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    Plenarprotokoll 12/71 BundestagDeutscher Stenographischer Bericht 71. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. Januar 1992 Inhalt: Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (Drucksache 12/1869) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (Drucksache 12/988) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 6003 B Edgar Meister, Minister des Landes Rheinland-Pfalz 6005 B Martin Grüner FDP 6007 B Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 6008 A Eike Ebert SPD 6008 D Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 6010B Gunnar Uldall CDU/CSU 6011B Dr. Norbert Wieczorek SPD 6013A, B Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Willfried Penner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verwaltungsaufbau in den neuen Bundesländern (Drucksachen 12/176, 12/916) Rolf Schwanitz SPD 6014 C Werner H. Skowron CDU/CSU 6016A Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 6017 D Heinz-Dieter Hackel FDP 6019B Jochen Welt SPD 6020 B Hartmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU 6022 D Dr. Jürgen Schmieder FDP 6024 B Gisela Schröter SPD 6026 B Dr. Michael Luther CDU/CSU 6028 B Dr. Horst Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 6029 C Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Freimut Duve, Wolfgang Thierse, Dr. Willfried Penner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für das Deutsche Historische Museum (Drucksache 12/736) Dieter Schloten SPD 6032 A Dr. Roswitha Wisniewski CDU/CSU . . 6033 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 6034 B Dr. Jürgen Starnick FDP 6034 C Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 6035 C Nächste Sitzung 6036 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6037* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6038* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. Januar 1992 6003 71. Sitzung Bonn, den 17. Januar 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Berger, Johann Anton SPD 17.01.92 Braband, Jutta PDS/LL 17.01.92 Brähmig, Klaus CDU/CSU 17.01.92 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 17.01.92 Dr. von Bülow, Andreas SPD 17.01.92 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 17.01.92 Clemens, Joachim CDU/CSU 17.01.92 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 17.01.92 Herta Dr. Diederich (Berlin), SPD 17.01.92 Nils Dörflinger, Werner CDU/CSU 17.01.92 Doppmeier, Hubert CDU/CSU 17.01.92 Doss, Hansjürgen CDU/CSU 17.01.92 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 17.01.92* Gallus, Georg FDP 17.01.92 Gattermann, Hans H. FDP 17.01.92 Dr. Gautier, Fritz SPD 17.01.92 Dr. Glotz, Peter SPD 17.01.92 Graf, Günter SPD 17.01.92 Grünbeck, Josef FDP 17.01.92 Günther (Plauen), FDP 17.01.92 Joachim Dr. Gysi, Gregor PDS/LL 17.01.92 Haack (Extertal), SPD 17.01.92 Karl-Hermann Haschke CDU/CSU 17.1.92 (Großhennersdorf), Gottfried Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 17.01.92 Dr. Haussmann, Helmut FDP 17.01.92 Heistermann, Dieter SPD 17.01.92 Henn, Bernd fraktionslos 17.01.92 Heyenn, Günther SPD 17.01.92 Dr. Hoffacker, Paul CDU/CSU 17.01.92 Hollerith, Josef CDU/CSU 17.01.92 Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 17.01.92 Huonker, Gunter SPD 17.01.92 Iwersen, Gabriele SPD 17.01.92 Jaunich, Horst SPD 17.01.92 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 17.01.92 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 17.01.92 Dr. Kappes, CDU/CSU 17.01.92 Franz-Hermann Kastner, Susanne SPD 17.01.92 Klein (München), Hans CDU/CSU 17.01.92 Klemmer, Siegrun SPD 17.01.92 Kolbe, Manfred CDU/CSU 17.01.92 Krause, Rudolf CDU/CSU 17.01.92 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 17.01.92 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 17.01.92 Kubicki, Wolfgang FDP 17.01.92 Lamers, Karl CDU/CSU 17.01.92 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lamp, Helmut Johannes CDU/CSU 17.01.92 Lüder, Wolfgang FDP 17.01.92 Matschie, Christoph SPD 17.01.92 Meinl, Rudolf Horst CDU/CSU 17.01.92 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 17.01.92 Dorothea Dr. Mertens (Bottrop), SPD 17.01.92 Franz-Josef Dr. Mildner, Klaus CDU/CSU 17.01.92 Gerhard Mosdorf, Siegmar SPD 17.01.92 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 17.01.92* Müller (Pleisweiler), SPD 17.01.92 Albrecht Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 17.01.92 Neumann (Bremen), CDU/CSU 17.01.92 Bernd Nitsch, Johannes CDU/CSU 17.01.92 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 17.01.92 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 17.01.92* Rawe, Wilhelm CDU/CSU 17.01.92 Rempe, Walter SPD 17.01.92 Reuschenbach, Peter W. SPD 17.01.92 Rode (Wietzen), Helmut CDU/CSU 17.01.92 Schaich-Walch, Gudrun SPD 17.01.92 Schmidbauer (Nürnberg), SPD 17.01.92 Horst Schmidt (Dresden), Arno FDP 17.01.92 Dr. Schneider CDU/CSU 17.01.92 (Nürnberg), Oscar Seibel, Wilfried CDU/CSU 17.01.92 Dr. Seifert, Ilja PDS/LL 17.01.92 Seiler-Albring, Ursula FDP 17.01.92 Dr. Semper, Sigrid FDP 17.01.92 Dr. Stavenhagen, Lutz G. CDU/CSU 17.01.92 Stockhausen, Karl CDU/CSU 17.01.92 Stübgen, Michael CDU/CSU 17.01.92 Thiele, Carl-Ludwig FDP 17.01.92 Dr. Ullmann, Wolfgang BÜNDNIS 17.01.92 90/GRÜNE Dr. Vogel, Hans-Jochen SPD 17.01.92 Voigt (Frankfurt), SPD 17.01.92 Karsten D. Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 17.01.92 Vosen, Josef SPD 17.01.92 Weis (Stendal), Reinhard SPD 17.01.92 Weiß (Berlin), Konrad BÜNDNIS 17.01.92 90/GRÜNE Dr. Wilms, Dorothee CDU/CSU 17.01.92 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 17.01.92 90/GRÜNE Zurheide, Burkhard FDP 17.01.92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 6038* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. Januar 1992 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 638. Sitzung vom 19. Dezember 1991 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Erstes Gesetz zur Änderung des Flächenstillegungsgesetzes 1991 Gesetz zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Errichtung und das Verfahren der Schiedsstellen für Arbeitsrecht und zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes Gesetz zur Regelung von Vermögensfragen der Sozialversicherung im Beitrittsgebiet und zur Änderung von Gesetzen Gesetz zur Änderung des Unterhaltsvorschußgesetzes und der Unterhaltssicherungsverordnung Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz — StUG) Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes Gesetz zur Übertragung der Aufgaben der Bahnpolizei und der Luftsicherheit auf den Bundesgrenzschutz Gesetz über die Verminderung der Personalstärke der Streitkräfte (Personalstärkegesetz — PersStärkeG) Gesetz zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren Gesetz zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP- Sondervermögens für das Jahr 1992 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1992) Gesetz zu dem Abkommen vom 23. Dezember 1988 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Juni 1988 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen einschließlich schweren Unglücksfällen Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes Gesetz zu der Vereinbarung vom 21. Dezember 1989 über Gemeinschaftspatente und zu dem Protokoll vom 21. Dezember 1989 über eine etwaige Änderung der Bedingungen für das Inkrafttreten der Vereinbarung über Gemeinschaftspatente sowie zur Änderung patentrechtlicher Vorschriften (Zweites Gesetz über das Gemeinschaftspatent) Gesetz zu dem Vertrag vom 2. Oktober 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1991 (Nachtragshaushaltsgesetz 1991) Gesetz zur Regelung des Verhältnisses von Kriegsfolgengesetzen zum Einigungsvertrag Gesetz zur Anpassung der Zahl der Beamten im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung an die Verringerung der Streitkräfte (BundeswehrbeamtenanpassungsgesetzBwBAnpG) Zu den vier letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: Zum Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) 1. Der Bundesrat stellt mit Bedauern fest, daß — seine Mitwirkungsrechte dadurch erheblich beeinträchtigt wurden, daß die Bundesregierung gewichtige Programme und Änderungen der Etatansätze nachgeschoben hat (wohnungspolitisches Konzept, Verbesserung der Wirtschaftsstruktur in den neuen Ländern) und damit eine in sich geschlossene Beratung des Haushalts nicht möglich war, — der Bundeshaushalt 1992 auch nach Abschluß der Beratungen im Deutschen Bundestag weiterhin der gegenwärtigen schwierigen finanzpolitischen Lage nicht gerecht wird. Die insoweit vom Bundesrat im ersten Durchgang geäußerten Bedenken — Drs. 450/91 (Beschluß) — gelten unverändert fort. 2. Nach wie vor fehlt eine klare und realistische Bestandsaufnahme der Entwicklung der Staatsfinanzen für die nächsten Jahre. Eine umfassende Darstellung des Finanzierungsbedarfs und der Defizitentwicklung ist zwingend erforderlich. Die Finanzpolitik kann ihren Aufgaben nur gerecht werden, wenn es gelingt, den wirtschaftlichen Akteuren eine klare und eindeutige Perspektive zu vermitteln. Dazu gehört insbesondere eine glaubwürdige Konsolidierungsstrategie, die finanzielle Spielräume schafft. 3. Die Neuverschuldung muß auf ein gesamtwirtschaftlich vertretbares Maß zurückgeführt werden. Auf dem Weg zur Konsolidierung sind Steuererhöhungen — wenn irgend möglich — zu vermeiden. Es ist insbesondere sozialpolitisch nicht zu vertreten, auf der einen Seite die Umsatzsteuer zu erhöhen und gleichzeitig die Unternehmensteuer zu senken. Dem Prinzip der fairen Lastenverteilung wird dadurch nicht Rechnung getragen. Die Lage der Staatsfinanzen verlangt nach verstärkten Sparanstrengungen. Konkrete Einsparmöglichkeiten beim Verteidigungshaushalt, bei aufwendigen Großprojekten, bei den Subventionen für die Kernenergie oder bei den Kosten der Teilung wurden nicht ausreichend genutzt. Verzichtbare Subventionen wurden entgegen wiederholten Ankündigungen nicht abgebaut. Stattdessen hat die Bundesregierung sogar noch Subventionen erheblich aufgestockt, um Besitzstände zu sichern. Während aus diesem Grunde 1992 nur ein geringer Subventionsabbau zu verzeichnen ist, erhöhen sich ab 1993 die Steuersubventionen um fast 2 Milliarden DM. Das Konzept der Bundesregierung, 1992 und in den Folgejahren Steuersubventionen in Höhe von je 5 Milliarden DM abzubauen, ist damit gescheitert. 4. Der Bundesrat erinnert nochmals an die entscheidende Verantwortung des Bundes für die Entwicklung des öffentlichen Gesamthaushalts und der öffentlichen Defizite. Dieser Verantwortung gegenüber Ländern und Gemeinden ist der Bund bisher nicht gerecht geworden. Der Bundesrat verweist insoweit auf seinen Beschluß vom 27. 9. 1991 — Drs. 450/91 (Beschluß), Ziffer 5 —. Der Bundesrat sieht sich in seiner Kritik durch das Jahresgutachten 1991/92 des Sachverständigenrates bestätigt, das der Bundesregierung bescheinigt, fast keinen Konsolidierungsbeitrag zu leisten. 5. Die Versäumnisse der Finanzpolitik führen zur Unsicherheit über den kurz- und mittelfristigen Kurs der Bundesregierung. Die Finanzpolitik befindet sich damit zwangsläufig in einer schweren Glaubwürdigkeitskrise. Die hohe Neuverschuldung ist eine schwere Hypothek für die Zukunft. Sie führt zu einer weitgehenden Beschränkung der politischen Gestaltungsfreiheit. 6. Nach der Parteienvereinbarung vom 10. 10. 1991 über die Beschleunigung von Asylverfahren hat der Bund sich verpflichtet, den Ländern alsbald geeignete Liegenschaften für die Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich die gesetzlichen Voraussetzungen für die unentgeltliche Bereitstellung von Liegenschaften des Bundes für diesen Zweck zu schaffen. Auch im Zusammenhang mit der Verlegung von Parlament und Regierungssitz von Bonn nach Berlin sollen freiwer- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. Januar 1992 6039* dende Liegenschaften des Bundes bei entsprechendem Bedarf staatlichen und kommunalen Einrichtungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. 7. Die finanzielle Schieflage zu Lasten von Ländern und Gemeinden hat sich weiter verstärkt. Der Solidaritätszuschlag fließt in die Kassen des Bundes. Die Anhebung der Mineralölsteuer, der Tabaksteuer und der Versicherungsteuer verbessert allein die Bundeseinnahmen. Demgegenüber würde die Senkung der Unternehmensteuer die Finanzausstattung der Länder und Kommunen aushöhlen. Der Bundesrat erwartet, daß die Länder und Kommunen unverzüglich einen größeren Anteil am Steueraufkommen erhalten. 8. Die neuen Länder werden 1992 auch einen anhaltend hohen Investitionsbedarf im Infrastrukturbereich haben. Aufgrund der positiven Erfahrung mit der kommunalen Investitionspauschale sollte diese Förderung 1992 fortgesetzt werden. Die Finanzierung kann durch Umschichtung im Rahmen des Gemeinschaftswerkes Aufschwung Ost sichergestellt werden. Darüber hinaus ist es notwendig, den Fonds „Deutsche Einheit" auf dem Niveau des Jahres 1991 zu verstetigen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, hierfür die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. 9. Die Beratungen im Vermittlungsausschuß zum Steueränderungsgesetz 1992 und zum Gesetz zur Aufhebung des Strukturhilfegesetzes und zur Aufstockung des Fonds „Deutsche Einheit" sind noch nicht abgeschlossen. Auch ist der Bund seinen wiederholten Zusagen, den Ländern ein Angebot über die Finanzierung der Lasten von Ländern und Gemeinden aus der Konversion zu machen, nicht nachgekommen. Der Haushalt des Bundes 1992 und auch der Nachtragshaushalt 1991 unterstellen insoweit die Positionen der Bundesregierung und der Mehrheit des Bundestages. Ein Beschluß des Bundesrates, zum Haushaltsgesetz 1992 und zum Nachtragshaushaltsgesetz 1991 den Vermittlungsausschuß nicht anzurufen, bedeutet nicht, daß der Bundesrat in den im Vermittlungsausschuß zu beratenden Gesetzen die Haltung der Bundesregierung und der Mehrheit des Bundestages teilt. Der Bundesrat erwartet, daß die Ergebnisse des Vermittlungsverfahrens — soweit erforderlich — unverzüglich durch Änderungen und Ergänzungen im Bereich des Bundeshaushalts umgesetzt werden. 10. Der Bundesrat nimmt mit Befremden zur Kenntnis, daß die von ihm wegen der erheblich angewachsenen Aufgaben geforderten Personalstellen in dem Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages zum Bundeshaushalt 1992 nur zu einem kleinen Teil berücksichtigt sind. Personalreserven bestehen im Sekretariat des Bundesrates nicht. Die in die Haushaltsberatungen 1992 eingebrachten Stellenanforderungen des Bundesrates sind daher in vollem Umfang zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit seines Sekretariats unbedingt erforderlich. 11. Bundestag und Bundesrat sind nach dem Grundgesetz zwei voneinander unabhängige Verfassungsorgane mit jeweils besonderen Aufgabenstellungen. Die Ablehnung der Stellenanforderungen des Bundesrates durch den Deutschen Bundestag ist gleichbedeutend mit der Beschneidung der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des einen Gesetzgebungsorgans durch das andere. Das ist mit dem Verhältnis der beiden gesetzgebenden Körperschaften zueinander nicht vereinbar. 12. Die Nichtberücksichtigung der Anforderungen des Bundesrates fällt mit der erneuten großzügigen Bewilligung von Stellen für den Deutschen Bundestag zusammen. Der Bundesrat sieht seine Aufgabe als an der Haushaltsgesetzgebung Beteiligter nicht darin, den Personalbedarf des anderen Gesetzgebungsorgans zum Gegenstand einer eigenen, abweichenden Beurteilung zu machen. Er erwartet allerdings, daß seine Anforderungen in Zukunft ebenso behandelt werden. 13. Um eine Verzögerung des Inkrafttretens des dringend erforderlichen Haushaltsgesetzes zu vermeiden, sieht der Bundesrat von einer Anrufung des Vermittlungsausschusses ab. Er wird allerdings in Zukunft die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um sicherzustellen, daß er die zur Wahrung seiner Funktionsfähigkeit erforderlichen Haushaltsmittel erhält. Zum Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1991 (Nachtragshaushaltsgesetz 1991) 1. Der Bundesrat stellt mit Bedauern fest, daß — seine Mitwirkungsrechte dadurch erheblich beeinträchtigt wurden, daß die Bundesregierung gewichtige Programme und Änderungen der Etatansätze nachgeschoben hat (wohnungspolitisches Konzept, Verbesserung der Wirtschaftsstruktur in den neuen Ländern) und damit eine in sich geschlossene Beratung des Haushalts nicht möglich war, — der Bundeshaushalt 1992 auch nach Abschluß der Beratungen im Deutschen Bundestag weiterhin der gegenwärtigen schwierigen finanzpolitischen Lage nicht gerecht wird. Die insoweit vom Bundesrat im ersten Durchgang geäußerten Bedenken — Drs. 450/91 (Beschluß) — gelten unverändert fort. 2. Nach wie vor fehlt eine klare und realistische Bestandsaufnahme der Entwicklung der Staatsfinanzen für die nächsten Jahre. Eine umfassende Darstellung des Finanzierungsbedarfs und der Defizitentwicklung ist zwingend erforderlich. Die Finanzpolitik kann ihren Aufgaben nur gerecht werden, wenn es gelingt, den wirtschaftlichen Akteuren eine klare und eindeutige Perspektive zu vermitteln. Dazu gehört insbesondere eine glaubwürdige Konsolidierungsstrategie, die finanzielle Spielräume schafft. 3. Die Neuverschuldung muß auf ein gesamtwirtschaftlich vertretbares Maß zurückgeführt werden. Auf dem Weg zur Konsolidierung sind Steuererhöhungen — wenn irgend möglich — zu vermeiden. Es ist insbesondere sozialpolitisch nicht zu vertreten, auf der einen Seite die Umsatzsteuer zu erhöhen und gleichzeitig die Unternehmensteuer zu senken. Dem Prinzip der fairen Lastenverteilung wird dadurch nicht Rechnung getragen. Die Lage der Staatsfinanzen verlangt nach verstärkten Sparanstrengungen. Konkrete Einsparmöglichkeiten beim Verteidigungshaushalt, bei aufwendigen Großprojekten, bei den Subventionen für die Kernenergie oder bei den Kosten der Teilung wurden nicht ausreichend genutzt. Verzichtbare Subventionen wurden entgegen wiederholten Ankündigungen nicht abgebaut. Stattdessen hat die Bundesregierung sogar noch Subventionen erheblich aufgestockt, um Besitzstände zu sichern. Während aus diesem Grunde 1992 nur ein geringer Subventionsabbau zu verzeichnen ist, erhöhen sich ab 1993 die Steuersubventionen um fast 2 Milliarden DM. Das Konzept der Bundesregierung, 1992 und in den Folgejahren Steuersubventionen in Höhe von je 5 Milliarden DM abzubauen, ist damit gescheitert. 4. Der Bundesrat erinnert nochmals an die entscheidende Verantwortung des Bundes für die Entwicklung des öffentlichen Gesamthaushalts und der öffentlichen Defizite. Dieser Verantwortung gegenüber Ländern und Gemeinden ist der Bund bisher nicht gerecht geworden. Der Bundesrat verweist insoweit auf seinen Beschluß vom 27. 9. 1991 — Drs. 450/91 (Beschluß), Ziffer 5 —. Der Bundesrat sieht sich in seiner Kritik durch das Jahresgutachten 1991/92 des Sachverständigenrates bestätigt, das der Bundesregierung bescheinigt, fast keinen Konsolidierungsbeitrag zu leisten. 5. Die Versäumnisse der Finanzpolitik führen zur Unsicherheit über den kurz- und mittelfristigen Kurs der Bundesregierung. Die Finanzpolitik befindet sich damit zwangsläufig in einer schweren Glaubwürdigkeitskrise. Die hohe Neuverschuldung ist eine schwere Hypothek für die Zukunft. Sie führt zu einer weitgehenden Beschränkung der politischen Gestaltungsfreiheit. 6. Nach der Parteienvereinbarung vom 10. 10. 1991 über die Beschleunigung von Asylverfahren hat der Bund sich verpflichtet, den Ländern alsbald geeignete Liegenschaften für die Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich die gesetzlichen Voraussetzungen für die unentgeltliche Bereitstellung von Liegenschaften des Bundes für diesen Zweck zu schaffen. Auch im Zusammenhang mit der Verlegung von Parlament und Regierungssitz von Bonn nach Berlin sollen freiwerdende Liegenschaften des Bundes bei entsprechendem Bedarf staatlichen und kommunalen Einrichtungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. 6040* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. Januar 1992 7. Die finanzielle Schieflage zu Lasten von Ländern und Gemeinden hat sich weiter verstärkt. Der Solidaritätszuschlag fließt in die Kassen des Bundes. Die Anhebung der Mineralölsteuer, der Tabaksteuer und der Versicherungsteuer verbessert allein die Bundeseinnahmen. Demgegenüber würde die Senkung der Unternehmensteuer die Finanzausstattung der Länder und Kommunen aushöhlen. Der Bundesrat erwartet, daß die Länder und Kommunen unverzüglich einen größeren Anteil am Steueraufkommen erhalten. 8. Die neuen Länder werden 1992 auch einen anhaltend hohen Investitionsbedarf im Infrastrukturbereich haben. Aufgrund der positiven Erfahrung mit der kommunalen Investitionspauschale sollte diese Förderung 1992 fortgesetzt werden. Die Finanzierung kann durch Umschichtung im Rahmen des Gemeinschaftswerkes Aufschwung Ost sichergestellt werden. Darüber hinaus ist es notwendig, den Fonds „Deutsche Einheit" auf dem Niveau des Jahres 1991 zu verstetigen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, hierfür die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. 9. Die Beratungen im Vermittlungsausschuß zum Steueränderungsgesetz 1992 und zum Gesetz zur Aufhebung des Strukturhilfegesetzes und zur Aufstockung des Fonds „Deutsche Einheit" sind noch nicht abgeschlossen. Auch ist der Bund seinen wiederholten Zusagen, den Ländern ein Angebot über die Finanzierung der Lasten von Ländern und Gemeinden aus der Konversion zu machen, nicht nachgekommen. Der Haushalt des Bundes 1992 und auch der Nachtragshaushalt 1991 unterstellen insoweit die Positionen der Bundesregierung und der Mehrheit des Bundestages. Ein Beschluß des Bundesrates, zum Haushaltsgesetz 1992 und zum Nachtragshaushaltsgesetz 1991 den Vermittlungsausschuß nicht anzurufen, bedeutet nicht, daß der Bundesrat in den im Vermittlungsausschuß zu beratenden Gesetzen die Haltung der Bundesregierung und der Mehrheit des Bundestages teilt. Der Bundesrat erwartet, daß die Ergebnisse des Vermittlungsverfahrens — soweit erforderlich — unverzüglich durch Änderungen und Ergänzungen im Bereich des Bundeshaushalts umgesetzt werden. Zum Gesetz zur Regelung des Verhältnisses von Kriegsfolgengesetzen zum Einigungsvertrag Der Bundesrat bedauert, daß die Bundesregierung sich nicht in der Lage sah, rechtzeitig unter Einhaltung der vom Einigungsvertrag gesetzten Fristen den Entwurf eines Kriegsfolgenabschlußgesetzes vorzulegen, und nun zu der Lösung einer Verlängerung der Übergangsregelungen gegriffen werden muß. Die Bundesregierung hat offenbar Schwierigkeiten, in dem Gesetz auch zu Regelungen zu kommen, die die privilegierte Zuwanderung von Aussiedlerinnen und Aussiedlern nach Ende der Nachkriegszeit und Wegfall des Vertreibungsdruckes in einem absehbaren Zeitraum zum Ende bringen. Der Bundesrat hält eine solche Regelung — eingebettet in eine zukunftsweisende Zuwanderungspolitik — für dringend notwendig. Der Bundesrat erwartet, daß die Bundesregierung das Gesetzgebungsverfahren nunmehr zügig einleitet. Zum Gesetz zur Anpassung der Zahl der Beamten im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung an die Verringerung der Streitkräfte (Bundeswehrbeamtenanpassungsgesetz — BwBAnpG) Der Bundesrat bekräftigt seine Auffassung, daß die anderweitige Verwendung Vorrang vor der Zurruhesetzung haben muß. Angesichts der Tatsache, daß sowohl im Bundesbereich (z. B. Entscheider beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) als auch in den fünf neuen Ländern ein auf lange Zeit nicht zu befriedigender Bedarf an qualifiziertem Verwaltungs- und Führungspersonal bestehen wird, muß in jedem Falle der anderweitige Einsatz geprüft werden. Die Entlassung tausender von Bundeswehrbeamten und Soldaten in den vorzeitigen Ruhestand würde in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes und in der Öffentlichkeit auf völliges Unverständnis stoßen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, flankierende gesetzliche Regelungen zu schaffen, die den Ländern und Gemeinden einen Anreiz geben, betroffene Beamte zu übernehmen. Dies könnte z. B. in der Weise geschehen, daß der Bund den Ländern und Gemeinden während der aktiven Verwendung Personalkosten in Höhe von z. B. 90 v. H. des im Fall der Zurruhesetzung zu zahlenden Ruhegehalts erstattet und sich an den später anfallenden Versorgungsausgaben angemessen beteiligt. Gegebenenfalls wäre auch eine vorübergehende Überschreitung der Stellenobergrenzenverordnung nach dem Bundesbesoldungsgesetz denkbar. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 12/1045 Drucksache 12/1184 Drucksache 12/1228 Ausschuß für Frauen und Jugend Drucksache 12/447 Drucksache 12/594 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/8267 Drucksache 12/47 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/203 EG-Ausschuß Drucksache 11/8539 Drucksache 12/45 Drucksache 12/948 Drucksache 12/949 Drucksache 12/999 Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Drucksache 12/210 Nrn. 167, 169 Drucksache 12/1449 Nrn. 2.9, 2.11
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    Rede von Heinz Dieter Hackel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind uns darüber einig, daß der zügige Verwaltungsaufbau in den neuen Bundesländern eine wesentliche Voraussetzung dafür darstellt, in naher Zukunft einheitliche Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik herbeizuführen.
    Einigkeit besteht auch darüber, daß ein rascher Aufbau nur mit umfangreichen Hilfeleistungen der Altbundesländer vorgenommen werden kann.
    Da die Verwaltung in den neuen Bundesländern letztlich von Mitarbeitern aus diesen Ländern getragen werden muß, wurden zunächst dienstrechtliche Regelungen geschaffen, um diese Mitarbeiter stufenweise an die neuen Verhältnisse heranzuführen, so z. B. durch die Warteschleifenregelung, die Tarifverträge, die Besoldungs- und Versorgungsanpassungsverordnungen sowie die Regelung der Bewährungsanforderungen für den öffentlichen Dienst.
    Damit die Mitarbeiter aus den neuen Bundesländern die notwendigen Qualifikationen erwerben können, wurden von den Bundesministerien bereits vielfältige Schulungen und Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt oder gefördert. So haben z. B. bis Ende 1991 ca. 30 000 in Bundesverwaltungen übernommene Bedienstete an den Fortbildungsmaßnahmen teilgenommen, zuzüglich 35 000 Bedienstete im Bereich der Deutschen Bundespost.
    Zumindest übergangsweise bedarf es aber auch personeller Unterstützung aus den alten Bundesländern. Nicht zuletzt durch verschiedene Anreize, die für Beamte und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes aus den Altländern geschaffen wurden, konnte qualifiziertes Personal für den Verwaltungsaufbau gewonnen werden. So waren bis Ende November 1991 fast 13 000 Bundesbedienstete in der Bundesverwaltung in den neuen Bundesländern und über 900 in den Landesverwaltungen tätig. Insoweit übernimmt der Bund die durch Abordnung entstehenden Kosten und leistet im übrigen Personalkostenzuschüsse.
    Sachlich wurden die neuen Bundesländer durch die Überlassung von Büroausstattungen und Ausrüstungsgegenständen zur Durchführung bestimmter Fachaufgaben, z. B. EDV-Anlagen für Grundbuchämter, unterstützt. Das Bundesinnenministerium hat z. B. die Kommunen mit Bundesrechtssammlungen und die Polizeidienststellen mit Dienstvorschriften und Gesetzeskommentaren ausgerüstet. Des weiteren bietet der „Infodienst Kommunal" anschauliche Arbeitsanleitungen bei der Anwendung neuer Gesetze.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Schließlich werden Organisationsempfehlungen und -hilfen von den einzelnen Bundesressorts erbracht. So werden der Aufbau der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit vom Bundesarbeitsminister und der Aufbau der übrigen Gerichtsbarkeit vom Bundesjustizminister betreut. Finanziell wird der Justizaufbau vom Bund mit mehr als 130 Millionen DM jährlich unterstützt.
    Die alten Bundesländer beteiligen sich an den Personalkosten der abgeordneten Beschäftigten und haben personelle Unterstützung mit fast 7 700 Bediensteten geleistet. So sind z. B. in der Landesverwaltung von Sachsen-Anhalt im Mai 1991 rund 400 niedersächsische Bedienstete tätig gewesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Auf Kommunalebene sind mehr als 2 000 Mitarbeiter aus den Altländern beschäftigt. Die Finanzierung wird größtenteils durch die abordnenden Länder und Kommunen getragen. In meinem Wahlkreis Wernigerode/Halberstadt bestehen z. B. Städtepartnerschaf-



    Heinz-Dieter Hackel
    ten mit Goslar und Wolfenbüttel. Diese Partnerstädte haben uns durch Sachbearbeiter für Kreisbehörden und insbesondere Arbeitsämter unterstützt.
    Der Bund sowie die Altbundesländer haben somit sicherlich entscheidende Schritte unternommen, um den Verwaltungsaufbau voranzutreiben. Es stellt sich uns daher die Frage, warum in einigen Bereichen von Arbeitsfähigkeit der Behörden dennoch wenig zu spüren ist.
    Auf die Notwendigkeit einer beschleunigten Vermögensübertragung an die Kommunen und daher einer erheblichen personellen Verstärkung bei den Oberfinanzdirektionen hat die Bundesregierung bereits ebenso hingewiesen wie auf die notwendige Erhöhung der Effizienz der Ämter für offene Vermögensfragen.
    Weitere Sorgenkinder sind die Grundbuchämter. Die Altländer haben zum Aufbau des Grundbuchwesens 165 Rechtspfleger abgeordnet. Des weiteren bestehen Gerichtspartnerschaften, durch die der Aufbau personell unterstützt wird. Auch ein umfassendes Konzept für den EDV-Einsatz ist bereits vorbereitet. Bislang herrscht aber in vielen Grundbuchämtern noch Verwirrung, weil die Grundbuchblätter abenteuerlich abgelegt oder die Bücher nur unregelmäßig geführt wurden. Es ist daher offensichtlich, daß in diesem Bereich weiteres Personal benötigt wird, und zwar dringend.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es haben sich aber auch technische Probleme ergeben. So gab es 1991 z. B. ein nicht unerhebliches Kommunikationsproblem in Magdeburg, weil sechs Ministerien des Landes Sachsen-Anhalt nur über eine Telefonleitung zu erreichen waren. Sie können sich sicher vorstellen, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, daß Sie Ihren Ansprechpartner erreichten.
    Des weiteren gab und gibt es nach wie vor die bereits bekannten Probleme, die in der Person, sprich: der Vergangenheit der Mitarbeiter begründet sind — Stichwort „Seilschaften". Insoweit sollten wir auch daran denken, daß die Bevölkerung der neuen Länder sicherlich nicht das wünschenswerte Vertrauen in die Behörden setzen wird, solange alte Funktionäre wieder wichtige Positionen innehaben. Solange dies der Fall ist, wird es immer einige Hemmschuhe in diesen Bereichen geben.
    Danke schön.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Abgeordnete Jochen Welt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jochen Welt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Hackel sehr dankbar, daß er vorhin die Notwendigkeit einer effizienten Verwaltung, den in diesem Zusammenhang sicherlich vorhandenen Konsens in diesem Hause und dessen Bedeutung als wesentliche Voraussetzung für die Schaffung einheitlicher Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland unterstrichen hat.
    Einigkeit, so denke ich, dürfte auch insoweit bestehen, als die Schwierigkeiten dieser Aufgabe das Ergebnis einer totalitären, von zentralistischer Mißwirtschaft geprägten 40jährigen SED-Mißwirtschaft sind.
    Ein Teil der staatlichen Verwaltung, die kommunale Selbstverwaltung, mit der ich mich an dieser Stelle beschäftigen möchte, war in der ehemaligen DDR so gut wie nicht existent. Die allmächtige und allgegenwärtige SED verhinderte jeden Pluralismus, der auch auf kommunaler Ebene eine Voraussetzung für Meinungsvielfalt und einen gesunden Wettbewerb unterschiedlicher Interessen ist.
    Ich persönlich erinnere mich mit einem beklemmenden Gefühl an die Verhandlungen, die ich als Bürgermeister von Recklinghausen mit dem SED- Bürgermeister von Schmalkalden im Sommer 1989, also noch vor der Wende, zum Partnerschaftsvertrag zwischen Recklinghausen und Schmalkalden führte. Kein Satz dieses Vertrages war selbstbestimmt. Keine neue Formulierung erfolgte ohne Rückruf bei der Zentrale.
    Jetzt haben wir den schwierigen Weg vom Zentralismus zum Föderalismus, von der Bevormundung der Menschen zur Bürgerbeteiligung zu gehen. Dabei, so denke ich, muß man zunächst an die Menschen denken, die diesen mühsamen Weg des Umdenkens beschreiten müssen.
    In diesem Zusammenhang gilt es mit einem Vorurteil aufzuräumen: Die Menschen wären nicht lernwillig oder leistungsbereit, so sagt man. Ich habe gerade im Rahmen unserer Partnerschaft mit Schmalkalden bei Schulungen, Praktika, bei Ausbildungen und den regelmäßigen Arbeitsgesprächen, die inzwischen stattfinden, hochmotivierte und engagierte Menschen kennengelernt.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Ich denke, diesen Menschen, die unter den ungünstigen Voraussetzungen oftmals mehr als die Pflicht getan haben, gilt unser ganz besonderer Dank.
    Die SPD-Bundestagsfraktion wollte mit Ihrer Anfrage der Bundesregierung die Chance zu einer kritischen Bestandsaufnahme geben, was den Stand des Verwaltungsaufbaus in den neuen Bundesländern betrifft. Die Bundesregierung hat diese Chance leider nicht genutzt. Die vorgelegte Antwort stellt eine Offenbarung ihrer Hilflosigkeit gegenüber den zugegeben wirklich dringlichen und schwierigen Problemen dar. Das Aufzählen einer Vielzahl von Hilfsmaßnahmen auf unterschiedlichsten Ebenen läßt keine wirkliche Koordination von seiten der Bundesregierung erkennen.
    Gestatten Sie den Hinweis darauf, daß sich für mich die Antwort der Bundesregierung wie ein gigantischer Jahresbericht eines Fortbildungsunternehmens liest. Die Auflistung von Statistik und Fördermitteln — im übrigen Geld, das vorher dem Steuerzahler mit einer sozial unausgewogenen Steuererhöhungspolitik abgeknöpft wurde —

    (Beifall bei der SPD)




    Jochen Welt
    liest sich wie die Inventurliste eines Großhändlers für Kurzwaren. Was fehlt, ist die Koordination des Mitteleinsatzes durch die Bundesregierung; was fehlt, ist ein klares Konzept der Regierung zum Verwaltungsaufbau in den neuen Bundesländern; was fehlt, ist die Lösung von grundsätzlichen strukturellen Fragen, die wir Sozialdemokraten schon lange, sehr lange — nach meiner Einschätzung zu lange — angemahnt haben.
    Was nutzen die ganzen Bildungs- und Fortbildungsmaßnahmen? Was bringt die Unterstützung aus Westkommunen, wenn z. B. die Eigentumsfrage nicht zufriedenstellend geklärt wird?

    (Beifall bei der SPD)

    Trotzig besteht die Regierung auf dem Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung". Inzwischen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist allen Handelnden, allen Kommunalpolitikern in Ostdeutschland klar, daß die nach wie vor ungelöste Eigentumsfrage ein gewaltiger Hemmschuh für notwendige öffentliche und private Investitionen in den Kommunen ist, ein Hemmschuh auch für mögliche Einnahmequellen städtischer Haushalte. Die ungelöste Eigentumsfrage behindert eine rasche Rekonstruktion der öffentlichen Infrastruktur in den Kommunen, und diese wiederum ist Voraussetzung für eine florierende Wirtschaft.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie den Menschen in Ostdeutschland helfen wollen, dann geben Sie schnell Ihre verkrustete ideologische Position auf. Schaffen Sie eine praktikable Entschädigungsregelung! Dann helfen Sie auch den Verwaltungen in den Gemeinden, und dann helfen Sie den Menschen in Ostdeutschland.

    (Beifall bei der SPD)

    Was ebenso not tut, ist eine Korrektur der Treuhandarbeit. Nicht Privatisierung um jeden Preis — Gott sei Dank hat sich dies relativiert — ist gefragt, sondern Sanierung und Abstimmung mit einer im Aufbau befindlichen örtlichen Wirtschaftsförderung.
    Völlig unbefriedigend ist auch die Situation der kommunalen Haushalte. Die Abhängigkeit vom Tropf der Fördertöpfe und die Abhängigkeit von zentralstaatlichen Dotationen lassen nicht zu, von kommunaler Selbstverwaltung zu sprechen. Kolleginnen und Kollegen, es gilt schon jetzt, im kommunalen Finanzwesen die Eigenverantwortlichkeit zu stärken. Das bedeutet Verstetigung der eigenen kommunalen Einnahmen. Auch deshalb ist es falsch, wenn die Bundesregierung immer und immer wieder an dem Fundament der Gewerbesteuer rüttelt. Wir Sozialdemokraten wollen eine Verbesserung der kommunalen Einnahmen. Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, sollten endlich Ihre Pläne zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer begraben.

    (Beifall bei der SPD)

    Die großen Probleme des Verwaltungsaufbaus korrespondieren mit der Situation des öffentlichen Dienstes. Es gibt zuwenig qualifizierte Mitarbeiter für die Bereiche der engeren Verwaltung, bei den Liegenschaften, in der Bauverwaltung und in der Kämmerei und die Überbesetzung in den Gemeinden generell durch die Übernahme von volkseigenen Betrieben und deren Einrichtungen. Das führt zu
    erheblichen Belastungen des Verwaltungshaushalts und zu Leistungsschwierigkeiten in Bereichen, die für die Zukunftsentwicklung nun einmal entscheidend sind. Wo bleiben die Auffanggesellschaften, die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften, die den vielen Betroffenen eine Perspektive geben und die Gemeinden entlasten können?
    Wir Sozialdemokraten haben sehr frühzeitig den Grundsatz „Qualifizieren statt entlassen" vertreten.

    (Beifall bei der SPD)

    Die kommunalen Spitzenverbände, die kommunalen Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften haben sich in einer gemeinsamen Erklärung nochmals in diesem Sinne geäußert. Es wird Zeit, daß auch die Bundesregierung ihre Politik endlich an diesem Grundsatz „Qualifizieren statt entlassen" ausrichtet.
    Zu diesem Problem gehört auch die Besoldungsfrage; sie wurde schon erwähnt. Wen wundert es, wenn Spitzenkräfte abwandern? Es ist wichtig, daß Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst zwischen Ost und West angeglichen werden.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu der Stellungnahme der Bundesregierung positiv feststellen, daß Sie jetzt endlich die Bedeutung der alten Bundesländer und ihrer Kommunen bei der Hilfe für die Landesverwaltungen und Kommunen im sogenannten Beitrittsgebiet anerkennen. Für diese Erkenntnis haben Sie lange, zu lange, gebraucht. Es war ein schwerer Fehler, daß insbesondere bei den Verhandlungen zum Einigungsvertrag die kommunale Ebene fast gar nicht hinzugezogen wurde.
    Die Arbeit der Verwaltungen wird durch fehlendes Know-how erschwert. Das bisherige Verwaltungspersonal ist vielfach schlecht ausgebildet. Es fehlt häufig das Wissen über rechtsstaatliches Handeln gegenüber dem Bürger; es fehlen trotz Grundausstattung und Info-Dienst Informationen über gesetzliche Grundlagen. Ein Crash-Programm bei Information sowie Aus- und Weiterbildung ersetzt keine sorgfältige Analyse und keine umfassende Qualifizierung der Handelnden. Wer sich im Zusammenwirken der Gemeindeordnung nicht auskennt, wer die Finanzverwaltung der Kommunen nicht versteht, wer sich in wichtigen gemeindlichen Aufgabenbereichen, wie öffentliche Ordnung, Schule, Kindergärten, soziale Angelegenheiten, Gesundheitswesen oder Bauverwaltung, nicht zurechtfindet, der kann auch keine effiziente Verwaltung aufbauen.
    Die westdeutschen Kommunen haben ihre Bereitschaft zur Hilfe vielfach unter Beweis gestellt, insbesondere dort, wo zwischen ost- und westdeutschen Städten Städtepartnerschaften bestehen. Allerdings ist durch derartige Partnerschaften weder der Bedarf zu decken, noch ist diese Hilfe auf Dauer durch die Gemeinden zu finanzieren. Nur dort, wo, wie in Nordrhein-Westfalen, durch das Land massive Unterstützung geleistet wird, ist effiziente Hilfe auch auf Dauer möglich.
    Der Bund hat sich bei der finanziellen Unterstützung bei der Gewinnung von Fachpersonal auffallend lange zurückgehalten. Im Nachtragshaushalt 1990 waren 10 Millionen DM vorgesehen. Das hat sich



    Jochen Welt
    inzwischen geändert: 1992 stehen — wie 1991 —100 Millionen DM zur Verfügung.
    Die Schwerpunkte der Hilfe werden sich in der Zukunft ändern müssen. Die Zeit, in der nur Berater mit westdeutscher Erfahrung und manchmal auch arrogantem Auftreten zeitweise in den ostdeutschen Kommunen zum Einsatz kommen, ist vorbei. Wichtig sind nun Entscheider, die die Kommunalverwaltung durch einen längerfristigen Aufenthalt in Schwung bringen oder dabei mithelfen. Dabei zeigt sich, daß eine direkte administrative und kommunalpolitische Zuordnung einer westdeutschen zu einer ostdeutschen Kommune wesentlich effektiver ist als die Einrichtung eines anonymen Personalpools auf Länderebene. Das bedingt dann auch eine finanzielle Förderung der entsendenden Gemeinden über einen längeren Zeitraum.
    Der beschleunigte Ausbau entsprechender Ausbildungseinrichtungen für den mittleren und gehobenen Dienst ist notwendig, um den Mangel nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ zu beseitigen. Derartige Initiativen gilt es nun inhaltlich und finanziell zu unterstützen.
    Mein Bürgermeister-Kollege aus Schmalkalden — ich erwähnte vorhin unsere Partnerstadt — hat mir in der vergangenen Woche zur Vorbereitung einer Arbeitssitzung, die wir regelmäßig durchführen, eine Problemliste zugeschickt. Ich möchte Ihnen einige Stichworte aus dieser Problemliste nennen: Klärung der Zugehörigkeit von Kindertagesstätten; Übernahme von Kindergärten vom Landkreis; Rationalisierung und Personalanpassung in den Einrichtungen; Übernahme der VEB Gebäudewirtschaft, zirka 2 600 Wohnungen, Umstrukturierung in eine GmbH, Übernahme der Altschulden; starke Überforderung der Stadtverwaltung durch die Privatisierung des Werkzeugkombinats mit ehemals 3 600 und jetzt 1 000 Beschäftigten und des Sportgerätekombinats mit ehemals 1 800 und jetzt 450 Beschäftigten; Belastung durch die Bindung der Treuhand an das Finanzministerium und die damit verbundenen Arbeitsweisen; dringende Qualifizierung im Baudezernat. Weitere Probleme, so schreibt der Bürgermeister, sind die fehlende Kenntnis der Bundesgesetzgebung; Landesgesetze kommen nur langsam. Ortssatzungen werden behindert und kommen nicht auf den Plan. Auch die Umweltgesetzgebung, so schreibt er, steckt erst in den Anfängen.
    Ich denke, Kolleginnen und Kollegen, das sind Probleme der Praxis, die wir ernst nehmen sollten und auf die wir eingehen müssen. Die Bundesregierung täte gut daran, wenn sie mehr als bisher die Hilfsmaßnahmen der alten Länder und der Kommunen unterstützen würde.
    Ich darf die Forderungen an die Bundesregierung, die sich aus dem Gesagten ergeben, zusammenfassen:
    Erstens Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen wie die Klärung der Eigentumsfrage, zweitens gemeindefreundlichere Arbeit der Treuhand, drittens Stärkung der eigenverantwortlichen Finanzwirtschaft, viertens Ausweitung der Unterstützung für Personaltransfers der Länder und Gemeinden, fünftens mehr Freiräume für die westdeutschen Kommunen für Hilfsleistungen bei gleichzeitiger finanzieller Absicherung, sechstens eine langfristig ausgerichtete Qualifizierungsstrategie, siebtens Wahrung des Grundsatzes „Qualifizieren statt entlassen" .
    Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, ich habe aus dem Brief meines Kollegen aus Schmalkalden vorgetragen. Ich möchte den letzten Satz seines Briefes zitieren. Dort heißt es über die Probleme in Schmalkalden: Lieber Kollege, das sind wohl die wichtigsten Schwierigkeiten, mit denen wir zu kämpfen haben. Auch wenn die aufgezählten Fakten das Bild etwas düster erscheinen lassen, so sind wir dennoch mit Optimismus an der Arbeit.

    (V o r s i t z: Vizepräsidentin Renate Schmidt)

    Kolleginnen und Kollegen, die Bundesrepublik ist hier, so denke ich am Zug. Lassen Sie uns die Rahmenbedingungen dafür schaffen, daß sich der zitierte Optimismus und das spürbare Engagement in Wohlfahrt für die Bürgerinnen und Bürger in den fünf neuen Bundesländern umsetzen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)