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    Plenarprotokoll 12/39 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 39. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. September 1991 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3243 A Zusätzliche Überweisung eines Entschließungsantrages an den Haushaltsausschuß 3271 B Zusätzliche Überweisung eines Gesetzentwurfes an den Ausschuß für Wirtschaft . . 3297 D Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zu den deutsch-polnischen Verträgen b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Juni 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 12/1103) c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 14. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenzen (Drucksache 12/1104) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze sowie über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 12/ 1105) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze sowie über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 12/1107) Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler 3243 D Hans Koschnick SPD 3249 C Karl Lamers CDU/CSU 3253 A Freimut Duve SPD 3255 C Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 3256A Gerd Poppe Bündnis 90/GRÜNE 3258 C Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 3260 A Ortwin Lowack fraktionslos 3261 B Hartmut Koschyk CDU/CSU 3262 B Markus Meckel SPD 3264 C Ulrich Irmer FDP 3266 B Margitta Terborg SPD 3267 D Dr. Karl-Heinz Hornhues CDU/CSU . . 3269 B Hans Koschnick SPD 3270 D Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Drucksache 12/899) in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. September 1991 Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze (Drucksache 12/ 765) Peter Kittelmann CDU/CSU 3271 D Hermann Bachmaier SPD 3273 B Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . 3275A, 3279 D Johannes Singer SPD 3275 D Andrea Lederer PDS/Linke Liste 3276 B Horst Eylmann CDU/CSU 3277 A Hermann Bachmaier SPD . . . 3277 C, 3281 D Dr. Hans de With SPD 3278 A Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 3278 C Ernst Schwanhold SPD 3280 A Peter Kittelmann CDU/CSU 3280 B Klaus Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi 3281 B Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Abgeordneten Claudia Nolte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung adoptionsrechtlicher Fristen (AdoptFristG) (Drucksache 12/1106) Dr. Michael Luther CDU/CSU 3283 A Margot von Renesse SPD 3283 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 3284 B Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . . 3284 D Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 3285 C Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3285 D Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . . 3286 B Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin (Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz) (Drucksache 12/1092) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags des Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bundesländern (Drucksache 12/ 1118) Dr. Günther Krause, Bundesminister BMV 3287 C Harald B. Schäfer (Offenburg) SPD . . . 3287 D Dr. Margrit Wetzel SPD 3289 A Helmut Rode (Wietzen) CDU/CSU . . 3291A Ekkehard Gries FDP 3292 A Jutta Braband PDS/Linke Liste 3293 D Horst Gibtner CDU/CSU 3294 C Dr. Klaus-Dieter Feige Bündnis 90/GRÜNE 3295 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . 3296 D Nächste Sitzung 3297 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3299* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3299* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. September 1991 3243 39. Sitzung Bonn, den 6. September 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 06. 09. 91* Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 06. 09. 91 Berger, Johann Anton SPD 06. 09. 91 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 06. 09. 91 Blunck, Lieselott SPD 06. 09. 91* Dehnel, Wolfgang CDU/CSU 06. 09. 91 Eichhorn, Maria CDU/CSU 06. 09. 91 Eppelmann, Rainer CDU/CSU 06. 09. 91 Erler, Gernot SPD 06. 09. 91 Formanski, Norbert SPD 06. 09. 91 Gattermann, Hans H. FDP 06. 09. 91 Dr. Gautier, Fritz SPD 06. 09. 91 Graf, Günter SPD 06. 09. 91 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 06. 09. 91 Großmann, Achim SPD 06. 09. 91 Grünbeck, Josef FDP 06. 09. 91 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 06. 09. 91 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 06. 09. 91 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 06. 09. 91 Hilsberg, Stephan SPD 06. 09. 91 Ibrügger, Lothar SPD 06. 09. 91 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 06. 09. 91 Kastning, Ernst SPD 06. 09. 91 Körper, Fritz Rudolf SPD 06. 09. 91 Koltzsch, Rolf SPD 06. 09. 91 Kretkowski, Volkmar SPD 06. 09. 91 Dr.-Ing. Laermann, FDP 06. 09. 91 Karl-Hans Lenzer, Christian CDU/CSU 06. 09. 91* Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 06. 09. 91 Lintner, Eduard CDU/CSU 06. 09. 91 Louven, Julius CDU/CSU 06. 09. 91 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 06. 09. 91 Erich Männle, Ursula CDU/CSU 06. 09. 91 Marten, Günter CDU/CSU 06. 09. 91* Dr. Matterne, Dietmar SPD 06. 09. 91 Dr. Mertens (Bottrop), SPD 06. 09. 91 Franz-Josef Dr. Müller, Günther CDU/CSU 06. 09. 91* Nolte, Claudia CDU/CSU 06. 09. 91 Oostergetelo, Jan SPD 06. 09. 91 Otto (Frankfurt), FDP 06. 09. 91 Hans-Joachim Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 06. 09. 91 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 06. 09. 91* Pützhofen, Dieter CDU/CSU 06. 09. 91 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 06. 09. 91* Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 06. 09. 91 Rempe, Walter SPD 06. 09. 91 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 06. 09. 91 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reuschenbach, Peter W. SPD 06. 09. 91 Richter (Bremerhaven), FDP 06. 09. 91 Manfred Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 06. 09. 91 Ingrid Romer, Franz-Xaver CDU/CSU 06. 09. 91 Schäfer (Mainz), Helmut FDP 06. 09. 91 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 06. 09. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 06. 09. 91* Dr. Soell, Hartmut SPD 06. 09. 91* Dr. Sperling, Dietrich SPD 06. 09. 91 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 06. 09. 91 Dr. von Teichman und FDP 06. 09. 91 Logischen, C. Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 06. 09. 91 Verheugen, Günter SPD 06. 09. 91 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 06. 09. 91 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 06. 09. 91 Gert Dr. Wieczorek, Norbert SPD 06. 09. 91 Wieczorek-Zeul, SPD 06. 09. 91 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 06. 09. 91* *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 21. Juni 1991 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen oder einen Einspruch gem. Art. 77 Abs. 3 GG nicht einzulegen. Gesetz zur Einführung eines befristeten Solidaritätszuschlags und zur Änderung von Verbrauchsteuer- und anderen Gesetzen (Solidaritätsgesetz) Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte sowie über strukturelle Anpassungen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Haushaltsbegleitgesetz 1991 - HBeglG 1991 -) Gesetz zur Förderung von Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen im Beitrittsgebiet sowie zur Änderung steuerrechtlicher und anderer Vorschriften (Steueränderungsgesetz 1991 - StÄndG 1991 -) Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1991 (Haushaltsgesetz 1991) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat stellt fest, daß weitere Maßnahmen erforderlich sind, damit der zwingend notwendige Umbau der Wirtschaft in den neuen Bundesländern nicht zu einem wirtschaftlichen Niedergang, zu Entindustrialisierung und Entqualifizierung führt. Die wirtschaftliche Erfahrung der Menschen und ihre Fertigkeiten müssen genutzt und gewahrt werden, damit sie ihren Beitrag für das gemeinsame Deutschland leisten können. Über die im Bundeshaushalt 1991 festgelegten Entwicklungen hinaus ist für die Zukunft besonders auf die Entwicklung der Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Wohnungsbau und Verkehr, noch stärker zu achten. Die Bundesregierung sollte im Hinblick auf die fortbestehenden Finanzierungsprobleme - auch in den alten Bundesländern - das Bund-Länder-Verhältnis nicht durch einseitige Steuerverbesserungen zugunsten des Bundes belasten. 2. Die Herstellung einheitlicher Lebensbedingungen in Deutschland ist vordringlichste politische Aufgabe. Dem festzustellenden Verfall der bisherigen Absatzmärkte und der damit einhergehenden verschlechterten Arbeitsmarktsituation muß durch entsprechende wirtschafts- und sozialpolitische Flankierungen begegnet werden. Diesen Anliegen muß in den nächsten Jahren noch verstärkt Rechnung getragen werden. 3. Nach wie vor besteht keine hinreichende Klarheit über die Finanzausstattung der neuen Länder ab 1992. Gerade angesichts des Rückgangs der Zuweisungen aus dem Fonds „Deutsche Einheit" besteht hier dringender Handlungsbedarf, um Planungssicherheit für die neuen Länder und Gemeinden zu schaffen. 4. Der Bundesrat bekräftigt die Forderung, daß der Bund seiner Verpflichtung zur Übernahme der Subventionen aus den Bereichen Wohnungswirtschaft, Energie und Verkehr solange nachkommen muß, bis das in den westlichen Bundesländern existierende Förderinstrumentarium auch in den neuen Bundesländern effektiv umgesetzt werden kann. 5. Der Vorrang der deutschlandpolitischen Aufgaben darf nicht dazu führen, daß in den alten Ländern die Beseitigung finanzwirtschaftlicher Ungleichgewichte und die Behebung von Mängeln der Infrastruktur vernachlässigt werden. 6. Der Bundesrat weist erneut darauf hin, daß gerade wegen der Vereinigung Deutschlands dem weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Ländern, aber auch in den alten Ländern, hohe Priorität zukommt. Er verweist auf seine Stellungnahme vom 19. April 1991 (Drs. 50/91 - Beschluß -). Der Bundesrat begrüßt daher, daß aufgrund der Empfehlung des Vermittlungsausschusses vom 14. Juni 1991 zu Art. 1 Haushaltsbegleitgesetz 1991 (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) Kürzungen im Verkehrsbereich wieder rückgängig gemacht werden und für 1992 und 1993 eine Aufstockung des Plafonds um 1,5 bzw. 3 Mrd. DM erfolgen soll. Der Bundesrat geht davon aus, daß im Rahmen der nächsten Haushaltsplanungen Klarheit geschaffen wird. 7. Wie in seiner Stellungnahme vom 19. April 1991 (Drs. 50/91 - Beschluß -) ausgeführt, hält der Bundesrat daran fest, daß auch unter Ausschöpfung aller Umschichtungsmöglichkeiten dem steigenden Bedarf u. a. in den Bereichen Wohnungs- und Städtebau sowie Hochschulbau und Forschungsförderung ab 1992 durch eine deutliche Mittelaufstockung Rechnung getragen werden muß. 8. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung - auch im Hinblick auf die vorliegenden 5 Länderplanungen der Bundeswehr - erneut auf, das vom Bundesrat schon am 9. 11. 1990 (Drucksache 462/90 - Beschluß -) geforderte Sonderprogramm zur Förderung von Strukturverbesserungen in besonders von Truppenreduzierungen und Rüstungseinschränkungen betroffenen strukturschwachen Standorten so schnell wie möglich zu konkretisieren und umzusetzen. 9. Der Bundesrat erwartet, daß der Bund nunmehr auch bereit ist, dem Anliegen einer vergünstigten Überlassung ehemaliger militärisch genutzter Liegenschaften an Länder und Gemeinden, insbesondere für Zwecke des sozialen und studentischen Wohnungsbaus wie auch für strukturverbessernde Maßnahmen, hinreichend Rechnung zu tragen. 10. Der Bundesrat hält eine weitere Kürzung der Verteidigungsausgaben für erforderlich. Der Bundesrat hält es ferner für erforderlich, daß die Subventionen für die Kernenergie abgebaut werden. Neue umweltfreundliche Energietechnologien sollen gestärkt werden. 11. Angesichts der sich abzeichnenden Veränderungen der öffentlichen Haushalte zu Lasten von Ländern und Gemeinden - insbesondere durch Steuererhöhungen, die ausschließlich dem Bund zugute kommen -, erwartet der Bundesrat, daß auch die Länder spätestens ab 1. Januar 1992 einen größeren Anteil am Steueraufkommen erhalten. 12. Der Bundesrat hält daran fest, daß für die Mittel des Programms „Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost" Verwahrkonten mit dem Ziel eingerichtet werden, daß die Mittel auch für das Jahr 1992 uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Der Bundesrat verweist auf seine Stellungnahme vom 19. April 1991 (Drs. 50/91 - Beschluß -). Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 5. Juli 1991 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz über die Förderung einer einjährigen Flächenstillegung im Wirtschaftsjahr 1991/92 (Flächenstillegungsgesetz 1991) Sechstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" Gesetz zur Änderung der Verordnung über die weitere Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Familien mit Kindern (Gesetz zur Einführung von Mütterunterstützung für Nichterwerbstätige in den neuen Bundesländern) Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (14. BAföGÄndG) Gesetz zu dem Übereinkommen vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen Gesetz zur Ausführung des Übereinkommens vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (Überstellungsausführungsgesetz - ÜAG) Gesetz zu der Dritten Änderung des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RUG) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat sieht im Rentenüberleitungsgesetz einen wichtigen Schritt zur Herstellung der sozialen Einheit Deutschlands. Mit diesem Gesetz werden die unterschiedlichen Rentensysteme in den neuen und alten Bundesländern zusammengeführt. Zum 1. Januar 1992 werden in den neuen Bundesländern mit der Senkung der Altersgrenzen, mit der Erweiterung der Hinterbliebenenversorgung und mit dem neuen Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrecht spürbare sozialpolitische Verbesserungen eingeführt. 2. Mit dem Rentenüberleitungsgesetz werden bis einschließlich des Jahres 1996 solche Elemente des bisherigen Rentenrechts der neuen Bundesländer im Bestand geschützt, die vor allem Frauen zugute kommen. Das betrifft vor allem den Sozialzuschlag und die erweiterte Anerkennung von Zeiten der Kindererziehung und der Pflege. 3. Die Zeit bis zum Auslaufen dieser Bestandsschutzregelungen muß nun dazu genutzt werden, die Alterssicherung der Frauen in der leistungsbezogenen Rentenversicherung zu verbessern. 4. Eine solche Reform der Alterssicherung der Frauen soll vor allem a) die Anerkennung von Zeiten der Kindererziehung und der Pflege verbessern und dabei die Tatsache berücksichtigen, daß Familienarbeit oft auch gleichzeitig mit Erwerbsarbeit geleistet wird, b) eigenständige Anwartschaften der Frauen ausbauen, und c) einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Problems der Altersarmut leisten. Das Gesamtkonzept soll bis zum Jahresbeginn 1997 verwirklicht werden; die unter a) genannten Verbesserungen sollen noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich geregelt werden. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 25. Juni 1991 ihren Antrag „Einsetzung von Ausschüssen" - Drucksache 12/53 - zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. September 1991 3301* Innenausschuß Drucksache 11/6897 Drucksache 12/347 Finanzausschuß Drucksache 12/368 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/7628 Drucksache 12/48 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 8/2925 Drucksache 11/4315 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen, bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 12/458 Nr. 2.1 Finanzausschuß Drucksache 12/152 Nr. 2 Drucksache 12/458 Nr. 2.4 Haushaltsausschuß Drucksache 12/458 Nr. 2.5, 2.6 Drucksache 12/706 Nr. 3.2 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/399 Nr. 3.1-3.4, 3.7-3.16 Drucksache 12/458 Nr. 2.7 —2.10 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 12/210 Nr. 202 Drucksache 12/269 Nr. 2.35, 2.36 Drucksache 12/399 Nr. 3.19 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/311 Nr. 2.22 Drucksache 12/458 Nr. 2.17, 2.18 Drucksache 12/1003 Nr. 22 Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat mit Schreiben vom 19. Juli 1991 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Jahresabschluß ist vom Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen genehmigt worden. Die Unterlagen liegen im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen am Anfang der parlamentarischen Beratung über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze und über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und



    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit.
    Beide Verträge bilden ein einheitliches Ganzes. Dies wird bei uns und zeitgleich auch im polnischen Sejm durch die gemeinsame parlamentarische Beratung unterstrichen. Beide Verträge werden gemeinsam ratifiziert und damit auch gleichzeitig international in Kraft gesetzt.
    Mit diesen Verträgen liegt uns ein deutsch-polnisches Vertragswerk vor, das Marksteine in der Geschichte unserer beiden Länder und Völker setzt und das damit einen notwendigen Beitrag zu einer neuen Ordnung des Friedens, der Stabilität und der Zusammenarbeit in Europa leistet. Ich bitte Sie namens der Bundesregierung, diesem Vertragswerk Ihre Zustimmung zu geben.
    Ich glaube, wir erfüllen damit auch einen Teil des politischen Vermächtnisses von Konrad Adenauer. Am Beginn des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland wies er in der ersten Regierungserklärung auf die politische Aufgabe und die moralische Verpflichtung hin, die Aussöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern, namentlich, wie er sagte, mit Frankreich und Polen, zu suchen und die Verständigung mit dem Staat Israel und die Aussöhnung mit den Juden in aller Welt zu erstreben.
    Mit dem deutsch-polnischen Vertragswerk wollen wir nach leidvollen Kapiteln in der langen Geschichte unserer Länder und Völker nunmehr an die guten Traditionen des friedlichen Zusammenlebens, des fruchtbaren kulturellen und wirtschaftlichen Austauschs und der Begegnung der Menschen anknüpfen.
    Meine Damen und Herren, weder Kriege noch Völkermord, weder Verfolgung noch Vertreibung, weder rassische Überheblichkeit noch ideologische Verblendung haben diese Tradition auslöschen können; denn hinter dieser Tradition stand die verbindende Idee der gemeinsamen Freiheit.
    Vor 200 Jahren gab sich Polen die erste geschriebene freiheitliche Verfassung Europas. Sie wurde den mächtigen Nachbarn Polens zum Vorwand für die zweite polnische Teilung. Aber sie entfachte bei den Völkern Europas, die nach Freiheit und verfassungsmäßigen Ordnungen drängten, ein Fanal. Dies galt vor allem in den Staaten des zersplitterten Deutschland, in denen die Ideen von Freiheit und nationaler Einheit im Bewußtsein der Bürger immer stärker wurden.
    Damals wurde — wir sollten dies nie vergessen — der Grundstock der Freundschaft zwischen Polen und Deutschen aus dem Geist gemeinsamer Freiheit gelegt. In dieser Tradition stand das Hambacher Fest 1832. In einer besonders schweren Stunde der polnischen Geschichte fanden sich deutsche, polnische und französische Patrioten unter dem Wort zusammen:
    Ohne Polens Freiheit keine deutsche Freiheit, ohne Polens Freiheit kein dauerhafter Friede, kein Heil für die europäischen Völker.
    Es ist eine bewegende Erfüllung dieser Worte von
    Hambach, daß sich heute Polen in wiedererrungener
    Freiheit und Selbständigkeit und Deutschland in wiedergewonnener Einheit und Freiheit die Hand zum Frieden und zu guter Nachbarschaft reichen.
    Wer bedenkt, meine Damen und Herren, wie wenige Jahre ihrer langen Geschichte Deutsche und Polen gemeinsam und gleichzeitig unter freiheitlich-demokratischen Verfassungen zusammengelebt haben, kann den Rang des uns heute vorliegenden Vertragswerks ermessen.
    Dieses Vertragswerk krönt eine intensive Phase deutsch-polnischer Beziehungen, die 1989, im Jahre der großen europäischen Freiheitsrevolutionen, einen ersten Höhepunkt erlebte.
    Polens erneuter Kampf um Freiheit und Selbständigkeit hatte bereits 1980 auf der Danziger Leninwerft begonnen. 1989 geschah der Durchbruch. Er wurde von den Parteien und den gesellschaftlichen Gruppen am Runden Tisch vorbereitet. Nach den Juni-Wahlen wurde Tadeusz Mazowiecki erster nichtkommunistischer Ministerpräsident. Er wies Polen den Weg zur Demokratie, zum Pluralismus und zur Marktwirtschaft. Wir, die Bundesrepublik Deutschland, haben ihn dabei von Anfang an nachhaltig unterstützt; denn wir waren der gemeinsamen Überzeugung, daß der Weg der Freiheit, der Weg der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen in anderen Teilen Europas nur dann eine Chance haben würde, wenn er in Polen gelänge.
    Der polnische wie auch der ungarische Weg zu Freiheit und Selbständigkeit wurde 1989 zum Hoffnungszeichen auch für die Menschen in der früheren DDR. Am Abend des 9. November 1989, des Tages, an dem die Mauer fiel, sprach ich bei meinem offiziellen Besuch in Polen mit dem heutigen Staatspräsidenten Lech Walesa. Ich werde dieses Gespräch nie vergessen; denn wir waren uns vor allem auch einig, daß die deutsche Einheit jetzt sehr rasch kommen werde. Er hat mir damals zugesagt, den Weg der Deutschen zur Einheit in freier Selbstbestimmung nachhaltig zu unterstützen.
    Ich erinnere in dieser Stunde daran, daß Polen zu den ersten Ländern gehörte, die entschieden für die Mitgliedschaft des vereinten Deutschland im Nordatlantischen Bündnis eingetreten sind. Dies lag im Interesse der deutschen, der polnischen und der gesamteuropäischen Sicherheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, untrennbar mit unserem Weg zur Einheit verbunden war auch die Bestätigung der Grenzen des vereinten Deutschland. Der Deutsche Bundestag und die damals schon frei gewählte Volkskammer der DDR haben in ihren Entschließungen vom 21. und 22. Juni 1990 ihrem Willen Ausdruck gegeben, daß der Verlauf der Grenze zwischen dem vereinten Deutschland und der Republik Polen durch einen völkerrechtlichen Vertrag endgültig bekräftigt werden sollte. Dieses Votum entsprach dem Willen der großen Mehrheit unseres Volkes, ausgedrückt durch seine frei gewählten Parlamente. Es fand in zwei völkerrechtlichen Verträgen seinen Ausdruck: im ersten Artikel des Vertrages über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland, des soge-



    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    nannten Zwei-plus-Vier-Vertrages vom 14. September 1990, und in dem nach Vollzug der deutschen Einheit mit der polnischen Regierung ausgehandelten und am 14. November 1990 in Warschau unterzeichneten Vertrag über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze.
    Diese Verträge waren unabdingbare Voraussetzungen dafür, daß wir Deutsche unseren Weg zur Einheit in Frieden und Freiheit im Einvernehmen mit allen Partnern, insbesondere mit allen Nachbarn, vollenden konnten. Aber nicht nur dies: Beide Vertragspartner im Gesamtvertrag waren entschlossen, zugleich ihrer europäischen Friedensverantwortung im Geist des eben erwähnten Hambacher Festes von 1832 gerecht zu werden.
    Meine Damen und Herren, es ist für die Geschicke und die friedliche Entwicklung unseres Kontinents von entscheidender Bedeutung, daß Deutsche und Polen in der Mitte Europas die bestehenden Grenzen achten, Brücken der Begegnung bauen und den friedlichen Austausch verstärken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Dies ist zugleich eine Botschaft an andere Völker unseres Kontinents, die aufgerufen sind, eine leidvolle Vergangenheit durch friedlichen Ausgleich zu überwinden und gemeinsam eine Zukunft, gegründet auf Vertrauen und gute Nachbarschaft, aufzubauen.
    Als Teil unserer europäischen Friedensverantwortung und damit auch als Teil unserer Botschaft an andere Völker unseres Kontinents bekennen wir uns auch dazu, daß Grenzen nicht nur trennen, sondern endlich auch verbinden sollen. Wir wollen, daß die Menschen dies auch praktisch erfahren. Wir wollen dies vor allem auch an jener Grenze, die Deutschland und Polen trennt.

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Verbindet!)

    Ich bin deshalb mit Nachdruck dafür eingetreten, im deutsch-polnischen Reiseverkehr die Sichtvermerkspflicht abzuschaffen. Wir haben nach schwierigen Verhandlungen unsere Partner im sogenannten Schengener Abkommen für diese Politik gewonnen und konnten im April dieses Jahres den visumfreien Reiseverkehr verwirklichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zustimmung des Abg. Markus Meckel [SPD])

    Ich freue mich, daß trotz bedauerlicher Anfangsschwierigkeiten — diese sind nicht zu leugnen — jetzt Deutsche und Polen diese neue Möglichkeit zum Austausch und zur Begegnung umfassend nutzen. Der Reiseverkehr zwischen unseren Ländern hat sich seit Öffnung der Grenze vervielfacht.
    In europäischer Verantwortung setzen wir auch alles daran, zu verhindern, daß die politisch überwundene Grenze sich nunmehr als eine Art Wohlstandsgrenze verfestigt. Aufblühende Grenzregionen und gutnachbarschaftliche Zusammenarbeit über die Grenze hinweg — dies ist unser Ziel. Nach dem Vorbild und nach den Erfahrungen, die wir in über 40 Jahren vor allem an der Westgrenze unseres Landes gewonnen haben, sollten wir alles tun, um auf diesem Weg möglichst rasch zu vergleichbaren Verhältnissen an Oder und Neiße zu kommen. Wir haben deshalb vorgeschlagen, in einer deutsch-polnischen Kommission für regionale und grenznahe Zusammenarbeit vieles von dem, was wir uns in diesem Zusammenhang wünschen, endlich zu realisieren. Eine entsprechende Vereinbarung wurde im Juni dieses Jahres unterzeichnet.
    Aufgabe der Kommission, die ihre Arbeit bereits aufgenommen hat, muß es sein, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Regionen, der Städte und Gemeinden und der Bürger — kurzum: die grenzüberwindende Initiative „von unten" — zur selbstverständlichen Normalität zu machen.
    Ich begrüße in diesem Zusammenhang das ganz besondere Engagement unserer neuen grenznahen Bundesländer für diese Zusammenarbeit. Ich würdige an dieser Stelle insbesondere den großen persönlichen Einsatz von Ministerpräsident Gomolka als Polenbeauftragter der Bundesländer sowie der Ministerpräsidenten Stolpe und Biedenkopf.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem Bündnis 90/GRÜNE — Zustimmung des Abg. Markus Meckel [SPD])

    Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang will ich auf eine besonders dringende Aufgabe hinweisen, nämlich auf das Thema grenzüberschreitender Umweltschutz. Wer sich die extrem hohen Umweltbelastungen im oberschlesischen Industriegebiet oder in den Grenzgewässern vor Augen führt, kann sich eine Vorstellung davon machen, wie groß diese Aufgabe ist. Mit der Gründung eines Umweltrates mit Polen, wie es ihn sonst nur mit unserem Nachbarn Frankreich gibt, haben wir ein Instrument geschaffen, um gemeinsam mit unseren polnischen Partnern diese Aufgabe zu lösen.
    Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, am 17. Juni dieses Jahres habe ich mit Ministerpräsident Bielecki den Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit unterzeichnet. Er gründet auf der gemeinsamen Erklärung, die ich mit Ministerpräsident Mazowiecki am 14. November 1989 in Warschau unterzeichnet hatte. Bereits mit dieser alle Bereiche der Beziehungen umfassenden Erklärung wurde das deutsch-polnische Verhältnis auf eine neue Grundlage gestellt. Mit dem Vertrag, der Ihnen heute vorliegt, werden die politischen Willenserklärungen von 1989 in den Bereich vertraglicher Verpflichtungen erhoben. Der Vertrag ist damit Grundlage und Handlungsrahmen für eine umfassende Zusammenarbeit und zukunftsgewandte Nachbarschaft beider Länder und Völker in einem zusammenwachsenden Europa. Mit diesem Vertrag setzen wir auf eine dynamische Vorwärtsbewegung zwischen unseren Völkern. Sie soll vor allem den Menschen in unseren Ländern zugute kommen.
    Wir werden und wollen verstärkt zusammenarbeiten in der Politik einschließlich der Sicherheitspolitik, in Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie, im kulturellen Austausch, im Bereich der humanitären Fragen und nicht zuletzt bei der Begegnung der Menschen, vor allem der jungen Generation.



    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    Wir knüpfen für die Zukunft ein dichtes Netz der politischen Konsultationen. Dazu gehört, daß sich die Regierungschefs jährlich treffen und im übrigen in unmittelbarem persönlichen Kontakt stehen. Diese Verabredung hat sich gerade angesichts der jüngsten Ereignisse in der Sowjetunion in den letzten Wochen bereits sehr bewährt.
    Mit dem deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag stellen wir unsere Beziehungen, die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen, bewußt in den größeren europäischen Rahmen, der durch die Charta von Paris für ein neues Europa gestaltet wird. Polen hat die „Rückkehr nach Europa" in enger Partnerschaft mit Deutschland zum Kernanliegen seiner Reformpolitik gemacht. Ziel ist insbesondere die rasche Annäherung Polens an die Europäische Gemeinschaft. Diese mutige Reformpolitik Polens erfordert die Öffnung zur Gemeinschaft hin, erfordert aber auch die Abstützung durch die Gemeinschaft.
    Die Bundesrepublik Deutschland hat die polnische Wirtschaftsreform von Anfang an mit bedeutenden finanziellen Leistungen unterstützt. Insbesondere leisten wir den größten Beitrag zur Lösung des Problems der polnischen Auslandsverschuldung. Natürlich können wir Deutsche — zusätzlich zu den Aufgaben, die sich uns durch die deutsche Einheit stellen — Polen nicht allein helfen, die Folgen von über 40 Jahren kommunistischer Mißwirtschaft zu überwinden. Ich sage auch an dieser Stelle: Gefordert sind die Hilfe und die Unterstützung seitens aller westlichen Industrieländer, vor allem auch der Europäischen Gemeinschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Aber wir Deutschen stehen als größter Handels- und Wirtschaftspartner in einer besonderen Verantwortung, Polen den Weg zur Europäischen Gemeinschaft zu erleichtern; genau dies sagen wir auch im Nachbarschaftsvertrag zu.
    Ich freue mich, feststellen zu können, daß wir dabei mit unseren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft übereinstimmen. Der Europäische Rat in Luxemburg und die kürzlich gefaßten Beschlüsse beim EG-Außenministertreffen haben dieses Ziel noch einmal unterstrichen. Dabei wurde einmütig gefordert, die Assoziierungsverträge mit Polen wie auch mit Ungarn und der CSFR bald, d. h. in den nächsten Monaten, fertig zu verhandeln. Diese Reformstaaten erwarten zu Recht, daß die Staaten der Gemeinschaft ihnen rasch und wirksam entgegenkommen. Angesichts mancher banger Erwartungen für die nächsten Monate, insbesondere für den kommenden Winter, kann ich nur unterstreichen: Wer jetzt schnell hilft, hilft in der Tat nicht nur schnell, sondern auch doppelt.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich begrüße ganz besonders, daß die geplanten Assoziierungsabkommen auch den politischen Dialog der Europäischen Gemeinschaft mit den Reformstaaten verankern. Mit den Assoziierungsverträgen wollen wir ihnen zugleich die Perspektive eröffnen, dann, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, der Europäischen Gemeinschaft beizutreten. Auch mit diesen Ländern wollen wir dann in einer größeren Europäischen Union zusammenleben. Es muß Ziel vernünftiger deutscher Politik sein, daß die zukünftige wirtschaftliche und politische Union Europas nicht an den Ostgrenzen Deutschlands endet, sondern daß wir darüber hinaus unsere östlichen und südöstlichen Nachbarn einbeziehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik will Polen Teil des neuen, ungeteilten Europas sein. Wir wollen dieses Bestreben unterstützen. Polen sieht, wie auch andere Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas, im Nordatlantischen Bündnis einen unverzichtbaren Stützpfeiler der europäischen Sicherheitsarchitektur. Präsident Walesa hat dies vor kurzem bei seinem Besuch bei der NATO sehr deutlich gemacht. Er hat sich zur Wertegemeinschaft der Demokratien bekannt. Er hat den Sicherheitsverbund zwischen Europa und Nordamerika als unerläßlich bezeichnet, um auch Polens Sicherheit zu gewährleisten.
    Ich begrüße diese Aussage. Wir wollen Polen wie auch die anderen mittel-, ost- und südosteuropäischen Staaten dabei unterstützen, enge und vertrauensvolle Beziehungen zu unserem Bündnis zu entwickeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie vereinzelt bei der SPD)

    Einen weiteren Meilenstein auf dem Weg nach Europa wird Polen zurückgelegt haben, wenn es nach den ersten vollständig demokratischen Sejm-Wahlen im Herbst dem Europarat beitritt. Diese erste freiheitliche europäische Organisation verkörpert in besonderem Maße das kulturelle und rechtsstaatliche Erbe unseres Kontinents. Mit der Ratifikation der Europäischen Menschenrechtskonvention wird Polen sich zu dieser Tradition bekennen.
    Im Geiste des neuen Europas regelt der Nachbarschaftsvertrag auch eine Frage, die die deutsch-polnischen Beziehungen lange Zeit belastet hat: die Frage der Minderheiten. Dieses für uns, die Bundesregierung, bei den Verhandlungen zentrale Anliegen ist im Nachbarschaftsvertrag zukunftsweisend und, wie ich denke, vorbildlich geregelt.
    Wer sich an die Zwischenkriegszeit oder aber an die Zeit seit 1945 erinnert, kann ermessen, was es bedeutet, daß die deutsche Minderheit in Polen jetzt förmlich anerkannt und daß ihre Entfaltung in der angestammten Heimat nach europäischem und internationalem Rechtsstandard gewährleistet und gefördert wird. Gleiche Rechte gelten selbstverständlich für die bei uns wohnenden polnischen Bürger.
    Zukunftsweisende Regelung nach europäischen Standard bedeutet: Erstens. Wichtige KSZE-Dokumente, vor allem das Abschlußdokument der Kopenhagener Menschenrechtskonferenz, die ihrer Natur nach politisch verbindliche Erklärungen sind, werden im deutsch-polnischen Verhältnis in den Rang völkerrechtlicher Verpflichtungen erhoben.
    Zweitens. Die Standards aller wichtigen internationalen und europäischen Menschenrechtskonventionen sind vom Vertrag mitumfaßt. Und der Vertrag



    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    berücksichtigt auch schon weitere europäische Entwicklungen, die zu erwarten sind. Ich denke an die künftigen KSZE-Dokumente, die dabei von großer Bedeutung sein werden.
    Drittens. Deutsche und Polen entwickeln mit ihrem Nachbarschaftsvertrag den europäischen Standard weiter, etwa mit dem Recht der Minderheit auf gleichberechtigten Zugang zu den Medien ihrer Region und mit der Verpflichtung der Staaten, Fördermaßnahmen der jeweils anderen Seite zu ermöglichen und zu erleichtern.
    Viertens. Mit dem Nachbarschaftsvertrag geben wir der gesamteuropäischen Entwicklung der Menschen-und Minderheitenrechte einen deutlichen Impuls.
    Wir wissen uns mit alledem im Einklang mit dem besonderen Anliegen, das Papst Johannes Paul II. in diesen Tagen in Mariapocz in Ungarn ausgesprochen hat.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch feststellen, meine Damen und Herren, daß der Nachbarschaftsvertrag auf polnischer Seite wie bei uns unmittelbar — ich unterstreiche dies: unmittelbar — in innerstaatliches Recht umgewandelt wird. Jedermann kann sich wirksamer Rechtsmittel zur Durchsetzung seiner Rechte bedienen.
    Nicht zuletzt ist die Minderheitenfrage Gegenstand der vereinbarten politischen und diplomatischen Konsultationen. Sie steht damit — wann immer es notwendig ist — auf der Tagesordnung der jährlichen Treffen der Regierungschefs.
    Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, weitere Verbesserungen des Status der Minderheiten sind aus unserer Sicht wünschenswert. Einige werden sich im weiteren Fortgang des KSZE-Prozesses herausbilden. Andere sind im Briefwechsel der Außenminister konkret angesprochen: offizielle topographische Bezeichnungen in deutscher Sprache, Mitwirkung von Vertretern der Minderheiten an sie betreffenden Entscheidungen und Niederlassungsmöglichkeiten für Deutsche in Polen; hier werden sich im Zuge der Annäherung Polens an die Europäische Gemeinschaft Lösungen abzeichnen, die hilfreich sind für eine gute gemeinsame Zukunft.
    Im Briefwechsel der Außenminister ist auch festgehalten, daß sich der Vertrag nicht mit Fragen der Staatsangehörigkeit und nicht mit Vermögensfragen befaßt.
    Ich bin überzeugt, daß die in Polen lebenden Deutschen — wie längst die bei uns lebenden Polen — bereits auf der Grundlage des Vertrags umfassende Möglichkeiten zur Wahrung ihrer Identität haben, Möglichkeiten, an die sie selbst noch vor kurzer Zeit kaum glauben konnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])

    Jetzt gilt es, diese Chancen ganz konkret zu nutzen.
    Auch über diesen Vertrag hinaus beobachten wir positive Entwicklungen: So gibt es inzwischen in Polen deutschsprachige Radiosendungen, so ist die Nachfrage nach Deutschunterricht in Polen sprunghaft gestiegen. Für die deutsche Minderheit — wie auch für Polen allgemein — werden sehr viel mehr Deutschlehrer benötigt, als wir zur Verfügung stellen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])

    Ich glaube — wenn ich das bei dieser Gelegenheit hinzufügen darf — , daß wir uns sehr bald einmal auch im zuständigen Ausschuß des Parlaments darüber unterhalten sollten, was wir angesichts der dramatischen Veränderungen in Mittel-, Ost- und Südeuropa mehr für unsere Muttersprache tun können und tun wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])

    Ich will jedenfalls sagen, daß ich dem gegebenen Versprechen bald nachkommen möchte, im Ausschuß darüber mit den Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren und zu Beschlüssen zu kommen, wenn auch Sie dies wünschen; ich wünsche es jedenfalls.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nicht zuletzt ist in dieser Aufzählung positiver Entwicklungen zu nennen: Die deutsche Minderheit wird bei den ersten vollständig demokratischen SejmWahlen im Oktober mit eigenen Kandidaten antreten können und auch antreten.
    Dies alles, meine Damen und Herren, fügt sich zu einem Gesamtbild: Der Nachbarschaftsvertrag schließt in der Frage der Minderheiten ein leidvolles Kapitel der Geschichte ab und spiegelt einen neuen Geist in den Beziehungen unserer Länder und Völker wider.
    Meine Damen und Herren, in neuem Geiste haben wir auch die Türen für die Begegnung der Menschen, insbesondere der jungen Generation, weit geöffnet. Zusammen mit dem Nachbarschaftsvertrag wurde das Abkommen über die Errichtung des deutsch-polnischen Jugendwerkes unterzeichnet. Wir wollen damit an die hervorragenden Erfahrungen mit dem deutschfranzösischen Jugendwerk anknüpfen. Wir wollen durch vielfältige Begegnung und gemeinsame Erfahrungen der Jugend unserer Völker die deutsch-polnische Aussöhnung fest in der jungen Generation verankern und damit — das ist entscheidend — unumkehrbar machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Der Nachbarschaftsvertrag setzt im übrigen auf breitgefächerten Austausch: in Kultur und Wissenschaft, in der Wirtschaft und auf dem Gebiet der beruflichen Aus- und Fortbildung und nicht zuletzt auch bei den Streitkräften. Wer hätte sich vor wenigen Jahren vorstellen können, daß deutsche und polnische Soldaten gemeinsam nach Lourdes pilgern und gemeinsam am Jugendtreffen in Tschenstochau teilnehmen?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich begrüße gerade auch in diesem Zusammenhang die enorme Zunahme der Städtepartnerschaften, insbesondere in den neuen Bundesländern. Ich nenne als als ein besonders gutes Beispiel den kürzlich unter-



    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    zeichneten Partnerschaftsvertrag der beiden Hauptstädte Berlin und Warschau.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Deutsche und Polen haben ihren unverwechselbaren Beitrag zum kulturellen Erbe Europas geleistet. Mit einem umfassenden Kulturaustausch ohne die Fesseln des vergangenen Systems, mit der Eröffnung von Kulturinstituten, der Verstärkung des Sprachunterrichts und vielem anderen mehr öffnen wir die Tore für mehr Verständnis untereinander.
    Wir wissen, daß dies auch eine grundlegende politische Bedeutung hat, die wir gerade angesichts der leidvollen deutsch-polnischen Geschichte gar nicht hoch genug einschätzen können. Wer die geistigen und kulturellen Leistungen anderer Völker, vor allem auch der Nachbarn, kennt und achtet, ist gegen Rückfälle in ideologische Verblendung und nationale Überheblichkeit gefeit.
    Der Nachbarschaftsvertrag regelt ein humanitäres Anliegen, das uns viele Jahrzehnte schmerzhaft bewußt gewesen ist, jetzt in einem versöhnenden Geist: Er stellt die Gräber, insbesondere auch alle Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft, unter den Schutz der Gesetze. Er ermöglicht, daß sie gepflegt und erhalten werden können. Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß gerade dann, wenn sich Deutsche und Polen im Gedenken an ihre Toten zusammenfinden, Versöhnung gestiftet werden kann.
    Der Bundesregierung ist bewußt, daß seit Jahren im Deutschen Bundestag und in der Öffentlichkeit beider Länder über ein menschliches und moralisches Anliegen nachgedacht wird, das in der schrecklichen Kriegszeit wurzelt. Es geht darum, polnischen Bürgern, die unter nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen besonders schlimm zu leiden hatten, wenigstens eine gewisse materielle Entschädigung zu bieten. So ist die Errichtung einer eigenen Stiftung vorgeschlagen.
    Die Bundesregierung steht hierzu mit der polnischen Regierung in Verbindung und wird dem Deutschen Bundestag sehr bald Lösungsmöglichkeiten vorschlagen. Schon jetzt möchte ich aber betonen, daß es dabei nur um eine Entschädigung in ausgesprochenen Härtefällen gehen kann.
    Ferner verweise ich darauf, daß in den Gesamtzusammenhang des deutsch-polnischen Vertragswerks, über das wir heute beraten, auch das Abkommen über soziale Sicherheit gehört. Auch dieses Abkommen schlägt auf dem wichtigen Gebiet der Renten und sonstigen Sozialversicherungsleistungen den in Europa üblichen Weg ein: Jeder erhält Rente von dort, wo er seine Rechte erworben hat. Das Abkommen wird noch in diesem Jahr in Kraft treten.
    Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist sich bewußt, daß das deutschpolnische Vertragswerk, das wir heute beraten, von nicht wenigen unserer Landsleute nicht leichten Herzens akzeptiert wird. Dies gilt insbesondere für diejenigen, die durch Flucht und durch Vertreibung ihre Heimat jenseits von Oder und Neiße verloren haben.
    Jeder, der sich die jahrhundertelange Geschichte des deutschen Ostens vor Augen hält, weiß um die schmerzvollen Gefühle, die in der tiefen Verbundenheit mit der alten Heimat — in Schlesien, in Ost- und Westpreußen, in Pommern und Danzig — wurzeln. Gerade in dieser Stunde gilt diesen Mitbürgern unsere besondere Achtung und herzliche Verbundenheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Auch in den Präambeln der beiden Verträge ist ihrer im Geist der Versöhnung gedacht.
    Ich nehme erneut die Gelegenheit wahr, in dieser Stunde die große moralische Kraft, mit der die Heimatvertriebenen bereits 1950 in ihrer Charta von Stuttgart auf Rache und Vergeltung verzichtet haben, zu würdigen. Sie sind damit schon frühzeitig einen ersten großen Schritt zur Versöhnung mit unseren östlichen Nachbarn vorangegangen.
    Sie haben sich in dieser Charta auch zur Einigung Europas bekannt. Es ist heute für uns eine beglükkende Erfahrung, daß sich gerade auf dem Weg beider Völker zum vereinten Europa Lösungen abzeichnen, die ein wichtiges Anliegen dieser Mitbürger der Erfüllung näherbringt: beim Wiederaufbau ihrer alten Heimat mitwirken zu können.
    Dank des Nachbarschaftsvertrages sind wir zudem mehr als bisher in der Lage, uns für die dort verbliebenen Deutschen einzusetzen. Diese Menschen haben in der Kriegs- und Nachkriegszeit großes Leid erdulden müssen. Sie können zu Recht unsere Solidarität erwarten.
    Die von mir geführte Bundesregierung ist deshalb entschlossen, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, daß diesen Menschen ihr Los erleichtert wird, damit sie für sich, für ihre Kinder, für ihre eigenen Familien in der angestammten Heimat eine lohnende Zukunft sehen.
    Meine Damen und Herren, der Nachbarschaftsvertrag ermöglicht es auch, Orte und Kulturgüter in den Heimatgebieten, die von deutschen geschichtlichen Ereignissen, von kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen zeugen, zu erhalten. Ja, der Vertrag ruft geradezu dazu auf, auf diesem Gebiet gemeinsame deutschpolnische Initiativen zu ergreifen.
    Wir sollten uns auch dieser Aufgabe in Solidarität intensiv widmen. Insbesondere zähle ich dabei auf das Engagement der Heimatvertriebenen, sowohl bei der Pflege des gemeinsamen kulturellen Erbes als auch bei den vielfältigen Aufgaben auf humanitärem und sozialem Gebiet.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch in dieser Stunde und an dieser Stelle den vielen Persönlichkeiten, Gruppen und Organisationen danken, die sich in schwierigen Jahren angesichts zunächst unüberwindlich scheinender politischer und psychologischer Barrieren dafür eingesetzt haben, den Teufelskreis von Unrecht, Rache und Gewalt zu durchbrechen und die deutsch-polnische Verständigung und Versöhnung auf einen guten Weg zu bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)




    Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
    Ich stehe nicht an und möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen, Herr Kollege Brandt, dabei meinen besonderen Respekt zu bezeugen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE)

    Unser besonderer Dank gehört auch dem Beitrag, den die Kirchen beider Länder zur Versöhnung geleistet haben. Unvergessen bleibt das bewegende Schreiben, das die katholischen Bischöfe Polens beim II. Vatikanischen Konzil 1965 an ihre deutschen Amtsbrüder gerichtet haben — ich zitiere —:
    Im allerchristlichsten und zugleich sehr menschlichen Geist strecken wir unsere Hände zu Ihnen hin: Wir gewähren Vergebung und bitten um Vergebung.
    Und die deutschen Bischöfe antworteten:
    Eine Aufrechnung von Leid und Unrecht kann uns freilich nicht weiterhelfen.... Wir bitten um Verzeihung.
    Im gleichen Jahr erleichterte die Evangelische Kirche mit ihrer Denkschrift den Weg zur Versöhnung der Menschen und zur politischen Verständigung der Staaten.
    Unvergessen bleibt auch der Friedensgottesdienst in Kreisau am 12. November 1989 und die ernste Mahnung des Oppelner Bischofs Nossol zur wahren Vergebung, zum gegenseitigen Verzeihen, und zwar aus freier Entscheidung christlicher Nächstenliebe.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich danke auch den vielen Bürgern — —

    (Horst Sielaff [SPD]: Sie dürfen dann auch die Kirchen nicht vergessen! — Zuruf von der SPD: Das hat er doch gesagt!)

    — Entschuldigung, Herr Kollege, ich habe das doch gerade gesagt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen aufpassen!)

    — Das ist ein Teil unseres Problems im Haus.
    Ich danke auch den vielen Bürgern, die in den schwierigen Jahren des Kriegsrechts bis heute ganz praktisch tätige Nächstenliebe bewiesen haben.
    Deutsch-polnische Versöhnung kann nicht durch Regierungen verordnet oder durch Vertragspflichten begründet werden. Im Gegenteil, das Werk der Versöhnung kann nur gelingen, wenn unsere beiden Völker sich dazu bekennen, wenn jeder Deutsche und jeder Pole es auch als seine persönliche Aufgabe annimmt. Mit dem Vertragswerk haben die Regierungen das Feld bereitet für gute Nachbarschaft, enge Partnerschaft, freundschaftliche Zusammenarbeit.
    Meine Damen und Herren, selten zuvor hat eine Bundesregierung ein Vertragswerk ins parlamentarische Verfahren eingebracht, zu dessen Inhalt sich der Deutsche Bundestag bereits zuvor so umfassend und zustimmend geäußert hat: Ich erinnere an die überwältigende Mehrheit, mit der der Deutsche Bundestag am 21. Juni 1990 seine Entschließungen über die endgültige Bestätigung der deutsch-polnischen Grenze verabschiedet hat, und ich erinnere an das einstimmige Votum, mit dem sich der deutsche Bundestag am 16. November 1989 die deutsch-polnische Gemeinsame Erklärung zu eigen gemacht hat.
    Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, aus dem Geist dieser Gemeinsamkeit heraus zu einem möglichst einmütigen Votum über das vorliegende Vertragswerk zu kommen. Eine solche Entscheidung würde weit über den Tag hinaus unseren parteiübergreifenden Konsens in einer Grundsatzfrage bekunden, an der hierzulande und auch weltweit der politische Wille und die moralische Statur des vereinten Deutschlands gemessen wird: an unserem Verhältnis zum Nachbarn Polen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Jetzt hat der Abgeordnete Hans Koschnick das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Koschnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heute zur Beratung anstehenden Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenzen sowie über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit geben mir die Möglichkeit, für die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei im Deutschen Bundestag einige grundsätzliche Anmerkungen zu machen und Ihnen zugleich die Zustimmung zu unserem eingebrachten Entschließungsantrag zu empfehlen.
    Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, erinnern wir uns in dieser Stunde an die Ansätze einer neuen Politik gegenüber den im Warschauer Pakt vereinten Staaten Mittel-, Südost- und Osteuropas. Es war der Außenminister in der großen Koalition, Willy Brandt, der bereits damals im Einvernehmen mit dem Bundeskabinett die Kurskorrektur des westlichen Bündnisses auf der NATO-Tagung in Reykjavik anregte, eine Kurskorrektur, die im Harmel-Bericht ihre strukturelle Begründung fand.
    Es war ein geradliniger Weg, der — wenngleich jetzt von der sozialliberalen Koalition vorangetrieben — über die Verträge von Moskau und Warschau, Budapest und Prag sowie über den nicht minder bedeutsamen Grundlagenvertrag mit der DDR zu einer Auflösung der Eiszeit zwischen Ost und West führte

    (Beifall bei der SPD)

    und zukunftsgerecht auf der KSZE-Konferenz in Helsinki mit der Schlußakte vom 1. August 1975 zum Grundstein des nun allmählich folgenden Abbaus des Kalten Krieges wurde.
    Diese Schlußakte, Politikverpflichtung nicht nur für die in unterschiedlichen Bündnissen vereinten Kontrahenten im Ost-West-Konflikt, sondern besonders bedeutungsvoll wegen der Einbeziehung der blockungebundenen Staaten Europas, eben diese Schlußakte wurde die Basis für ein neues, wenn auch nicht immer störungsfreies Miteinander in Europa.
    Dieses Miteinander trug Früchte. Es war von gleicher Bedeutung wie die Einsicht über die unselige Ressourcenverschwendung als Folge des Wettrüstens. Die anwachsende Bereitschaft bei den militärischen



    Hans Koschnick
    Supermächten USA und UdSSR, sich auch in Fragen globaler Politik zu verständigen, nachdem Michail Gorbatschow den Kurswechsel in der sowjetischen AuBen- und Sicherheitspolitik eingeläutet hatte und durch konkretes Tun für dieses Vorhaben belegte, schuf eine neue Atmosphäre des Vertrauens.
    Begleitet war dieser Prozeß, wie wir alle wissen, von einem Prozeß freiheitlicher Entwicklungen in den Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes. Am sichtbarsten — neben der intellektuell so beachtlichen Opposition um die Charta 77 in der CSSR — stand für diesen Aufbruch in eine neue freiheitliche Ara die polnische Volksbewegung Solidarnośc. Trotz Diskriminierung und staatlicher Unterdrückung, trotz Kriegsrecht und anderer Maßnahmen polnischer Staatsmacht wurde sie das Symbol für die freiheitlichen Grundbedürfnisse einer civic society, die sich dann, von Polen ausgehend, genau 200 Jahre nach der Großen Französischen Revolution in Mittel- und Südosteuropa Bahn brach.
    Auch die Oppositionskräfte in der DDR hatten von dieser Entwicklung profitiert, hatten Mut gewonnen, offen zum Kampf für eine demokratische Perspektive in Freiheit und sozialer Verantwortung anzutreten.

    (Beifall bei der SPD)

    Auch sie gewannen die Massen und schufen dadurch die Voraussetzung zum Zusammenbruch eines politisch perfiden und ökonomisch zerrütteten Systems. Am Ende dieses Prozesses stand die Erlangung der deutschen Einheit.
    Daß dies möglich wurde, verdanken wir in hohem Grade dem freiheitlichen Behauptungswillen von Solidarnośc, der Bereitschaft von Michail Gorbatschow, nicht wie in den Jahren 1953, 1956 oder 1967 die militärischen Machtmittel des damals noch funktionierenden Sowjetimperiums einzusetzen, sondern den freiheitlich-demokratischen Kräften in den bis dahin kommunistisch beherrschten Ländern Raum zu geben.
    Doch eines, meine Damen und Herren, darf dabei nicht übersehen werden: Es waren die Chancen des Korbes III der Schlußakte von Helsinki, die die Bürgerrechtsbewegungen im östlichen Machtbereich ermutigten, den Freiheitskampf erneut aufzunehmen.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie des Abg. Ulrich Irmer [FDP])

    Und gegen eben diese Ergebnisse der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit, gegen die Beteiligung der Bundesrepublik an der Konferenz in Helsinki hatte die CDU/CSU in den 70er Jahren gekämpft, polemisiert und die damalige SPD/FDPKoalition mit dem Verdacht der Preisgabe heiligster Güter überzogen.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ulrich Irmer [FDP] — Zuruf von der SPD: Leider! Leider!)

    Es wäre ungemein reizvoll, hier noch einmal alles aufzuzeigen, was denn die CDU/CSU-Fraktion an Vorbehalten, Bedenken und Ablehnungen damals der Offenlichkeit präsentierte. Im Stile der Ausführungen des Kollegen Dr. Dregger zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers am Mittwoch dieser Woche könnte man dann aufzeigen, in welche zeitgeschichtlichen Irrtümer sich andere verstrickt hatten.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist wahr!)

    Doch lassen es wir mit diesem Hinweis genug sein. Die breite Zustimmung zu den heute anstehenden Verträgen ist mir wichtiger als ein zeitgeschichtliches Kolleg über Irrtümer in der Politik.

    (Zuruf des Abg. Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU])

    Sodann gibt es einen weiteren Grund, lieber Kollege Hornhues, für meine Enthaltung in bezug auf Aufrechnung. Hat doch der Herr Bundeskanzler den zeitgeschichtlichen Fehler der CDU/CSU, namentlich auch der CDU/CSU-Ministerpräsidenten im Bundesrat bei der Abstimmung 1972 zum Warschauer Vertrag, eingesehen, er, der damals vergessen hatte, auf Hambach und andere hinzuweisen, und sich jetzt in seiner Regierungszeit bemüht, die sozialliberale Verständigungspolitik gegenüber Polen fortzusetzen. Dabei haben wir ja auch erleben dürfen, wieviel Widerstand er im eigenen Lager zu überwinden hatte, und zwar nicht nur von CSU-Kontrahenten.
    Ich verhehle deshalb nicht meinen Respekt, Herr Bundeskanzler, vor dieser innenpolitischen Leistung, denn ich weiß genau, wie häufig Nominationen, Wahltermine und ähnliches einer freien Willensentscheidung entgegenstehen. Auch gebe ich dem CDUBundesvorsitzenden recht, wenn er sagt, daß auch außerhalb der parlamentarischen Gremien schwierige Überzeugungsarbeit notwendig war, um am Ende zu einer solchen relativen Geschlossenheit bei dem Grenzvertrag zu kommen, wie wir sie bei den Entschließungen des Bundestages erleben konnten.

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: So sind wir, Herr Bundeskanzler!)

    Auch ist es sicher richtig, daß beide Verträge mit einem besonderen Blick auf die Heimatvertriebenen gesehen werden müssen, Menschen die neben materiellen Verlusten, wie sie auch die Bombengeschädigten in unseren Städten erlitten, zusätzlich mit dem Verlust angestammter Heimat fertig werden mußten. Sie haben — und ich folge Ihnen hier, Herr Bundeskanzler — zu Recht auf dieses besondere und eben nicht für alle unsere Bürger gleiche Schickal hingewiesen. Dies haben wir Sozialdemokraten immer gesehen und gewürdigt. Doch daß — aus welchen Gründen auch immer — eben diesen sowieso schon schwer getroffenen Mitbürgern politisch nie zu realisierende Hoffnungen auf eine Rückkehr in eine dann wieder deutsch gewordene Heimat gemacht wurden, ist eine Irreführung, deren Folgen wir noch heute in der Verbitterung mancher Heimatvertriebener spüren.
    Ich werfe das, meine Damen und Herren, ausdrücklich nicht nur der CDU/CSU-Fraktion oder der Partei vor; alle demokratischen Kräfte haben in der Zeit des Kalten Krieges hier gesündigt. Nur einige haben früher begriffen als andere, daß der Mut zur bitteren Wahrheit heilsamer ist als die Kultivierung unerfüllbarer Hoffnungen. Heimatverlust, Vertreibung, Um- und Aussiedlung hängen für uns unlösbar mit der Hitlerschen Gewaltpolitik zusammen. Er, sein System,



    Hans Koschnick
    hat das verspielt, für das jetzt eine endgültige Klärung gefunden wurde. Das ist eine schmerzliche Einsicht zudem, wenn man an die Menschen denkt, die im Sudetenland, an der Wolga oder in Siebenbürgen mit Vertreibung oder Verelendung als von Hitler erzwungene Geiseln seiner menschenverachtenden Politik bestraft wurden.

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Wohl wahr!)

    Deshalb haben wir auch verstanden, daß sich die Verbände und Landsmannschaften, organisierte Heimatvertriebene also, mit besonderer Intensität bei der Vertragsgestaltung einschalteten, daß sie Obhutrechte geltend machten und wegen der häufig familiären oder nachbarschaftlichen Bindungen die Minderheitenregelungen besonders kritisch beurteilen.
    Doch die kritische Wegbegleitung ist das eine, neue unredliche Vorschläge mit erkennbarer Irreführungsabsicht sind das andere. Wer etwa den Oberschlesiern verbindlich erkärte, der Bundestag würde nie dem Grenzvertrag zustimmen, um ihnen dann später die unrealistische Perspektive der Bildung einer autonomen europäischen Region unter dem Schutze der EG als reale Möglichkeit anzudienen, der zerstört notwendiges Vertrauen, der mißbraucht Sorgen und Befürchtungen von Menschen,

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

    die gerade durch die im Vertrag gefundene, den europäischen Standard auf der Basis der Kopenhagener KSZE-Entschließung absichernde Minderheitenlösung zu einem Erkennen ihrer tatsächlichen staatsrechtlichen Situation, aber auch ihre konkreten Ansprüche auf die Entwicklung ihrer kulturellen Identität geführt werden sollten. Ein mir vorliegender Brief im Namen des Zentralrates der Deutschen Gesellschaft in der Republik Polen vom 15. Juni 1991 bezeugt — jedenfalls für mich — , daß der Verfasser nur auf Grund irrealer Informationen zu seinen Vorschlägen kommen konnte. Das ist alles in allem eine für die betroffenen Menschen wenig hilfreiche Handreichung.
    Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, wir Sozialdemokraten werden die Interessen der deutschen Minderheit auch im Kontext zu europäischen Menschenrechts- und Mitgestaltungs- sowie Mitverantwortungsvorstellungen vertreten, wo immer es geboten ist. Wir werden den einzelnen Gruppierungen mit Rat und Tat zur Seite stehen, soweit sie es wollen. Wir werden auch hier den Dialog mit den Vertretern der Flüchtlings- und Vertriebenenorganisationen suchen, die mit uns auf ein europäisches Kooperationsmodell hinarbeiten, um bei bewußter Staatsloyalität — das unterstreiche ich — das kulturelle Erbe weiterhin zu pflegen und Brücken für eine überwölbende europäische Rechtsordnung zu bauen, die Freiheit und Demokratie, verantwortliches Miteinander und kulturelle Eigenentwicklung als gesichertes Verständnis gemeinsamer europäischer Wirklichkeit gewährleistet. Wir sind auf dem Weg.
    Die Minderheitenregelungen des Vertrages sind Meilensteine auf diesem Wege. Sie bedürfen aber der rechtlichen Absicherung im innerstaatlichen Bereich der Republik Polen. Kolleginnen und Kollegen des Sejm, des polnischen Parlaments, haben mir noch vor sechs Wochen zugesichert, sich darum zu bemühen, in die sich dem Ende zuneigende Verfassungsdiskussion noch die rechtliche innerstaatliche Bindung von völkerrechtlichen Absprachen einzubringen, um auch dadurch unmittelbar einklagbare Rechte für Minderheiten zu gewährleisten. Das ist im jetzigen Abschlußentwurf vorgesehen. Im gleichen Sinne hatte sich zwei Wochen früher Außenminister Professor Skubiszewski gegenüber einer kleinen Delegation unter der Leitung meines Kollegen Gansel geäußert. Ich bin deshalb nicht skeptisch, daß die abgesprochene Minderheitenregelung von Bestand sein wird. Schließlich hat auch die Republik Polen ein Interesse daran, durch sinnvolle, übertragbare Minderheitenregelung nun ihrerseits einen gleichartigen Schutz ihrer Minderheiten in Litauen, Weißrußland und in der Ukraine einzufordern.
    Übrigens können Ihnen, meine Damen und Herren, die Kollegen aus Ihren Reihen, die bei der kürzlich beendeten Genfer Konferenz über Minderheiten dabei waren, berichten, wie gerade die polnische Delegation um einen hohen europäischen Standard warb und auf gemeinsame Verwirklichung drängte. Nichts ist so gut, als daß es nicht besser gemacht werden könnte. Doch was hier die beiden Außenminister ausgehandelt haben, läßt sich sehen und zwingt keinen Partner zum an sich Unmöglichen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)

    Hohes Haus! Nach diesem Exkurs auf die Konsequenzen der Schlußakte von Helsinki und auf eine auf europäische Absprachen und Standards basierende Minderheitenregelung wende ich mich noch einmal an die hoffentlich kleine Zahl von Gegnern dieser Vertragswerke und bitte sie, zu bedenken, daß diese Verträge in einem ursächlichen Zusammenhang mit der deutschen Einigung stehen.
    Nur durch die Absprachen bei den Zwei-plus-VierVerhandlungen unter Einschluß der Pariser Verhandlungen der beiden deutschen Außenminister Genscher und Meckel mit ihren amerikanischen, englischen, französischen und sowjetischen Kollegen, zu denen der polnische Außenminister hinzugetreten war, konnte eine Lösung für die Herstellung der deutschen Einheit gefunden werden, die von allen europäischen Nachbarn auch für sie als tragfähig empfunden wurde. Wer keine Klarheit über Grenzanerkennung, über friedliches und freundschaftliches Miteinander schaffen wollte, hätte nie die Zustimmung zur deutschen Einheit erlangt.

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Richtig!)

    Auch die Zusagen von Michail Grobatschow gegenüber Bundeskanzler Kohl über den Abzug der sowjetischen Truppen aus Ostdeutschland wie seine Zustimmung zum Verbleib des dann größeren Deutschlands in der NATO beruhen mit auf der gezeigten Bereitschaft einer breiten Mehrheit in der deutschen Politik zu einer Politik der unmißdeutigen Verständigung und Aussöhnung mit Polen.

    (Beifall bei der SPD)




    Hans Koschnick
    Diese Aussöhnung, meine Damen und Herren, bedarf nach unserer Auffassung aber noch eines Aktes besonderer Würdigung. Ich spreche hier von der von uns zu gewährenden Unterstützung für die Opfer Hitlerscher Gewaltherrschaft, die sich in deutschen Häftlingslagern befanden und zu Zwangsarbeit gezwungen wurden.
    Uns geht es hier nicht um eine Diskussion darüber, warum die DDR nicht — wie wir gegenüber den Menschen aus den westlichen Nachbarstaaten oder Israel — ihren damaligen Partnern in der von der NS-Barbarei so schrecklich getroffenen kommunistischen Staatenwelt mit Wiedergutmachungsleistungen beistand. Die Nachkriegsabsprachen zwischen den Siegermächten hätten dem jedenfalls entsprochen. Uns geht es darum, nicht zu übersehen, daß in Polen viele Tausende von Menschen leben, die Schaden an Leib und Leben durch deutsche Verfolgungsmaßnahmen genommen haben und die zumindest eine moralische Anerkennung ihrer Leiden erwarten.
    Wir wissen, daß sich der Bundeskanzler hier in Verhandlungen mit der polnischen Regierung befindet und auch eine Lösung von staatlicher Seite einvernehmlich von beiden Seiten angestrebt wird. Auf die Dringlichkeit dieser Entscheidung habe ich Bundeskanzler Kohl vor geraumer Zeit aufmerksam gemacht, nachdem ich erfahren hatte, wie sonst in der Auf wärmung alter Ressentiments während der Ratifizierungsdebatte im Sejm, mehr aber noch im bevorstehenden Wahlkampf in Polen die guten Ansätze einer bewußt deutsch-polnischen Zusammenarbeit zerredet werden und mit kontraproduktiver Wirkung auf uns zurückschlagen können.
    Doch eines wollen wir mit unserem Entschließungsantrag erreichen, auch wenn die Koalition ihn deshalb nicht für unterstützungswürdig hält: Wir wollen Teile der deutschen Wirtschaft zumindest moralisch in die Pflicht zu Mitleistungen für den Entschädigungsfonds nehmen, die Teile jedenfalls, die aus der Zwangsarbeit der polnischen Frauen und Männer ihren damals nicht unerheblichen Profit gezogen haben.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Gerade jüngste Meldungen über die Nichtbereitschaft zur materiellen Mitleistung für Vorteile aus Zwangsarbeit haben diesen Teil unseres Antrages dringlich gemacht.
    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie es nicht zu, daß in Fragen von Moral und Gerechtigkeit nur Reuebekundungen und nicht Hilfsleistungen, um nicht von Bußleistungen zu sprechen, geboten werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Treten Sie mit ein für eine Mitleistung dieser Firmen!
    Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, ich komme zum Schluß. Über die von uns gesehene besondere Bedeutung der grenznahen und regionalen Zusammenarbeit sowie über die bilaterale Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Umweltschutzes wird mein Kollege Meckel sprechen. Frau Terborg wird mit Schwerpunkt die von uns begrüßte Einrichtung eines deutsch-polnischen Jugendwerkes — wie ich annehme, mit Sitz im Land Brandenburg — behandeln. Ich will deshalb nur die Frage aufwerfen, wie ernst wir es denn in der Bundesrepublik Deutschland und hier im Deutschen Bundestag mit der Zusage der Unterstützung Polens, Ungarns und der ČSFR bei ihren Bemühungen um Aufnahme in die EG nehmen.
    Zu oft hörte ich bei verschiedensten Gelegenheiten die Argumentation, zuerst müsse es zur Vertiefung der Europäischen Gemeinschaft kommen, dann erst könne man vielleicht über eine Verbreiterung nachdenken. Dies wird nicht nur von westlichen Regierungen so zu verstehen gegeben, sondern auch von Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hohen Haus.
    Ich sage Ihnen, Herr Bundeskanzler, und Ihnen, meine Damen und Herren aus den Fraktionsführungen: Wenn wir hier nicht sehr bald und sehr eindeutig erklären, daß diese Zusage der Bundesregierung wirklich ernst gemeint ist und von uns unterstützt wird, also kein Lippenbekenntnis ist, dann sehen wir alt aus in den Ländern, die auf ihre Weise einen Beitrag zur deutschen Einigung geleistet haben.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Detlef Kleinert [Hannover] [FDP])

    Lassen Sie es nicht zu, daß hier das Mißtrauen wächst, man wolle die mitteleuropäischen Länder Polen, ČSFR und Ungarn dauerhaft mit Assoziierungsabkommen abspeisen.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Das will doch keiner!)

    Wir wissen um die Dauer des Weges, aber wir wollen mit Polen und Tschechen, Slowaken und Ungarn in einer Europäischen Gemeinschaft vereint sein. Eine solche Gemeinschaft entspricht einem alten Anliegen der Sozialdemokratie zur Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa. Die Form zu diesem Europa muß noch gefunden werden. Maastricht, Herr Bundeskanzler, ist nicht mehr sehr weit entfernt. Die Regierungen der Mitgliedstaaten der EG müssen Ende des Jahres bekennen, wie sie es mit einem künftig geschlossenen Europa halten.
    Bleiben Sie, Herr Bundeskanzler, bei Ihrer Zusage für Polen; Sie können sich auf die Zustimmung der Gutwilligen verlassen.
    Meine Damen und Herren, damit habe ich zur Sache gesagt, was ich für notwendig halte. Ich muß aber noch etwas zum Verfahren sagen. Das gebe ich ausdrücklich zu Protokoll. Anders, als es der Herr Bundeskanzler sagte, hat nicht die Bundesregierung das Verfahren hier eingeleitet, sondern es waren die beiden Koalitionsfraktionen. Die SPD-Bundestagsfraktion beanstandet, daß die hier vorliegenden Gesetzentwürfe zur Ratifizierung der Verträge nicht, wie üblich und geboten, von der Bundesregierung in den Gesetzgebungsgang eingebracht wurden, sondern von den Koalitionsfraktionen.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Aber Sie kennen doch die Gründe!)




    Hans Koschnick
    Unsere Forderung ist: Kommen Sie zurück zum üblichen parlamentarischen Verfahren.

    (Beifall bei der SPD, dem Bündnis 90/ GRÜNE und der PDS/Linke Liste)