Rede von
Uta
Würfel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
In der Tat ist hier der eine Todesfall beschrieben. Er wird in den Zusammenhang mit übermäßigem Gebrauch von Nikotin gestellt. Ich überlasse Ihnen diese Broschüre gern, damit Sie sich selbst sachkundig machen können.
Meine Damen und Herren, könnte man vielleicht sagen, daß den Frauen heute auf subtile Art und Weise zugemutet wird, erhöhte gesundheitliche Risiken auf sich zu nehmen, wenn diese Pille nicht zugelassen wird? Meinen Sie nicht auch, daß den Frauen das Recht auf besten gesundheitlichen Schutz zu verweigern den Verdacht aufkommen läßt, daß Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen sollen, es besonders schwer gemacht werden soll, ja, daß sie im Grunde genommen bestraft werden sollen?
Hoechst läßt mit seiner Verweigerungs- und Hinhaltetaktik, so meine ich, die Frauen tatsächlich im Regen stehen.
Ich habe kein Verständnis dafür, daß sich die Firma aus ihrer Verantwortung stiehlt und dieses Verhalten mit dem angeblich fehlenden gesellschaftlichen Konsens begründet. Wann besteht denn nach Meinung von Hoechst ein gesellschaftlicher Konsens, damit ungewollt schwangere Frauen eine Schwangerschaft mit der optimalen Methode legal abbrechen können?
Frauen, die nach Abwägung aller Faktoren die eigenverantwortliche Entscheidung getroffen haben und für die die Voraussetzungen vorliegen, eine Schwangerschaft legal abbrechen zu lassen, haben doch das Recht, daß ihnen die modernste und risikoärmste Methode zur Verfügung steht.
Die starre Haltung des Hoechst-Konzerns wird angesichts der gesellschaftlichen Gruppen, die sich für eine Zulassung in der Bundesrepublik einsetzen, immer unverständlicher. Frauen in Frankreich, England und Österreich steht mit dieser neuen medikamentösen Methode eine schonendere und risikoärmere Art zur Verfügung, eine Abtreibung vornehmen zu lassen.
Es ist nicht nachvollziehbar, liebe Kolleginnen und Kollegen, daß Hoechst immer wieder den Eindruck zu erwecken versucht, die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs sei in der Bundesrepublik ungeklärt, und darüber hinaus auch noch unterstellt, daß bei Freigabe von RU 486 dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet werde. Hoechst weiß doch so gut wie wir alle, daß gerade in der Bundesrepublik die Bedingungen, unter denen ein Schwangerschaftsabbruch erfolgen darf, strengstens geregelt sind. Dazu gehört auch, daß nur in autorisierten Arztpraxen und Krankenhäusern ein Abbruch vorgenommen werden darf und daß ein Schwangerschaftsabbruch nur dann grundsätzlich straffrei ist, wenn die Vorgaben der Indikationsregelung nach geltendem Recht eingehalten werden.
Ein unter ärztlicher Kontrolle verabreichtes Medikament macht eine Operation, einen invasiven Eingriff überflüssig. Aber sicher werden dadurch keineswegs die gesetzlichen Regelungen der §§. 218 und 219 außer Kraft gesetzt.
Politikerinnen aller Parteien, liebe Kolleginnen und Kollegen, fordern mit Nachdruck, das Präparat RU 486 beim Bundesgesundheitsamt zur Zulassung anzumelden. Die F.D.P.-Fraktionsvorsitzenden der Länder und Gemeinden unterstützen ebenfalls in einer Empfehlung diese Forderung. Sowohl der Deutsche Ärztinnenbund als auch die Deutsche Ärztekammer haben sich für eine Zulassung dieses Präparats ausgesprochen. Die Auffassung der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft belegt folgendes Zitat:
Es ist ärztliche Pflicht, daß jeder in der Klinik durchgeführte Schwangerschaftsabbruch unabhängig von der Indikation wie alle medizinischen Maßnahmen so risikoarm wie möglich durchgeführt werden muß.
Also noch einmal eine Verdeutlichung: Es geht hier nicht um die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Frau eine Schwangerschaft abbrechen darf. Diese Frage ist gesetzlich geklärt. Es geht hier um die Forderung, den Frauen die Methode zur Verfügung zu stellen, die die geringsten gesundheitlichen Risiken für die Frau beim Schwangerschaftsabbruch birgt.
Die jetzige Haltung des Konzerns, keinen Zulassungsantrag beim Bundesgesundheitsamt stellen zu wollen, ist unverständlich und läßt die Frage zu, ob sich Hoechst etwa vor den Karren derer spannen läßt, die Wert darauf legen, daß die Frauen beim Schwangerschaftsabbruch auch gesundheitliche Risiken in Kauf nehmen sollen.
Ich appelliere also an Hoechst, Frauen, die sich nach den gesetzlichen Vorgaben für einen Schwangerschaftsabbruch in der Bundesrepublik entschieden haben, nicht länger die risikoärmste Methode zu verweigern.