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    Plenarprotokoll 12/93 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 93. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 Inhalt: Dank an den ausgeschiedenen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher und Glückwünsche für den neuen Bundesaußenminister Dr. Klaus Kinkel 7571 C Begrüßung des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Dr. Egon Klepsch . . . 7571 D Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Gudrun Weyel 7572 A Wahl der Abgeordneten Dr. Hedda Meseke als ordentliches Mitglied in den Wahlprüfungsausschuß für den ausgeschiedenen Abgeordneten Horst Eylmann 7572A Erweiterung der Tagesordnung 7572 A Absetzung des Punktes 7 — Änderung des Treuhandgesetzes — von der Tagesordnung 7572C Nachträgliche Überweisung eines Antrages an den Verkehrsausschuß . . . . 7572C Begrüßung einer Delegation des ungarischen Parlaments 7609 C Bestimmung des Abgeordneten Eduard Oswald als stellvertretendes Mitglied im Vermittlungsausschuß für den ausgeschiedenen Abgeordneten Rudolf Kraus 7660D Tagesordnungspunkt 1: Eidesleistung eines Bundesministers Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 7571 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 7571 B Zur Geschäftsordnung Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 7572 D Petra Bläss PDS/Linke Liste 7573 A Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 7573 B Tagesordnungspunkt 4: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Vorbereitung der VN-Konferenz „Umwelt und Entwicklung" vom 3. bis 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro b) Beratung des Ersten Berichts der Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre" zum Thema Klimaänderung gefährdet globale Entwicklung Zukunft sichern — Jetzt handeln gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 25. April 1991 (Drucksachen 12/419, 12/2400) c) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Klimaveränderung gefährdet globale Entwicklung (Drucksache 12/2551) d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige, Werner Schulz (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sofortverbot von ozonschädigenden Substanzen (Drucksache 12/2072) e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika Ganseforth, Michael Müller (Düsseldorf), Dr. Liesel Hartenstein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Schutz der Ozonschicht und der Atmosphäre (Drucksache 12/2121) II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrich Klinkert, Dr. Christian Ruck, Anneliese Augustin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Gerhart Rudolf Baum, Josef Grünbeck, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Vor der VN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992: Durch globale Umwelt- und Entwicklungspartnerschaft die Schöpfung bewahren zu dem Antrag der Abgeordneten Dieter Schanz, Brigitte Adler, Robert Antretter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: VN-Konferenz Umwelt und Entwicklung 1992 zu dem Antrag der Abgeordneten Konrad Weiß (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kongreß der Vereinten Nationen zu Umwelt und Entwicklung 1992 (Drucksachen 12/2489, 12/1652, 12/2298, 12/2587) g) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über ihre laufenden Aktivitäten zur Tropenwalderhaltung und zum Stand der Umsetzung der genannten Schutzmaßnahmen auf internationaler, EG-weiter und nationaler Ebene und darüber hinaus über die Entwicklung auf dem Gebiet des Schutzes der tropischen Wälder, sowie Stellungnahme zu den Empfehlungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" zum Schutz der tropischen Wälder zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Liesel Hartenstein, Brigitte Adler, Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Klimaschutz durch Maßnahmen zur Tropenwalderhaltung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Liesel Hartenstein, Hermann Bachmaier, Friedhelm Julius Beucher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Importverbot für Tropenhölzer aus Primärwäldern (Drucksachen 12/1831, 12/921, 12/2109, 12/2598) h) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Beschluß der Bundesregierung zur Reduzierung der energiebedingten CO2-Emissionen in der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage des Zweiten Zwischenberichts der Interministeriellen Arbeitsgruppe „CO2-Reduktion" (IMA CO2-Reduktion) (Drucksache 12/2081) i) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Michael Müller (Düsseldorf), Friedhelm Julius Beucher, Klaus Daubertshäuser, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umwelt und Entwicklung, Politik für eine „nachhaltige Entwicklung" (Drucksachen 12/1278, 12/2286) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Luftverschmutzung durch Ozon (Drucksachen 12/1339 Nr. 2.17, 12/2577) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Liesel Hartenstein, Hermann Bachmaier, Friedhelm Julius Beucher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Aufnahme gefährdeter Tropenholzarten in das Washingtoner Artenschutzabkommen (Drucksachen 12/2095, 12/2614) Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler 7575 B Harald B. Schäfer (Offenburg) SPD . . 7579 A Ulrich Klinkert CDU/CSU 7582 B Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 7583 D Gerhart Rudolf Baum F.D.P 7585 C Ulrike Mehl SPD 7587 A Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7588B, 7622 A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (zur GO) 7590 C Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 7591 A Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU . . . 7592 C Dr. Ingomar Hauchler SPD 7593 D Joseph Fischer, Minister des Landes Hessen 7595 D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU . 7598 B Dr. Liesel Hartenstein SPD 7600 D Martin Grüner F.D.P. 7601 C Dr. Ingomar Hauchler SPD 7601 D Marita Sehn F.D.P 7602 D Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 7604 C Hans-Peter Repnik, Parl. Staatssekretär BMZ 7606B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 III Dr. Liesel Hartenstein SPD 7607 D Martin Grüner F.D.P 7608A Monika Ganseforth SPD 7608B Monika Ganseforth SPD 7609 C Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 7611A Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 7612C Burkhard Zurheide F D P 7614 B Hans Wallow SPD 7616B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU 7617 B Dieter Schanz SPD 7619A Dr. Christian Ruck CDU/CSU 7620 C Klaus Harries CDU/CSU . . . . . . . 7623 C Tagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes (Drucksache 12/2505) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes (Drucksache 12/2507) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten (Drucksache 12/2508) d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Wohngeld- und Mietenbericht 1991 (Drucksache 12/2356) 7625 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von den Abgeordneten Inge Wettig-Danielmeier, Uta Würfel, Dr. Hans de With, Gerhart Rudolf Baum, Susanne Rahardt-Vahldieck, Dr. Wolfgang Ullmann und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des vorgeburtlichen/ werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) (Drucksache 12/2605) 7626A Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Menschenhandel — (. . . StrÄndG) (Drucksachen 12/2046, 12/2589) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Umsetzung der EG-Richtlinien auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Drucksachen 12/770, 12/2540) c) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 58 zu Petitionen (Drucksache 12/2557) 7626B Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 6: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 6. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa (Drucksachen 12/2469, 12/2613, 12/2622) Herbert Werner (Ulm) CDU/CSU . . . 7627 B Dr. Peter Glotz SPD 7629 A Josef Grünbeck F.D.P. 7630 D Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 7632A Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7632 D Ulrich Irmer F. D P. 7633 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . 7634 B Dr. Peter Glotz SPD 7635 B Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . 7636B Josef Grünbeck F.D.P. . . . . . . . 7637 B Ulrich Irmer F D P. 7638 B Dr. Volkmar Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 7639 C Günter Verheugen SPD 7641 A Reinhard Freiherr von Schorlemer CDU/ CSU 7643B Freimut Duve SPD 7644 B Ortwin Lowack fraktionslos 7645 B Dr. Fritz Wittmann CDU/CSU 7646 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 7647 B Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD 7650B IV Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts der Enquete-Kommission „Aufarbeitung der Geschichte und der Folgen der SED-Diktatur" a) zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Aufarbeitung der Geschichte und der Folgen der SED-Diktatur" b) zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf Schwanitz, Markus Meckel, Angelika Barbe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Politische Aufarbeitung von Unterdrückung in der SBZ/DDR" c) zu dem Antrag der Gruppe Bündnis 90/GRÜNE: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Aufarbeitung der Geschichte und der Folgen der SED-Diktatur" und Förderung außerparlamentarischer Initiativen zum gleichen Thema d) zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Lederer, Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt), Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Politische Aufarbeitung der DDR-Geschichte" e) zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrich Adam, Anneliese Augustin, Jürgen Augustinowitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Jörg van Essen, Heinz-Dieter Hackel, Dirk Hansen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Aufgaben der Enquete-Kommission „Aufarbeitung der Geschichte und der Folgen der SED-Diktatur" (Drucksachen 12/2230, 12/2152, 12/2220 [neu] Buchstabe A, 12/2226, 12/2229, 12/2597) Dr. Dorothee Wilms CDU/CSU 7652 A Markus Meckel SPD 7653 A Dirk Hansen F D P 7654 C Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste 7655 A Rainer Eppelmann CDU/CSU 7655 D Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7656 C Dr. Jürgen Schmieder F.D.P. . . . . . 7657 C Dr. Hartmut Soell SPD 7658A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 31 GO) 7659 B Andrea Lederer PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 31 GO) 7660 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. „Wirtschaftliche Lage der Frauen in den neuen Ländern" Ursula Schmidt (Aachen) SPD 7660 D Claudia Nolte CDU/CSU 7662 B Dr. Eva Pohl F D P 7663 B Petra Bläss PDS/Linke Liste 7664 A Ilse Falk CDU/CSU 7665 B Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7666B Evelin Fischer (Gräfenhainichen) SPD . 7667 C Maria Michalk CDU/CSU 7668 C Uta Würfel F D P 7669 C Ulrike Mascher SPD 7670 C Angelika Pfeiffer CDU/CSU 7671 C Christel Hanewinckel SPD 7672 D Heinz Rother CDU/CSU 7673 D Cornelia Yzer, Parl. Staatssekretärin BMFJ 7674 D Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: VN-Menschenrechtskonferenz in Berlin 1993 (Drucksache 12/2365) Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7676B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 7677 A Rudolf Bindig SPD 7677 C Heribert Scharrenbroich CDU/CSU . . 7678B Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . 7679 A Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags der Gruppe der PDS/Linke Liste: Erarbeitung eines neuen Rentengesetzes (Drucksache 12/2567) Petra Bläss PDS/Linke Liste 7679 D Alfons Müller (Wesseling) CDU/CSU . . 7681 A Ulrike Mascher SPD 7682 A Dr. Eva Pohl F D P 7682 C Rudolf Kraus, Pari. Staatssekretär BMA 7683 C Nächste Sitzung 7684 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7685* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 4 (Erklärung der Bundesregierung — Vorbereitung der VN-Konferenz „Umwelt und Entwicklung" vom 3. bis 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro — Klimaänderung gefährdet globale Entwicklung — Zukunft sichern — Jetzt handeln — Sofortverbot von ozonschädigenden Substanzen) Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . 7685* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 V Anlage 3 Erklärung gemäß § 31 GO der Abgeordneten Helmut Sauer (Salzgitter) und Bernhard Jagoda (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) . . . . 7686* B Anlage 4 Erklärung gemäß § 31 GO der Abgeordneten Dr. Erich Riedl und Kurt J. Rossmanith (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) 7687* D Anlage 5 Erklärung gemäß § 31 GO der Abgeordneten Renate Blank, Wolfgang Ehlers, Horst Gibtner, Dr. Wolfgang Götzer, Josef Hollerith, Georg Janovsky, Dr. Egon Jüttner, Hartmut Koschyk, Eduard Lintner, Rudolf Meinl, Dr. Günther Müller, Dr. Gerhard Päselt, Angelika Pfeiffer, Dr. Peter Ramsauer, Christian Schmidt (Fürth), Dr. Harald Schreiber, KarlHeinz Spilker, Erika Steinbach-Hermann, Herbert Werner (Ulm) und Dr. Fritz Wittmann (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) 7688* C Anlage 6 Erklärung gemäß § 31 GO des Abgeordneten Claus Jäger (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) . . . . 7689* C Anlage 7 Erklärung gemäß § 31 GO der Abgeordneten Wolfgang Lüder, Cornelia Schmalz-Jacobsen, Gerhart Rudolf Baum, Dr. Burkhard Hirsch und Dr. Jürgen Starnick (alle F.D.P.) zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der CDU/CSU und F.D.P. zu dem Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) 7689* C Anlage 8 Amtliche Mitteilungen 7690* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 7571 93. Sitzung Berlin, den 20. Mai 1992 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 20. 05. 92 Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 20. 05. 92 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 20. 05. 92* Wilfried Brandt, Willy SPD 20. 05. 92 Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 20. 05. 92 Gansel, Norbert SPD 20. 05. 92 Gattermann, Hans H. F.D.P. 20. 05. 92 Dr. Gautier, Fritz SPD 20. 05. 92 Gries, Ekkehard F.D.P. 20. 05. 92 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 20. 05. 92 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 20. 05. 92 Dr. Hellwig, Renate CDU/CSU 20. 05. 92 Huonker, Gunter SPD 20. 05. 92 Ibrügger, Lothar SPD 20. 05. 92 Jaffke, Susanne CDU/CSU 20. 05. 92 Kolbow, Walter SPD 20. 05. 92* * Dr. Kübler, Klaus SPD 20. 05. 92 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 20. 05. 92 Leidinger, Robert SPD 20. 05. 92 Lenzer, Christian CDU/CSU 20. 05. 92 Lohmann (Witten), Klaus SPD 20. 05. 92 Magin, Theo CDU/CSU 20. 05. 92 Dr. Matterne, Dietmar SPD 20. 05. 92 Dr. Mildner, Klaus CDU/CSU 20. 05. 92 Gerhard Müller (Schweinfurt), SPD 20. 05. 92 Rudolf Dr. Müller (Wadem), CDU/CSU 20. 05. 92 Hans-Werner Odendahl, Doris SPD 20. 05. 92 Oesinghaus, Günther SPD 20. 05. 92 Opel, Manfred SPD 20. 05. 92 ** Pfuhl, Albert SPD 20. 05. 92 * Poß, Joachim SPD 20. 05. 92 Rempe, Walter SPD 20. 05. 92 Reschke, Otto SPD 20. 05. 92 Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 20. 05. 92 Schmidbauer (Nürnberg), SPD 20. 05. 92 Horst Schmidt (Salzgitter), SPD 20. 05. 92 Wilhelm Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 20. 05. 92 Hans Peter Dr. Schulte (Schwäbisch CDU/CSU 20. 05. 92 Gmünd), Dieter Dr. Sonntag-Wolgast, SPD 20. 05. 92 Cornelie Stachowa, Angela PDS/LL 20. 05. 92 Terborg, Margitta SPD 20. 05. 92 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 20. 05. 92 Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 20. 05. 92 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 20. 05. 92 Vosen, Josef SPD 20. 05. 92 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Wegner, Konstanze SPD 20. 05. 92 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 20. 05. 92 Dr. Wieczorek CDU/CSU 20. 05. 92 (Auerbach), Bertram Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 20. 05. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 4 (Erklärung der Bundesregierung - Vorbereitung der VN-Konferenz „Umwelt und Entwicklung" vom 3. bis 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro - Klimaänderung gefährdet globale Entwicklung. Zukunft sichern - Jetzt handeln - Sofortverbot von ozonschädigenden Substanzen) Michael Müller (Düsseldorf) (SPD): Der Weltgipfel der Vereinten Nationen in Brasilien wird seit fünf Jahren vorbereitet. Er sollte zu ersten konkreten Vereinbarungen zur Lösung der Weltprobleme führen, die zum einen der Brundtland-Bericht über Umwelt und Entwicklung (1987) und zum anderen von den Weltklimakonferenzen von Toronto (1988) und Genf (1990) in aller Deutlichkeit aufgezeigt wurden. Doch so beispiellos aufwendig, wie die Konferenz vorbereitet wird, so groß scheint auch das Fiasko zu werden. Die RIO-Konferenz droht zu einem Gipfel der Heuchelei und Verantwortungslosigkeit zu werden. Der Planet Erde treibt auf einen kritischen Punkt zu, dabei verbinden sich soziale und ökologische Probleme zu einem engen und dichten Problembündel. Die Hauptverantwortung für diesen Zustand tragen die Industrieländer: Sie sind für 75 % der energiebedingten Treibhausgase verantwortlich, auf sie entfallen bei rund 23 % der Weltbevölkerung fast 80 % des Bruttosozialproduktes der Erde. Sie sind die Hauptverursacher für die ökologische Verrottung der Welt und sie nehmen den Entwicklungsländern ihre Zukunftschancen, die allein zur sozialen Mindestsicherung mehr Energie und Rohstoffe brauchen. Doch die ökologisch bankrotten Industrieländer spielen „schwarzer Peter" mit der Zukunft: Die USA läßt sich nicht auf verbindliche Obergrenzen für ihre Kohlendioxyd-Emissionen ein, die Japaner stimmen denen nur zu, wenn alle Industrieländer das ebenfalls tun, und schließlich taucht auch die EG weg, die lange Zeit so getan hat, als wollte sie beim Schutz des Klimas Taten zeigen. US-Präsident Bush verweigert sich, und alle anderen fallen wie in einer dafür bereits aufgestellten Kette um. Auch die Bundesregierung hat keine Veranlassung, sich als Vorreiter aufzuspielen. Von der 1990 ange- 7686* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 kündigten Reduktion der nationalen Klimagase um 25 bis 30 % bis zum Jahr 2005 ist bis heute nichts eingelöst worden. Im Gegenteil: Selbst bescheidene Finanzhilfen zur Energieeinsparung sind von Finanzminister Waigel gestrichen worden. Bauministerin Schwaetzer hat bis heute keine Neufassung der Wärmeschutzverordnung vorgelegt. Der Bundesverkehrswegeplan von Straßenminister Krause spricht allen ökologischen Anforderungen Hohn, und Landwirtschaftsminister Kiechle denkt bis zuletzt an die Agrarlobby. Von daher verwundert es nicht, daß das Bundeskabinett Ende 1991 bruchlos einen Beschluß zur Energiepolitik gefaßt hat, der auf den Klimaschutz keine Rücksicht nimmt: Danach sollen die CO2- Emissionen des Jahres 1990 im Jahr 2010 nahezu stabil bleiben. Nach außen wird der Anschein inszeniert, aber tatsächlich sieht es böse aus. Der ökologische Umbau muß endlich als Zukunftschance begriffen werden, nicht mehr mit dem hektichen Klein-Klein, sondern mit einem mutigen Programm nach vorn. Durch langfristig angelegte, in den nächsten Jahren stetig steigende Benzin- und Energiepreise können 50 bis 60 Milliarden DM jährlich für ein ökologisches Zukunftsinvestitionsprogramm mobilisiert werden. Damit ließen sich die notwendigen Maßnahmen zur rationellen Energieverwendung, Durchsetzung der Solarenergie und für ein effizientes Verkehrssystem mobilisieren. Etwa 30 Milliarden DM jährlich für den Umbau des Energiesektors, davon anfangs 20 Milliarden DM für die Energieeinsparung und 10 Milliarden DM für die Sonnenenergie, bis dieses Verhältnis in den nächsten Jahren zugunsten der Sonnentechnik umgedreht wird, und etwa 25 Milliarden DM jährlich für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und die Sanierung und Verbesserung der Bundesbahn. Ein derartiges Programm bietet konkrete Perspektiven: Es entlastet die Umwelt, schafft neue Werte und Arbeitsplätze, eröffnet Zukunftsmärkte und hilft den Entwicklungsländern. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf jeden Fall in Rio auf ein derartiges nationales Klimaschutzprogramm zu verpflichten. Dadurch könnte das folgenlose Gequatsche endlich überwunden und hoffentlich ein ökologischer Dominoeffekt ausgelöst werden. Das konkrete Beispiel Bundesrepublik veranlaßte andere Länder, dem nachzutun, und setzte die Länder unter Legitimationszwang, die dies nicht tun. Nur so könnte in Rio noch etwas erreicht werden, sonst droht die Konferenz zum Startsignal für gewaltige Verteilungskonflikte zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern zu werden. Doch es ist fraglich, ob Bundeskanzler Kohl, der bei der deutschen Einheit schon die Wahrheit verdrängt hat, nunmehr, wo die Herausforderung noch viel größer ist, zu derartigen Taten fähig ist. Anlage 3 Erklärung gemäß § 31 GO der Abgeordneten Helmut Sauer (Salzgitter) und Bernhard Jagoda (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) Das Herstellen eines guten Verhältnisses zwischen Deutschland und seinen Nachbarn im Osten ist ehrliches und aufrichtiges Anliegen und Ziel, um eine dauernde Befriedung Europas und eine für alle Menschen glückliche Zukunft in Freiheit und Gerechtigkeit zu erlangen. Das wünschen wir als aus Schlesien Heimatvertriebene insbesondere auch für alle von Flucht, Vertreibung und Zwangsansiedlung getroffenen Menschen. Dies wird unseres Erachtens aber nicht durch die Zementierung der Unrechtsgrenze an Oder und Görlitzer Neiße (wohl letztes sichtbares Zeichen Stalins) gegenüber Polen erreicht werden und auch nicht gegenüber der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik durch die Verfälschung der Beschlüsse von Jalta und Potsdam hinsichtlich der Vertreibungsverbrechen an den Sudetendeutschen. Bei allen Vertragspartnern wäre die Einsicht nötig gewesen, daß nur durch volle Beachtung der mittlerweile international kodifizierten Prinzipien der Menschenrechte ein neues und zukunftsgerichtetes Kapitel im Buch der Geschichte unserer Völker aufgeschlagen werden kann. Die Sudetendeutschen haben die von den Nationalsozialisten in deutschem Namen an den Tschechen begangenen Untaten vielfach nicht nur bedauert, sondern in aller Form verurteilt. Während der kommunistischen Diktatur dort wurden diese Erklärungen niemals erwidert. Hoffnungsvoll und befreiend waren daher die klärenden Worte des nach Ende der kommunistischen Diktatur ersten frei gewählten Staatspräsidenten Vaclav Havel und des dem Erstunterzeichner seit über 15 Jahren persönlich bekannten damaligen Erzbischofs von Prag, Kardinal Tomaschek, gegenüber den Sudentendeutschen. Verschiedene durch das Vertragswerk zu erwartende Verbesserungen sind zu würdigen. Dennoch sind die Opfer von Flucht und Vertreibung zu Recht bitter enttäuscht, wenn nach den Eingeständnissen der Schuld und des Unrechts von deutscher und tschechoslowakischer Seite die verantwortlichen Regierungen bei der Vertragsgestaltung nunmehr nicht die rechtliche und politische Umsetzung der moralischen Erkenntnis vornehmen. 1. Die Prager Regierung lehnt es ab, die völker- und menschenrechtswidrigen Präsidialdekrete jenes Dr. Benes aus dem Jahre 1945 zurückzunehmen und aufzuheben, der sich bereits 1943 als Erfinder der Massenvertreibung der Deutschen und Hauptanreger von Vernichtungsappellen an die Zivilbevölkerung hervorgetan hatte. 2. Der Vertrag gedenkt zwar der Opfer der Vertreibung und des schweren Leides, das vielen unschuldigen Menschen zugefügt wurde, verzichtet aber auf Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 7687* eine Verurteilung der furchtbaren Massaker und zum Teil bewußten Tötungsaktionen gegenüber 240 000 Landsleuten, was dazu führt, daß diese Vertreibung in der CSFR als „Aussiedlung" umgedeutet und im CSFR-Regierungsbericht als „in dieser Form völlig legitim" bezeichnet wird. 3. Der Vertrag ist mehrfach durch Doppeldeutigkeiten auch in anderen Bereichen geprägt, wie z. B. durch die Formulierung zum Münchener Abkommen, die im CSFR-Regierungsbericht als Ungültigkeit „ex tune" interpretiert wird, während die Denkschrift der Bundesregierung von einem völkerrechtlich gültigen Zustandekommen jenes Abkommens ausgeht. 4. Doppeldeutig ist auch die Erklärung, Vermögens- und Eigentumsfragen seien ungelöst und ausgeklammert. (Dadurch wird in der Bundesrepublik Deutschland zur Beruhigung der Vertriebenen gesagt: „Wir haben die Frage offenhalten können"; in der CSFR zur Beruhigung: „Diesen deutschen Wunsch haben wir nicht erfüllt. Der deutsche Außenminister will diesen Sack auch gar nicht öffnen. ") Gleichzeitig werden mit staatlicher Genehmigung Versteigerungsaktionen über deutsches Eigentum in der CSFR mit der sogenannten Reprivatisierung vorgenommen. Und dies geschieht, obwohl doch gerade die Regierung in Prag — wie auch die in Warschau — die Hilfe Deutschlands zum Beitritt in die Europäische Gemeinschaft erwartet. Festzustellen, daß damit frühere Regierungsvereinbarungen (SPD/F.D.P.) gebrochen werden und dieser Regierungsvertrag (CDU/CSU-F.D.P.) bereits in aller Öffentlichkeit unterlaufen wird, bevor er überhaupt Gesetzeskraft erhält, muß erlaubt sein. Wir sehen uns daher nicht in der Lage, dem vorliegenden Vertrag in dieser Fassung und bei der Praxis der Prager Regierung unsere Zustimmung zu geben, und lehnen ihn ab. Die Zukunft wird erweisen, daß eine ehrliche Freundschaft zwischen unseren Völkern nur auf der Basis der geschichtlichen Wahrheit unter Wahrung aller völkerrechtlichen Grundprinzipien sowie dem guten Willen auf beiden Seiten erreicht werden kann. Von einer demokratisch gewählten Regierung in Prag hätte man bei der Vertragsabfassung die Aufhebung der menschenverachtenden Benes-Dekrete, das Bemühen um die Durchsetzung des Rechts auf die Heimat und Vorschläge zur Eigentumsrückgabe bzw. den Willen zu gerechten Lösungen in den Vermögensfragen erwarten müssen, gerade auch, weil dieses Land die Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft anstrebt. Verbitterung wächst aber zusätzlich, wenn die Prager Regierung zwar Entschädigung für geschädigte tschechoslowakische Bürger erwartet und deutsche Steuergelder zum wirtschaftlichen Aufbau jeweils aus moralischen Gründen fordert, zugleich aber jegliche berechtigten Eigentumsansprüche der Sudetendeutschen ablehnt und der moralischen Verurteilung der „Aussiedlung" keineswegs individuelle Wiedergutmachung folgen lassen will. Mit Duldung des andauernden Vertreibungsunrechts und versuchter Legitimierung von Vertreibungsverbrechen wird keine Zukunft gesichert. Die Wiedergutmachung dieser Verbrechen muß behutsam, mutig, rechtsbewußt und das heißt selbstverständlich gewaltlos gemeinsam erarbeitet und durchgeführt werden. Es gilt immer noch: „Nichts ist auf Dauer geregelt, was nicht gerecht geregelt worden ist." Auch wenn wir den Vertrag in dieser Fassung ablehnen, so wünschen wir unserem Nachbarvolk, das der Erstunterzeichner — wie sein Geburtsland Schlesien — seit 1967 (!) mehrmals besucht hat, eine glückliche Erneuerung seiner Gesellschaft in Freiheit und innerem (!) wie äußerem Frieden sowie eine erfolgreiche Neuorientierung in Europa. Die Völker Europas wollen ein neues Europa einander achtender rechts- und wahrheitsbewußter freier Völker und somit ein Europa, aufgebaut auf den Grundlagen von Menschenwürde, Menschen-, Völker-, Heimat- und Selbstbestimmungsrecht. Sehnlichst erhoffen wir uns in absehbarer Zeit einen ehrlichen und aufrichtigen Dialog mit den Sudetendeutschen und dann gerechte Regelungen und für alle betroffenen Volksgruppen akzeptable Lösungen. Anlage 4 Erklärung gemäß § 31 GO der Abgeordneten Dr. Erich Riedl und Kurt J. Rossmanith (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) Das tschechische und das deutsche Volk haben über Jahrhunderte hinweg friedlich und freundschaftlich miteinander und nicht nur nebeneinander gelebt. Durch tragische politische Ereignisse und Unrecht von beiden Seiten verkehrte sich in diesem Jahrhundert dieses Miteinander ins Gegenteil und führte zur Vertreibung von 3,5 Millionen Sudetendeutschen aus ihrer Heimat. Als Deutsche, die im Sudetenland geboren sind und deren Vorfahren dort seit vielen Jahrhunderten beheimatet waren, fühlen wir uns dem Werk der Aussöhnung zwischen unseren Völkern in besonderer Weise verpflichtet. Diesen Willen zur Aussöhnung unterstellen wir auch dem tschechischen Volk, erklärte doch Staatspräsident Vaclav Havel kurz nach seinem Amtsantritt, er erblicke in der Vertreibung der Sudetendeutschen eine „zutiefst unmoralische Tat". So anerkennen wir auch im vorliegenden Vertrag als Fortschritt, daß — in der Präambel des Vertrages die Vertreibung erstmals in einem zwischenstaatlichen Dokument als solche bezeichnet wird, 7688* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 — den in der CSFR lebenden Deutschen individuelle Minderheitenrechte eingeräumt werden und deren Geltendmachung in einem zwischenstaatlichen Streitbeilegungsverfahren ermöglicht wird, — kein endgültiger Schlußstrich unter die sudetendeutschen Fragen gezogen und damit der Weg zu ihrer Regelung einschließlich der Vermögensfragen offengehalten wird, — die Tschechische und die Slowakische Republik den mit tschechoslowakischer Staatsangehörigkeit in der CSFR noch lebenden Deutschen entzogenes Vermögen unabhängig von dem Vertrag teilweise zurückgibt, — das Bekenntnis zur jahrhundertelangen fruchtbaren Tradition gemeinsamer Geschichte und die verschiedenen Perspektiven bezüglich kultureller Zusammenarbeit auch den Sudetendeutschen die Möglichkeit gibt, ihre heimatliche Tradition fortzusetzen. Wir müssen jedoch mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, daß — das Recht auf die Heimat keinen Eingang in die Vereinbarung gefunden hat, — bezüglich des Begriffs „Vertreibung" in dem Regierungsbericht für die Föderalversammlung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik vom 6. März 1992 versucht wird, die Vertreibung als „Aussiedlung" mit dem sogenannten Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 zu „legitimieren" , — der offene Dissens über die mit den Folgen des Münchener Abkommens zusammenhängenden Fragen fortgesetzt wird, — die Tschechische und Slowakische Föderative Republik der Europäischen Menschenrechtskonvention und den Zusatzprotokollen zwar beigetreten ist, das Individualbeschwerderecht zum Eigentumsschutz jedoch ausgeschlossen hat, — zwar individuelle Entschädigungen für geschädigte tschechoslowakische Bürger erwartet werden, jegliche Ansprüche Sudetendeutscher auf Eigentumsrückgabe, Entschädigung oder sonstige Schadenersatzleistungen aber abgelehnt werden, — das tschechoslowakische Gesetz vom 8. Mai 1946, wonach „eine Handlung, die in der Zeit vom 30. September 1938 bis zum 28. Oktober 1945 vorgenommen wurde und deren Zweck es war, einen Beitrag zum Kampf um die Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zu leisten, oder die einer gerechten Vergeltung für Taten der Okkupanten und ihrer Helfershelfer zum Ziele hatte, ... auch dann nicht widerrechtlich (ist), wenn sie sonst nach den geltenden Vorschriften strafbar gewesen wäre", nicht zurückgenommen wird. Diese Gründe sind so schwerwiegend, daß wir uns nicht in der Lage sehen, dem am 27. Februar 1992 unterzeichneten Vertrag unsere Zustimmung zu geben. Wir erwarten deshalb, daß — unter Beteiligung der Betroffenen — zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik alsbald Gespräche aufgenommen werden über — die Schaffung von Modellen für die Verwirklichung des Rechts auf die Heimat, denen Tschechen und Sudetendeutsche zustimmen können, — eine sozial- und wirtschaftsverträgliche Regelung der Vermögensfragen und eine sofortige Einstellung der im Widerspruch zu der vereinbarten Offenhaltung der Vermögensfragen stattfindenden Versteigerungen, die ohne unverzügliche Maßnahmen dem totalen Verfall anheimgegeben sind. Anlage 5 Erklärung gemäß § 31 GO der Abgeordneten Renate Blank, Wolfgang Ehlers, Horst Gibtner, Dr. Wolfgang Götzer, Josef Hollerith, Georg Janovsky, Dr. Egon Jüttner, Hartmut Koschyk, Eduard Lintner, Rudolf Meinl, Dr. Günther Müller, Dr. Gerhard Päselt, Angelika Pfeiffer, Dr. Peter Ramsauer, Christian Schmidt (Fürth), Dr. Harald Schreiber, Karl-Heinz Spilker, Erika Steinbach-Hermann, Herbert Werner (Ulm), Dr. Fritz Wittmann (alle CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) Zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit stellen wir fest: Es ist ein Fortschritt, daß — in der Präambel des Vertrages die Vertreibung erstmals in einem zwischenstaatlichen Dokument als solche bezeichnet wird, — den in der CSFR lebenden Deutschen individuelle Minderheitenrechte eingeräumt werden und deren Geltendmachung in einem zwischenstaatlichen Streitbeilegungsverfahren ermöglicht wird, — kein endgültiger Schlußstrich unter die sudetendeutschen Fragen gezogen und damit der Weg zu ihrer Regelung einschließlich der Vermögensfrage offengehalten wird, — die tschechische und die slowakische Republik den mit tschechoslowakischer Staatsangehörigkeit in der CSFR noch lebenden Deutschen entzogenes Vermögen unabhängig von dem Vertrag teilweise zurückgibt, — das Bekenntnis zur jahrhundertelangen fruchtbaren Tradition gemeinsamer Geschichte und die verschiedenen Perspektiven bezüglich kultureller Zusammenarbeit auch den Sudentendeutschen Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 7689* die Möglichkeit geben, ihre heimatliche Tradition fortzusetzen. Wir bedauern jedoch, daß — das Recht auf die Heimat keinen Eingang in die Vereinbarung gefunden hat, — bezüglich des Begriffs „Vertreibung" in dem Regierungsbericht für die Föderalversammlung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik vom 6. März 1992 versucht wird, die Vertreibung als Aussiedlung mit dem sogenannten Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 zu „legitimieren", — der offene Dissens über die mit den Folgen des Münchener Abkommens zusammenhängenden Fragen fortgesetzt wird, — die Tschechische und Slowakische Föderative Republik der Europäischen Menschenrechtskonvention und den Zusatzprotokollen zwar beigetreten ist, das Individualbeschwerderecht zum Eigentumsschutz jedoch ausgeschlossen hat, — zwar individuelle Entschädigungen für geschädigte tschechoslowakische Bürger erwartet werden, jegliche Ansprüche Sudetendeutscher auf Eigentumsrückgabe, Entschädigung oder sonstige Schadenersatzleistungen aber abgelehnt werden, — das tschechoslowakische Gesetz vom 8. Mai 1946, wonach „ eine Handlung, die in der Zeit vom 30. September 1938 bis zum 28. Oktober 1945 vorgenommen wurde und deren Zweck es war, einen Beitrag zum Kampf um die Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zu leisten, oder die eine gerechte Vergeltung für Taten der Okkupanten und ihrer Helfershelfer zum Ziele hatte, ... auch dann nicht widerrechtlich (ist), wenn sie sonst nach 'den geltenden Vorschriften strafbar gewesen wäre", nicht zurückgenommen wird. Wir erwarten, daß — unter Beteiligung der Betroffenen — zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Förderativen Republik alsbald Gespräche aufgenommen werden über — die Schaffung von Modellen für die Verwirklichung des Rechts auf die Heimat, denen Tschechen und Sudentendeutsche zustimmen können, — eine sozial- und wirtschaftsverträgliche Regelung der Vermögensfragen nach Einstellung der im Widerspruch zu der vereinbarten Offenhaltung der Vermögensfragen stattfindenden Versteigerungen, — die Erhaltung von Kulturdenkmälern, die ohne unverzügliche Maßnahmen dem totalen Verfall anheimgegeben sind. Die Völker und Volksgruppen der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik können versichert sein, daß wir mit unserer Person dafür bürgen, daß Deutschland ihre Lebensrechte und einen friedlichen und rechtsstaatlichen Weg in die Zukunft mit sichern wird. Anlage 6 Erklärung gemäß § 31 GO des Abgeordneten Claus Jäger (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) Dem Vertrag mit der Tschechoslowakei vermag ich nicht zuzustimmen. Ein so umfassend angelegter Vertrag, der nicht auch die Vermögensfragen der vertriebenen Deutschen regelt, wird bestehende Wunden im Verhältnis der beiden Völker weiterschwären lassen und damit jenes langfristige Vertrauensverhältnis nicht herstellen können, das sein Ziel ist. Trotz vieler positiver Abmachungen in dem Vertrag, die ich begrüße, ist damit die Basis für eine Zustimmung zum Ratifizierungsgesetz für mich nicht gegeben. Anlage 7 Erklärung gemäß § 31 GO der Abgeordneten Wolfgang Lüder, Cornelia Schmalz-Jacobsen, Gerhart Rudolf Baum, Dr. Burkhard Hirsch und Dr. Jürgen Starnick (alle F.D.P.) zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der CDU/CSU und F.D.P. zu dem Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Februar 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 12/2468, 12/2612, 12/2621) Wir stimmen den anstehenden Verträgen mit Ungarn und der CSFR uneingeschränkt zu. Deswegen lehnen wir den Antrag der Koalitionsfraktionen einer Zusatzentschließung zum CSFR-Vertrag ab. Der Vertrag ist ausgewogen, verständlich und zukunftsweisend. Er spricht für sich, deswegen sollte er auch für sich stehen. Die Resolution erweckt den unbegründeten Anschein, deutsche Interessen seien hier zu kurz gekommen. Das setzt ein falsches Signal sowohl für Deutschland und unsere Bürger als auch für die CSFR und unsere tschechischen und slowakischen Nachbarn. Die Entschließung ist überflüssig, weil wir als Deutscher Bundestag erst vor kurzem in dem Beschluß zur Drucksache 12/2311 vom 19. März dieses Jahres unsere Position zu den aus Osteuropa Vertriebenen deutlich gemacht haben. Die Entschließung ist falsch, weil sie ein falsches Bild der Vergleichbarkeit von Unrecht zeichnet. Wir können nicht zum deutsch-tschechoslowakischen Verhältnis sprechen, ohne zur völkerrechtswidrigen Besetzung von Teilen des Landes, ohne zum politischen Überfall durch Deutschland, ohne zu den Kriegsverbrechen der Deutschen, ohne zu Lidice und Judenmorden Klartext zu reden. Eigenes Unrecht darf nicht weniger deutlich beim Namen genannt werden 7690* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Mai 1992 als fremdes. Dieser Maxime, die unser Bundespräsident in seiner Rede in Prag erwähnte, wird die Entschließung nicht gerecht. Deswegen stimmen wir mit Nein. Anlage 8 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/1968 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 11/1479 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 12/1782 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Finanzausschuß Drucksache 12/2257 Nr. 3.3 Ausschuß für Familie und Senioren Drucksache 12/2257 Nr. 3.62 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 12/1838 Nr. 3.4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 12/2144 Nr. 2.15 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/1612 Nr. 2.11 Drucksache 12/2101 Nr. 3.47 Drucksache 12/2257 Nr. 3.70
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dorothee Wilms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere tägliche Arbeit hier im Deutschen Bundestag ist normalerweise auf Gegenwart und Zukunft gerichtet. Die Enquete-Kommission soll sich vorwiegend mit der Vergangenheit und ihren Wirkungen auf die Gegenwart beschäftigen. Vergangenheit — so hat es Bundespräsident von Weizsäcker einmal formuliert — könne man nicht bewältigen; sie lasse sich ja nicht nachträglich ändern oder ungeschehen machen; wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließe, werde blind für die Gegenwart.
    Dieses Wort, meine Damen und Herren, war auf die Jahre der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland gemünzt. Aber ich finde, es besitzt auch Gültigkeit, wenn wir auf die Jahre. der SED-Diktatur in Deutschland blicken. Wir können diese 40 Jahre, die für ungezählte Deutsche Unrecht und Verfolgung mit sich brachten, die Leid, Demütigung, Entmündigung und Entwurzelung bedeuteten, nicht „bewältigen", weil sie sich ja nicht ungeschehen machen lassen. Wir können uns ihnen nur stellen, uns mit ihnen auseinandersetzen, und das wollen und werden wir in der Enquete-Kommission tun.
    Wir tun dies vor allem um jener Deutschen willen, die der SED-Diktatur unterworfen waren und zu deren Opfern wurden und die auf der Schattenseite deutscher Nachkriegsgeschichte standen. Selbstverständlich können wir das Unrecht, das sie in über 40 Jahren erlitten haben, nicht in allem wiedergutmachen, schon gar nicht im materiellen Sinne, aber wir wollen ihnen — so steht es in der Präambel unserer Beschlußempfehlung — Hilfen bei der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Hilfen bei der Bewertung eigener und fremder Verantwortung und Schuld geben, Hilfen, die heilend wirken sollen. Es geht darum, jenen, die unter dem SED-Regime leben mußten, etwas zurückzugeben, was ihnen der allmächtige Staat brutal zu nehmen versucht hat: Selbstwertgefühl, Ehre, Identität.
    Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit geht aber alle Deutschen an; täuschen wir uns da nicht! So ist der Auftrag dieser Kommission ein gesamtdeutscher Auftrag. Die Teilung Deutschlands mit all ihren
    Folgen war unser gemeinsames Schicksal. Deshalb sprechen wir in der Präambel unserer Beschlußempfehlung von den gemeinsamen Aufgaben aller Deutschen, sich mit dem SED-Staat und seinen Folgen auseinanderzusetzen. Deshalb schlagen wir vor, der Kommission folgenden Namen zu geben: Aufarbeitung der Geschichte und der Folgen der SED-Diktatur in Deutschland.
    Die Kommission — die vorliegende Beschlußempfehlung zeigt es Ihnen — hat sich selbst ein sehr großes und umfassendes Arbeitsfeld zugewiesen. Erlauben Sie mir, aus der Fülle der Punkte nur zwei anzusprechen, deren Aufnahme in die Beschlußempfehlung wir von der CDU/CSU-Fraktion für unverzichtbar gehalten haben:
    Das ist einmal die Frage nach den, wie es in der Präambel heißt, Wurzeln des in der SBZ/DDR errichteten diktatorischen Systems. Wir müssen diesen Wurzeln nachgraben, wenn wir die Strukturen und die Strategien der SED-Diktatur, aber auch die Instrumente, deren sich die SED bediente, um Macht zu begründen, Macht zu rechtfertigen und zu zementieren, begreifen wollen.
    Es geht hier auch nicht nur um das MfS, die Stasi, sondern um die, denen die Stasi Schild und Schwert war. Die DDR, die zweite Diktatur auf deutschem Boden in diesem Jahrhundert, dieses System des sogenannten real existierenden Sozialismus, baute auf Fundamenten auf, die eindeutig ideologischer Natur waren. Es mag sein, daß der eine oder andere auch höhere SED-Funktionär das marxistisch-leninistische Einmaleins nicht mehr bis zur letzten Perfektion beherrschte oder beherrschen wollte. Aber Tatsache ist und bleibt, daß mit der Ideologie der Grundstein für alles gelegt wurde, was nach 1945 zunächst in der SBZ und dann in der DDR geschah. Deshalb werden und müssen wir uns mit ihr auseinandersetzen. Theorie und Praxis können nicht auseinandergerissen werden. Die Praxis folgte der vorgegebenen Theorie.
    Zweitens erscheint es uns unabdingbar, die Aufarbeitung der DDR-Geschichte in den Rahmen der innerdeutschen Beziehungen und Verbindungen zu stellen, und zwar nicht nur der Beziehungen der Regierungen, sondern aller auf allen Ebenen: Welche Rückwirkungen hatten die politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und kirchlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR auf die innere Entwicklung des SED-Staats? Das gleiche gilt auch umgekehrt. Es darf gerade auf diesem Feld, so denke ich, nichts ungeklärt bleiben, es darf wegen der Menschen im vereinten Deutschland nichts nachträglich verharmlost werden. Nur wenn wir so handeln, werden wir der Aufgabe gerecht, die sich diese Enquete-Kommission setzt, nämlich Vertrauen zwischen den Menschen in Deutschland zu schaffen.
    Lassen Sie mich noch einmal sehr deutlich sagen: Letztlich müssen wir uns in all unseren Überlegungen und in all unseren Projekten und Vorhaben an den Menschen orientieren. Wir müssen die Menschen als Ausgangs- und Zielpunkt nehmen.



    Dr. Dorothee Wilms
    Meine Damen und Herren, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird dieser Beschlußempfehlung zustimmen, auch in der Erkenntnis, daß wir manches vielleicht anders formuliert oder akzentuiert hätten. Aber wir haben uns um der Sache und um der Menschen willen dem gesetzten Ziel untergeordnet, einen gemeinsamen, zwischen uns allen unstrittigen Auftrag zu formulieren. Ich denke, das ist gut so.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile jetzt unserem Kollegen Markus Meckel das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Markus Meckel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich vor einem halben Jahr den Vorschlag für die Einsetzung dieser Kommission machte und wir dann in einer kleinen Gruppe zusammensaßen, um den ersten Antrag dafür zu formulieren, als wir dann auch mit Kollegen aus anderen Fraktionen sprachen, glaubte ich nicht, daß es uns gelingen werde, diese Kommission wirklich einzusetzen. Als wir vor zwei Monaten die Kommission einsetzten, glaubten viele nicht, daß es uns gelingen werde, eine gemeinsame, von allen getragene Aufgabenstellung zu erarbeiten, die dann auch noch Qualität hat.
    Ich denke, wir legen sie Ihnen nun vor, entgegen den Erwartungen vieler. Ich meine, das ist ein sehr gutes Zeichen dafür, daß sich das deutsche Parlament, der Deutsche Bundestag, mit großer Ernsthaftigkeit diese Aufgabe vornimmt, um sich die belastete Geschichte der zweiten deutschen Diktatur dieses Jahrhunderts zum Thema zu machen, nach den Folgen zu fragen, die sie für die Menschen hatte, und auch danach zu fragen, was das für uns hier im Deutschen Bundestag heißt.
    Daß wir Ihnen diese Aufgabenstellung heute vorlegen, ist ein Zeichen für den Willen zum Konsens, ist ein Zeichen dafür, daß wir bereit sind, daß der Deutsche Bundestag bereit ist, sich differenziert auf die Geschichte einzulassen und sie nicht als Holzhammer zu mißbrauchen, mit dem dann möglicherweise eine Partei auf die andere einschlägt. Ich bin froh darüber; denn insbesondere die Menschen im Osten Deutschlands erwarten, daß ihre Geschichte und sie mit ihrer Geschichte ernst genommen werden, daß diese Geschichte differenziert betrachtet wird und nicht auf Enthüllungsgeschichten reduziert. Deutschland braucht eine würdige Beschäftigung mit den Opfern von 45 Jahren Repressionsgeschichte.
    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht selten hört man angesichts gerade anderen Umgangs mit dieser Geschichte heute schon sagen: Laßt doch die Vergangenheit, wir müssen uns der Zukunft zuwenden. — Ich möchte dagegen betonen: Die Art und Weise, wie wir mit dieser Vergangenheit umgehen, mit ihren Folgen, den Opfern und den Verantwortlichen, wird sich ganz wesentlich auf unsere Zukunftsfähigkeit auswirken. Was Geschichte noch nach Jahrzehnten bedeutet, haben wir gerade in der Diskussion, die wir jetzt hinter uns haben, zu den Verträgen gemerkt.
    Ich denke, in der Frage, wie wir mit der Geschichte umgehen, steht die Glaubwürdigkeit von Politik auf dem Spiel. Wir hoffen, in der Kommission einen Beitrag zur Versöhnung in Deutschland leisten zu können, zur, wie es heißt, Festigung des demokratischen Selbstbewußtseins und der Weiterentwicklung einer gemeinsamen politischen Kultur in Deutschland.
    Die vorliegende Aufgabenstellung der Kommission ist kein schwacher Kompromiß der ursprünglichen Anträge. Ich denke sagen zu können — jedenfalls bin ich der Meinung —, er ist besser als alle einzelnen Anträge, die von uns vorgelegt worden sind, da er die spezifische Aufgabe einer solchen Kommission besser und konzentriert verdeutlicht und gleichzeitig zeigt, wie wir arbeiten wollen. Wir wollen — und ich denke, darauf sollten wir Wert legen — ein ergebnisorientiertes, differenziertes Arbeiten.
    In dem Antrag steht dann auch, worauf wir als praktische Konsequenzen hinaus wollen. Wir wollen Beiträge zur politischen und moralischen Rehabilitierung der Opfer und zur Überwindung der diktaturbedingten Schäden leisten. Wir wollen das Aufzeigen von Möglichkeiten zur Überwindung fortwirkender Benachteiligungen in Bildung und Beruf und Beiträge zur Klärung der Problematik von Regierungskriminalität in der DDR geben.
    Der Erhalt, die Sicherung und die Öffnung der entsprechenden Archive sind uns wichtig, auch die Verbesserung der historischen Arbeit an dieser Geschichte. Es wird ganz wesentlich sein, Handlungsempfehlungen an den Deutschen Bundestag zu geben im Hinblick auf gesetzgeberische Maßnahmen und sonstige politische Aktivitäten. Und dann etwas, das wir ganz gewiß auch im Hinblick auf unsere Nazivergangenheit als Deutschland auch heute immer noch brauchen: Hinweise zur pädagogisch-psychologischen Verarbeitung auch der DDR-Vergangenheit.
    Meine Damen und Herren, die Arbeit dieser Enquete-Kommission ist eine besondere gegenüber früheren und anderen Enquete-Kommissionen. Nur die Aufgabe des Reichstagsausschusses, der sich während der Weimarer Republik zwölf Jahre lang mit den Folgen des Ersten Weltkriegs beschäftigt hat, ist mit unserer Aufgabe vergleichbar, und auch dieser Auftrag war im Vergleich zu unserem noch begrenzt.
    Wir werden uns also sehr auf die zentralen Fragen konzentrieren müssen, dürfen uns nicht verzetteln und müssen, wie ich denke, mit einer klaren Konzeption arbeiten. Besondere Aufgaben erfordern besondere Methoden und eine entsprechende Ausstattung. Darum wollen wir den Deutschen Bundestag dann auch bitten.
    Wir haben erste Verabredungen über unsere Arbeitsweise getroffen: In der ersten Phase haben wir uns zwei Veranstaltungen vorgenommen, in denen wir im besonderen Kontakt mit der Öffentlichkeit bleiben wollen, mit der Öffentlichkeit im Lande, mit Opfern und mit denen, die sonst noch mit der Aufarbeitung beschäftigt sind.



    Markus Meckel
    Einmal wollen wir eine Anhörung zu dem Thema machen: Was ist politische Aufarbeitung? Hier wollen wir das Verhältnis zur juristischen Aufarbeitung klären: Welches Recht galt denn in der DDR, und was sind die Bewertungsmaßstäbe, mit denen wir hier umgehen, wenn wir konkretes Handeln beurteilen wollen? Was ist persönliche Verantwortlichkeit, und was ist durch die Struktur bedingt? Wo sind die Grenzen und die Möglichkeiten juristischer Aufarbeitung, und wo liegt hier unsere Aufgabe? Dieser Frage wollen wir uns im Gespräch mit anderen stellen.
    Ferner wollen wir im Gespräch sein mit den Initiativen im Lande, den Dokumentationszentren, Arbeitsgruppen und Bürgerinitiativen, die sich das Thema der Aufarbeitung zum Ziel setzen. Wir haben kein Monopol auf Aufarbeitung und wollen es nicht haben. Dies geht nicht; wir können hier nur unseren Beitrag leisten. Dies wollen wir im öffentlichen Diskurs und im Gespräch miteinander tun.
    Ferner brauchen wir das Gespräch mit den Opfern, wobei in diesem Zusammenhang natürlich dieser etwas diffuse Begriff genauer auszudifferenzieren ist. Die Opfer müssen rehabilitiert werden, und sie bedürfen der Hilfe und Förderung.
    In knapp zwei Jahren wird wenigstens ein Zwischenbericht auf dem Tisch liegen müssen. Wir werden dafür sehr angestrengt arbeiten müssen. Dies erfordert ein ernsthaftes und methodisch reflektiertes Herangehen mit einer klaren Konzeption für den gesamten Zeitraum, was die Arbeitsweise betrifft. Hier steht, wie ich denke, die Seriosität des Unternehmens auf dem Spiel. Über verschiedene Konzeptionen läßt sich streiten. Wichtig ist jedoch, daß wir zu einer gemeinsamen Konzeption in der Vorgehensweise kommen, zu einer Konzeption, die der Aufgabenstellung wirklich gerecht wird.
    Manche Vorschläge — dies muß ich bekennen — zu unserem Vorgehen, könnten, so denke ich, dazu beitragen, die Seriosität der Arbeit der EnqueteKommission in Frage zu stellen. Ich meine, ein Potpourri von Themen und ein wechselweises Ansprechen von Themen, die man dann nicht wirklich bearbeiten kann, werden die Ernsthaftigkeit unserer Arbeit in der Öffentlichkeit in Frage stellen. Ich hoffe sehr, daß es uns gelingt, in den nächsten Wochen auch in der Frage der Arbeitsweise zu einem gemeinsamen Handeln zu kommen, das der Aufgabe gerecht wird. Ich hoffe, daß es uns gelingt, die Fragen so zu stellen, daß die Menschen erkennen, daß es ihre Fragen sind, die hier thematisiert werden, daß es ihre Bedrückungen sind, die sie in der Vergangenheit schwer belastet haben und die sie in ihrem Leben mit tragen.
    Ich hoffe, daß es uns gelingt, diese Fragen so zu stellen, daß wir sie auch durch die Art, wie wir sie behandeln, so bearbeiten können, daß dies der Ernsthaftigkeit des Unternehmens gerecht wird.
    Meine Damen und Herren, wir haben uns auf einen schweren Weg gemacht, der in der Parlamentsgeschichte einzigartig ist. Gehen wir ihn so, daß wir anschließend mit Würde und vielleicht auch mit Stolz auf diesen Weg zurückblicken können.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der F.D.P. und dem Bündnis 90/GRÜNE)