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    Plenarprotokoll 12/39 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 39. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. September 1991 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3243 A Zusätzliche Überweisung eines Entschließungsantrages an den Haushaltsausschuß 3271 B Zusätzliche Überweisung eines Gesetzentwurfes an den Ausschuß für Wirtschaft . . 3297 D Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zu den deutsch-polnischen Verträgen b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Juni 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 12/1103) c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 14. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenzen (Drucksache 12/1104) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze sowie über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 12/ 1105) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze sowie über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 12/1107) Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler 3243 D Hans Koschnick SPD 3249 C Karl Lamers CDU/CSU 3253 A Freimut Duve SPD 3255 C Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 3256A Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 3258 C Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 3260 A Ortwin Lowack fraktionslos 3261 B Hartmut Koschyk CDU/CSU 3262 B Markus Meckel SPD 3264 C Ulrich Irmer FDP 3266 B Margitta Terborg SPD 3267 D Dr. Karl-Heinz Hornhues CDU/CSU . . 3269 B Hans Koschnick SPD 3270 D Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Drucksache 12/899) in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. September 1991 Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze (Drucksache 12/ 765) Peter Kittelmann CDU/CSU 3271 D Hermann Bachmaier SPD 3273 B Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . 3275A, 3279 D Johannes Singer SPD 3275 D Andrea Lederer PDS/Linke Liste 3276 B Horst Eylmann CDU/CSU 3277 A Hermann Bachmaier SPD . . . 3277 C, 3281 D Dr. Hans de With SPD 3278 A Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 3278 C Ernst Schwanhold SPD 3280 A Peter Kittelmann CDU/CSU 3280 B Klaus Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi 3281 B Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Abgeordneten Claudia Nolte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung adoptionsrechtlicher Fristen (AdoptFristG) (Drucksache 12/1106) Dr. Michael Luther CDU/CSU 3283 A Margot von Renesse SPD 3283 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 3284 B Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . . 3284 D Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 3285 C Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3285 D Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . . 3286 B Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin (Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz) (Drucksache 12/1092) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags des Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bundesländern (Drucksache 12/ 1118) Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 3287 C Harald B. Schäfer (Offenburg) SPD . . . 3287 D Dr. Margrit Wetzel SPD 3289 A Helmut Rode (Wietzen) CDU/CSU . . 3291A Ekkehard Gries FDP 3292 A Jutta Braband PDS/Linke Liste 3293 D Horst Gibtner CDU/CSU 3294 C Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 3295 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . 3296 D Nächste Sitzung 3297 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3299* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3299* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. September 1991 3243 39. Sitzung Bonn, den 6. September 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 06. 09. 91* Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 06. 09. 91 Berger, Johann Anton SPD 06. 09. 91 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 06. 09. 91 Blunck, Lieselott SPD 06. 09. 91* Dehnel, Wolfgang CDU/CSU 06. 09. 91 Eichhorn, Maria CDU/CSU 06. 09. 91 Eppelmann, Rainer CDU/CSU 06. 09. 91 Erler, Gernot SPD 06. 09. 91 Formanski, Norbert SPD 06. 09. 91 Gattermann, Hans H. FDP 06. 09. 91 Dr. Gautier, Fritz SPD 06. 09. 91 Graf, Günter SPD 06. 09. 91 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 06. 09. 91 Großmann, Achim SPD 06. 09. 91 Grünbeck, Josef FDP 06. 09. 91 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 06. 09. 91 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 06. 09. 91 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 06. 09. 91 Hilsberg, Stephan SPD 06. 09. 91 Ibrügger, Lothar SPD 06. 09. 91 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 06. 09. 91 Kastning, Ernst SPD 06. 09. 91 Körper, Fritz Rudolf SPD 06. 09. 91 Koltzsch, Rolf SPD 06. 09. 91 Kretkowski, Volkmar SPD 06. 09. 91 Dr.-Ing. Laermann, FDP 06. 09. 91 Karl-Hans Lenzer, Christian CDU/CSU 06. 09. 91* Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 06. 09. 91 Lintner, Eduard CDU/CSU 06. 09. 91 Louven, Julius CDU/CSU 06. 09. 91 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 06. 09. 91 Erich Männle, Ursula CDU/CSU 06. 09. 91 Marten, Günter CDU/CSU 06. 09. 91* Dr. Matterne, Dietmar SPD 06. 09. 91 Dr. Mertens (Bottrop), SPD 06. 09. 91 Franz-Josef Dr. Müller, Günther CDU/CSU 06. 09. 91* Nolte, Claudia CDU/CSU 06. 09. 91 Oostergetelo, Jan SPD 06. 09. 91 Otto (Frankfurt), FDP 06. 09. 91 Hans-Joachim Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 06. 09. 91 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 06. 09. 91* Pützhofen, Dieter CDU/CSU 06. 09. 91 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 06. 09. 91* Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 06. 09. 91 Rempe, Walter SPD 06. 09. 91 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 06. 09. 91 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reuschenbach, Peter W. SPD 06. 09. 91 Richter (Bremerhaven), FDP 06. 09. 91 Manfred Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 06. 09. 91 Ingrid Romer, Franz-Xaver CDU/CSU 06. 09. 91 Schäfer (Mainz), Helmut FDP 06. 09. 91 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 06. 09. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 06. 09. 91* Dr. Soell, Hartmut SPD 06. 09. 91* Dr. Sperling, Dietrich SPD 06. 09. 91 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 06. 09. 91 Dr. von Teichman und FDP 06. 09. 91 Logischen, C. Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 06. 09. 91 Verheugen, Günter SPD 06. 09. 91 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 06. 09. 91 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 06. 09. 91 Gert Dr. Wieczorek, Norbert SPD 06. 09. 91 Wieczorek-Zeul, SPD 06. 09. 91 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 06. 09. 91* *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 21. Juni 1991 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen oder einen Einspruch gem. Art. 77 Abs. 3 GG nicht einzulegen. Gesetz zur Einführung eines befristeten Solidaritätszuschlags und zur Änderung von Verbrauchsteuer- und anderen Gesetzen (Solidaritätsgesetz) Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte sowie über strukturelle Anpassungen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Haushaltsbegleitgesetz 1991 - HBeglG 1991 -) Gesetz zur Förderung von Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen im Beitrittsgebiet sowie zur Änderung steuerrechtlicher und anderer Vorschriften (Steueränderungsgesetz 1991 - StÄndG 1991 -) Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1991 (Haushaltsgesetz 1991) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat stellt fest, daß weitere Maßnahmen erforderlich sind, damit der zwingend notwendige Umbau der Wirtschaft in den neuen Bundesländern nicht zu einem wirtschaftlichen Niedergang, zu Entindustrialisierung und Entqualifizierung führt. Die wirtschaftliche Erfahrung der Menschen und ihre Fertigkeiten müssen genutzt und gewahrt werden, damit sie ihren Beitrag für das gemeinsame Deutschland leisten können. Über die im Bundeshaushalt 1991 festgelegten Entwicklungen hinaus ist für die Zukunft besonders auf die Entwicklung der Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Wohnungsbau und Verkehr, noch stärker zu achten. Die Bundesregierung sollte im Hinblick auf die fortbestehenden Finanzierungsprobleme - auch in den alten Bundesländern - das Bund-Länder-Verhältnis nicht durch einseitige Steuerverbesserungen zugunsten des Bundes belasten. 2. Die Herstellung einheitlicher Lebensbedingungen in Deutschland ist vordringlichste politische Aufgabe. Dem festzustellenden Verfall der bisherigen Absatzmärkte und der damit einhergehenden verschlechterten Arbeitsmarktsituation muß durch entsprechende wirtschafts- und sozialpolitische Flankierungen begegnet werden. Diesen Anliegen muß in den nächsten Jahren noch verstärkt Rechnung getragen werden. 3. Nach wie vor besteht keine hinreichende Klarheit über die Finanzausstattung der neuen Länder ab 1992. Gerade angesichts des Rückgangs der Zuweisungen aus dem Fonds „Deutsche Einheit" besteht hier dringender Handlungsbedarf, um Planungssicherheit für die neuen Länder und Gemeinden zu schaffen. 4. Der Bundesrat bekräftigt die Forderung, daß der Bund seiner Verpflichtung zur Übernahme der Subventionen aus den Bereichen Wohnungswirtschaft, Energie und Verkehr solange nachkommen muß, bis das in den westlichen Bundesländern existierende Förderinstrumentarium auch in den neuen Bundesländern effektiv umgesetzt werden kann. 5. Der Vorrang der deutschlandpolitischen Aufgaben darf nicht dazu führen, daß in den alten Ländern die Beseitigung finanzwirtschaftlicher Ungleichgewichte und die Behebung von Mängeln der Infrastruktur vernachlässigt werden. 6. Der Bundesrat weist erneut darauf hin, daß gerade wegen der Vereinigung Deutschlands dem weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Ländern, aber auch in den alten Ländern, hohe Priorität zukommt. Er verweist auf seine Stellungnahme vom 19. April 1991 (Drs. 50/91 - Beschluß -). Der Bundesrat begrüßt daher, daß aufgrund der Empfehlung des Vermittlungsausschusses vom 14. Juni 1991 zu Art. 1 Haushaltsbegleitgesetz 1991 (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) Kürzungen im Verkehrsbereich wieder rückgängig gemacht werden und für 1992 und 1993 eine Aufstockung des Plafonds um 1,5 bzw. 3 Mrd. DM erfolgen soll. Der Bundesrat geht davon aus, daß im Rahmen der nächsten Haushaltsplanungen Klarheit geschaffen wird. 7. Wie in seiner Stellungnahme vom 19. April 1991 (Drs. 50/91 - Beschluß -) ausgeführt, hält der Bundesrat daran fest, daß auch unter Ausschöpfung aller Umschichtungsmöglichkeiten dem steigenden Bedarf u. a. in den Bereichen Wohnungs- und Städtebau sowie Hochschulbau und Forschungsförderung ab 1992 durch eine deutliche Mittelaufstockung Rechnung getragen werden muß. 8. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung - auch im Hinblick auf die vorliegenden 5 Länderplanungen der Bundeswehr - erneut auf, das vom Bundesrat schon am 9. 11. 1990 (Drucksache 462/90 - Beschluß -) geforderte Sonderprogramm zur Förderung von Strukturverbesserungen in besonders von Truppenreduzierungen und Rüstungseinschränkungen betroffenen strukturschwachen Standorten so schnell wie möglich zu konkretisieren und umzusetzen. 9. Der Bundesrat erwartet, daß der Bund nunmehr auch bereit ist, dem Anliegen einer vergünstigten Überlassung ehemaliger militärisch genutzter Liegenschaften an Länder und Gemeinden, insbesondere für Zwecke des sozialen und studentischen Wohnungsbaus wie auch für strukturverbessernde Maßnahmen, hinreichend Rechnung zu tragen. 10. Der Bundesrat hält eine weitere Kürzung der Verteidigungsausgaben für erforderlich. Der Bundesrat hält es ferner für erforderlich, daß die Subventionen für die Kernenergie abgebaut werden. Neue umweltfreundliche Energietechnologien sollen gestärkt werden. 11. Angesichts der sich abzeichnenden Veränderungen der öffentlichen Haushalte zu Lasten von Ländern und Gemeinden - insbesondere durch Steuererhöhungen, die ausschließlich dem Bund zugute kommen -, erwartet der Bundesrat, daß auch die Länder spätestens ab 1. Januar 1992 einen größeren Anteil am Steueraufkommen erhalten. 12. Der Bundesrat hält daran fest, daß für die Mittel des Programms „Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost" Verwahrkonten mit dem Ziel eingerichtet werden, daß die Mittel auch für das Jahr 1992 uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Der Bundesrat verweist auf seine Stellungnahme vom 19. April 1991 (Drs. 50/91 - Beschluß -). Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 5. Juli 1991 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz über die Förderung einer einjährigen Flächenstillegung im Wirtschaftsjahr 1991/92 (Flächenstillegungsgesetz 1991) Sechstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" Gesetz zur Änderung der Verordnung über die weitere Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Familien mit Kindern (Gesetz zur Einführung von Mütterunterstützung für Nichterwerbstätige in den neuen Bundesländern) Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (14. BAföGÄndG) Gesetz zu dem Übereinkommen vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen Gesetz zur Ausführung des Übereinkommens vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (Überstellungsausführungsgesetz - ÜAG) Gesetz zu der Dritten Änderung des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RUG) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat sieht im Rentenüberleitungsgesetz einen wichtigen Schritt zur Herstellung der sozialen Einheit Deutschlands. Mit diesem Gesetz werden die unterschiedlichen Rentensysteme in den neuen und alten Bundesländern zusammengeführt. Zum 1. Januar 1992 werden in den neuen Bundesländern mit der Senkung der Altersgrenzen, mit der Erweiterung der Hinterbliebenenversorgung und mit dem neuen Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrecht spürbare sozialpolitische Verbesserungen eingeführt. 2. Mit dem Rentenüberleitungsgesetz werden bis einschließlich des Jahres 1996 solche Elemente des bisherigen Rentenrechts der neuen Bundesländer im Bestand geschützt, die vor allem Frauen zugute kommen. Das betrifft vor allem den Sozialzuschlag und die erweiterte Anerkennung von Zeiten der Kindererziehung und der Pflege. 3. Die Zeit bis zum Auslaufen dieser Bestandsschutzregelungen muß nun dazu genutzt werden, die Alterssicherung der Frauen in der leistungsbezogenen Rentenversicherung zu verbessern. 4. Eine solche Reform der Alterssicherung der Frauen soll vor allem a) die Anerkennung von Zeiten der Kindererziehung und der Pflege verbessern und dabei die Tatsache berücksichtigen, daß Familienarbeit oft auch gleichzeitig mit Erwerbsarbeit geleistet wird, b) eigenständige Anwartschaften der Frauen ausbauen, und c) einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Problems der Altersarmut leisten. Das Gesamtkonzept soll bis zum Jahresbeginn 1997 verwirklicht werden; die unter a) genannten Verbesserungen sollen noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich geregelt werden. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 25. Juni 1991 ihren Antrag „Einsetzung von Ausschüssen" - Drucksache 12/53 - zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. September 1991 3301* Innenausschuß Drucksache 11/6897 Drucksache 12/347 Finanzausschuß Drucksache 12/368 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/7628 Drucksache 12/48 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 8/2925 Drucksache 11/4315 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen, bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 12/458 Nr. 2.1 Finanzausschuß Drucksache 12/152 Nr. 2 Drucksache 12/458 Nr. 2.4 Haushaltsausschuß Drucksache 12/458 Nr. 2.5, 2.6 Drucksache 12/706 Nr. 3.2 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/399 Nr. 3.1-3.4, 3.7-3.16 Drucksache 12/458 Nr. 2.7 —2.10 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 12/210 Nr. 202 Drucksache 12/269 Nr. 2.35, 2.36 Drucksache 12/399 Nr. 3.19 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/311 Nr. 2.22 Drucksache 12/458 Nr. 2.17, 2.18 Drucksache 12/1003 Nr. 22 Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat mit Schreiben vom 19. Juli 1991 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Jahresabschluß ist vom Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen genehmigt worden. Die Unterlagen liegen im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karl Lamers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die uns heute zur Beratung vorliegenden Verträge mit Polen bilden eine komplementäre Einheit: Der eine, welcher die Grenze zwischen Deutschland und Polen feststellt, zieht einen Schlußstrich unter den Streit der Vergangenheit, nicht unter die Vergangenheit als solche; der andere über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit weist in die Zukunft. Er wäre ohne den ersteren nicht möglich. Beide Verträge sind Grundlage für die Verwirklichung einer Vision: Frieden in vollem Sinne des Wortes zwischen Deutschen und Polen und eine gemeinsame Zukunft Deutschlands und Polens in Europa.
    Meine Fraktion dankt allen, die diesem Vertrag durch ihre mühselige, ja oft quälende Arbeit zum Teil seit Jahrzehnten den Weg bereitet haben, vorab — der Bundeskanzler hat es auch getan — den beiden großen Kirchen, die die ersten Breschen in die Mauer des Schweigens, des Mißtrauens, ja zum Teil des Hasses geschlagen haben. Danken möchten wir aber auch den ungezählten kleinen Gruppen und Millionen deutscher Bürger, die — wie etwa bei der großen Paketaktion und durch vieles kleine unbekannte Tun — das Bild der Deutschen bei den Polen freundlicher, d. h. menschlich gestaltet haben. Auch ohne diese Kärrnerarbeit wären diese Vertragstexte nicht möglich geworden.
    Für die Mühe und die Klugheit, die erst den Erfolg dieser großen Arbeit ermöglicht haben, dankt meine Fraktion der Bundesregierung. Sie dankt allen ungezählten Beamten aus dem auswärtigen Amt, dem Bundeskanzleramt, die daran mitgewirkt haben, und sie dankt Ihnen, Herr Außenminister, für Ihren unermüdlichen Einsatz, der weit über den Beginn der Arbeit an diesen Verträgen in eine Zeit hinausreicht, als der Weg zur deutsch-polnischen Versöhnung noch sehr viel steiniger und das Ziel noch keineswegs in Sicht war.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ein Wort des Dankes möchte ich auch an diejenigen Kollegen von der SPD richten, die sich in der Vergangenheit mit ganzem Herzen für die Verständigung und Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen eingesetzt haben. Das gilt beispielsweise und nicht zuletzt für den Kollegen Koschnick, der hier gesprochen hat, und das gilt natürlich vorab für den Kollegen Willy Brandt. Diesen Dank hier auszusprechen fällt um so leichter, als ja gerade auch der Kollege Koschnick und vorher der Kollege Brandt — etwa bei seiner Rede aus Anlaß der gemeinsamen Erklärung Kohl/Mazowiecki — ihre Anerkennnung hier nachdrücklich zum Ausdruck gebracht haben.
    Angesichts dieser in der Tat ungewöhnlichen Erfolge dieser Bundesregierung und vorab des Bundeskanzlers in der Ostpolitik tragen Sie, Herr Kollege
    Koschnick — das hat man eben wieder gemerkt; ohnehin ist das Leben für die Opposition kein Zucker-schlecken — , ein schweres Los, war es doch gerade dieser Politikbereich, Herr Kollege Vogel, war es doch gerade die Ostpolitik, wo die Opposition nicht müde wurde, in den schwärzesten Farben zu malen,

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Weil Sie lange zu lernen hatten, bis Sie zu uns kamen!)

    war es doch gerade die deutsche Polenpolitik, die sie in den Fängen unbelehrbarer Vertriebenenfunktionäre wähnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei einer solchen wirklich nicht beneidenswerten Lage, wo sich Kassandra als Jahrmarktsprophetin erweist, ist es in der Tat nicht nur im Interesse der Sache, sondern auch im Interesse des eigenen Ansehens am besten, anzuerkennen, was anerkennenswert ist, wie es Willy Brandt und auch Hans Koschnick nach einigen notwendigen Pflichtübungen getan haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Freimut Duve [SPD]: Was heißt hier „Pflichtübung"? Courtoisie!)

    Jedermann, meine Kolleginnen und Kollegen, wird verstehen, ja es als zwingend erwarten, wenn ich ein besonderes Wort des Dankes an den Bundeskanzler richte. Der Bundeskanzler hat gewissermaßen die dicken Brocken aus dem Weg geräumt. Er hat immer wieder im richtigen Augenblick die entscheidenden Hindernisse, vor allem durch seine Begegnungen mit Premier Mazowiecki und Premier Bielecki, überwunden. Er hat das deutsch-polnische Verhältnis nicht nur, wie man so sagt, zur Chefsache, sondern er hat die Aussöhnung und, darauf fußend, die Freundschaft zwischen Polen und Deutschland zu seiner Herzenssache gemacht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Er hat gesehen, Sie haben gesehen, Herr Bundeskanzler, daß dies nur gelingen kann, wenn dabei auch die deutschen Sicherheitsinteressen, die deutschen Anliegen, unter ihnen nicht zuletzt die Anliegen der Vertriebenen, Berücksichtigung finden. Ihre Ausdauer, die Sie wie oft in vergleichbaren Situationen mit unverständiger und manchmal auch unduldsamer Kritik bezahlen mußten, hat sich wieder einmal gelohnt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Denn in der Tat, wer hätte es noch bis vor kurzem für möglich gehalten, was dieser Vertrag an Entfaltungsmöglichkeiten für die Deutschen in Polen, vor allem in Oberschlesien, enthält. Dazu wird der Kollege Koschyk sicher gleich mehr sagen.
    Auch ich möchte an dieser Stelle ein Wort an die Vertriebenen richten. Ich weiß, wie schmerzlich Ihnen bewußt ist, daß der Freundschaftsvertrag erst durch die vorangegangene Feststellung der Grenze zwischen Deutschland und Polen möglich wurde und damit untrennbar mit dem endgültigen Verlust Ihrer Heimat verbunden ist. Auch für mich, der ich alle Wurzeln meiner Herkunft im westlichen Teil unseres Landes, im Rheinland, finde, ist dieser Verlust Ost-



    Karl Lamers
    deutschlands ein tiefer Schmerz. Wieviel mehr ist er es für Sie, die Sie den Schrecken und die Schmach der Vertreibung aus Ihrer Heimat ertragen mußten. Das ist ein Elend und ein Leid, das Unrecht war und das nicht durch das vorausgegangene unvorstellbare Leid, das Deutschland über Polen gebracht hat, gerechtfertigt werden kann.
    Aber wir alle sollten uns erinnern, daß die Übertragung der Oder-Neiße-Gebiete nicht das Werk Polens gewesen ist und daß Polen sie mit dem Verlust seiner Ostgebiete bezahlen mußte, wie anders auch immer deren ethnischer Charakter im Vergleich mit den deutschen Gebieten jenseits von Oder und Neiße gewesen sein mag.

    (Freimut Duve [SPD]: Mischgebiete waren es beide!)

    Aber auch für Sie, die Vertriebenen, ist nur der Weg nach vorn offen. Auch Sie müssen sehen, daß Deutschland, wollte es dieses Mal seine Einheit im Einvernehmen mit Europa erreichen, keine andere Wahl hatte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deutschland, verehrte Kolleginnen und Kollegen, gegen den Rest der Welt, das haben wir zweimal in diesem Jahrhundert mit katastrophalen Folgen für uns und für ganz Europa versucht.

    (Beifall des Abg. Reinhard Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU])

    Aber es ist nicht nur diese Logik der Macht, die unseren Schritt unvermeidlich machte. Es ist auch die Logik der Geschichte und des Verstehens der Folgen des eigenen Tuns in ihr. Es ist vor allem die Frucht der Einsicht, daß Frieden nur dann einkehren kann, wenn die Drehung der Rachespirale ein für allemal beendet und an ihrer Stelle ein gemeinsamer Weg in eine gemeinsame Zukunft geebnet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Genau dies versucht der Nachbarschafts- und Freundschaftsvertrag. Ich bitte Sie, ich bitte die Vertriebenen, diesen Weg gemeinsam mit uns zu gehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

    Eine gemeinsame Zukunft und Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen kann es nur geben, wenn auch Polen, meine Damen und Herren, ein Leben in Würde, d. h. in Selbstachtung führen kann. Würde bedeutet ein Leben in Freiheit und in Demokratie; aber es bedeutet auch ein Leben in einem materiellen Wohlergehen, das sich an dem einzig verständlichen Maßstab für Polen messen kann, nämlich dem seines westlichen Nachbarn. Es bedeutet also ein Leben frei von Not und erniedrigender Dürftigkeit.
    Deutschland kann Polen dabei helfen. Das sollten wir nicht als Last, nein, das sollten wir als Chance begreifen.
    Diese Chance, meine Damen und Herren, ist sicher das Ergebnis einer deutschen Politik, die über vier Jahrzehnte aus der Geschichte gelernt hat. Aber sie erscheint mir doch zugleich auch als uns — gestatten Sie bitte diesen etwas ungewöhnlichen Ausdruck — von einem gütigen Geschick zugedacht. Jedenfalls ist diese Rollenverteilung zwischen Deutschland und Polen gewiß nicht das selbstverständliche Ergebnis der Geschichte, soweit wir sie im vergangenen Jahrhundert zu verantworten hatten.
    Diese Rollenverteilung erlegt uns die Pflicht zu mehr Großmütigkeit, zu mehr Großzügigkeit, ja, wenn es nicht vielleicht zu anmaßend klänge, würde ich sagen: zu mehr Weisheit auf. Wir müssen verstehen, daß manches, was uns an einzelnen polnischen Vorgängen zuweilen verstört, Ausdruck verletzten Selbstwertgefühls ist. Wir müssen erkennen, daß nationales Selbstbewußtsein und Selbstsein, das sich ganz plötzlich nicht länger wie über lange Zeit, ja wie über Jahrhunderte gegenüber zwei übermächtigen Nachbarn und sodann bis vor kurzem in der Gegnerschaft, in der feindseligen Abgrenzung, gegenüber einer imperialistischen Hegemonialmacht und dem von ihr aufgezwungenen System artikulieren kann, sondern das sich nun in sich selbst finden und im Miteinander der Nationen ausdrücken muß, notwendigerweise Zeit zur Neuorientierung braucht.
    Wir müssen sehen, daß das Verhältnis zu Deutschland notwendigerweise ambivalent ist. Zwar haben Deutsche und Polen ja keineswegs immer nur ein negatives Verhältnis gehabt oder die Deutschen in Polen immer nur eine verhängnisvolle Rolle gespielt, im Gegenteil: Die Beispiele gegenseitiger Befruchtung sind beeindruckend. Aber die Deutschen haben nicht nur gemeinsam mit den Russen Polen dreimal in einem Jahrhundert geteilt. Der Überfall Hitler-Deutschlands und die Greuel gegenüber der Zivilbevölkerung und die Pläne über die Zukunft dieses Landes sind natürlich noch im Gedächtnis dieses stark und — wenn ich das anmerken darf — mir manchmal zu stark in historischen Kategorien denkenden und empfindenden Volkes.
    Nun, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist Deutschland, obgleich der Geschlagene dieses Krieges, der moralische Outcast von 1945, heute die stärkste Macht in Europa. Deutschland ist dasjenige Land, auf das die Polen ihre Hoffnungen setzen, ja setzen müssen.
    Ich meine, jedermann bei uns, wirklich jeder Bürger, aber vorab wir, die politisch Verantwortlichen, müßten verstehen, daß dies für die Polen eine schwierige Lage ist. Deswegen sollten wir auch nicht jedes uns befremdlich erscheinende Wort aus Polen übelnehmerisch vermerken; wir sollten uns vielmehr an die alte Erfahrung erinnern, daß Geben leichter ist als Nehmen.
    Es gilt noch ein Weiteres zu sehen: Die Erfahrung mit unseren Transferleistungen in die frühere DDR zeigt, daß sich die Hilfe beim wirtschaftlichen Wiederaufbau auch materiell bezahlt macht, sicher im Falle Polens nach einer etwas längeren Zeit, als dies im Falle der früheren DDR geschieht.
    Aber wichtiger ist doch noch, daß es, wenn es gelingt, das schwierige Verhältnis zwischen Deutschen und Polen fruchtbar zu gestalten, nicht nur materiell und ideell für die Polen von Nutzen ist, sondern daß es für die Achtung der Deutschen vor sich selbst und für ihr Ansehen in der Welt ein gar nicht hoch genug zu



    Karl Lamers
    veranschlagender Gewinn wäre. Das ist die große Chance, die sich uns jetzt bietet und die wir ergreifen müssen, wollen wir uns nicht eines Tages eingestehen müssen, daß wir versagt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

    Aber natürlich muß sich dieser grundlegende Aspekt in den konkreten Herausforderungen, die sich uns stellen, bewähren, und diese konkreten Herausforderungen sind immer weniger national, sondern immer mehr nur noch grenzüberschreitend, nur noch gemeinsam zu bewältigen. Ich denke dabei beispielsweise an die Probleme der Umweltbelastungen ebenso wie an unsere gemeinsame Verpflichtung, den Menschen in der Dritten Welt zu helfen. Aber auch die gemeinsame Sicherheit in Europa und Europas Beitrag zur Friedenssicherheit und Freiheit in der Welt gehören dazu.
    Gerade mit Blick auf die alten, nun wieder aufbrechenden Konflikte im östlichen Teil unseres Kontinents können Deutsche und Polen jetzt ein Beispiel dafür geben, wie zwei Völker ihr schwieriges und gespanntes Verhältnis überwinden und mit einem Neubeginn ihre gemeinsame Zukunft in einem Europa ohne Grenzen gestalten. Dabei können die Deutschen in Polen und die Vertriebenen ebenso einen besonderen Beitrag leisten wie junge Menschen aus Deutschland und Polen, ohne deren Engagement die Einigung Europas nicht vollendet werden kann. Das zeigt noch einmal deutlich die zukunftsweisende Bedeutung des Abkommens über das deutsch-polnische Jugendwerk und der Vereinbarung über die Rechte der Minderheiten in Polen, wie sie im Nachbarschaftsvertrag festgelegt sind.
    Da es sich also im Kern bei dem deutsch-polnischen Verhältnis nicht zuletzt um das versehrte polnische Selbstwertgefühl, um die Selbstfindung Polens handelt, stehen wir vor einer wahrhaft schwierigen, ja heiklen Aufgabe. Es wäre sehr gut, wenn sich Polen nicht allein auf Deutschland angewiesen sähe. Daher fand ich das Treffen zwischen dem deutschen, dem französischen und dem polnischen Außenminister vor wenigen Tagen in Weimar, Herr Bundesaußenminister, eine ausgezeichnete Idee.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Ich bitte auch an dieser Stelle Frankreich ganz herzlich, sich seiner besonderen historischen Verantwortung gegenüber Polen bewußt zu sein. Das gilt nicht zuletzt für die auch von Ihnen, Herr Kollege Koschnick, angesprochene zentrale Erwartung, die Polen uns gegenüber und natürlich gegenüber allen unseren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft hat, daß wir ihm nämlich helfen, so schnell wie möglich Mitglied in der Europäischen Gemeinschaft zu werden.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Herr Kollege Koschnick, ich sehe hier auch nicht einen Widerspruch zwischen Vertiefung und Erweiterung. Vertiefung der Gemeinschaft ist in der Tat die Voraussetzung, um das prioritäre Ziel, die Erweiterung um die neuen Demokratien im Osten unseres Kontinents, zu erreichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Politik Polens ist übrigens ein schlagender Beweis für meine Überzeugung, die ich schon öfters formuliert habe: Die deutsche Zukunft liegt nicht im Osten; die Zukunft des Ostens liegt im Westen.
    Bei einem Treffen von deutschen und polnischen Politikern im März 1989 sagte ein deutscher Teilnehmer, er wünsche sich, die Deutschen würden so national, wie die Polen es bereits seien. Ein polnischer Teilnehmer entgegnete ihm darauf, das wünsche er sich nicht. Er wünsche sich vielmehr, daß die Polen so europäisch würden, wie die Deutschen es bereits seien. Ich gestehe, verehrte Kolleginnen und Kollegen, daß ich dieses mich tief berührende Kompliment als das schönste Kompliment — und auch als eine Anerkennung — empfinde, das ich je von einem Nicht-Deutschen gehört habe. Beweisen wir durch unsere Politik gegenüber Polen die Berechtigung dieses Kompliments, und tragen wir dadurch dazu bei, daß der mit ihm verbundene Wunsch, ein europäisches Polen, Wirklichkeit werde.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zu einer Zwischenintervention hat der Abgeordnete Duve das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Freimut Duve


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Lamers, ich stimme Ihrer Rede weitgehend zu. Sie haben aber eine Bemerkung gemacht, die mich zu dieser Intervention veranlaßt.
    Ich denke, wir sollten unsererseits nicht von versehrtem Selbstwertgefühl eines anderen Volkes, mit dem wir diesen Vertrag schließen, sprechen. Wir sollten uns in diesem Fall einer herablassenden Beurteilung sozusagen der Seelenlage eines Nachbarn enthalten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So kann das doch niemand mißverstehen!)

    Ich finde, wir haben an der polnischen Geschichte so viel versehrt, daß die seelischen Reaktionen und das, was die Polen heute untereinander diskutieren, von uns eigentlich nicht mit dem Begriff „versehrtes Selbstwertgefühl" beurteilt werden sollte.

    (Karl Lamers [CDU/CSU]: Es ist ja nicht zuletzt durch uns versehrt!)

    Das ist die einzige kleine Kritik, die ich an Ihren Bemerkungen anzubringen habe.

    (Friedrich Bohl [CDU/CSU]: Das war nicht eine kleine, sondern eine kleinliche Kritik! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie verdrehen damit den Geist der Rede!)