Berichtigung
87. Sitzung, Seite 7206 C: Bei den unter Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aufgeführten EG-Vorlagen ist bei der Drucksache 12/1072 statt „Nrn. 11-21" zu lesen: „Nrn. 11-20"
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Barbe, Angelika SPD 17. 06. 92
Börnsen (Bönstrup), CDU/CSU 17. 06. 92
Wolfgang
Brähmig, Klaus CDU/CSU 17. 06. 92
Brandt, Willy SPD 17. 06. 92
Brunnhuber, Georg CDU/CSU 17. 06. 92
Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 17. 06. 92
Klaus
Doss, Hansjürgen CDU/CSU 17. 06. 92
Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 17. 06. 92
Ewen, Carl SPD 17. 06. 92
Feilcke, Jochen CDU/CSU 17. 06. 92
Fischer (Gräfen- SPD 17. 06. 92
hainichen), Evelin
Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 17. 06. 92 **
Frankenhauser, CDU/CSU 17.06.92
Herbert
Gattermann, Hans H. F.D.P. 17. 06. 92
Dr. Gautier, Fritz SPD 17. 06. 92
Gries, Ekkehard F.D.P. 17. 06. 92
Dr. Gysi, Gregor PDS/LL 17. 06. 92
Dr. Hartenstein, SPD 17. 06. 92
Liesel
Dr. Hauchler, SPD 17. 06. 92
Ingomar
Dr. Holtz, Uwe SPD 17. 06. 92 **
Homburger, Birgit F.D.P. 17. 06. 92
Dr. Jobst, Dionys CDU/CSU 17. 06. 92
Koschnick, Hans SPD 17. 06. 92
Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 17. 06. 92
Günther
Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 17. 06. 92
Karl-Hans
Mehl, Ulrike SPD 17. 06. 92
Dr. Müller, Günther CDU/CSU 17. 06. 92 **
Müller (Düsseldorf), SPD 17. 06. 92
Michael
Müller (Schweinfurt), SPD 17. 06. 92
Rudolf
Müller (Völklingen), SPD 17. 06. 92
Jutta
Dr. Pfaff, Martin SPD 17. 06. 92
Dr. Pohl, Eva F.D.P. 17. 06. 92
Poß, Joachim SPD 17. 06. 92
Dr. Ramsauer, Peter CDU/CSU 17. 06. 92
Rappe (Hildesheim), SPD 17. 06. 92
Hermann
Reichenbach, Klaus CDU/CSU 17. 06. 92
Rempe, Walter SPD 17. 06. 92
Reuschenbach, SPD 17.06.92
Peter W.
Dr. Riedl (München), CDU/CSU 17. 06. 92
Erich
Abgeordneter) entschuldigt bi einschließlich
Schäfer (Offenburg), SPD 17. 06. 92
Harald B.
Dr. Schöfberger, SPD 17. 06. 92
Rudolf
Steen, Antje-Marie SPD 17. 06. 92
Thierse, Wolfgang SPD 17. 06. 92
Tillmann, Ferdi CDU/CSU 17. 06. 92
Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 17. 06. 92
Walter (Cochem), Ralf SPD 17. 06. 92
Wieczorek-Zeul, SPD 17.06.92
Heidemarie
Wonneberger, Michael CDU/CSU 17. 06. 92 *
Zapf, Uta SPD 17. 06. 92
Zierer, Benno CDU/CSU 17. 06. 92
für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Jörg Ganschow (F.D.P.)
zur Abstimmung über den Entwurf
des Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes
(Tagesordnungspunkt 6 a)
Sicherlich kann kein besserer Tag für die Verabschiedung eines Entschädigungsgesetzes für die Unrechtstaten des SED-Regimes an Menschen aus der ehemaligen DDR gefunden werden als der Gedenktag für den ersten Aufstand ostdeutscher Bürgerinnen und Bürger gegen den kommunistischen Unrechtsstaat.
Für die politisch Verfolgten aus der ehemaligen DDR ist eine zügige Umsetzung dieses Gesetzes von großer Bedeutung, weil die meisten von ihnen im Rentenalter stehen. Geld kann das an ihnen angerichtete Unrecht nicht wiedergutmachen. Die finanziellen Zuwendungen können aber wenigstens als Ausgleich für die vergangene Leidenszeit verstanden werden.
Das beschlossene Gesetz darf aber nur ein Mosaikstein in der Aufarbeitung des SED-Unrechtsstaates sein. Mit nur einer „finanziellen Abspeisung" von 10,00 DM pro Hafttag ist es nicht getan. Die für ihren Widerstand mit Gefängnis und Arbeitsverbot bestraften Menschen bedürfen auch weiterhin unserer gesellschaftlichen Unterstützung und Hilfe. In der Diskussion über den SED-Unrechtsstaat sind diese Bürger lebende Denkmäler und Mahner für das, was ein real existierender Sozialismus Menschen antun kann. Für ihren Widerstand haben sie den Respekt und die Bewunderung aller Deutschen verdient.
Aus diesen Gründen werde ich dem Änderungsantrag der SPD zur Höhe der Entschädigungsleistung zustimmen.
8094* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Claus Jäger (CDU/CSU)
zur Abstimmung über den Entwurf
des Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes
(Tagesordnungspunkt 6 a)
Dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Ausschußfassung werde ich zustimmen, wenn auch mit schwersten Bedenken.
Für die Opfer der SED-Terror-Justiz, die unmenschliche Behandlung in der Haft erlitten haben, hätte ich gerne einer höheren Entschädigung zugestimmt, als sie jetzt beschlossen werden wird. Es wäre Aufgabe der Bundesregierung gewesen, einer Ehrenschuld des Staates von solchem Rang durch entsprechende finanzielle Umschichtungen im Haushalt zur gerechten Erfüllung zu verhelfen. Dieser Aufgabe ist sie nicht gerecht geworden.
Ein finanzwirksames Gesetz kann jedoch nicht gegen den Bundesfinanzminister finanziell aufgestockt werden. Deshalb stimme ich für das Gesetz, damit die Opfer der SED-Zuchthäuser wenigstens jetzt etwas bekommen. Außerdem hoffe ich, daß die Bundesregierung durch den Ausbau des StiftungsVorhabens Voraussetzungen dafür schafft, daß in besonders schweren Fällen langjähriger Haft wesentlich besser geholfen werden kann, als es heute nach diesem Gesetz möglich ist.
Anlage 4
Namen der Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion, die sich der Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Büttner (Schönebeck [CDU/CSU])*) zur Abstimmung über den Entwurf des Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 6 a) angeschlossen haben:
Peter Kittelmann
Reinhard Freiherr von Schorlemer
Hans-Ulrich Köhler (Hainspitz)
Hans-Dirk Bierling
Dr. Hans-Joachim Sopart
Dr. Roswitha Wisniewski
Udo Haschke (Jena) Wolfgang Krause (Dessau)
Gerhard Reddemann Rainer Eppelmann Stefan Schwarz
Engelbert Nelle Dr. Rita Süssmuth Dr. Klaus Mildner
Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese)
Harald Schreiber Horst Gibtner
Georg Janovsky Manfred Heise
Maria Michalk
Kersten Wetzel
Claudia Nolte
*) Siehe Seite 8017 D
Dr. Immo Lieberoth Werner Skowron Dr. Angela Merkel Dr. Else Ackermann Dr. Dietrich Mahlo
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Wolfgang Engelmann Dr. Manfred Lischewski Rosemarie Priebus Joachim Clemens Reiner Krzinskewitz Heinz Rother
Dr. Hermann Pohler Arnulf Kriedner
Elisabeth Grochtmann Dr. Paul Krüger
Ulrich Adam
Wolfgang Ehlers
Dr. Gerhard Päselt Angelika Pfeiffer Dr. Harald Kahl
Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke)
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Bertram Wieczorek (Auerbach)
Johannes Nitsch
Anlage 5
Zu Protokoll gegebene Rede
zu Tagesordnungspunkt 11 b
(Raumordnungsbericht 1991)
Dr. Ilja Seifert (PDS/Linke Liste): Namens der Abgeordnetengruppe der PDS/Linke Liste begrüße ich, daß die Bundesregierung außerhalb des regulären Turnus einen Raumordnungsbericht für das nunmehr ziemlich große Deutschland vorgelegt hat. Er enthält eine Fülle wichtiger Aussagen die von den Abgeordneten dieses Hohen Hauses und der Bundesregierung genutzt werden könnten, um den Auftrag des Grundgesetzes zu erfüllen, in allen Regionen des Landes annähernd gleiche Lebensverhältnisse herzustellen.
Gerade in diesen Wochen reisen täglich Menschen aus Ostdeutschland hierher nach Bonn, um vor dem Bundeskanzleramt und auf dem Münsterplatz mit einer Mahnwache, zu der der Deutsche Mieterbund aufgerufen hat, auf die riesigen raumordnungspolitischen und Mietenprobleme aufmerksam zu machen. Wir — auch Sie von der Koalition — sollten diesen Menschen aufmerksam zuhören und ihnen helfen!
Allerdings spiegeln die Daten im wesentlichen den Stand von Ende 1990 wider, sind also angesichts der widersprüchlichen Entwicklung in Deutschland und der dramatischen Veränderungen in Europa in vielen Passagen inzwischen überholt.
Ich bin mir durchaus der Tatsache bewußt, wie schwierig es für die Verfasser des Berichtes war, angesichts der unterschiedlichen Ausgangssituation, Datenlage und Interpretation vorhandener Daten zu treffenden, abgewogenen Aussagen zu kommen. Man darf ihnen bescheinigen, daß sie sich redlich
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992 8095*
darum bemüht haben, auch wenn gravierende Widersprüche zwischen generalisierenden Aussagen und Details im vorliegenden Text nicht zu übersehen sind.
Im Bericht werden die Defizite deutlich gemacht, die in Ostdeutschland in solchen Bereichen wie Abwasserbehandlung, Telefonversorgung, Umweltbelastung und anderes mehr gegenüber dem westlichen Bundesgebiet bestehen. Viele andere Grafiken bezeugen, daß bei objektiver Betrachtungsweise in vielen Bereichen — wie Ausstattung der Regionen mit kulturellen, sozialen und medizinischen Einrichtungen — die Unterschiede so groß nicht waren. Und wenn Sie sich beispielsweise die Karte 10.1 auf Seite 100 (Kindertageseinrichtungen im Vorschulbereich) ansehen, so ist zu wünschen, daß der nächste Raumordnungsbericht für das westliche Bundesgebiet viel mehr ebensolches Grün anzeigt, ohne daß in den östlichen Bundesländern häßliche gelbe Flecken bekunden, daß der Versorgungsgrad bei diesen Kindereinrichtungen wie mancherorts im Westen auf unter 30 Prozent abgesunken ist. Daß diese Gefahr besteht, dürfte unstrittig sein. Wir plädieren jedenfalls dafür, daß „Angleichung der Lebensverhältnisse" heißt, daß es hier wie dort besser wird.
Sehr aufschlußreich sind die Übersichten, die die Veränderungen seit dem Anschluß zeigen. So wird auf Seite 50 für die DDR ein viel höherer Anteil der Erwerbstätigen ausgewiesen als für das alte Bundesgebiet. Zwei Jahre später sind es in den ostdeutschen Ländern offiziell 30,1 Prozent Arbeitslose und Kurzarbeiter; in Wirklichkeit sind es mit den vorzeitig aufs Altenteil Abgeschobenen und den Pendlern noch viel mehr, die ihre Arbeitsplätze verloren haben. Darüber wurde heute bereits mehrfach geredet.
Als Begründung für den Absturz der Beschäftigungszahlen muß in den ideologisch eingefärbten einleitenden Bemerkungen die Behauptung herhalten, es habe in der DDR eine verdeckte Arbeitslosigkeit in Höhe von 3 Millionen Menschen gegeben. Die Verfasser der Detailaussagen, die sich offenbar etwas eingehender mit dieser Problematik beschäftigt haben, weisen demgegenüber zu Recht darauf hin, daß es in der DDR-Industrie eine viel größere Fertigungstiefe gab. Wörtlich heißt es auf Seite 53: „Zahlreiche produktionsorientierte Dienstleistungen, die sich in den alten Ländern weitgehend im Dienstleistungssektor organisatorisch verselbständigt haben, wurden von den DDR-Industriebetrieben überwiegend direkt erbracht". Dies gilt übrigens in noch weitaus stärkerem Maße für ländliche Bereiche , wo die Landwirtschaftlichen Produktions-Genossenschaften vielfach Träger fast der gesamten sozialen Infrastruktur waren; vom Erntekindergarten über das Kulturhaus bis zur Betreuung der Alten. Man kann selbstverständlich darüber streiten, was effektiver ist, aber skandalös wird es, wenn pauschale Behauptungen von 3 Millionen verdeckten Arbeitslosen dazu herhalten sollen, die Plattmache-Politik der Treuhand und das völlig hilflose Reagieren der Bundesregierung auf den Zusammenbruch der Ostmärkte zu verschleiern.
Noch ein erschreckender Fakt: Aus der Tabelle Seite 63 geht hervor, daß in Ostdeutschland 600 000
ha landwirtschaftliche Nutzfläche in den Jahren 1990/91 stillgelegt wurden. Das ist das 7fache der entsprechenden Fläche in den alten Bundesländern. Im Land Brandenburg betrifft es jeden fünften Hektar. Das Kanzlerwort von den „blühenden Landschaften" in seinen Wahlreden realisiert sich jetzt als blühendes Unkraut. Für die Einwohner ländlicher Gegenden aber bedeutet es Verödung und den Verlust der Hoffnung, in heimatlichen Gefilden bleiben zu können.
Angesichts der im Raumordnungsbericht 1991 abgedruckten Listen der bereitgestellten Haushaltsmittel für die verschiedensten Programme könnte man mir entgegenhalten, daß ich Unzufriedenheit verbreite, wo doch Dankbarkeit angezeigt wäre. Genau das ist es nicht. Es geht auch nicht primär um mehr Geld; die Stabilität der D-Mark liegt der Bevölkerung Ostdeutschlands — auch mir — am Herzen. Es geht um die Frage, ob die Prioritäten richtig gesetzt sind: in Richtung Hilfe zur Selbsthilfe.
So werden dutzende Milliarden D-Mark für die Finanzierung der Arbeitslosigkeit und eine fragwürdige Arbeitsmarktpolitik ausgegeben. Aber sanierungsfähige ostdeutsche Unternehmen, von denen bald wieder Steuern zu erwarten wären, wenn man ihnen ausreichend Überbrückungs- und Anpassungshilfen gewährt hätte, wurden aus ideologischen Gründen und zur Freude der Konkurrenz zu Tausenden abgewickelt.
Für ehrgeizige Verkehrsprojekte, die zudem ökologisch umstritten sind, sollen 56 Milliarden DM ausgegeben werden, von denen der Bund voraussichtlich keine müde Mark wiedersieht (Seite 141). Für die sozial so dringliche Wohnungsmodernisierung wird dagegen nur 3 Prozent Zinsverbilligung gewährt (Seiten 130/131). Über die unverantwortlichen Pläne der Bundesregierung, bereits am 1. Januar 1993 mit einer Mieterhöhung bis zu 2,80 DM je Quadratmeter erneut zuzuschlagen, muß noch gesondert gesprochen werden. Es kann doch nicht sein, daß wir erst gleiche Preise und irgendwann vielleicht auch gleiche Einkommen haben werden.
Angesichts dieser und vieler anderer Probleme, die in der mir zur Verfügung stehenden Redezeit nicht unterzubringen sind, bitte ich Sie, im Namen der Abgeordnetengruppe PDS/Linke Liste folgenden Punkten zuzustimmen:
Erstens. Die Bundesregierung ist zu beauftragen, zum frühestmöglichen Zeitpunkt — sagen wir Februar 1993 — einen neuen Raumordnungsbericht vorzulegen, der die 1991/92 eingetretenen einschneidenden Veränderungen wahrheitsgetreu widerspiegelt.
Zweitens. In diesem Bericht sollte man davon Abstand nehmen, ausschließlich das unsägliche Klischee von den 40 Jahren maroder DDR zu bedienen, sondern zumindest auch klipp und klar zu sagen, was das Versagen der Bundesregierung bei der Gestaltung der Deutschen Einheit im Osten wie im Westen Deutschlands angerichtet hat.
Drittens. Wir halten es für dringend erforderlich, in diesem neu vorzulegenden Bericht die europäischen Dimensionen und die Rückwirkungen der Konferenz von Rio weitaus stärker zu berücksichtigen und
8096* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992
viertens sollte umgehend eine tiefgründige Diskussion darüber beginnen, welches Instrumentarium zweckmäßig und sozial gerechtfertigt sein könnte, um den Auftrag des Grundgesetzes, annähernd gleiche Lebensbedingungen in allen Regionen zu schaffen, erfolgreich und zu annehmbaren Kosten durchzusetzen.
Die Maxime der gegenwärtigen Regierung: Sozialisierung der Verluste, „Privatisierung der Profite" ist jedenfalls dazu ungeeignet.
Anlage 6
Zu Protokoll gegebene Rede
zu Tagesordnungspunkt 12 (Große Anfrage der
Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige, Werner
Schulz [Berlin] und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN betr. die Finanzierung der Einheit und die
Verteilung der Lasten)
Susanne Jaffke (CDU/CSU): Der Aufbauprozeß in den neuen Bundesländern stellt zweifellos eine enorme finanzpolitische Herausforderung dar, die bislang ohne Beispiel in der deutschen Geschichte ist.
Die Beseitigung der Hinterlassenschaften des SED-Regimes, die erheblich schlimmer sind als von uns erwartet, macht einen erheblichen finanziellen Kraftakt erforderlich.
Die Hinterlassenschaften sind: der Zusammenbruch nicht konkurrenzfähiger Betriebe, durch Umweltschäden zerstörte Landschaften, schlechte Infrastruktur, ein überbesetzter öffentlicher Dienst und der Zusammenbruch des Handels mit den Ländern des ehemaligen RGW.
Von Ende 1989 bis Ende 1992 wird die Verschuldung des öffentlichen Gesamthaushaltes von 925 Milliarden DM auf 1 266 Milliarden DM um mehr als ein Drittel gewachsen sein.
Zweifellos führt der Anstieg der Verschuldung des öffentlichen Haushalts aufgrund der Einheit zu Sorgen und Ängsten, aber es ist falsch, den Eindruck zu erwecken, als stünde der Staat vor dem Zusammenbruch, und der Bundeshaushalt wäre nicht mehr finanzierbar!
Entgegen den unbegründeten Schreckensszenarien ist die deutsche Einheit langfristig durchaus solide finanzierbar.
Tatsache ist doch, daß der Schuldenanstieg der letzten Jahre eindeutig eine Folge von Sonderleistungen ist, die vor allen Dingen im Zusammenhang mit der deutschen Einheit auf den Bundeshaushalt zugekommen sind.
Deutschland muß in Europa und weltweit wieder ein Vorbild für Stabilität und solide Finanzpolitik werden. Die Aufgabe der Haushaltspolitik ist es, in den kommenden Jahren den Schuldenanstieg deutlich zu verlangsamen, dabei jedoch die Finanzierung der neuen Bundesländer abzusichern. Gleichzeitig
hat der Bund den Kapitaldienst der Sonderhaushalte übernommen.
Zu den Sonderhaushalten zähle ich insbesondere die Treuhandanstalt und den Kreditabwicklungsfonds, die einzig und allein dazu eingerichtet worden sind, die Erblast des SED-Regimes zu überwinden. Bei der Treuhandanstalt ist bis Ende 1994 mit einer Schuldenlast von etwa 200 bis 250 Milliarden DM zu rechnen; ab 1995 werden die Lasten der Treuhandanstalt laut Einigungsvertrag von den öffentlichen Haushalten übernommen. Der Bund hat für seinen Anteil im Finanzplan dafür Vorsorge getroffen. Die Kreditverpflichtungen des Kreditabwicklungsfonds werden Ende 1993 bei etwa 100 Milliarden DM liegen. Nach der Auflösung des Kreditabwicklungsfonds 1994 übernehmen wiederum gemäß Einigungsvertrag der Bund und die neuen Länder je zur Hälfte den Schuldendienst. Auch hierfür hat der Bund im Finanzplan Vorsorge getragen.
Der Fonds „Deutsche Einheit" wird bis Ende 1994 den im Einigungsvertrag nicht eingeführten Länderfinanzausgleich ersetzen. Bis Ende 1994 wird sich hier der Schuldenstand auf rund 95 Milliarden DM belaufen, den sich Bund und Länder teilen werden. Auch hier ist die haushaltsmäßige Belastung des Bundes im Haushalt und in der Finanzplanung enthalten.
Die Konsolidierungsbemühungen des Bundes werden alleine nicht ausreichen; sie müssen von den Ländern und Gemeinden unterstützt werden. Als notwendige Zielgröße läßt sich hier eine Begrenzung der durchschnittlichen mittelfristigen Ausgabenzunahme bei Westländern und -gemeinden auf 3 %, bei Ostländern und -gemeinden auf 7 bis 8 % nennen. Dieser Beitrag von Ländern und Gemeinden erscheint unverzichtbar, um einen kontinuierlichen Rückgang des Anteils des öffentlichen Finanzierungsdefizits am Bruttosozialprodukt sicherzustellen.
Es muß hier erwähnt werden, daß die Schulden zwar von den öffentlichen Haushalten übernommen werden, daß dadurch jedoch bei Haushaltsdisziplin keine neuen Belastungen der Kapitalmärkte entstehen.
Der Aufbau der neuen Bundesländer und das Ziel, in überschaubarer Zeit annähernd gleiche Lebensbedingungen in Deutschland zu schaffen, haben in den neuen Ländern zu erheblichen Finanzierungsaufgaben im wirtschaftlichen und sozialen Bereich geführt. So betrug der Ost-West-Transfer 1991 140 Milliarden DM; im laufenden Jahr sind 173 Milliarden DM eingeplant.
Gefordert sind meiner Ansicht nach hier insbesondere westdeutsche Unternehmen, die durch zielgerichtete Investitionen in den neuen Ländern wirtschaftlich mehr bewirken könnten als dauerhafte Finanzspritzen. Die von Theo Waigel vorgeschlagene „Konvention zur wirtschaftlichen und sozialen Einheit" ist für meine Begriffe ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings darf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen durch Investitionsverpflichtungen nicht gehemmt werden.
Die Erträge unseres Wirtschaftswachstums müssen für mehrere Jahre auf die neuen Bundesländer konzentriert werden. Gleichzeitig müssen wir sicherstel-
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992 8097*
len, daß unsere Wirtschaftskraft im europäischen und weltweiten Wettbewerb gegenüber der härter werdenden Konkurrenz gesichert bleibt.
Gestatten Sie mir aber noch eine Anmerkung zur Verschuldung ganz allgemein:
Der entscheidende Anstieg der Verschuldung des Bundes ergab sich im Zeitraum von 1969 bis 1982, als die Sozialdemokraten die Regierungsverantwortung trugen. So wuchs der Schuldenberg in dieser Zeit von 45 Milliarden DM auf 308 Milliarden DM — pro Jahr ein Anstieg von durchschnittlich 20 Milliarden DM! Unter einer Annahme einer Verzinsung von etwa 7 bedeutet dies, daß allein bis 1990 für diese Altschulden der SPD das an Zinsen und Zinseszinsen aufzubringen war, was der Bund in diesem Zeitraum an Nettokrediten aufgenommen hat.
Im internationalen Vergleich hat Deutschland 1992 die drittgeringste Staatsverschuldung, gemessen an der Wirtschaftsleistung. Die Schuldenzunahme 1991 und 1992 liegt weit unter den Zielvorgaben des Eckwertebeschlusses vom November 1990, so daß sich die Verschuldung pro Kopf der Bevölkerung auch in diesem Zeitraum in Verbindung mit dem vereinigungsbedingten Bevölkerungszuwachs verringerte. Seit Beginn des Vereinigungsprozesses sind alle Ziele und Vorgaben der Finanzplanung des Bundes eingehalten worden. Diese Fakten sprechen, insbesondere angesichts der einmaligen und enormen finanziellen Herausforderungen der deutschen Einheit für eine solide Haushaltsführung der Bundesregierung.
Der eingeschlagene Kurs der Bundesregierung, die Ausgaben des Bundes in Zukunft strikt zu begrenzen, neue Leistungen und Leistungsverbesserungen durch Einsparungen an anderer Stelle vollständig auszugleichen und in der Finanzplanung so weit wie möglich alle Zukunftsanforderungen und Risiken mit einzubeziehen, ist der richtige Weg, um das Defizit des Bundes weiter zu reduzieren und den Haushalt zu konsolidieren.
Durch eine konsequente Fortführung des Konsolidierungskurses werden wir auch die Herausforderungen der deutschen Einheit bewältigen können.
Auch der Bürger braucht eine sichere finanzpolitische Perspektive.
Die Eckpunkte für den Bundeshaushalt sind: Die Nettokreditaufnahme ist 1992 unter 45 Milliarden DM, 1993 auf eine Größenordnung von 40 Milliarden DM zu begrenzen. Mittelfristiges Ziel muß sein, die Nettokreditaufnahme bis 1995 auf 25 Milliarden DM weiter zu verringern. Die Ausgabenzuwächse des Bundeshaushalts müssen mittelfristig auf durchschnittlich 2,5 % begrenzt werden und sind somit deutlich unter der Zunahme des Bruttosozialprodukts zu halten. Das in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebene Ausgabenmemorandum wird bis 1994 verlängert; das bedeutet, daß neue ausgabenwirksame Leistungen bzw. die Verbesserung bestehender Leistungen nur dann beschlossen werden können, wenn an anderer Stelle gleichgewichtig und dauerhaft eingespart wird. Allerdings werden Konsolidierungsanstrengungen des Bundes alleine nicht reichen. Auch die Länder sind gefordert, sich zu beteiligen, denn nur so kann die mittelfristige Rückführung des Anteils des öffentlichen Defizits am Bruttosozialprodukt gelingen.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) (Drucksache 12/2797 Frage 1):
Wie ist der Stand der Verhandlungen zum Abschluß von Rückübernahmevereinbarungen mit Bulgarien, Rumänien, Österreich, CSFR und der GUS, und was wird unternommen, um mit diesen Ländern eine Struktur zur Bekämpfung illegaler Schlepperorganisationen aufzubauen?
Die Bundesregierung bemüht sich auf zwei Ebenen um den Abschluß von Rückübernahmeabkommen.
Die Verhandlungen mit der CSFR und Rumänien über entsprechende bilaterale Abkommen laufen seit einiger Zeit und werden in Kürze fortgesetzt. Auf der multilateralen Schiene haben die Schengener Vertragsstaaten das Ziel, in das mehrseitige Übereinkommen, das sie mit Polen geschlossen haben, weitere Staaten einzubeziehen. Zu Gesprächen darüber sollen vor allem Österreich und die Schweiz eingeladen werden. Österreich als stark belastetes Transitland hat allerdings bereits in bilateralen Gesprächen zum Ausdruck gebracht, daß die Anpassung des bestehenden Rückübernahmeübereinkommens mit Deutschland aus dem Jahre 1961 an das Schengen-PolenÜbereinkommen nicht in Betracht kommt, bevor nicht die eigenen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür geschaffen sind.
Im Anschluß an die Berliner Ministerkonferenz über Maßnahmen zur Eindämmung illegaler Einreisen aus und über Mittel- und Osteuropa vom 30./31. Oktober 1991, an der auch die in der Frage genannten Staaten teilgenommen haben, ist ebenfalls grundsätzlich Konsens über den Abschluß von multilateralen Rückübernahmeübereinkommen erreicht worden.
Eine verstärkte Verfolgung der international operierenden Schleusergruppen wird auf breiter Front in Angriff genommen. Der rechtliche Rahmen ist durch Abkommen mit der CSFR, mit Polen und Ungarn über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität geschaffen worden. Verträge mit weiteren europäischen Staaten sollen folgen.
Parallel dazu befaßt sich die von der Berliner Konferenz eingesetzte Arbeitsgruppe mit der Entwicklung von Konzepten zum Aufbau besonderer Einheiten für den Kampf gegen den internationalen Menschenhandel. Dabei wird angestrebt, ein Spezialeinsatzpotential nach möglichst vergleichbaren Strukturmerkmalen vorzusehen, damit eine europaweite Kooperation gewährleistet ist. Deutschland als Vorsitzland eines Unterkomitees hat dazu ein Diskussionspapier mit konkreten Vorschlägen eingebracht.
8098* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Rainer Funke auf die Frage des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 12/2797 Frage 2):
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Umtauschgarantie für Kunden zu erhalten, obwohl die Originalverpackung beim Kauf im Geschäft zurückgelassen wurde, wie es die Verpackungsverordnung für Umverpackungen ab i. April 1992 vorsieht?
Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften, die Gewährleistungsrechte oder Garantieansprüche des Käufers davon abhängig machen, daß die Kaufsache in der Originalverpackung zurückgegeben wird. Derartige Erfordernisse wurden — jedenfalls vor Inkrafttreten der Verpackungsverordnung vom 12. Juni 1991 — vielfach in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Garantiebedingungen) von Verkäufern oder Herstellern aufgestellt. Nach Inkrafttreten der Rücknahmepflichten gemäß § 5 Verpackungsverordnung sind Klauseln, die die Käuferrechte von der Rückgabe in der Originalverpackung abhängig machen, nach Auffassung der Bundesregierung gemäß § 9 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Sie benachteiligen den Käufer unangemessen im Sinne von § 9 AGB-Gesetz, weil sie ihn vor die Alternative stellen, entweder auf seine Garantieansprüche oder sein Recht auf Rückgabe der Umverpackung zu verzichten. Mithin kann der Käufer seine Garantieansprüche auch ohne Rückgabe der Kaufsache in der Originalverpackung geltend machen.
Anlage 9
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage des Abgeordneten Benno Zierer (CDU/ CSU) (Drucksache 12/2797 Frage 3):
Mit welcher genauen Begründung vertritt die Bundesregierung die Auffassung, daß die finanziellen Belastungen der deutschen Einheit nicht nur auf Angestellte und Arbeiter, sondern auch auf Beamte, Unternehmer und Freiberufler jeweils gerecht verteilt werden?
Die Wiederherstellung der wirtschaftlichen und sozialen Einheit Deutschlands ist eine Herausforderung, deren Dimension bisherige Aufgabenstellungen weit übertrifft. Ihre Finanzierung erfolgt über Haushaltseinsparungen, höhere Kreditaufnahme sowie Anhebung von Steuern und Abgaben.
Berechnungen zur Lastenverteilung sind nur zu den unmittelbaren Belastungen (Primärwirkungen) möglich. Die sekundären Effekte durch Weiterwälzung über Preise und Löhne entziehen sich einer exakten Bezifferung.
Die Lasten sind sozial gerecht verteilt:
— Von den Steuer- und Abgabenerhöhungen (Zeitraum 1991-1995) entfällt mit rd. 3/4 der Löwenanteil der Mehrbelastungen auf die obere Hälfte der Einkommensbezieher.
Auch nach dem Wegfall des Solidaritätszuschlags
ab 1993 trägt die obere Hälfte der Steuerpflichtigen etwa 70 % der Mehrbelastungen, infolge von
Steuer- und Abgabenerhöhungen. Insgesamt entspricht die Lastenverteilung im Zeitraum 19911995 in etwa der Verteilung der verfügbaren Einkommen.
Zu berücksichtigen ist ferner, daß die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung im Steueränderungsgesetz 1992 (z. B. Einführung einer Einkommensgrenze bei der Wohnungsbauförderung nach § 10e EStG) sich insbesondere bei Beziehern höherer Einkommen auswirken.
Im Hinblick auf Mehrbelastungen sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch höhere Sozialabgaben wurde bei Beamten und Versorgungsempfängern die Besoldungsanpassung Anfang 1991 um zwei Monate verschoben.
Ein verheirateter Durchschnittsverdiener (Steuerklasse III/2) mit einem Monatslohn von 3 500 DM wird z. B. 1992 durch Solidaritätszuschlag, Anhebung spezieller Verbrauchsteuern und Sozialabgaben mit 55,70 DM monatlich belastet. In einem vergleichbaren Fall mit 8 000 DM Bruttomonatsverdienst beläuft sich die monatliche Mehrbelastung auf knapp 160 DM.
— Bei der Aufteilung nach sozio-ökonomischen Gruppen zeigt sich insgesamt keine ausgeprägte Mehrbelastung einer bestimmten Gruppe.
— Einsparmaßnahmen auf der Ausgabenseite lassen sich überwiegend nicht einzelnen Personengruppen zurechnen.
— Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die ermittelte Lastenverteilung durch die Einbeziehung der Kreditfinanzierung wesentlich verändert wird. Der sich aus der Kreditfinanzierung ergebende Zinsendienst wird mittelfristig — soweit er nicht durch Haushaltseinsparungen finanziert wird — von den Steuerzahlern und damit entsprechend der Steuerlastverteilung unseres Steuersystems aufgebracht, das durch die progressive Einkommensteuer die individuelle Leistungsfähigkeit mit berücksichtigt.
Insgesamt werden die verschiedenen Bevölkerungsgruppen — Arbeitnehmer, Selbständige und Nichterwerbstätige — gemessen am verfügbaren Einkommen ausgewogen an den Finanzierungslasten der deutschen Einheit beteiligt. Dieses Ergebnis erklärt sich aus dem breitgefächerten Instrumentarium der Steuer-, Abgaben- und Haushaltspolitik, durch das direkt oder indirekt alle Bevölkerungsgruppen zu den Lasten der Einheit herangezogen werden. Im übrigen muß auch gesehen werden, daß im Zusammenhang mit der deutschen Einheit positive Impulse auf Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Einkommensentwicklung ausgehen, die letztlich allen Bevölkerungsgruppen zugute kommen.
Anlage 10
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage der Abgeordneten Siegrun Klemmer (SPI)) (Drucksache 12/2797 Frage 4):
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992 8099*
Welche nach Staaten aufgeschlüsselte Übersicht kann die Bundesregierung abgeben über von den vier Alliierten in Berlin bereits oder bis Ende 1992 zurückgegebene Liegenschaften, und wird der im Besitz des Bundes verbleibende Wohnraum dem allgemeinen Mietwohnungsmarkt zur Verfügung stehen, oder treffen Meldungen zu, daß er an beim Bund Beschäftigte vergeben wird, von denen es bereits mehr als 2 300 Antragsberechtigte in Berlin gibt?
Bisher wurden von den Alliierten in Berlin folgende Wohnungen freigegeben:
von Amerikanern 35 Wohnungen
von Briten 67 Wohnungen
von Franzosen 142 Wohnungen
von der GUS 20 Ein- bzw.
Mehrfamilienhäuser (alle Privateigentum)
Bis Ende 1992 wird mit der Rückgabe weiterer rund 600 Wohnungen gerechnet. Die Rückgaben verteilen sich wie folgt:
Amerikaner 80 Wohnungen
Briten 380 Wohnungen
Franzosen 140 Wohnungen
GUS noch keine Ankündigung
Die freigegebenen Wohnungen werden für die Unterbringung von Bundesbediensteten benötigt. Derzeit liegen rund 1 400 Anträge von Bundesbediensteten auf Zuweisung einer Wohnung vor, davon rund 800 Anträge von Trennungsgeldempfängern. Eine sogenannte „freie" Vermietung auf dem allgemeinen Mietwohnungsmarkt ist deshalb leider nicht möglich.
Anlage 11
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage des Abgeordneten Jürgen Augustinowitz (CDU/CSU) (Drucksache 12/2797 Frage 6):
Wie würde sich eine Verwirklichung des Delors-II-Paketes der EG-Kommission auf die jeweiligen Bundeshaushalte bis zum Jahr 2000 und auf die mittelfristigen Finanzplanungen auswirken, und wie nimmt die Bundesregierung angesichts des 2,5 %-
Ausgabenzuwachsbegrenzungsbeschlusses hierzu Stellung?
Die Verwirklichung des Delors-Il-Paketes bedeutet nach einer Modellrechnung des BMF auf der Grundlage von Zahlen der EG-Kommission gegenüber den bisherigen Planungen deutsche Mehrabführungen an die EG in Höhe von über 12 Milliarden DM allein im Finanzplanungszeitraum (bis 1996). Das würde zu Steuermindereinnahmen des Bundes in gleicher Höhe führen.
Weil ausschließlich die Einnahmeseite des Haushaltes betroffen wäre, wäre das Ziel der Bundesregierung vom 13. Mai 1992, die Ausgaben zu begrenzen, unmittelbar nicht berührt.
Anlage 12
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage des Abgeordneten Ortwin Lowack (fraktionslos) (Drucksache 12/2797 Frage 7):
Womit begründet die Bundesregierung den besonders groben Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, wonach Heimatvertriebene, die nicht das Glück hatten, vor Schließung der Zonengrenze den westlichen Teil der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen, von jeder Lastenausgleichsleistung ausgeschlossen sein sollen?
Die Nichtgewährung von Lastenausgleichsleistungen an Heimatvertriebene in den neuen Ländern beruht auf der gesetzlichen Regelung des Einigungsvertrages (Anlage I, Kapitel II, Sachgebiet D, Abschnitt III, Nr. 4). Danach wurden die Kriegsfolgengesetze der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nicht auf das Gebiet der neuen Länder übergeleitet, da ihr Zweck im Kern heute weitgehend als erfüllt angesehen wurde. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann hierin nicht gesehen werden. Der Grundsatz des Artikel 3 des Grundgesetzes verpflichtet nicht, alle Leistungsgesetze der Bundesrepublik Deutschland aus den vergangenen 40 Jahren auf die neuen Länder zu übertragen. Die unterschiedliche Behandlung war Folge der jeweiligen eigenen Gesetzgebung im Bundesgebiet bzw. der ehemaligen DDR. Hinzu kommt, daß die Leistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz ausschließlich durch Abgaben und Steuern der in den alten Bundesländern wohnhaften Bevölkerung aufgebracht worden sind. Dementsprechend müßten auch in den neuen Ländern zusätzliche Abgaben erhoben werden, um die Finanzierung eines Lastenausgleichs für die dortigen Vertriebenen zu ermöglichen.
Die Leistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz hatten zudem den Zweck, den Geschädigten nach der Vertreibung die Eingliederung und den Wiederaufbau einer Existenz zu ermöglichen. Dieser Zweck kann heute nicht mehr zum Tragen kommen, denn die Eingliederung der Heimatvertriebenen ist auch in der ehemaligen DDR seit mehr als 40 Jahren abgeschlossen.
Anlage 13
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Dietmar Matterne (SPD) (Drucksache 12/2797 Frage 8):
Welchen Anteil hatte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Bertram Wieczorek, am Zustandekommen von Zusagen der Bundesregierung über Hermeskreditbürgschaften in einer Gesamthöhe von 100 Mio. DM für verschiedene Unternehmen der Textilindustrie im Freistaat Sachsen?
Die Entscheidung über die Gewährung von Hermes-Bürgschaften wird durch die im Interministeriellen Ausschuß für Ausfuhrbürgschaften und Ausfuhrgarantien (IMA) vertretenen Bundesministerien nach haushaltsrechtlichen Grundsätzen getroffen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Dr. Bertram Wieczorek, ist an diesem Entscheidungsverfahren nicht beteiligt gewesen.
8100* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992
Anlage 14
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Frage des Abgeordneten Ortwin Lowack (fraktionslos) (Drucksache 12/2797 Frage 13):
Hält nicht die Bundesregierung angesichts der dramatischen Entindustrialisierung weiter Regionen in den neuen Bundesländern eine Differenzierung bei der Regionalförderung für dringend erforderlich, um zu verhindern, daß diese langfristig katastrophale Entwicklung verhindert wird?
Mit dem Einigungsvertrag wurde die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" u. a. mit der Maßgabe auf die ehemalige DDR übertragen, daß für einen Zeitraum von 5 Jahren (mit Verlängerungsmöglichkeit) das gesamte Beitrittsgebiet Fördergebiet der Gemeinschaftsaufgabe ist. Dies geschah aus zwei Gründen. Zum einen standen die notwendigen wirtschaftsstatistischen Daten für eine regionale Differenzierung im Gebiet der neuen Länder nicht zur Verfügung. Zum anderen war sicherzustellen, daß das politisch gewollte Präferenzgefälle in der Regionalförderung zugunsten der neuen Länder möglichst umfassend wirksam wird. Die Bundesregierung hält an dieser Vereinbarung des Einigungsvertrags fest.
Zusätzlich zu dieser flächendeckenden Fördermöglichkeit hat die Bundesregierung im Rahmen des Gemeinschaftswerks Aufschwung-Ost in den Jahren 1991 und 1992 für Regionen in den neuen Ländern, die in besonderem Maß vom Strukturwandel betroffen sind, ein Sonderprogramm in Höhe von 1,2 Milliarden DM Bundesmitteln auf den Weg gebracht. Dieses Programm wird ergänzt durch Ländermittel in gleicher Höhe; die Sonderprogrammregionen wurden vom Bund und den neuen Ländern gemeinsam festgelegt.
Den neuen Ländern, bei denen nach dem Grundgesetz und dem Gemeinschaftsaufgaben-Gesetz die Zuständigkeit für die Durchführung der Gemeinschaftsaufgabe liegt, steht es frei, im Rahmen der vom Einigungsvertrag eröffneten GA-Fördermöglichkeiten eigene räumliche und sachliche Schwerpunkte zu setzen. Davon machen inzwischen die fünf neuen Länder Gebrauch. Sie haben Landesförderrichtlinien verabschiedet, die zu einer sachgerechten Differenzierung bei der Regionalförderung geführt haben. So sind beispielsweise in Brandenburg die Fördersätze im Berliner Umland deutlich geringer als in den Regionen entlang der Grenze zu Polen. In Sachsen werden in Dresden, Leipzig, Zwickau und Chemnitz im wesentlichen nur noch kleine und mittlere Unternehmen gefördert, dafür um so stärker in den ausgesprochenen Problemregionen des Landes.
Die Bundesregierung begrüßt diese Initiative der Länder ausdrücklich. Dadurch fließen die Fördermittel vorrangig in die Regionen mit den größten Anpassungsschwierigkeiten.
Anlage 15
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Frage des Abgeordneten Klaus Harries (CDU/CSU) (Drucksache 12/2797 Frage 14):
Ist es zutreffend, daß die Bundesanstalt für Arbeit z. B. in Halle an der Saale für ihre dort abgeordneten Mitarbeiter an das Landesarbeitsamt für deren Unterbringung in Einzimmerappartements Mieten in Höhe von 5 800 DM pro Wohnung und darüber bezahlt?
Aufgrund der derzeitigen katastrophalen Wohnraumsituation in Halle sah sich die Bundesanstalt für Arbeit gezwungen, für die Unterbringung von abgeordneten Bediensteten ein Kontingent von Einzelzimmerappartements für rd. 150 DM pro Tag und Wohnung vorübergehend anzumieten. Damit wird zwar der von Ihnen in der Frage genannte Mietpreis von 5 800 DM nicht erreicht, jedoch ist auch ein Mietpreis von monatlich ca. 4 500 DM als überhöht anzusehen. Da es jedoch auf dem Wohnungsmarkt in Halle keinerlei Alternativen gab, sah sich die Bundesanstalt zur Anmietung dieser Einzelzimmerappartements gezwungen.
Die Bundesanstalt unternimmt seit geraumer Zeit Bemühungen, selbst Wohnraum langfristig und preisgünstiger anzumieten und an Bedienstete weiterzugeben. So hat die Bundesanstalt bereits 29 Wohnungen zu dem ebenfalls noch hohen Mietpreis von 18,70 DM Kaltmiete je Quadratmeter angemietet, die voraussichtlich im Juli/August dieses Jahres bezugsfertig werden. Im entsprechenden Umfang können damit die Einzelzimmerappartements aufgegeben werden.
Anlage 16
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Fragen des Abgeordneten Adolf Ostertag (SPD) (Drucksachen 12/2797 Fragen 18 und 19):
Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, daß insbesondere in den neuen Bundesländern bei der Auszahlung von bewilligten Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit (zum Beispiel Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld, Lohn- und Gehaltszahlungen für ABM-Projekte) noch immer Zahlungsverzögerungen von mehreren Monaten auftreten, und durch welche Maßnahmen, zum Beispiel im Bereich der Organisationsstraffung, will die Bundesregierung gewährleisten, daß der Rechtsanspruch der bewilligten Leistungen unverzüglich eingelöst wird?
Ist der Bundesregierung bewußt, daß den betroffenen Personen bzw. Projekten durch den Auszahlungsverzug der bewilligten Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit erhebliche wirtschaftliche Probleme entstehen, und wie beurteilt die Bundesregierung in dem Zusammenhang die Forderung nach einer erheblich verbesserten Personalausstattung der Arbeitsämter mit dem Ziel, die zweifellos schwierigen Aufgaben gemäß den Vorgaben des Arbeitsförderungsgesetzes lösen zu können?
Zu Frage 18:
Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit sind ungewöhnliche Verzögerungen bei der Auszahlung von Leistungen aktuell nicht bekannt geworden. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer im Bereich Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe beträgt derzeit 9,4 Arbeitstage, so daß in der Regel sichergestellt ist, daß die Antragsteller die ihnen zustehenden Leistungen rechtzeitig erhalten. Eine längere Bearbeitungsdauer, die aber bei den Gegebenheiten in den neuen Bundesländern nicht als ungewöhnlich bezeichnet werden kann, besteht im Bereich der individuellen Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschu-
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992 8101*
lung. Die durchschnittliche rechnerische Bearbeitungsdauer liegt derzeit bei 7 Wochen und damit etwa auf dem Niveau westdeutscher Arbeitsämter. Die Rückstände beruhen nach Mitteilung der Bundesanstalt für Arbeit insbesondere darauf, daß die nach dem Arbeitsförderungsgesetz vorgeschriebene Überprüfung der Maßnahme kurzfristig nicht immer möglich ist.
Im übrigen hat der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit zur Vermeidung von Unterbrechungen des Leistungsbezugs beim Übergang von Arbeitslosengeld zu Unterhaltsgeld angeordnet, die Nahtlosigkeit in derartigen Fällen sicherzustellen.
Im Bereich der Zahlungen für ABM-Projekte ist es aufgrund der hohen Arbeitsbelastung in einer Reihe von Fällen zu Zahlungsverzögerungen gekommen. Mit Erlaß vom 9. Juni 1992 hat der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit die Arbeitsämter in den neuen Bundesländern nochmals auf die pünktliche Überweisung von Löhnen und Gehältern bei ABM und auf die Möglichkeit der Zahlbarmachung von Leistungen durch Daueranordnung hingewiesen. Zu einer Straffung der Bearbeitungsvorgänge und Verkürzung der Bearbeitungsdauer wird auch die verstärkte Nutzung der Möglichkeiten der EDV beitragen. Bis Ende des Jahres wird die Mehrzahl der Arbeitsämter im Beitrittsgebiet über die Möglichkeit der computerunterstützten Sachbearbeitung verfügen.
Zu Frage 19:
Für den Auf- und Ausbau der Dienststellen der Arbeitsverwaltung im neuen Teil des Bundesgebietes und die damit verbundene Problematik aufgrund des mit der ungünstigen Arbeitsmarktentwicklung einhergehenden Aufgabendrucks gibt es kein Beispiel aus der Vergangenheit. Es erfordert nach wie vor ein hohes Maß an organisatorischer und personeller Flexibilität und Improvisation, um allein die vielfältigen arbeitsmäßigen Mengenprobleme bei den neuen Arbeitsämtern zu bewältigen, gleichzeitig aber auch den dringend notwendigen Prozeß der Kontinuität und der personellen Konsolidierung in Gang zu halten. Die aufgetretenen Mengenprobleme konnten nicht zuletzt dadurch bewältigt werden, daß der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung bereits im März 1991 die Genehmigung für die Einstellung weiterer über 2 000 Arbeitskräfte in den östlichen Arbeitsämtern erteilt hat. Insgesamt konnte der Personalbestand der Bundesanstalt für Arbeit im Beitrittsgebiet von März 1991 bis Mai 1992 um ca. 6 000 Beschäftigte auf zur Zeit 24 000 gesteigert werden.
Darüber hinaus werden die Arbeitsämter in den neuen Bundesländern durch die Entsendung von Mitarbeitern aus westlichen Dienststellen unterstützt. So sollen allein in diesem Jahr rd. 2 500 sogenannte Konsulenten aus den Dienststellen der alten Bundesländer in das Beitrittsgebiet abgeordnet werden.
Anlage 17
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Frage des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) (Drucksache 12/2797 Frage 20):
Wie ist der Stand der Bewilligung von ABM-Maßnahmen im alten Bundesgebiet, und was unternimmt der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, um die Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeit-Arbeitslosigkeit auch in den alten Ländern, insbesondere im ehemaligen Zonenrandgebiet zu finanzieren?
Die Bundesanstalt für Arbeit führt keine Statistik über Bewilligungen von AB-Maßnahmen. Ende Mai 1992 waren 80 460 Arbeitnehmer in AB-Maßnahmen im Bundesgebiet (West) beschäftigt.
Die Bundesregierung hat seit Juli 1989 — ergänzend zu den Instrumenten der aktiven Arbeitsmarkt, politik nach dem AFG — mit ihren beiden Sonderprogrammen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit die befristete Möglichkeit geschaffen,
1. mit Lohnkostenzuschüssen im Rahmen von zunächst 1,5 Milliarden DM Arbeitgebern die Einstellung von Langzeitarbeitslosen zu erleichtern und
2. mit der Bereitstellung von weiteren zunächst 250 Millionen DM Maßnahmeträger zu fördern, die besonders beeinträchtigte Langzeitarbeitslose und weitere schwerstvermittelbare Arbeitslose beschäftigen und/oder beruflich qualifizieren und/ oder sozial betreuen.
Beide Programme wurden zwischenzeitlich bis 1994 verlängert und aufgestockt:
a) Lohnkostenzuschüsse: um 650 Millionen DM auf insgesamt 2,15 Milliarden DM und
b) weiterer Maßnahmeteil: um 240 Millionen DM auf 490 Millionen DM.
Seit 1992 sind die Programme auf die neuen Bundesländer ausgedehnt worden. Es besteht also für alle Bundesländer die Möglichkeit zur Teilnahme an den Programmen. Dies gilt selbstverständlich auch für das ehemalige Zonenrandgebiet.
Anlage 18
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Frage des Abgeordneten Benno Zierer (CDU/CSU) (Drucksache 12/2797 Frage 21):
Welcher Schaden entsteht dem Bund jährlich infolge der Nichtveräußerung der im Marinestützpunkt Peenemünde liegenden rund 50 Schiffe der ehemaligen Volksmarine, die laut Vortrag des Kommandeurs Stützpunktkommando an interessierte Nationen veräußert bzw. abgegeben werden könnten, um hohe laufende Kosten und den bereits abzusehenden vollständigen Wertverlust zum Schaden des Bundes zu vermeiden, und ist das Auswärtige Amt/der Bundesminister für Wirtschaft bereit, die Veräußerung der Schiffe zu ermöglichen?
8102* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992
Die finanziellen Folgen, für die der Bund infolge der Nicht-Veräußerung der in Peenemünde liegenden rund 50 NVA-Schiffe aufzukommen hat, können nicht ohne weiteres ermittelt werden. Die Kostenfaktoren der folgenden Bereiche müßten zuvor im einzelnen festgestellt werden:
— Betriebskosten (Liegenschaftskosten) des Marinestützpunktes Peenemünde;
— Personalkosten für Bewachung und Minimalwartung der Schiffe;
— Materialkosten;
— Wertverlust der Schiffe, der dadurch entsteht, daß keine Vollwartung und Instandsetzung durchgeführt werden kann;
— Verlust eines Marktes für die Schiffe, der dadurch entsteht, daß den potentiellen Abnehmern keine feste Zusagen gemacht werden können und diese evtl. auf andere Angebote, z. B. der GUS-Staaten, ausweichen könnten;
— Kosten, die bei der Verschrottung von 21 Schiffen entstehen werden, die bei Nichtverkauf zwangsläufig wären und nach Abzug eines evtl. Schrotterlöses noch bei ca. 6,3 Millionen DM liegen würden.
Die genaue Höhe dieser einzelnen Kostenfaktoren ist kurzfristig nicht zu ermitteln.
Der BMWi hat grundsätzlich keine Bedenken gegen eine Veräußerung dieser Schiffe. Ihre Ausfuhr muß jedoch, wie die Bundesregierung festgelegt hat, mit den politischen Grundsätzen für den Export von Rüstungsgütern im Einklang stehen. Dies bedeutet, daß Lieferungen in NATO-Staaten grundsätzlich keine Probleme aufwerfen dürften, Ausfuhren nach Drittländern stets einer genauen Prüfung im Einzelfall unterliegen.
Anlage 19
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Bernd Wilz auf die Frage des Abgeordneten Markus Meckel (SPD) (Drucksache 12/2797 Frage 23):
Ist der Bundesregierung bekannt, wann die sowjetischen Truppen die Truppenübungsplätze in Ostdeutschland räumen, und welche Konzeption hat die Bundesregierung insbesondere für die weitere Nutzung des Truppenübungsplatzes Groß-Dölln, unter spezifischer Berücksichtigung der Frage, ob eine weitere militärische Nutzung durch die Bundeswehr beabsichtigt ist?
Der Bundesregierung liegt ein Abzugsplan für die Truppen der ehemaligen Sowjetunion aus den neuen Bundesländern vor. Dieser umfaßt auch die Rückgabe der von diesen Truppen genutzten Liegenschaften und Einrichtungen.
Der Abschluß des Abzugs der Truppen der ehemaligen Sowjetunion aus den neuen Bundesländern ist für Ende 1994 vorgesehen.
Die Bundesregierung geht davon aus, daß es sich bei dem angesprochenen Truppenübungsplatz GroßDölln um den von den GUS-Fliegerkräften genutzten
Flugplatz Templin mit angrenzendem Standortübungsbereich handelt.
Die Rückgabe eines kleinen Teilbereichs dieses Areals ist bereits im Dezember letzten Jahres erfolgt. Die Rückgabe des Gesamtkomplexes ist für Ende 1994 vorgesehen.
Aufgrund der späten Verfügbarkeit, der räumlichen Lage in bezug zu einem Landschaftsschutzgebiet und eines derzeit nicht erkennbaren Bedarfs ist eine Anschlußnutzung durch die Bundeswehr nicht beabsichtigt. Eine endgültige Entscheidung steht aber noch aus.
Anlage 20
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Bernd Wilz auf die Fragen des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 12/2797 Fragen 26 und 27):
Wie erklärt die Bundesregierung, daß mit der Regierung von Finnland ein Vertrag über die Lieferung von Waffen aus Beständen der ehemaligen NVA abgeschlossen wurde, der auch die Lieferung von annähernd 100 Kampfpanzern des Typs T-72 enthält, während die Abgeordneten des Deutschen Bundestages laut den ihnen vorliegenden Informationen davon ausgehen mußten, daß keine TLE-relevanten Waffensysteme Gegenstand der Lieferung sein würden?
In welchen anderen Fällen gibt es Zusagen oder werden Verhandlungen darüber geführt, TLE-relevante Waffen an NATO- bzw. Nicht-NATO-Länder zu liefern?
Zu Frage 26:
Am 25. Mai 1992 hat die Bundesregierung einer Überlassung von Gerät, das durch den Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa begrenzt wird, an die Republik Finnland zugestimmt. Infolgedessen ist am 5. Juni 1992 in Helsinki eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet worden.
Die Anlagen des Sachstandsberichtes des Bundesministeriums der Verteidigung vom 29. Mai 1992 zur Verwertung des Materials der ehemaligen NVA geben den Stand vom 15. April 1992- wieder. Dieser Bericht wurde mit Schreiben vom 30. Mai 1992 dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages zugeleitet. Vertraglich ist mit der Republik Finnland über den Inhalt dieser Vereinbarungen „Vertraulichkeit" festgelegt worden. Die zugesagte Unterrichtung des Verteidigungsausschusses war und ist seitens der Bundesregierung in der nächsten Sitzung dieses Ausschusses vorgesehen.
Zu Frage 27:
Die Bundesregierung befindet sich mit mehreren Ländern in Verhandlungen über die Lieferung von Gerät der ehemaligen NVA, das durch den Vertrag vom 19. November 1990 über Konventionelle Streitkräfte in Europa begrenzt wird.
Mit einigen Ländern wurde Vertraulichkeit über die Verhandlungen und ihren Inhalt vereinbart. Deshalb
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992 8103*
können gegenwärtig weder die Länder noch der Umfang der verhandelten Lieferungen genannt werden. Die Bundesregierung beabsichtigt, die zuständigen Ausschüsse über die Verhandlungen zeitgerecht umfassend zu unterrichten.
Anlage 21
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Kirschner (SPD) (Drucksache 12/2797 Fragen 28 und 29)
Für welche Daten werden von den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen für die Kostenerstattungsbereiche Zahnersatz/ Zahnkronen und Kieferorthopädie noch eigene Statistiken geführt, und mit welchen Auswertungsergebnissen fließen diese in statistische Aufbereitungen ein?
Welche Regelungen für mehr Kostentransparenz und Eigenverantwortung der Versicherten haben die Vertragspartner der kassenzahnärztlichen/vertragszahnärztlichen Versorgung in das Abrechnungsverfahren der Kostenerstattungsbereiche der §§ 29, 30 SGB V — seit Inkrafttreten des SGB V — eingeführt?
Zu Frage 28:
In den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV'n) wird das konkrete Verfahren zur Regelung der Kostenerstattung im Bereich Zahnersaz und Kieferorthopädie und der damit zusammenhängenden Vorschriften zur kassenzahnärztlichen Versorgung (Rechnungsprüfung, Statistikerstellung) unterschiedlich gehandhabt. In einigen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen werden nach wie vor Statistiken über die Versorgung mit Zahnersatz und Kieferorthopädie erstellt. Diese Daten werden auch regelmäßig statistisch aufbereitet. Die Auswertungsergebnisse sind z. B. in den Statistischen Basisdaten zur kassenärztlichen Versorgung, herausgegeben von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), nachzulesen. Diese Daten enthalten allerdings keine statistischen Angaben über Direktabrechnungsfälle, d. h.jene Fälle, in denen die Abrechnung der Versorgungsleistungen direkt zwischen Zahnarzt und Patient, also ohne Beteiligung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, abgewickelt wird.
Insofern sind die regelmäßig von der KZBV veröffentlichten Basisdaten über diesen Bereich unvollständig und können nur durch eine statistische Hochrechnung unter Zuhilfenahme der Ausgabenstatistik der gesetzlichen Krankenversicherung Aussagekraft erhalten.
Zu Frage 29:
In einigen Landesbereichen liegen Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung über die Abwicklung des Kostenerstattungsverfahrens vor. In diesen Bereichen erfolgen Abrechnung und Statistikerstellung über die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. In anderen Landesbereichen ist dies jedoch nicht der Fall, da sich Krankenkassen und Kassenzahnärztliche Vereinigungen nicht auf eine gemeinsame Vereinbarung einigen konnten. Diese Kassenzahnärztlichen Vereinigungen lehnen eine Rechnungsprüfung und Statistikerstellung grundsätzlich ab.
Anlage 22
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hans-Hinrich Knaape (SPD) (Drucksache 12/2797 Frage 30):
Sieht die Bundesregierung den besonders gelagerten Einzelfall, der sich dadurch ergibt, daß durch die Wiedervereinigung von Staaken (Berlin) das Krankenhaus in Staaken in absehbarer Zeit nicht mehr dem Land Brandenburg zur Verfügung steht, aufgrund des Einigungsvertrags als Anlaß für einen gezielten Einsatz von Bundesmitteln, damit in Nauen rechtzeitig ein leistungsfähiges Krankenhaus wiedererrichtet wird, und damit die Versorgung des Landes Brandenburg im Bereich des Krankenhauswesens gewährleistet ist?
Nach einer auf dem Einigungsvertrag beruhenden Grenzbereinigung liegt das Krankenhaus Staaken zwar nunmehr auf dem Gebiet des Landes Berlin. Das Krankenhaus steht aber weiterhin auch den Einwohnern des Landes Brandenburg, wie auch den Einwohnern der übrigen Bundesländer, zur Verfügung.
Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz sind die Bundesländer für die Krankenhausplanung und die Investitionsförderung zuständig. An dieser Verantwortung haben Einigungsvertrag und Grenzbereinigung nichts geändert.
Bei dieser Rechtslage sieht die Bundesregierung keine Möglichkeit für einen Einsatz von Bundesmitteln zugunsten der Krankenhausversorgung in Nauen. Es ist Aufgabe des Landes Brandenburg, erforderliche finanzielle Mittel für Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen am Kreiskrankenhaus Nauen bereitzustellen.
Anlage 23
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Wolfgang Gröbl auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel (SPD) (Drucksache 12/2797 Fragen 31 und 32):
Welche „systembedingten Leistungsgrenzen" (Drucksache 12/2616) bezüglich des möglichen Ausbaus der vorhandenen Schienenstrecken in Mecklenburg-Vorpommern (LübeckRostock-Stralsund-Saßnitz; Stralsund-Greifswald-PasewalkGrambow-Stettin; Stralsund-Neubrandenburg-Berlin; Neuhrandenburg-Güstrow etc.) sieht die Bundesregierung, die die geplante A 20 als „nahezu einzige leistungsfähige Ost-WestFernverkehrsverbindung" erscheinen lassen?
Aus welchen Gründen hält die Bundesregierung eine parallel zur Küste verlaufende Autobahn für eine „leistungsfähige Hinterlandverbindung", die die Attraktivität des Schiffsverkehrs auf der Ostsee steigern soll, wenn die Bundesregierung zugleich zu bedenken gibt, daß eine deutliche Verlagerung des Güterverkehrsanteils an der Ostsee auf die Schiffahrt aus den „QuelleZiel-Strukturen der Transportströme" nicht erreichbar sei?
Zu Frage 31:
In einer dünn besiedelten Region wie Mecklenburg-Vorpommern mit einer Einwohnerdichte von rund 82 E/km2 (Bundesdurchschnitt rund 219 E/km2)
8104* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992
stößt ein flächenerschließender Ausbau bei der Schiene schnell an wirtschaftliche Grenzen.
Wie in anderen vergleichbaren Regionen in der Bundesrepublik auch, kommt daher einer Integration der Verkehrsträger Schiene und Straße bei der Erschließung und Anbindung des Landes eine besondere Bedeutung zu. Mit Blick auf das vorhandene, wegen der Vielzahl der Schutzbereiche nur begrenzt ausbaufähige, in Zustand und Dichte aber unzureichende Straßennetz erhält die fehlende A 20 als West-Ost-Magistrale außergewöhnliche Bedeutung insbesondere auch wegen ihrer Bündelungsfunktion für den überregionalen und den Fernverkehr.
Zugleich enthält der Bundesverkehrswegeplan — ebenfalls als vordringlichen Bedarf — den angesprochenen leistungsfähigen Ausbau der Schienenverbindung Lübeck-Hagenow/Land-Rostock-Stralsund und den Ausbau der Schienenverbindung Hamburg-Büchen-Berlin.
Zu Frage 32:
Nach Auffassung der Bundesregierung wird mit einer West-Ost-Autobahn A 20 (Lübeck-Stettin), die die Nord-Süd-Autobahnen und Zubringer aus der Ostsee-Region zu den deutschen Ballungszentren miteinander verbindet, die Standortgunst aller deutschen Ostseehäfen für die auch künftig dominierenden Skandinavien- und Nordosteuropaverkehre über die Ostsee entscheidend verbessert.
Einem innerdeutschen Güterverkehr über See zwischen den Ostseehäfen wird demgegenüber seitens der Bundesregierung nur eine begrenzte Bedeutung beigemessen.
Anlage 24
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Wolfgang Gröbl auf die Frage des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 12/2797 Frage 39):
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil eines Frankfurter Schöffengerichtes vom Mai 1992, das einen Alkoholwert von bereits 0,45 Promille eines unfallverursachenden Autofahrers als strafverschärfend gewertet und damit die Aussagen eines Sachverständigen übernommen hat, daß vor allem geringe Alkoholmengen zu enthemmtem und viel zu schnellem Fahren führen?
Es handelt sich um einen Fall der relativen Fahruntüchtigkeit aus dem Bereich des Strafrechts. Nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft können bereits bei geringen Blutalkoholkonzentrationen nachweisbare Ausfallerscheinungen auftreten. Deshalb können nach ständiger Rechtsprechung bereits Werte ab 0,3 Promille zu einer Verurteilung führen oder strafverschärfend in Betracht kommen.
Im Hinblick auf den Gesetzentwurf des Bundesrates und die divergierenden Argumente in der gegenwärtigen Grenzwertdiskussion hält die Bundesregierung eine Prüfung im weiteren Gesetzgebungsverfahren für notwendig.
Anlage 25
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Paul Laufs auf die Frage der Abgeordneten Siegrun Klemmer (SPD) (Drucksache 12/2797 Frage 40):
Welche Angaben kann die Bundesregierung treffen, aufgeschlüsselt nach Anzahl der Blöcke und Megawatt-Leistung, bezüglich der Kernkraftwerke, die auf dem Gebiet der GUS, der übrigen ehemaligen Sowjetrepubliken und der übrigen Staaten Osteuropas entweder abgeschaltet werden, im Normalbetrieb laufen, sich in der Planung oder im Bau befinden oder deren Planung oder Bau gestoppt wurden?
Zur Beantwortung Ihrer Frage verweise ich auf den Bericht des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit „Sicherheit der Kernkraftwerke und Umweltfragen der Energieversorgung in den Staaten Mittel- und Osteuropas" vom 6. November 1991. Anhang 1 dieses Berichts enthält eine umfassende Auflistung der Kernkraftwerke in den genannten Staaten entsprechend dem Kenntnisstand der Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt.
Über neuere Pläne des Baus von Kernkraftwerken, speziell in Rußland, liegen mir lediglich Informationen über vorläufige Planungen des russischen Atomministeriums vor, die vom Bau bzw. der Baufortsetzung mehrerer Kernkraftwerke mit den moderneren Reaktoren vom Typ WWER-1000 ausgehen und eine Reihe von Sicherheitsverbesserungen beinhalten sollen. Von einer Fortsetzung des Baus der drei Reaktoren vom Typ RBMK — das ist der Tschernobyl-Typ — in Kursk, Smolensk (Rußland) und Ignalina (Litauen) ist — wie bereits am 29. April im Umweltausschuß dargelegt — nicht die Rede.
In der Ukraine besteht nach wie vor ein Moratorium zum — zeitlich begrenzten — Baustopp weiterer Reaktoren (alles Typ WWER-1000). Seither haben sich nach den dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorliegenden Informationen folgende Änderungen ergeben:
Im Kernkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine ist derzeit keiner der ursprünglich vier Blöcke in Betrieb. Nachdem Block 2 nach dem Brand im Maschinenhaus bereits im Oktober 1991 abgeschaltet worden war, sind Block 1 am 1. März 1992 und Block 3 am 10. April 1992 für Reparaturmaßnahmen abgeschaltet worden, und zwar auf Grund einer Anweisung der Aufsichtsbehörde der Ukraine.
Am 25. Mai 1992 beschloß die ukrainische Regierung, auch die beiden Blöcke 1 und 3 nicht wieder in Betrieb zu nehmen, nachdem ursprünglich deren Weiterbetrieb bis Ende 1993 vorgesehen war. Dieser Beschluß muß noch vom Obersten Sowjet der Ukraine und vom ukrainischen Präsidenten bestätigt werden.
Anlage 26
Antwort
des Pari. Staatssekretärs Dr. Paul Laufs auf die Fragen des Abgeordneten Hans Wallow (SPD) (Drucksache 12/2797 Fragen 41 und 42):
Welche finanziellen Verpflichtungen bis zu welchem Zeitpunkt hat die Bundesregierung bei der UNCED-Konferenz 1992 in Rio de Janeiro übernommen?
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992 8105*
Welche weitergehenden Erfolge sind gegenüber den bereits in den fünf Vorkonferenzen erreichten Ergebnissen im Sinne der Zielsetzung der UNO-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro erzielt worden?
Zu Frage 41:
Die Bundesregierung hat sich bei der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janairo zu einer Verstärkung der öffentlichen Entwicklungshilfe bekannt und ausdrücklich den Willen bestätigt, 0,7 % des Bruttosozialproduktes für Entwicklungshilfe einzusetzen. Dies soll sobald wie möglich erfolgen, wobei die Belastungen, die sich aus den Hilfen Deutschlands für seine östlichen Nachbarn ergeben, angemessen zu berücksichtigen sind.
Die Bundesregierung beabsichtigt, den Einzelplan 23 des Bundeshaushalts finanziell so auszustatten, daß im Hinblick auf die Umsetzung der Agenda 21 in den nächsten drei Jahren zusätzliche Entwicklungshilfemittel bereitgestellt werden. Bezogen auf das Volumen des laufenden Haushaltsjahres soll dies ein Betrag von 1 Mrd. DM sein.
Zur Förderung globaler Umweltmaßnahmen schlägt Deutschland vor, daß die von UNDP, UNEP und Weltbank gemeinsam verwaltete Globale Umweltfazilität (GEF) um 3 Mrd. Sonderziehungsrechte (SZR) aufgestockt wird. Die Bundesregierung ist bereit, sich hierbei mit bis zu 780 Mio. DM zu beteiligen.
Daneben ist die Bundesregierung auch bereit, sich im Rahmen eines international abgestimmten Vorgehens an Entschuldungsmaßnahmen gegen entsprechende Umweltschutzmaßnahmen zu beteiligen. Voraussetzung ist, daß die betroffenen Entwicklungsländer mit niedrigem Einkommen sich an Umschuldungen im Pariser Club beteiligen und mit der Bundesregierung auf bilateraler Grundlage konkrete Vereinbarungen über zusätzliche Umweltvorhaben treffen. Die Bundesregierung wird sich bemühen, 1993 einen Betrag von 50 Mio. DM auf diese Weise umzusetzen. Sollte sich in der Praxis und in Abstimmung mit anderen Gebern zeigen, daß durch diesen Ansatz mehr bewegt werden kann, wird eine Erhöhung dieses Betrages erwogen.
Zu Frage 42:
Im Verlauf der Sitzungen des internationalen Vorbereitungsausschusses (PrepCom) für die UN-Konferenz „Umwelt und Entwicklung" (UNCED) wurde die gesamte Bandbreite umwelt- und entwicklungspolitischer Themen kontrovers diskutiert.
Während der vierten und letzten PrepCom-Sitzung vom 2. März bis zum 3. April 1992 konnten jedoch auf Beamtenebene bereits mehr als drei Viertel des vierzig Kapitel umfassenden Aktionsprogramms „Agenda 21" einvernehmlich formuliert werden; über entscheidende Fragen jedoch, wie z. B. die der Finanzierung wurde im Vorfeld der Konferenz noch keine Einigung erzielt. Der umwelt- und entwicklungspolitische Prinzipienkatalog „Earth Charter" /Rio-Deklaration war während der letzten PrepCom-Sitzung von einer kleinen Arbeitsgruppe einvernehmlich erarbeitet worden, es war aber offen, ob dieser Entwurf die Zustimmung der Staatengemeinschaft finden werde.
Die als weiteres Konferenzdokument geplante „Grundsatzerklärung zum Schutz der Wälder" war erst in Grundzügen erörtert worden und in weiten Teilen streitig geblieben.
In separaten zwischenstaatlichen Vorbereitungskonferenzen sind die Texte einer Konvention zum Schutz der biologischen Vielfalt und einer KlimaRahmenkonvention erarbeitet worden. Offen blieb bis zur UNCED-Konferenz aber noch weitgehend, welche Staaten diese Konventionen zeichnen würden.
Im Hinblick auf die 4. PrepCom-Sitzung ist die am Sonntag, den 14. Juni 1992 zu Ende gegangene UNCED-Konferenz ein klarer Erfolg. Die in Rio ausliegenden Konventionen zu Klima und biologischer Vielfalt wurden von jeweils mehr als 150 Staaten gezeichnet. Es ist darüber hinaus gelungen, nach intensiven Konsultationen die noch zu erörternden Themen und Textentwürfe der UNCED auf Ministerebene einvernehmlich zu verabschieden. Das gilt für die schwierigen Finanzfragen wie auch für eine Grundsatzerklärung zu Wäldern. Mit der Verabschiedung der Rio-Deklaration zu Umwelt und Entwicklung und des umfassenden Aktionsprogramms Agenda 21 ist die Basis für eine qualitativ neue Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern im Bereich Umwelt und Entwicklung gelegt worden. Durch die Entscheidung für die Einrichtung einer „Kommission für dauerhafte Entwicklung", die auf Ministerebene besetzt werden wird, ist gewährleistet, daß dieser Politikbereich auf internationaler Ebene auch nach der Rio-Konferenz intensiv weiter verfolgt wird. Die Kommission wird besonders die Umsetzung der Agenda 21 überprüfen und ggfs. neue Strategien und Maßnahmenkonzepte erarbeiten. Insofern zeigt sich, daß die Konferenz in Rio nicht Ende einer Entwicklung, sondern Start ist für einen neuen Prozeß der umwelt- und entwicklungspolitischen Partnerschaft zwischen Nord und Süd. Die Rio-Deklaration ähnlich wie die KSZE-Schlußakte von Helsinki — ist ein glaubwürdiges Startsignal.
Anlage 27
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Paul Laufs auf die Fragen des Abgeordneten Burkhard Zurheide (F.D.P.) (Drucksache 12/2797 Fragen 43 und 44):
Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um Textilreinigungsbetrieben finanziell zu helfen, wenn deren Betriebsgenehmigungen aufgrund des Vollzuges der Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der Verordnung zur Immissionsbegrenzung von leichtflüchtigen Halogenkohlenwasserstoffen vom 1. Januar 1993 bei weiterer Verwendung leichtflüchtiger Halogenkohlenwasserstoffe (in der Hauptsache FCKW) erlöschen werden?
Plant die Bundesregierung Übergangshilfen für solche Betriebe, die aufgrund der vorbezeichneten Vorschriften Umstellungsmaßnahmen durchführen müssen?
Zu Frage 43:
Nach der Verordnung zur Emissionsbegrenzung von leichtflüchtigen Halogenkohlenwasserstoffen (2. BImSchV) vom 10. Dezember 1990 dürfen in Chemischreinigungsanlagen ab dem 1. Januar 1993 keine
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FCKW mehr eingesetzt werden. Textilreinigungsbetriebe, die FCKW-Anlagen betreiben, müssen diese bis dahin entweder stillegen oder durch eine Reinigungsanlage auf der Basis eines anderen Lösemittels ersetzen. Eine Umrüstung einer vorhandenen FCKW-Anlage auf ein anderes Lösemittel kommt aus technischen Gründen in der Regel nicht in Frage.
Die Bundesregierung plant für die betroffenen Textilreinigungsbetriebe keine besonderen finanziellen Hilfen.
Die heute noch betreibenen FCKW-Anlagen sind überwiegend vor dem Jahre 1988 errichtet worden und befinden sich daher bereits zunehmend am Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer. Es ist zumutbar, diese Anlagen durch neue Anlagen auf der Basis eines alternativen Lösemittels zu ersetzen. Hierfür kommen beispielsweise Tetrachlorethen (Per) oder aromatenarme Kohlenwasserstoffe in Frage.
Im Einzelfall läßt die Ausnahmeregelung des § 17 des 2. BImSchV eine individuelle Angemessenheitsprüfung durch die zuständige Behörde zu. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen kann die zuständige Behörde eine Fristverlängerung gewähren.
Zu Frage 44:
Nein. Auf Grund der 2. BImSchV sind die vor dem 1. März 1991 errichteten Anlagen, soweit sie mit zulässigen leichtflüchtigen Halogenkohlenwasserstoffen betrieben werden, bis spätestens zum 31. Dezember 1994 an den Stand der Technik der Luftreinhaltung heranzuführen. Die Kosten für die hierfür erforderlichen Umstellungsmaßnahmen bewegen sich in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen und müssen daher nach dem Verursacherprinzip von den Betrieben selbst getragen werden. In begründeten Härtefällen kann die Ausnahmeregelung nach § 17 in Anspruch genommen werden.
Anlage 28
Antwort
der Staatsministerin Ursula Seiler-Albring auf die Fragen des Abgeordneten Michael von Schmude (CDU/CSU) (Drucksache 12/2797 Fragen 45 und 46):
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Grenzabfertigung des Lkw-Verkehrs von der Bundesrepublik Deutschland nach Polen zu Wartezeiten von 10 his 12 Stunden führt, und daß inzwischen auch Hilfskonvois der caritativen Organisationen in die ehemaligen GUS-Staaten beim Transit durch Polen oft stundenlang kontrolliert werden?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diese Mißstände zu beseitigen?
Zu Frage 45:
Der Bundesregierung ist die schwierige Situation an den polnischen Grenzen bekannt. Sie führt aus diesem Grunde seit Ende 1990 Verhandlungen mit der polnischen Regierung.
Einer rascheren Abfertigung des gestiegenen Grenz- und insbesondere Lkw-Verkehrs stehen bislang die geringe Anzahl von Grenzübergängen, Probleme der polnischen Seite, die Eröffnung neuer Übergänge zu finanzieren, sowie organisatorischtechnische Schwierigkeiten bei der Abfertigung des Personen- und Güterverkehrs entgegen.
Die Bundesregierung hat sich gegenüber der polnischen Seite wiederholt für die beschleunigte Abfertigung von Transitkonvois karitativer Organisationen, die für die ehemaligen GUS-Staaten bestimmt sind, eingesetzt. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind hier Behinderungen allerdings eher die Ausnahme.
Zu Frage 46:
Die Bundesregierung arbeitet intensiv an einer Abhilfe der bestehenden Mißstände. So wurde unter anderem vergangene Woche in Warschau ein Abkommen über Erleichterungen der Grenzabfertigung mit Polen paraphiert (Anlage 1). Es ist vorgesehen, das Abkommen noch in den kommenden Wochen in Warschau zu unterzeichnen und umgehend der innerstaatlichen Ratifizierung zuzuführen.
Die Bundesregierung hat sich ferner im Rahmen der deutsch-polnischen Regierungskommission für interregionale und grenznahe Zusammenarbeit um Verbesserungen bemüht. Auf einer Sondertagung im März d. J. in Frankfurt/Oder hat sich die Kommission auf die Schaffung 16 neuer Grenzübergänge verständigt (Ergebnisprotokoll in Anlage 2). Die polnische Seite wird im Hinblick auf ihre Finanzlage bei internationalen Finanzinstitutionen Anträge zur Unterstützung entsprechender Infrastrukturmaßnahmen stellen. Die Bundesregierung wird diese Anträge gegenüber den Finanzinstitutionen unterstützen.
Noch in diesem Jahr soll durch organisatorische Maßnahmen (Lkw-Vorsortierung) die Wartezeit für Lkw-Fahrer am Grenzübergang Frankfurt/OderSchwetik (Swiecko) verkürzt werden.
Die Bundesregierung hat bereits erreicht, daß zumindest an der deutsch-polnischen und polnischweißrussischen Grenze Hilfskonvois bevorzugt abgefertigt werden.
Anlage 29
Antwort
der Staatsministerin Ursula Seiler-Albring auf die Frage des Abgeordneten Jürgen Augustinowitz (CDU/CSU) (Drucksache 12/2797 Frage 49):
In welche Länder sind bisher Atomwissenschaftler der ehemaligen Sowjetunion mit dem Ziel abgewandert, ihr Wissen weiterzugeben, und hei welchen 15 heutigen Schwellenländern besteht bis zur Jahrhundertwende die Möglichkeit, über eigene Atomwaffen zu verfügen?
Der Bundesregierung liegen gesicherte Erkenntnisse über Abwanderung von Atomwissenschaftlern aus der ehemaligen Sowjetunion nicht vor.
Ob und in welchen Zeiträumen Schwellenländer sich in den Besitz von Atomwaffen bringen könnten, hängt von einer Vielzahl nicht vorhersehbarer Faktoren ab. Die Bundesregierung sieht sich daher nicht in
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1992 8107*
der Lage, eine aussagekräftige Einschätzung dieser Möglichkeit zu treffen.
Die Bundesregierung erwartet, daß die Mitgliedstaaten des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen ihre Verpflichtung zum Verzicht auf nukleare Waffen ernstnehmen. Sie ist konsequent darum bemüht, das nukleare Nichtverbreitungsregime zu stärken und weiter auszubauen und die Staaten, die noch außerhalb des Vertrages stehen, zum Beitritt zu gewinnen.
Anlage 30
Amtliche Mitteilung
Der Bundesrat hat in seiner 643. Sitzung am 5. Juni 1992 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen:
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes
Gesetz zur Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes und anderer Gesetze
Fünfzehntes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (15. BAföGÄndG)
Gesetz zu den Verträgen vom 14. Dezember 1989 des Weltpostvereins
Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Januar 1991 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Seeschiffahrt
Zehntes Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes
Gesetz zu der Vereinbarung vom 8. Oktober 1990 über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe
Zu den zwei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt:
Zum Zehnten Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Verlauf der Organisationsprivatisierung der Flugsicherung den Ländern angemessene Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Arbeit der neu zu gründenden Flugsicherungs-GmbH einzuräumen. Bislang können die Länder ihre Interessen über drei Mitglieder im Verwaltungsbeirat der Bundesanstalt für Flugsicherung vertreten. Solche Interessen ergeben sich vor allem aus der Tatsache, daß Flugsicherungsmaßnahmen überwiegend im örtlichen Einzugsbereich eines Flughafens durchgeführt werden müssen und daß das Land in der Regel mindestens zur Hälfte Träger des Flughafens ist.
Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, im Rahmen der Satzung der Flugsicherungs-GmbH vorzusehen, daß die Länder mindestens zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat der GmbH entsenden können.
Zum Gesetz zu der Vereinbarung vom 8. Oktober 1990 über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe
Der Bundesrat begrüßt die Verabschiedung des Ratifizierungsgesetzes zur „Vereinbarung vom 8. Oktober 1990 über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe" (IKSE).
Der Bundesrat hatte wegen der Länderzuständigkeiten in Fragen der Gewässerreinhaltung eine qualifizierte Beteiligung der Elbeanliegerländer in der IKSE gefordert.
Mit dem Schriftwechsel zwischen dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Länderarbeitsgemeinschaft zur Reinhaltung der Elbe (Arge Elbe) über die Beteiligung der Länder sieht der Bundesrat seine Interessen als gewahrt an.
Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat:
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 12/1838 Nrn. 3.7, 3.8
Drucksache 12/2101 Nrn. 3.30, 3.32
Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 12/2257 Nr. 3.72