des Vermögensgesetzes und anderer Vorschriften — Zweites Vermögensrechtsänderungsgesetz (2. VermRÄndG) — Gesetz zur Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen und Berufungen ehrenamtlicher Richter Gesetz über das Inverkehrbringen von und den freien Warenverkehr mit Bauprodukten zur Umsetzung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte (Bauproduktengesetz — BauPG) Gesetz zu dem Vertrag vom 9. Oktober 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bulgarien über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa Gesetz zum Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Verletzungen verursachen oder unterschiedslos wirken können (VN-Waffenübereinkommen) Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom 22. März 1974 über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (Helsinki-Übereinkommen) Gesetz zur Änderung des Wohngeldsondergesetzes und des Wohngeldgesetzes Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat stimmt dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen „Schwangeren- und Familienhilfegesetz " zu. Es beruht auf der Erkenntnis, daß der Schutz des werdenden Lebens nur mit der Mutter und nicht gegen sie möglich ist, und dient dem Ziel, Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern, ohne aber zu bezweifeln, daß die Entscheidung der Schwangeren im Bewußtsein ihrer Verantwortung getroffen wird. Das Gesetz bezweckt auf diese Weise, insbesondere in Verbindung mit den sozialen Maßnahmen, die einen ernstzunehmenden Schritt zu einer familien-, (rauen- und kinderfreundlichen Gesellschaft darstellen, den Schutz des werdenden Lebens besser zu gewährleisten, als dies die bisherigen Regelungen vermocht haben. 2. Mit Blick auf die finanziellen Folgen des vom Deutschen Bundestag am 25. Juni 1992 beschlossenen Schwangeren- und Familienhilfegesetzes stellt der Bundesrat fest, daß Ländern und Gemeinden durch die sozialen Begleitmaßnahmen erhebliche Kosten auferlegt werden. Nach Berechnungen der Bundesregierung belaufen sich die zur Kinderbetreuung vorgesehenen investiven Kosten auf über 42 Mrd. DM, die jährlichen Betriebskosten auf über 11 Mrd. DM. 3. Der Bundesrat fordert mit Nachdruck eine Beteiligung des Bundes an diesen Kosten. Er bedauert, daß der Deutsche Bundestag nicht gleichzeitig mit der inhaltlichen Ausgestaltung des Reformanliegens eine Regelung über dessen gemeinsame Finanzierung entwickelt hat. Eine Lastentragung allein durch Länder und Kommunen ist nicht hinnehmbar. Der Bundesrat wird daher umgehend einen Gesetzentwurf einbringen, mit dem die finanziellen Folgen des vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzes auf alle Ebenen angemessen verteilt werden; dazu soll zumindest der Anteil der Länder an der Umsatzsteuer zu Lasten des Bundes erhöht werden. Eine solche Ausgleichsregelung ist in der Kostenübersicht des vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzes bereits ausdrücklich vorgesehen; auch der Sonderausschuß „Schutz des ungeborenen Lebens" empfiehlt in seinem Bericht an den Deutschen Bundestag, die Umsetzung dieses Gesetzes in eine Neuregelung des Finanzausgleichs einfließen zu lassen. 4. Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat im übrigen in seiner Sitzung am 17. Juni 1992 das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz als „mit der Haushaltslage des Bundes vereinbar" erklärt; dies schließt auch die mittelbaren finanziellen Auswirkungen ein. Der Deutsche Bundestag hat seine Entscheidung damit in Kenntnis der Auswirkungen auf den Haushalt des Bundes getroffen. Der Bundesrat erwartet deshalb, daß der Deutsche Bundestag seine Zustimmung zu einer gesetzlichen Neuregelung des Anteilsverhältnisses bei der Umsatzsteuer geben wird. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/1789 Drucksache 12/2102 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 10/2125 Drucksache 11/3254 Drucksache 11/3631 Drucksache 11/1621 Drucksache 11/1622 Drucksache 12/2150 Drucksache 12/2151 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/2113 Drucksache 12/2204 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/1783 Sonderausschuß Schutz des ungeborenen Lebens Drucksache 11/6895 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/1838 Nr. 3.14 Drucksache 12/2144 Nrn. 2.7, 2.8, 2.9, 2.10, 2.11 Drucksache 12/2257 Nrn. 3.60, 3.61 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/152 Nrn.. 56, 65 Drucksache 12/1961 Nrn. 3.1, 3.4 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/1220 Nr. 3.13 Drucksache 12/1612 Nr. 2.10 Drucksache 12/1681 Nr. 3.12 Drucksache 12/2101 Nr. 3.46 Drucksache 12/2257 Nr. 3.69 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 12/2101 Nr. 3.48 Drucksache 12/2144 Nrn.. 2.16, 2.17
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    Rede von Hinrich Kuessner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte zur Einbringung des Haushalts 1993 gibt Gelegenheit zur Standortbestimmung und zur Zukunftsbeschreibung für unser politisches Handeln.
    Zwei Jahre nach der Einheit Deutschlands reagiert Bonner Politik noch immer überrascht auf Ereignisse im Osten. Politisches Gestalten eines Aufschwungs Ost kann ich bei der Bundesregierung bisher nicht erkennen.
    Rostock hat gezeigt, daß die Zeiten nicht für vordergründige Parteipolemik geeignet sind. Wir Politiker aller Parteien müssen zeigen, daß wir unser Handwerk verstehen und nicht bloß Sprechblasen produzieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist unsere Aufgabe, Zukunftsbilder zu entwickeln, Wege in diese Zukunft aufzuzeigen und diese Wege befahrbar zu machen.
    Ein politisches Ziel der deutschen Innenpolitik ist in Art. 72 Grundgesetz festgeschrieben: die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit, insbesondere die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Landes hinaus. Diesem Ziel haben wir uns alle gestellt. Der Weg dorthin ist noch nicht klar zu erkennen. Dabei müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern in Ost und West die Wahrheit sagen und sie in die Erarbeitung der Projektierung einbeziehen. Zwischenziele müssen abgesteckt und abgerechnet werden.



    Hinrich Kuessner
    Für die Projektierung und den Ausbau dieses Weges brauchen wir Zeit. Es kann nicht alles auf einmal erreicht werden. Planungen über 15 Jahre und mehr sind nötig; alles andere sind hohle Versprechungen.

    (Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Richtig!)

    Wenn wir über so einen langen Zeitraum eine stetige Verbesserung im Osten erreichen wollen, ist eine Voraussetzung, daß wir die Verhältnisse in den alten Bundesländern nicht destabilisieren.

    (Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Auch gut!)

    In den alten Bundesländern müssen die Menschen auf Wachstum verzichten. Da wir den Aufschwung nur mit einer starken Wirtschaft im Westen erreichen, dürfen Wirtschaft und öffentliche Hand im Westen nicht überfordert werden. Wir müssen offen miteinander darüber reden, wo diese Grenze der Überforderung für den einzelnen, die öffentliche Hand und die Wirtschaft ist.

    (Hans Peter Schmitz [Baesweiler] [CDU/ CSU]: Ja! Richtig!)

    Die Politik des Nebelwerfens muß beendet werden.
    Der zur Zeit betriebene Aktionismus bringt nichts und kostet viel Geld. Die Verantwortlichen im Osten brauchen die Sicherheit, daß Geld auch in den nächsten Jahren fließt.

    (Beifall der Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD] und des Abg. Dr. Rudolf Karl Krause [Bonese] [CDU/CSU])

    Dann kann vieles mit mehr Ruhe und Sachverstand angegangen werden. Die innere Einheit müssen wir mit den Menschen in Ost und West gestalten. Sie müssen für den Weg gewonnen werden, und sie müssen Belastungen aushalten. Die hektische Ausgestaltung der Einheit müssen wir beenden.
    Der erste Schritt dazu kann beim Haushalt 1993 gemacht werden, indem wir jeden Einzelplan durchforsten. Es muß überlegt werden, was auf später und was sinnvollerweise in die Finanzierung von Ost nach West geschoben werden kann. Hier gibt es sicher Reserven.
    Voraussetzung für diese Arbeit ist, daß wir gemeinsam — damit meine ich Abgeordnete aus Ost und West — dies wollen und tun. Denn was ein erträglicher Verzicht ist, kann nur mit Hilfe des Kenners der Region entschieden werden. Es kann sein, daß aus meiner Sicht als Ostdeutscher im Westen auf manches verzichtet werden kann, was aber aus der Sicht eines Westdeutschen die Schmerzgrenze überschreitet.

    (Dr. Rudolf Karl Krause [Bonese] [CDU/ CSU]: Richtig!)

    Diese Diskussion müssen wir als Bundespolitiker in unsere Verantwortung für die gesamte Republik führen.
    Ich bin bisher nicht davon überzeugt, daß wir die Finanzprobleme in Deutschland über die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs ab 1995 lösen. Als dies im Einigungsvertrag vereinbart wurde, wurde
    manches nicht so gesehen, wie es heute ist. Die vom damaligen DDR-Finanzminister Romberg vorgelegten Zahlen wurden ignoriert. Jetzt kann man es nicht mehr leugnen, daß bei diesem System alle Westländer zu Nettozahlern werden. Daran kann die innere Einheit in Deutschland zerbrechen. Die Frage der Belastbarkeit und der Akzeptanz in den alten und neuen Ländern darf nicht außer acht gelassen werden.
    Es ist Sache der Regierung, dem Parlament eine Aufstellung der Kosten für die Angleichung der Lebensverhältnisse und eine Aufstellung der Finanzierung vorzulegen. Es geht nicht darum, irgendwo Geld zusammenzukratzen, wie es die CDU/CSU in den letzten Wochen versucht hat. Der gesamtwirtschaftliche Bedarf muß benannt werden.
    Politik besteht darin, den Annäherungsprozeß zu gestalten. Zwei Jahre nach der Einheit darf man von einer Bundesregierung erwarten, daß sie ihr Konzept auf den Tisch des Parlaments legt. Ich habe das heute vermißt.

    (Beifall bei der SPD)

    Bei dieser Umverteilung von Mitteln ist darauf zu achten, daß sie für die Bürger, aber auch für die Wirtschaft durchsichtig gemacht wird. Sie muß nachvollziehbar sein, und darf nicht gegen Grundsätze der Gerechtigkeit verstoßen. Bei dieser Umverteilung darf es im Westen nicht zu einer einseitigen Bevorzugung der Wohlhabenden kommen. Der kleine Mann darf nicht den Eindruck gewinnen, daß er stärker zur Kasse gebeten wird als der, der sich auf Grund der Machtposition seines Reichtums besser wehren kann. Bisher ist dieses im Prozeß der Einheit nicht optimal gelaufen.
    Demokratie und Marktwirtschaft setzen die Aktivität des einzelnen Bürgers voraus. Darum halte ich es für unerläßlich, daß in den neuen Ländern Einheimische die Chance erhalten, Eigentümer und auch Geschäftsführer von Unternehmen zu werden.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Rudolf Karl Krause [Bonese] [CDU/CSU])

    Zu beidem müssen einzelne befähigt werden.
    In den neuen Ländern gibt es Menschen, die auf eigenes Risiko in die Marktwirtschaft starten wollen und dies auch schon getan haben. Die IHK in Rostock — ihr Einzugsbereich ist der ehemalige Bezirk Rostock an der Ostseeküste — hat 26 000 Mitglieder. Diese Zahl spricht für Risikobereitschaft. Das Problem der neu entstehenden Betriebe von Einheimischen ist das fehlende Kapital. Darum muß der Boden für sie beleihbar gemacht werden, z. B. durch langfristige Pachtverträge und Erbbaurechtverträge. Aber es wird auch ein Innovationsfonds benötigt, der hilft, den Eigenmittelanteil bei Förderprogrammen aufzubringen.
    In der letzten Woche führten wir in Greifswald mit der Friedrich-Ebert-Stiftung ein wirtschaftspolitisches Seminar durch. Ein Vertreter des Schweriner Wirtschaftsministeriums warb um Anträge auf Fördermittel. Für 8 Millionen DM können in Mecklenburg-Vorpommern Anträge gestellt werden. Diese Anträge kommen nicht, da die Antragsteller eine 60%ige



    Hinrich Kuessner
    Eigenfinanzierung nachweisen müssen. Diese Hürde ist zu hoch.

    (Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Richtig! — Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Die wäre auch hier zu hoch!)

    In der Landwirtschaft ist die Politik der Regierung geradezu kontraproduktiv. Im Unterausschuß Treuhand hörten wir gestern wieder: Die im Auftrag der Bundesregierung agierende Treuhand hat bis jetzt nur wenige langfristige Pachtverträge abgeschlossen. Das ist geradezu ein Skandal.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die Bestellungen für die Ernte 1993 laufen. Aber die Pachtverträge der Treuhand kommen später. Man rechnet bei uns in Mecklenburg-Vorpommern mit Unternehmenszusammenbrüchen, nur weil die Regierung durch Nichthandeln Lösungen verhindert hat.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Ein unerhörter Skandal!)

    In den Zeitungen in Mecklenburg-Vorpommern kann man lesen — ich hätte gern, daß die CDU-Kollegen zuhören —, daß der CDU-Landwirtschaftsminister aus Schwerin und sein Staatssekretär immer wieder diesbezügliche Forderungen aufstellen, weil sie ebenso wie ich der Überzeugung sind, daß langfristige Pachtverträge eine Lebensfrage für ostdeutsche Unternehmen sind. Die CDU-Kollegen aus dem Bundestag zeigen diesen Schweriner Kollegen leider die kalte Schulter.

    (Dr. Rudolf Karl Krause [Bonese] [CDU/ CSU]: Das stimmt doch nicht! — Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das ist ja unglaublich!)

    — Warum werden die Verträge dann nicht abgeschlossen? Handeln Sie!

    (Beifall bei der SPD)

    Dies kann bei uns keiner nachvollziehen und treibt die Wut in unseren Dörfern in die Nähe der Schrekkenswelle, die zu den Rostocker Ereignissen geführt hat.
    In der Landwirtschaft in den neuen Ländern wird einseitig eine Gruppe bevorzugt. Das Wiedereinrichtungsprogramm ist in Gefahr, zu einem Wiedergutmachungsprogramm für die Alteigentümer zu verkommen. Draußen vor bleiben die, die zur Zeit der DDR in der Landwirtschaft gearbeitet haben und jetzt dort weitermachen wollen. Sie haben aber keine Chance, weil sie aus den bekannten Gründen zu DDR-Zeiten keine landwirtschaftliche Nutzfläche erwerben konnten. Das Ganze geschieht am Parlament vorbei.
    Gestern hat Staatssekretär Grünewald im Unterausschuß Treuhand erklärt, daß die Entschädigungsregelung mit dem Wiedereinrichtungsprogramm im Herbst in den Bundestag kommt. Werden Sie dann, meine Damen und Herren aus der Koalition, bereit sein, den einheimischen Landwirten gleichwertige Chancen zu bieten? Dazu gehört auch, daß die Entschuldungsfrage in der Landwirtschaft endlich angefaßt wird. Und der Bundesfinanzminister? — Aha, er ist sogar da.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Was heißt „sogar"?)

    — Entschuldigung, ich ziehe das zurück. Herr Bundesminister, Sie haben den Landwirtschaftsministern der neuen Länder eine Überprüfung der Besserungsscheinregelung zugesagt. Wann kommt diese Antwort? Wer diese Zinsen — über 9 % — den Bauern aufbürdet, sagt ihnen, daß sie den Beruf wechseln sollen.
    Im Umstrukturierungsprozeß ist es wichtig, daß Entscheidungen durchschaubar gemacht werden. Wenn die Entscheidungen der Treuhand zum Ziel haben, Aktivitäten auszulösen, müssen sie für Geschäftsleitung, Betriebsrat und Belegschaft nachvollziehbar sein. Es geht dabei nicht um jede Einzelheit, aber es muß für die Betroffenen erkennbar sein, daß die Entscheidungen an der Erhaltung von Arbeitsplätzen und an der Zukunft der Region, aber nicht am Gewinnstreben von einzelnen ausgerichtet sind.
    Im Sommer bin ich in einem Chemnitzer Unternehmen, der Germania, zufällig in eine Situation geraten, die das falsche Herangehen mancher Mitarbeiter der Treuhand zeigt. In diesem Betrieb waren nach Aussagen eines Vertreters der Chemnitzer Treuhand die Privatisierungsverhandlungen zu einem positiven Ende geführt worden. Die Berliner Treuhand war anderer Auffassung und genehmigte den Verkauf nicht. Die zuständigen Mitarbeiter der Berliner Treuhand hielten es aber nicht für notwendig, diese Entscheidung zu erläutern. In Chemnitz mußte der Eindruck entstehen, daß hinter der Berliner Entscheidung ganz andere Interessen standen.
    Diese falsche Informationspolitik der Treuhand ist für den Erneuerungsprozeß zerstörerisch. Auch eine richtige Entscheidung kann dadurch unwirksam gemacht werden. In der DDR haben wir es 40 Jahre erlebt, daß die Herren in einer Zentrale immer die nach ihrer Meinung für die Bevölkerung richtigen Entscheidungen getroffen haben. Sie fürchteten sich vor dem Sachverstand vieler, weil sie ihm nicht gewachsen waren. Diesen Fehler dürfen wir nicht wiederholen.
    Ein wichtiger weiterer Baustein für die Gestaltung der inneren Einheit ist eine funktionierende Verwaltungsstruktur in den Kommunen. Hier sind wir noch lange nicht am Ziel. Dies muß noch stärker als unsere politische Aufgabe erkannt werden. Ohne funktionierende Verwaltungen in den Gemeinden und Kreisen wird die Angleichung der Lebensverhältnisse nicht bezahlbar sein.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Es wird ein Faß ohne Boden. An die Spitze der Kommune gehören in der Regel schon länger dort wohnende.

    (Dr. Rudolf Karl Krause [Bonese] [CDU/ CSU]: Richtig!)

    Wir brauchen aber auch hier eine gute Zusammenarbeit von Ost- und Westdeutschen. Der Druck ist so groß, daß man bei der Arbeit lernen muß. Dies ist nur



    Hinrich Kuessner
    möglich, wenn Sachverstand vorhanden ist. Guter Wille allein ist zu wenig. In den kommunalen Verwaltungen geht vieles noch zu langsam. Das Arbeitsmaß ist nicht selten so erdrückend, daß Menschen zusammenbrechen.
    Allen Mitarbeitern aus Ost und West, die in den Kommunen der neuen Länder tätig sind, gilt mein großer Respekt. Aber wir müssen hier noch weitere Schritte machen. Die Arbeit in den Kommunen ist in den neuen Ländern in der Regel nicht attraktiv und anlockend. Es gibt viele objektive Schwierigkeiten, die Kommunalpolitiker nicht allein beseitigen können.
    Bei den Vermögensämtern ist der Stellenwert der kommunalen Aktivitäten für den Aufschwung Ost nicht immer gegenwärtig. Die Stadt Wolgast bemüht sich z. B. seit Monaten um ein ehemaliges NVA-Gelände. Es soll als Gewerbegebiet genutzt werden. Immer wieder treten Verzögerungen auf. Solche Entscheidungen müssen Vorrang haben. Oberbehörden müssen den Kommunen manchmal mehr Vertrauen schenken.
    Vor den Kommunen und Kreisen steht noch die Gebietsreform in den neuen Ländern. Dies bringt viel Unruhe und Störungen in die tägliche Arbeit. Diesen kann man aber nicht ausweichen. Die Gebietsreform muß möglichst schnell vollzogen werden. Optimal wäre es, wenn sehr schnell danach die Kommunalwahlen durchgeführt werden; denn dann kann die Arbeit in den für die nächsten Jahre gültigen Strukturen durchgeführt werden. An dieser Stelle sollten wir auf Parteipolitik verzichten.
    Wir können uns in den Kommunen keinen Stillstand leisten. Dazu kommt, daß alle Parteien in den ländlichen Gemeinden Schwierigkeiten haben, genügend gute Leute zu mobiliseren. Wer den Aufschwung Ost und nicht nur den Wahlsieg seiner Partei will, sollte sich jetzt schon Gedanken darüber machen, wie kompetente Bürgerinnen und Bürger für die kommunale Arbeit gewonnen werden können.
    Für die Kommunalwahlen könnte ich mir besonders in den ländlichen Gemeinden parteiübergreifende Bürgerbündnisse vorstellen. Vielleicht gelingt es so, aus der Parteienverdrossenheit keine Politikverdrossenheit werden zu lassen. Wir müssen alles tun, damit die Kraft der Kommunen gestärkt wird; denn sie sind ein Schlüssel für den Erfolg bei der Gestaltung der inneren Einheit.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [PDS/Linke Liste])

    Die Arbeit der Kommunen beeinflußt die Höhe der Kosten. Einen sichtbaren Schritt voran hat es 1991 mit der unbürokratischen Ausreichung der Investitionspauschale in Höhe von 5 Milliarden DM gegeben. Eine weitere leicht zu handhabende Investitionspauschale könnte nach meiner Überzeugung wichtige psychologische Hürden nehmen und Initiativen auslösen. Sie sollte zweckgebunden sein, z. B. für die Modernisierung von Berufsschulen.
    Dazu muß leider immer wieder gesagt werden: Die Eigentumsfragen müssen schneller gelöst werden. Noch immer wird vieles blockiert. Die zuständigen
    Ämter müssen in strukturpolitische Entscheidungen eingebunden werden. Es darf nicht sein, daß ein Meistbietender den strukturellen Überlegungen der Kommune im Wege steht. Die Entscheidungen zu Eigentumsfragen müssen offensiver zugunsten von Investitionen mit dem Ziel der Erhaltung bzw. Schaffung von Arbeitsplätzen getroffen werden.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [PDS/Linke Liste])

    Um einen Aufschwung Ost zu erreichen, muß produzierendes Gewerbe erhalten und, wo es nicht mehr vorhanden ist, neu angesiedelt werden.

    (Dr. Rudolf Karl Krause [Bonese] [CDU/ CSU]: Das ist ganz richtig!)

    Die Kommunen brauchen die Steuereinnahmen von ansässigen Gewerbebetrieben, um ihren Aufgaben gerecht zu werden und um attraktive Angebote für Einwohner und Gäste zu bieten. Das Niveau der industriellen Produktion ist seit der Wirtschafts- und Währungsunion um fast zwei Drittel gesunken. Der ostdeutsche Markt scheint als Absatzmarkt attraktiv zu sein, aber nicht als Standort für industrielle Produktionskapazitäten. Hier ist es ebenso wie bei den großen Strukturveränderungen in den westlichen Bundesländern notwendig, aktive Strukturpolitik zu betreiben.
    Die Erfahrung im Westen ist, daß man durch Wirtschaftsförderung vor allem die Sicherung von Arbeitsplätzen erreicht, nicht so sehr die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen. Flächenangebote auf unendlich vielen Gewerbegebieten in den neuen Ländern sind keine Gewähr für die Ansiedlung von produktivem Gewerbe.
    Es ist gut, daß die Treuhand sich auf den Weg der Sanierung von Unternehmen vor der Privatisierung begeben hat. Ob die Management-KGs dafür ein brauchbarer Weg sind, werden wir im Treuhandunterausschuß diskutieren.
    In Neugersdorf in der Oberlausitz habe ich mir unter diesem Gesichtspunkt die Lautex GmbH angesehen. Die anlaufenden Sanierungsvorhaben machten einen guten Eindruck. Aber letztlich kommt die Erkenntnis des Finanzministeriums und seiner Treuhand sehr, sehr spät. Die Textilindustrie in der Oberlausitz ist von 14 300 Arbeitsplätzen auf 622 geschrumpft. Hier ist eindeutig die Schmerzgrenze überschritten. Das gleiche gilt für den Maschinenbau in Chemnitz. Hierüber werden wir in diesem Hause noch ausführlicher reden müssen.
    Ich gehöre zu denen, die das Ende der DDR wollten und es mit bewirkt haben. Ich wollte die Einheit Deutschlands und werde an der Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft weiterhin aktiv mitwirken. Es ist ein langer Weg bis zur Vollendung der inneren Einheit Deutschlands. Aber sie ist eine Chance für uns alle, die wir nicht wegwerfen dürfen. Durch die vorhandenen und nicht wegzudiskutierenden Schwierigkeiten dürfen wir uns nicht abschrekken lassen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)




    Hinrich Kuessner
    Nicht alles ist gut, was wir unter der Überschrift „Demokratie und soziale Marktwirtschaft" in der Bundesrepublik Deutschland vorgefunden haben. Es liegt mit an uns, mehr daraus zu machen. Ein Zurück zum System der DDR gibt es für mich nicht. Das ist keine Alternative für die Zukunft. Wir brauchen für die Neuordnung in den neuen Ländern einen langen Atem. Wir müssen uns zusammenfinden und gemeinsam an dieser Aufgabe arbeiten. Dann, denke ich, kann es gelingen.
    Danke.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile dem Abgeordneten Schmitz (Baesweiler) das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Peter Schmitz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, diese Rede hat sich wohltuend von dem abgehoben, was Ihre stellvertretende Fraktionsvorsitzende Matthäus-Maier hier geboten hat.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich muß sagen, es ist eine wohltuende Rede gewesen, und ich kann nahtlos anschließen.
    Frau Minister Fugmann-Heesing, man muß ja gut zuhören, wenn Finanzminister aus SPD-regierten Bundesländern sprechen.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Da kann man viel lernen!)

    Aber ein reiches Land wie Hessen sollte eigentlich Obacht geben, ob es sich an dieser Solidarität beteiligt oder nicht. Denn wenn wir darüber reden, ob Sie bereit sind, wenigstens die einigungsbedingten Steuermehreinnahmen zur Verfügung zu stellen, könnten Sie, glaube ich, an Ihrer Staatsgrenze zu den Bürgern der jungen Bundesländer Schwierigkeiten bekommen.
    Deswegen verstehe ich Ihre Einlassungen so, daß Sie vielleicht vorsorglich etwas abwimmeln oder vorsorglich erklären wollten, daß Sie zwar nicht ganz bereit seien, das zu machen, aber immerhin. Und deswegen lasse ich das einmal so stehen. Ich denke, irgendwo sind Sie in die Solidarität eingebunden, und Sie werden sich nicht herausstehlen können. Darauf können Sie sich verlassen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, der Entwurf des Bundeshaushalts 1993 trägt sowohl dem Eckwertebeschluß der Koalition als auch der politischen Priorität des Aufbaus von Wirtschaft, Verwaltung und Infrastruktur in den neuen Bundesländern Rechnung. Die Aufwendungen des Bundes für die jungen Bundesländer
    — das ist so eben noch einmal gesagt worden — steigen 1993 um 7 % auf 92 Milliarden DM.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einmal unterstreichen: Seit der Aufstellung des Haushaltsentwurfs hat es nicht den geringsten Anlaß gegeben, die darin enthaltenen Daten in Frage zu stellen. Deswegen ist die Forderung aus den Reihen der SPD
    — und das war ja in der letzten Woche kaum mit
    anzusehen —, diese Haushaltsdebatte zu verschieben, für meine Begriffe nichts anderes als eine politische Luftblase. Man sollte dieses Spielchen deshalb eigentlich unterlassen. Das ist nichts sehr Aufregendes gewesen.
    Für uns jedenfalls ist neben dem weiteren Aufbau von Wirtschaft, Verwaltung und Infrastruktur in den jungen Bundesländern gleichzeitig die Fortsetzung des finanzpolitischen Konsolidierungskurses zwingend erforderlich. Diese beiden Gesichtspunkte sind nach unserer Überzeugung wichtig. Deshalb steigen die Ausgaben des Bundeshaushalts bis 1996 nur um durchschnittlich 2,3 % jährlich. Das entspricht dem Eckwertebeschluß der Koalition vom 30. Juni, der nach wie vor richtungweisend ist. So kann die Nettokreditaufnahme bis 1996 voraussichtlich auf deutlich unter 25 Milliarden DM zurückgefahren werden.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Ach Gott, ach Gott, schon wieder ein Versprechen!)

    — Meine Damen und Herren, seien Sie vorsichtig! Wenn Sie sich das einmal genau vor Augen führen und wenn Sie dann die Kritik so ansetzen, wie das gemacht worden ist, dann kann ich Ihnen nicht ersparen, Sie darauf hinzuweisen, daß die Regierungen Brandt und Schmidt kein einziges Mal eine so niedrige Steigerungsrate erreicht haben. Sie waren immer darüber.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wir hatten doch keine Schattenhaushalte!)

    — Langsam, langsam; das hat mit Schattenhaushalten überhaupt nichts zu tun!

    (Widerspruch bei der SPD)

    — Herr Kollege Wieczorek, die sind von Ihnen genauso behandelt worden wie von uns!
    Als 1982 der Finanzminister Stoltenberg auf Grund der Finanzlage gezwungen war, einen Haushalt ohne Steigerungsrate vorzulegen, ist ihm, auch von Frau Matthäus-Maier vorgeworfen worden — hören Sie gut zu —, er spare alles tot.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Woher haben Sie das von mir? Was Sie sagen, ist Unsinn! Das habe ich nie gesagt!)

    Mit diesen Argumenten ist damals gearbeitet worden. Deswegen, meine ich, sollten wir uns der Realität stellen. Der hier vorgelege Haushalt ist solide finanziert.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Richtig!)

    Wer aber die Herausforderung der Herstellung annähernd gleicher wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen in ganz Deutschland annehmen will, der muß wissen, daß diese Solidarität, die dann eingefordert wird, Geduld bei allen verlangt.

    (Joachim Poß [SPD]: Das kostet nichts, hat der Kanzler gesagt!)

    bei denjenigen, die glauben, daß allzu schnell die gleichen Lebensverhältnisse hergestellt werden können, aber auch bei denjenigen, die die Belastungen fürchten. Hier ist Geduld von uns allen verlangt.



    Hans Peter Schmitz (Baesweiler)

    Lassen Sie mich aber auch hinzufügen: Die Situation ist falsch eingeschätzt worden — von allen. Hat Ministerpräsident Modrow damals das Volksvermögen der ehemaligen DDR noch mit weit über 1 Billion Ostmark beziffert, so wissen wir heute, daß es in der Substanz verbraucht war. Ferner kennen wir das schlimme Ausmaß der Umweltzerstörung durch die SED-Machthaber. Sie haben die ursprünglich vorhandene Vermögenssubstanz ruiniert.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Richtig! — Zuruf des Abg. Rudi Walther [Zierenberg] [SPD])

    — Ich denke, das ist unbestreitbar, Herr Kollege Walther. — Was sie betrieben haben — ich sage dies, da ich weiß, daß ein Kollege der PDS nach mir sprechen wird —, ist nichts anderes als betrügerischer Staatsbankrott.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zudem haben wir miterleben müssen — auch das wird meistens geleugnet —, wie die Märkte in Osteuropa zusammengebrochen sind. Vor diesem Hintergrund und auf Grund der vorsätzlichen Täuschung durch die SED-Machthaber sind Fehleinschätzungen von namhaften Experten über das Ausmaß der Zerstörung von Volkswirtschaft und Umwelt sowie die Dauer und die Kosten des Wiederaufbaus nicht zu vermeiden gewesen.

    (Josef Vosen [SPD]: Das hätte der Kanzler aber wissen müssen!)

    — Herr Kollege Vosen, wenn Sie als Bürgermeister der Stadt Düren alles wissen,

    (Josef Vosen [SPD]: Fast alles!)

    dann sind Sie ein bewundernswerter Mann, muß ich sagen.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Er kennt alle Hintertüren, nicht nur die Vordertür!)

    Aus allen Kommentaren, die ich lese, weiß ich, daß auch der Bürgermeister von Düren nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit hat, und darf feststellen: Auch Sie können nicht alles wissen.
    Wir wissen, daß der Wohlstand nicht vom Himmel fällt.

    (Irmgard Karwatzki [CDU/CSU]: Richtig!)

    Wir wissen auch, daß sich dieser Wohlstand über vier Jahrzehnte in Westdeutschland entwickelt hat. Darum ist es richtig zu sagen, daß die Rahmenbedingungen, die wir in den jungen Bundesländern vorgefunden haben, zu der Erkenntnis führen müssen, daß wir gegenseitig Geduld und Verständnis brauchen.
    Als die Sozialdemokraten Ende der 60er Jahre die Regierungsverantwortung federführend übernahmen

    (Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Das war eine gute Zeit!)

    und nach 13 Jahren abtraten, hatten wir die schwerste Wirtschaftskrise und die größte Staatsverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

    (Jochen Borchert [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Um jeder Legendenbildung bezüglich der Staatsverschuldung vorzubeugen: Frau Matthäus-Maier, Sie
    machen immer dasselbe Spiel. Sie rechnen quer über alle Körperschaften die Staatsschulden zusammen und sagen dann, Theo Waigel sei schuld. So machen Sie das.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das habe ich nicht gesagt!)

    — Ja, doch. Diesen Eindruck erwecken Sie.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Aber das ist doch der Staat oder nicht?)

    Deswegen kann ich nur sagen — es ist interessant, wenn man das Spiel einmal betreibt —: Am 1. Oktober 1982 übernahmen wir 308 Milliarden DM Bundesschuld.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Jetzt kommt wieder die Zinskiste!)

    — Ich kann es Ihnen nicht ersparen; Sie wissen es ja schon. — Wir würden heute mit Sicherheit ohne Belastung dastehen, wenn wir alleine die Zinsen in Rechnung stellen, wie auch Sie das soeben gemacht haben. Wir kennen das. Wir sollten also bei der Aufrechnung etwas ehrlicher miteinander umgehen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: 100 Milliarden Bundesbankgewinn haben Sie kassiert!)

    — Verehrteste Frau Kollegin, wir sind diejenigen gewesen, die gesagt haben: Wir stellen den Gewinn bis zu einer Höhe von 7 Milliarden DM in den entsprechenden Haushalt ein. Der Rest muß zur Schuldentilgung verwandt werden. Wir waren die ersten, die das gesagt haben.