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    Berichtigungen zu Plenarprotokollen Deutscher Bundestag Berichtigungen zu Stenographischen Berichten Nachtrag zur 34. Sitzung, erste Seite, linke Spalte: Statt „Klaus Brähning" ist „Klaus Brähmig" zu lesen. Auf Seite 2861 C, zweiter Absatz, letztes Wort: Statt „wurden" ist „würden" zu lesen. (In Nachdruckexemplaren bereits korrigiert.) 35. Sitzung: Auf der ersten Seite, rechte Spalte sowie auf Seite 2960 B ist statt „Gottfried Haschke (Großhennersdorf) " „Udo Haschke (Jena)" zu lesen. Plenarprotokoll 12/35 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 35. Sitzung Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 Inhalt: Erinnerung an die 50. Wiederkehr des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion . . . 2927 A Verabschiedung des Platzmeisters beim Deutschen Bundestag Karl-Heinz Schmitt 2928 C Begrüßung einer Delegation des Ausschusses für Sozialordnung des polnischen Sejm 2929 A Bestimmung des Abg. Dr. Willfried Penner in den Rundfunkrat des Deutschlandfunks als Nachfolger des ausgeschiedenen Abg. Dr. Wilhelm Nöbel 2929 A Erweiterung der Tagesordnung 2929 B Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde, den Richtlinien für Aktuelle Stunden und der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 2. September 1991 2929 A Tagesordnungspunkt 16: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz — RÜG) (Drucksachen 12/405, 12/630, 12/786, 12/826, 12/812) b) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über vorgezogene Regelungen zur Herstellung der Rechtseinheit in der Renten- und Unfallversicherung (Renten-Vorschaltgesetz) (Drucksachen 12/724, 12/786, 12/826, 12/813) Heinz Rother CDU/CSU 2930 A Ulrike Mascher SPD 2933 B Dr. Gisela Babel FDP 2936 A Petra Bläss PDS/Linke Liste 2940 D Christina Schenk Bündnis 90/GRÜNE . 2943 A Heinz-Adolf Hörsken CDU/CSU 2945 A Rudolf Dreßler SPD 2947 C Volker Kauder CDU/CSU 2950 D Renate Jäger SPD 2953 C Joachim Graf von Schönburg-Glauchau CDU/CSU 2956 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 2956 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 2957 C Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 2959 C Gottfried Haschke (Großhennersdorf) CDU/ CSU (Erklärung nach § 31 GO) 2960 B Ottmar Schreiner SPD (Erklärung nach § 31 GO) 2960 D Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU: Entsendung eines Ersatzbewerbers als Beobachter in das Europäische Parlament (Drucksache 12/828) . 2962 D Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses: Übersicht 2 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 12/807) . . 2962 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 22 zu Petitionen (Drucksache 12/808) . . 2962 D Zusatztagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Egon Susset, Meinolf Michels, Richard Bayha, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Günther Bredehorn, Johann Paintner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Förderung einer einjährigen Flächenstillegung im Wirtschaftsjahr 1991/1992 (Flächenstilllegungsgesetz 1991) (Drucksachen 12/721 [neu], 12/821, 12/822) 2963 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Aktuelle Stunde betr. Hunger und Bürgerkrieg im Sudan Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 2963 C Verena Wohlleben SPD 2964 C Arno Schmidt (Dresden) FDP 2965 A Dr. R. Werner Schuster SPD 2966 A Hans-Peter Repnik, Parl. Staatssekretär BMZ 2966 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . 2968 B Christoph Matschie SPD 2969 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . 2970B Ulrich Irmer FDP 2971 A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 2971D Joachim Graf von Schönburg-Glauchau CDU/CSU 2972 D Dr. Volkmar Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 2973 C Nächste Sitzung 2974 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2975* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Zusatztagesordnungspunkt 12 — Flächenstillegungsgesetz 1991 — Siegfried Hornung CDU/CSU 2975* C Jan Oostergetelo SPD 2976* D Ulrich Heinrich FDP 2978* B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste 2979* B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 2927 35. Sitzung Bonn, den 21. Juni 1991 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker-Inglau, Ingrid SPD 21. 06. 91 Blunck, Lieselott SPD 21. 06. 91 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 21. 06. 91 Formanski, Norbert SPD 21. 06. 91 Ganschow, Jörg FDP 21. 06. 91 Gattermann, Hans H. FDP 21. 06. 91 Dr. Gautier, Fritz SPD 21. 06. 91 Genscher, Hans Dietrich FDP 21. 06. 91 Dr. Glotz, Peter SPD 21. 06. 91 Dr. Gysi, Gregor PDS 21. 06. 91 Hasenfratz, Klaus SPD 21. 06. 91 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 21. 06. 91 Köhler (Hainspitz), CDU/CSU 21. 06. 91 Hans-Ulrich Dr. Köhler (Wolfsburg), CDU/CSU 21. 06. 91 Volkmar Kolbe, Regina SPD 21. 06. 91 Kriedner, Arnulf CDU/CSU 21. 06. 91 Dr. Mertens (Bottrop), SPD 21. 06. 91 Franz-Josef Dr. Meseke, Hedda CDU/CSU 21. 06. 91 Mischnick, Wolfgang FDP 21. 06. 91 Dr. Modrow, Hans PDS 21. 06. 91 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 21. 06. 91 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 21. 06. 91 Pfuhl, Albert SPD 21. 06. 91 Rawe, Wilhelm CDU/CSU 21. 06. 91 Reichenbach, Klaus CDU/CSU 21. 06. 91 Dr. Riege, Gerhard PDS 21. 06. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 21. 06. 91* Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 21. 06. 91 Sielaff, Horst SPD 21. 06. 91 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 21. 06. 91 Dr. Frhr. von Stetten, CDU/CSU 21. 06. 91 Wolfgang Terborg, Margitta SPD 21. 06. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 21. 06. 91 Vosen, Josef SPD 21. 06. 91 Welt, Hans-Joachim SPD 21. 06. 91 Zierer, Benno CDU/CSU 21. 06. 91* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Zusatztagungsordnungspunkt 12 - Flächenstillegungsgesetz 1991 - Siegfried Hornung (CDU/CSU): Die Beratung zum Agrarbericht hat uns wieder deutlich vor Augen geführt, daß bei ungebremster Agrarproduktion die Betriebseinkommen der Bauern nicht steigen, sondern zunehmend rückläufig sind. Hauptursache sind übervolle Märkte, zurückgehender Verbrauch von Nahrungsmitteln, damit einhergehend sinkende Preise. Die „Stabilisierungskonzepte" der EG haben bislang zuwenig Augenmerk auf die Mengenrückführung gelenkt, vielmehr schlug die Preissenkungsautomatik voll durch. Mit mehr als 25 Millionen Tonnen Getreide derzeit in den Lagern Europas stehen wir auch bei den GATT-Verhandlungen mit dem Rücken an der Wand. Ein auch für unsere Bauern erfolgreicher Abschluß dieser Runde ist nur möglich, wenn die EG ernsthafte Anstrengungen zur Mengenanpassung an den EG-Markt unternimmt. Nur dann ist auch die leidige Frage der Getreidesubstitute positiv zu lösen. Solange ein Teil unserer Agrarproduktion nicht in den „Nonfoodbereich" als nachwachsender Rohstoff einfließt, wobei wir diesem Thema der nachwachsenden Rohstoffe ohnehin in der Agrar- und Umweltpolitik einen besonderen Schwerpunkt widmen werden, muß jede andere Chance der Mengenregulierung genutzt werden. Dabei führt nun einmal „Nichtproduktion" am schnellsten in diese Richtung. Obligatorische Regelungen wären hierbei EG-weit der sicherste Weg, er ist aber nicht durchsetzbar. Deshalb ist es der erste richtige Schritt neben der bisherigen fünfjährigen Flächenstillegung, nunmehr mit dem Sonderprogramm einer einjährigen Flächenstillegung eine Akzeptanz auf freiwilliger Ebene EG-weit zu erreichen. Bundesminister Kiechle hat nach langen und zähen Verhandlungen einen wichtigen Durchbruch gegenüber dem bisherigen Konzept beim Agrarrat erreicht. Wer weiter ungehemmt in einen nicht mehr vorhandenen Markt produziert, muß die erhöhte MVA von 5 % entrichten - künftig vielleicht sogar noch mehr -, andererseits erhält er bei der Teilnahme am Programm die 5%ige MVA voll erstattet. Dies wird nun auch für die Hauptgetreideproduzenten der EG wie Großbritannien und Frankreich interessant. Bisher hatten diese EG-Partner mit 0,6 % sich nur bescheiden an der Reduzierung der Getreideproduktion beteiligt, während in der Bundesrepublik mit über 300 000 ha in den alten Ländern und mit ca. 600 000 ha in den neuen Bundesländern eine überproportionale Teilnahme an der Flächenstillegung zu verzeichnen war. Das hat natürlich im Blick auf „Marktanteile" auch zu Spannungen und entsprechenden Diskussionen bei unseren Marktpartnern geführt. 2976* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 Nach dem Brüsseler Beschluß haben wir nun rasch gehandelt und die EG-Verordnungen in nationales Recht umgesetzt. Da dies im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe nicht möglich war, haben wir uns zur 100%igen Finanzierung des nationalen Anteils durch den Bund bereit erklärt. Bei der Annahme, daß etwa 350 000 ha über dieses Programm aus der Produktion genommen werden, entstehen Kosten in Höhe von rund 84 Millionen DM. Als Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten freut es mich ganz besonders, daß wir den Koalitionsentwurf so zügig von einer Woche auf die andere beraten konnten — hier sage ich allen Ausschußmitgliedern Dank — , so daß er heute schon zur Abstimmung vorliegt und morgen die Landwirte bereits ein Angebot auf dem Tisch haben. Sie haben jetzt mit der Verabschiedung des Gesetzes vor der Sommerpause, dann die Gelegenheit, sich für die Teilnahme zu entscheiden und in die Betriebskalkulation sowie den Anbauplan aufzunehmen. Die Bedingungen sind gerade für die getreidestarken Betriebe attraktiv: Gestaffelt nach Ertragsmeßzahl beträgt die Prämie zwischen 240 DM und 1059 DM/ha, das heißt ab einer EMZ von 10 gibt es je weiteren Punkt einen Zuschlag von 13 DM/ha bis zur vorgenannten Obergrenze. Im Schnitt rechnen wir mit 720 DM/ha. Die im Vergleich zum fünfjährigen Programm etwas geringere Prämie wird durch die im Gegensatz zur Fünfjahresregelung volle Erstattung der MVA in Höhe von 5 % teilweise mehr als kompensiert. Beträgt z. B. der Getreideanteil des Betriebes 80 % der Marktordnungsfläche, so können bei vollem Vermarktungsanteil im oberen Bereich der Bodenbonitäten bis 1 550 DM/ha erreicht werden. Die Mindeststillegung beträgt 15 % der Marktfruchtfläche, ab 50 ha stillgelegter Fläche — das entspricht einer Betriebsgröße von ca. 330 ha — wird die Prämie um 25 gekürzt. Ab 100 ha stillgelegter Fläche (entsprechend etwa 650 ha Betriebsgröße), erfolgt eine Kürzung um 50 %. Bei diesen Größenordnungen können Fixkosten und Lohnkosten eingespart werden, weshalb die degressive Ausgestaltung gerechtfertigt ist. Bei den sicher mit mehr Fläche ausgestatteten Betriebsstrukturen in den neuen Bundesländern sehe ich auch da keine Nachteile in der Anwendung des Programms. Kritikern der Flächenstillegung möchte ich entgegnen, daß es keine andere Möglichkeit gibt, jetzt schnell von den Überschüssen herunterzukommen. Außerdem darf ich erinnern, noch nach dem Krieg wurden von ca. 1/3 der landwirtschaftlichen Nutzfläche unsere Zugtiere ernährt. Und im Rahmen der Dreifelder-Wirtschaft war die Brache eine Selbstverständlichkeit, da die heutigen Produktionsmittel nicht vorhanden waren. Damals aber war im Gegensatz zu heute Not und Hunger an der Tagesordnung. Nicht zuletzt sind auch aus diesem Grunde die römischen Verträge 1957 zu einer gemeinsamen EG-Agrarpolitik geschlossen worden. Das allerdings scheinen viele in unserer heutigen Gesellschaft vergessen zu haben. Selbstverständlich würde eine flächendeckende Extensivierung der zunehmenden Bedeutung um die Erhaltung unserer Kulturlandschaft als Lebensraum — neben der Ernährungssicherung — näher kommen. Deshalb unterstütze und werbe ich auch für das baden-württembergische Modell eines Marktentlastungs- und Kulturausgleichs-Programms, das möglicherweise noch mehr als das vor einigen Jahren aufgelegte Grünbrachenmodell Niedersachsens richtungweisend in die Agrarpolitik Eingang findet. Aber auch das einjährige Flächenstillegungsprogramm, daß faktisch einer Rotationsbrache gleichkommt, dient den Umweltaspekten, da nach den Bestimmungen weder Dünge- noch Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden dürfen. Ein Vorteil gegenüber dem fünfjährigen Programm ist auch, daß die Strukturveränderungen nicht behindert sind und dennoch auf dem Pachtmarkt keine größeren negativen Auswirkungen zu befürchten sind. Es wird sich nun zeigen, ob das ein Anfang für ein langfristig angelegtes System einer Produktionsregelung sein wird, wie es in den USA schon seit längerer Zeit praktiziert wird, oder ob es im Rahmen der EG-Agrarreform mehr zu einer Extensivierung der Landwirtschaft kommt. Das eine ist in den letzten Jahren jedenfalls immer deutlicher geworden: Ohne Mengenreduzierung werden die Erzeugerpreise immer weiter zurückgehen und die Kosten der Exporterstattung ansteigen. Damit ist aber niemandem, vor allem aber nicht den Bauern gedient. Lassen Sie mich zum Schluß in diesem Zusammenhang auch noch auf die Verflechtung mit den Entwicklungsländern hinweisen. Es ist im höchsten Maße verantwortungslos, daß die Industrieländer mit ihren Überschußmengen und dann entsprechenden Exporterstattungen den Ländern der Dritten Welt die Agrarpreise vorgeben und ihnen jede Möglichkeit nehmen, auf dem Weltmarkt zu bestehen. Ich möchte unserem Bundesminister Ignaz Kiechle für die positiven Verhandlungsergebnisse recht herzlich danken und die Bundesregierung auffordern, den begonnenen Weg der Marktentlastung auch für die Betriebe, die hier nicht angesprochen sind, konsequent weiterzugehen. Dem Gesetz werden wir zustimmen. Jan Oostergetelo (SPD): Der vorliegende Gesetzentwurf über die Förderung einer einjährigen Flächenstillegung im Wirtschaftsjahr 1991/92 ist einmal mehr ein Zeichen der Hilflosigkeit. Die katastrophale Lage auf den Agrarmärkten zwingt zum Handeln. Die Bundesregierung jedoch doktert herum, ohne das Übel an der Wurzel zu packen. Sicher, lieber heute als morgen muß etwas gegen die Überproduktion getan werden. Wir zweifeln allerdings daran, ob die Flächenstillegung allein der richtige Weg ist. Um den Produktionszuwachs auf ± Null zu halten, müßten jährlich rund 2,6 Prozent der Getreidefläche — und das permanent — zusätzlich stillgelegt werden. Die Reform der EG-Agrarpolitik kann nach jahrzehntelangen vergeblichen Bemühungen nicht mehr aufgeschoben werden. Nur eine Bündelung geeigneter Maßnahmen kommt hierfür in Frage. Ein Allheilmittel gibt es nicht. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 2977* Wieder einmal müssen wir befürchten, daß vor allem deutsche Landwirte fleißig Flächen stillegen. Dieses Sonderprogramm muß jetzt zwar in allen EG-Ländern angeboten werden; da der zuständige Bundesminister aber keine EG-einheitliche Prämiengewährung in Brüssel durchgesetzt hat, wird die ungleichgewichtige Teilnahme an diesem Programm bestehen bleiben. Die Überschüsse bei Getreide werden weiter steigen, die Getreidepreise bleiben niedrig oder geben weiter nach. Die vom BML vorgesehene Prämiengestaltung zuzüglich der Rückerstattung der Mitverantwortungsabgabe verspricht relativ hohe Beträge pro Hektar, so daß bestimmt viele deutsche Getreideerzeuger mitmachen werden. Und wieder gehen wertvolle Marktanteile zugunsten anderer EG-Partner verloren! Eine Erzeugerpreissteigerung durch Mengenrückführung, wie sie die Regierung erhofft und — verständlicherweise — die Landwirte erwarten, kann jedoch nur erreicht werden, wenn sich alle EG-Partner konsequent und gleichgewichtig an Programmen zur Mengenrückführung beteiligen. Die Produktion muß an den innergemeinschaftlichen Verbrauch angepaßt werden. Nur dann kann der EG-Markt wieder ins Gleichgewicht kommen, nur dann können entsprechende Preise erzielt werden! Unerläßliche Rahmenbedingung für das Funktionieren des vom Bundeslandwirtschaftsminister favorisierten Modells wäre ein hoher Außenschutz für den EG-Markt, der in den GATT-Verhandlungen erst einmal durchgesetzt werden müßte. Einheitliche Prämien hat er bisher nicht durchgesetzt. Ob er für die GATT-Verhandlungen mehr Durchsetzungsvermögen haben wird, darf man wohl anzweifeln. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Solange vorwiegend die deutschen Landwirte Mengenrückführung betreiben, geschieht das voll zu ihren Lasten. Frankreich denkt nicht daran, seine Getreideproduktion zu drosseln. Die Politik des Bundeslandwirtschaftsministers ist Stückwerk. Zunächst hat er die Quotenregelung bei Milch propagiert. Wohin das führt, zeigen die permanenten Kürzungen, die uns auch jetzt wieder bevorstehen. Dann hat er propagandistisch auf nachwachsende Rohstoffe gesetzt, bisher auch mit wenig Erfolg. Jetzt setzt er einseitig auf Flächenstillegung und eine aktive Preispolitik. Weiterhin sehe ich strukturpolitische Gefahren: Die Prämien und die Rückerstattung der Mitverantwortungsabgabe zusammen bieten vor allem flächenstarken Betrieben mit hohem Anteil an Getreidevermarktung Anreize zur Flächenstillegung. Diese Betriebe liegen vor allem in Nord- und Ostdeutschland. Die schon jetzt großen beschäftigungspolitischen Probleme in den Agrarstandorten der neuen Länder werden drastisch zunehmen. Dabei werden besonders dort Initiativen benötigt, die Arbeitsplätze erhalten oder schaffen — und nicht überflüssig machen! Für strukturschwache Räume bedeutet ein Anreiz zur Flächenstillegung geradezu eine Bedrohung. Sicher, auf brachliegenden Flächen können keine Überschüsse produziert werden, aber was sollen die Menschen tun, die vorher dort gearbeitet haben? Entweder wirtschaften sie auf den verbleibenden Äckern um so intensiver — mit allen umweltschädlichen Folgen —, oder sie sind schlicht arbeitslos. Deshalb schließe ich mich den Bedenken des nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministers Matthiesen an, der — ich zitiere — „arge Zweifel am Sinn eines Agrarkonzepts hat, das in der Bundesrepublik stillgelegte landwirtschaftliche Modellregionen schafft, in denen keine Landwirte mehr wohnen und arbeiten". Die Politik der Flächenstillegung hat deshalb auch nicht zu unterschätzende psychologische Folgen. Noch ein Einwand gegen den Gesetzentwurf: Wo bleibt die Kontrolle der Substituteeinfuhr? Wer verhindert, daß eine reduzierte Getreideproduktion im Inland nicht automatisch durch vermehrten Import von Substituten kompensiert wird — womöglich auf Kosten der Länder in der Dritten Welt? Dort verhungern die Menschen, während wir ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse für wenig Geld erwerben und an unser Vieh verfüttern. Solange der Schlund der Substituteinfuhren noch offen ist, erscheint mir jede Mengenrückführung im Inland wirkungslos. Nebenbei bemerkt: Ich halte die Kostenkalkulation der Regierungsparteien für gewagt: Woher nehmen sie die Sicherheit, von 350 000 ha stillgelegter Fläche auszugehen? Wie schnell können hier zig Hektar hinzukommen, und die nationalen Aufwendungen schnellen in die Höhe! Und das beim nahezu täglich von Mitgliedern dieser Regierung lauthals angekündigten Subventionsabbau! Allein diese Argumente bestätigen, daß wir mit unserer Forderung „Extensivierung vor Flächenstillegung" richtig liegen. Im Interesse der Menschen, die im ländlichen Raum leben und arbeiten, aber auch derer, die dort Erholung suchen, und im Interesse der Umwelt ist die nötige Produktionsrückführung vor allem in der Fläche vorzunehmen, durch Extensivierung und in gewissem Umfang durch den Anbau von Nichtlebensmitteln und Umwidmungen aller Art, z. B. für Aufforstungen oder Freizeit- und Erholungsflächen. Ich will diese Forderung an Hand eines hoffentlich überzeugenden Beispiels für alle nachvollziehbar machen: Die Mutterkuhhaltung ist eine — inzwischen zunehmend verbreitete — Form extensiver Viehhaltung. Im Vergleich zur Flächenstillegung leistet sie unvergleichlich mehr für den Erhalt des ländlichen Raumes bei gleichzeitiger Rückführung der Erzeugung. Nehmen wir zunächst den offensichtlichsten Aspekt der Landschaftsgestaltung. Sagen Sie selbst, was ansprechender ist: eine brachliegende Fläche, auf der im Verlauf der „Selbstbegrünung" Unkraut wuchert, oder der Anblick einer Grünfläche, auf der sich (glückliche) Kühe samt Nachwuchs tummeln? Auch die beschäftigungspolitische Seite klingt nicht schlecht: Bei Förderung der Mutterkuhhaltung bleibt der Landwirt weiterhin Landwirt: Er muß die Mutterkuhherde managen und ihre „Erzeugnisse" — Kalb und Kuh — gewinnbringend vermarkten. Er bleibt also weiterhin als Landwirt gefordert, was bei stillgelegten Flächen nicht der Fall ist. Selbst das Abweidenlassen derselben durch Schafe ist bereits „prämienschädlich". 2978* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 Weiterhin werden durch Mutterkuhhaltung keine Überschüsse erzeugt: Das Kalb verbraucht die Milch der Kuh, die so den Markt nicht belastet, und pro Hektar wird wesentlich weniger Fleisch produziert. Ich weiß natürlich auch, daß davon nicht alle Bauern, die heute auf diesen Flächen intensiv wirtschaften, weiter existieren können. Ein Wechsel in der Struktur wird nicht zu umgehen sein. Aber wir können es uns auch leisten, dem Mutterkuhhalter mehr Geld in Form direkter Einkommensübertragung zu geben. Denn wir sparen nicht unerhebliche Beträge bei den Marktordnungskosten ein, die wir jetzt den Bauern direkt einkommenswirksam zukommen lassen können. Letztlich freut sich auch der Verbraucher: Das Fleisch extensiv aufgezogener Rinder garantiert ihm Qualität und Gesundheit. Die Tierschützer sind zufrieden, da die Tiere artgerecht gehalten werden. Auch die Umwelt profitiert: Ein geschlossener Kreislauf, bei dem auf zusätzlichen Energie- und Stickstoffimport verzichtet werden kann, belastet weder Boden noch Grundwasser, da Dauergrünland Voraussetzung ist. Ich habe das jetzt sehr gedrängt dargestellt. Die Vorteile der Extensivierung liegen auf der Hand. Wir wollen doch auch in Zukunft einen lebendigen, vielfältigen ländlichen Raum und Landwirte, die darin befriedigende Arbeit finden. Sie werden sich zunehmend ihrer Doppelrolle als Produzent und Erbringer ökologischer Dienste bewußt. Die gesamtgesellschaftlichen Anforderungen und nicht zuletzt die Marktentwicklung verlangen das zunehmend. Wir enthalten uns der Stimme. Wir können der ungleichgewichtigen Politik der Bundesregierung, die dieser Gesetzentwurf manifestiert, nicht zustimmen. Wir wollen allerdings auch den Landwirten nicht die Segnungen vorenthalten, zumal in einer Zeit, in der aufgrund einer verfehlten Agrarpolitik der Bundesregierung die landwirtschaftlichen Einkommen um 25 Prozent zurückgehen. Nein, diese Politik hat keine Perspektive! Wir haben unsere Auffassung hierzu in einem Entschließungsantrag zusätzlich aufgezeigt, für den ich um Zustimmung bitte. Damit unterstützen wir zugleich die dringend erforderliche Reform der EG-Agrarpolitik. Ulrich Heinrich (FDP): Das Gesetz zur einjährigen Flächenstillegung hat die Mengenbegrenzung zum Ziel. Es muß vor dem Hintergrund der ständig steigenden Überschüsse und immer mehr unter Druck geratenden Preissituation auf den Agrarmärkten gesehen werden. Mit der Verabschiedung und Umsetzung dieses Gesetzes können mit Sicherheit nicht alle Probleme auf den Agrarmärkten auf einen Schlag gelöst werden. Es ist jedoch ein redlicher Versuch, der unser aller Unterstützung verdient. Wir sitzen in der EG inzwischen auf einem Getreideberg von etwa 20 Millionen Tonnen. Davon werden alleine in der Bundesrepublik 9,3 Millionen Tonnen gelagert, was einem Anteil von 46 Prozent entspricht. Die Lagerkapazitäten sind erschöpft und das preisstabilisierende Instrument der Intervention in Gefahr. Von einem weiteren drastischen Anstieg der Lagerbestände ist auszugehen. Rechnet man nämlich für dieses Jahr — bei einer durchschnittlichen Ernte — in der EG mit einer Getreidemenge von etwa 175 Millionen Tonnen (davon elf Millionen Tonnen in den neuen Bundesländern), so steht dem nur ein Verbrauch von etwa 141 Millionen Tonnen gegenüber (davon acht Millionen Tonnen in den neuen Bundesländern).Daraus ergibt sich die zwingende Notwendigkeit schnellgreifender Maßnahmen zur Verringerung der Überschüsse. Ein gangbarer Weg, um durch Extensivierungsmaßnahmen zu deutlichen, mit der Flächenstillegung vergleichbaren Produktionssenkungen zu kommen, gibt es noch nicht. Die unterschiedlichsten Modelle führen alle nur zu einer prozentual nicht ausreichenden Rückführung der Produktion. Selbst ein so ausgereiftes Modell wie das Kulturlandschaftsprogramm in Baden-Württemberg kann nur zu einer Produktionssenkung von maximal ca. zwei Prozent führen. Der in der Gemeinschaft inzwischen angehäufte Getreideberg verursacht jährliche Kosten von etwa zehn bis zwölf Milliarden DM. Und das, obwohl allein im Wirtschaftsjahr 1989/90 in der EG mit dem fünfjährigen Flächenstillegungsprogramm etwa 430 000 ha aus der Produktion genommen wurden. Die Bundesrepublik Deutschland beteiligte sich daran mit rund 57 000 ha. Im vergangenen Jahr stieg die stillgelegte Fläche in den alten Bundesländern auf rund 90 000 ha, im Beitrittsgebiet sogar auf 600 000 ha. Der Anteil der stillgelegten Fläche an der Ackerfläche stieg damit im gesamten Bundesgebiet auf 7,6 Prozent. Mit dieser großen Resonanz auf das Flächenstillegungsprogramm können wir uns im EG-Vergleich mehr als nur sehen lassen. Es zeigt sich aber auch deutlich, daß das fünfjährige Stillegungsprogramm für unsere EG-Nachbarn, vor allem für die Franzosen und Engländer, nicht attraktiv genug ausgestaltet wurde. So beteiligten sich diese beiden großen Agrarländer im Wirtschaftsjahr 1989/90 nur mit zusammen rund 90 000 ha an der Flächenstillegung. Bei den EG-Preisverhandlungen ist es nun das erste Mal auf dem Getreidesektor gelungen, einen betriebsbezogenen Zusammenhang zwischen produzierter Menge und Preis herzustellen. Wir bedienen uns dabei des Instruments der Mitverantwortungsabgabe (MVA), indem sie auf fünf Prozent erhöht wird. Die Entrichtung dieser MVA entfällt für einen Betrieb erst, wenn er sich mit mindestens 15 Prozent seiner Marktordnungsfläche an einem einjährigen Flächenstillegungsprogramm beteiligt. Diese grundlegende Richtungsänderung im Bemühen um eine spürbare Mengenbegrenzung innerhalb der Gemeinschaft wird von mir ausdrücklich begrüßt und wird zu einer stärkeren Beteiligung unserer EG-Nachbarstaaten an der Flächenstillegung führen. Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dieses Programm, wenn es von den Landwirten entsprechend angenommen wird, kann auch einen Beitrag zur Preisstabilisierung auf dem Getreidemarkt leisten. Bei der einjährigen Flächenstillegung wird es nicht bleiben. Sie ist ein Einstieg in weitere Jahresprogramme. Diese klare Perspektive sollen und müssen wir unseren Landwirten geben. Die Flächenstillegung als Instrument zur Beseitigung von Überschüssen ist meines Erachtens noch so lange erforderlich, bis es uns gelingt, unseren Landwirten wirkliche Produktionsalternativen im „non food"-Bereich anzubieten. In vielen Bereichen, Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 2979* insbesondere der nachwachsenden Rohstoffe, gibt es hier hoffnungsvolle Ansätze. Was aber soll nun mit dem Programm der fünfjährigen Flächenstillegung geschehen? Ich bin der Auffassung, sie sollte in naher Zukunft in eine noch längerfristigere Flächenstillegung umgewandelt werden. Hierbei sollten in erster Linie Grenzertragsböden aus der Produktion genommen werden und für Forst-, für landschaftsgestaltende, vor allem aber für Umweltschutzmaßnahmen zum Beispiel in Feucht- und Trockenbiotopen Verwendung finden. Diese Flächen sind dann allerdings mit einer geringeren Beihilfe zu versehen. Die einjährige Flächenstillegung ist aber auch aus umweltpolitischer Sicht ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Flächen dürfen nicht gedüngt werden, weder organisch noch anorganisch, und Pflanzenschutzmittel dürfen nicht angewendet werden. Im weiteren sind Meliorationsmaßnahmen untersagt, und Grünland darf auch nicht in Ackerland umgewandelt werden, um es dann anschließend stillzulegen. Die Flächen sind zu begrünen und dienen somit zur Auflockerung und Streckung unserer ohnehin zu engen Fruchtfolgen. Negative Begleiterscheinungen des laufenden fünfjährigen Programmes werden mit dem neuaufgelegten Programm zudem vermieden. Es kommt nämlich nicht zur bisher zu beobachtenden Störung des Pachtmarktes durch Stillegung ganzer Betriebe. Neben diesen willkommenen Begleiterscheinungen dient dieses Programm aber in erster Linie der Reduzierung der nicht mehr finanzierbaren Überschüsse und der damit einhergehenden Exportsubventionen. Der sicherlich berechtigte Stein des Anstoßes und der Kritik bei den laufenden GATT-Verhandlungen dürfte damit ein entscheidendes Stück weggerückt werden. Nicht aus den Augen verlieren dürfen wir aber die Entwicklung der Getreidesubstitute. Mengen, die wir auf dem Getreidesektor reduzieren, dürfen nicht mit Substituten aufgefüllt werden. Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) (PDS/Linke Liste): Im Gesetz über die Forderung einer einjährigen Flächenstillegung werden gesetzliche Regelungen geschaffen, die als Folge einer EG-Ratsverordnung notwendig geworden sind. Sie sind damit auch Ausdruck agrarpolitischer Leitlinien der EG, die gegenwärtig vorrangig darin gesehen werden, das seit 1958 bestehende agrarpolitische Leitbild zu erhalten. Unter diesem Gesichtspunkt ist das vorliegende Gesetz eine notwendige Schlußfolgerung. Meine prinzipielle Kritik orientiert sich deshalb nicht an der unmittelbaren Gesetzesvorlage, sondern am Grundanliegen. Erstens weiß ich natürlich auch, daß Ernährungsprobleme der Menschheit nicht allein mit Nahrungsmittelexporten gelöst werden können, sondern vor allem durch Lösungen vor Ort, d. h. durch die betroffenen Menschen selbst. Trotzdem erscheint es widersinnig, wenn in der gesamten EG Milliardenbeträge und in der Bundesrepublik 84 Millionen allein 1992 für die vorliegenden Gesetzesmaßnahmen aus Haushaltsmitteln ausgegeben werden sollen, um Nahrungsmittelproduktionen zu begrenzen. Es geht dabei nicht darum, daß ich vielleicht den Bauern die Einnahmen aus dieser Gesetzesvorlage nicht gönne, ganz im Gegenteil. Es ist ohnehin mehr eine Berufung als nur ein Beruf, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Das ist gut so, weil auch ich der Meinung bin, daß man Landwirtschaft ohne innerer Beziehung zu Boden, Pflanze und Tier nicht betreiben kann oder nicht betreiben sollte, aber sie wird nicht ausreichend honoriert und anerkannt. Rein betriebswirtschaftlich bedeutet deshalb dieses Gesetz eine Lösungsmöglichkeit, Preise zu halten und Einkommen zu sichern. Als Betriebswirtschaftler sage ich auch, es rechnet sich vor allem für Betriebe mit hohem Marktanteil an Getreide durch die Rückerstattung der 5%igen Mitverantwortungsgabe, auch wenn mit einem Einjahresprogramm kaum Einsparungen bei fixen Kosten erreicht werden können, und deshalb die Staffelung der Stillegungsprämien für größere Betriebe diskriminierend wirkt. Hier wird erneut ein untauglicher Versuch angestellt, politische Forderungen mit betriebswirtschaftlichen Erwägungen zu begründen. Wenn schon dieses Gesetz, dann wäre es eine Möglichkeit gewesen, „good will" zu zeigen, um den Strukturwandel positiv zu begleiten. Das hätte mich auch zu einer anderen Haltung zu diesem Gesetz bewogen. Zweitens. Flächenstillegung wird immer wieder als ökologische Maßnahme gepriesen. Natürlich stimmt es, daß auf stillgelegten Flächen keine Chemikalien ausgebracht werden. Das hat jedoch nicht dazu geführt, den Einsatz insgesamt zu verringern. Die Erfahrungen zeigen, daß Flächenstillegungen einerseits Intensivierung auf anderen Flächen bewirkt haben. Dafür sind nicht zuletzt die Prämien aus der Stillegung verwandt worden. Wenn schon Mengenbegrenzungen in der Produktion, dann über allgemeine Extensivierung. Das ist ökologisch sinnvoller und könnte außerdem noch ein Beitrag zur Erhaltung von Arbeitsplätzen sein. Lassen Sie mich deshalb als Punkt 3 der Kritik anbringen: 15 % Flächenstillegung bedeuten auch Verlust von Arbeitsplätzen, und zwar stärker in den fünf neuen Ländern als in den alten Ländern. Ich rechne mit 10 000 Arbeitsplätzen allein in den fünf neuen Ländern durch diese gesetzliche Regelung. Insgesamt halte ich also den begangenen Weg für untauglich und dringend reformbedürftig in der gesamten EG, nicht nur in Deutschland, zumal ohnehin zweifelhaft ist, ob sich alle Länder in der EG so diszipliniert daran halten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Ende dieser Debatte und der großen Anstrengung, die von allen Seiten für dieses Überleitungsgesetz geleistet wurde, möchte ich meinen Dank sagen erstens für den guten Willen, der mobilisiert wurde, und zweitens für die Arbeit im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung. Ich möchte nach dem gestrigen Tag ausdrücklich auch den Beamten und Mitarbeitern des Arbeitsministeriums Dank sagen,

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    nicht nur für die Arbeit beim Überleitungsgesetz, sondern für fast zwei Jahre — in der Sprache der Stahlarbeiter — Conti-Schicht für die deutsche Einheit. Ich hoffe, die Öffentlichkeit erkennt einmal an, welche Arbeitsleistung der Sozialversicherungsträger, der Beamten und Mitarbeiter der Ministerien der Sozialstaat Deutschland in den letzten zwei Jahren erbracht hat. Das Überleitungsgesetz ist ein Beispiel dafür.

    (Heribert Scharrenbroich [CDU/CSU]: Dank gilt auch den Mitarbeitern des Bundestages!)

    — Herr Abgeordneter Scharrenbroich, ich habe, weil ich Ihre hierarchischen Bedürfnisse kenne, ausdrücklich den Bundestag als erstes erwähnt und bleibe auch dabei.
    Zur Sache, zum Renten-Überleitungsgesetz. Aus meiner Sicht muß sich die Rentenpolitik immer an zwei wichtigen Zielen orientieren. Die Rentenversicherung muß zum einen vom Vertrauen der Rentner getragen werden und muß zum zweiten genug Geld in der Kasse haben. So einfach ist das.

    (Konrad Gilges [SPD]: Und der Beitragszahler!)

    — Ich sprach vom Vertrauen der Rentner; die Beitragszahler werden alle einmal Rentner. Insofern braucht man Beitragszahler nicht von Rentnern zu scheiden; denn die Beitragszahler sind die potentiellen Rentner der Zukunft.
    Ich glaube, am stärksten wird das Vertrauen stabilisiert, wenn man in der Rentenpolitik ein Höchstmaß an Kontinuität schafft. Eine Rentenpolitik, die alle zwei Jahre eine neue Rentenrevolution verkündet, schafft Unsicherheit, selbst wenn die aktuelle Leistung ausreichend ist. Der 60jährige muß wissen, wie seine Rente aussieht, wie hoch sie ist, auch 20 Jahre später. Selbst der 30jährige will wissen, wie es um seine Rente steht, wenn er nicht mehr erwerbstätig ist. Wie kein anderes Sozialversicherungssystem ist die Rente auf Lebensplanung und auf Kalkulierbarkeit angewiesen.
    Deshalb ist der Konsens eine wichtige Bedingung für die Rentenpolitik. Daher lohnt sich immer die Anstrengung, Rentenpolitik über Parteigrenzen hinweg zu betreiben.
    Wir sind ja alle dafür bekannt, daß wir keinem Streit aus dem Wege gehen und daß es uns auch einen



    Bundesminister Dr. Norbert Blüm
    gewissen Spaß macht, demokratischen Streit auszutragen.

    (Konrad Gilges — Ich habe Ihnen das Kompliment doch ausdrücklich gemacht. Ich habe mich extra nach links gewandt, um Ihrem Anerkennungsbedürfnis gerecht zu werden. Auch in Zukunft sollte uns der gute Wille und die Anstrengung, zu einem Maximum an Konsens zu gelangen, bei diesem sozialen Sicherungssystem begleiten. Betrachten wir doch einmal die großen Jahre der Rentenpolitik. Mir fallen für die Nachkriegszeit drei ein: 1957, 1989 und 1991. (Heribert Scharrenbroich [CDU/CSU]: Wer regierte damals? — Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU]: Wer hat da regiert?)

    — Ich bin heute friedlich gestimmt. Ich weiß, daß das jeder weiß.
    1957 wurde die dynamische Rente eingeführt. Am Ende hatten wir einen breiten Konsens dafür.

    (Rudolf Dreßler [SPD]: 1973 war auch nicht klein!)

    — 1973 war auch nicht klein, gut. Aber dabei fallen mir noch einige Erinnerungen mehr ein.
    1989 kam es zur Weiterentwicklung und zur Sicherung dieses dynamischen Rentenprinzips über die Jahrtausendgrenze hinweg. Am Ende hatten wir wieder einen Konsens.
    Jetzt haben wir das vorliegende gemeinsam erarbeitete Rentenkonzept. Wir leben nicht von der Hand in den Mund, sondern über den Tag hinaus. Das Rentensystem leiten wir jetzt auf ganz Deutschland über. Ich finde, es ist gut, daß uns auch dabei ein Konsens gelungen ist.

    (Ottmar Schreiner [SPD]: Wenn die SPD mitmacht!)

    — Ja, das ist so mit dem Konsens. Ohne daß die CDU mitmacht, geht es ebenfalls nicht, und ohne daß die FDP mitmacht, geht es ebenfalls nicht.
    Ich finde es nicht gut, wenn der am Ende mit großer Anstrengung erreichte Konsens wie ein Steinbruch behandelt wird, aus dem jeder das herausnimmt, was ihm in die eigene Darstellung paßt. Dadurch bringt sich der Konsens um seine eigene Glaubwürdigkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn wir schon einen Konsens machen, dann müssen ihn am Schluß alle Seiten vertreten. Ich will dazusagen: Es gibt die Darstellung — wenn ich mir diese kritische Bemerkung erlauben darf — , was da alles herausgeholt wurde. Ja, von wem wurde da etwas herausgeholt? Ich komme mir vor, als wäre ich der Gutsherr und säße auf der Gutskasse. Wir verteilen doch nur das Geld, das die Beitragszahler gezahlt haben. Insofern ist es unsere gemeinsame Pflicht, die Beitragszahler nicht zu überfordern. Es wird doch kein
    Geld von Blüm verteilt. Mein Gott, das habe ich doch gar nicht.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD — Konrad Gilges [SPD]: Manchmal tun Sie aber so!)

    — Nein, wir — das gilt für jeden im Parlament — haben doch auch eine Pflicht, die Belastungsfähigkeit derjenigen, die das Ganze bezahlen, nicht zu überfordern. Insofern gibt es in der Tat zwei Seiten: Beitragszahler und Rentner. Ich habe vorhin gesagt: Vertrauen ist die eine Seite, Geld die andere.
    Was das Geld angeht, so habe ich eine gute Nachricht: Es ist entgegen allen Unkenrufen so, daß die Rücklagen der Rentenversicherung steigen. Wir haben die Rücklagen 1990 um 9 Milliarden DM auf 34,8 Milliarden DM und 1991 auf 41 Milliarden DM erhöht, obwohl wir den Beitrag gesenkt haben. Freilich, die Beiträge werden — das ist ganz normal — auch wieder ansteigen müssen. Sie steigen auch deshalb an, weil wir sie vorher gesenkt haben, was gar nicht in unseren Planungen vorgesehen war.
    Für die weitere Entwicklung gilt: Wir machen eine evolutionäre Rentenpolitik, keine Rentenpolitik der Revolutionen. Es muß die Errungenschaft verteidigt werden, daß die Rente lohnbezogen ist. Das muß so bleiben. Es ist die größte Sicherheit für die Rentner, daß die Rente nicht vom Wohlwollen eines staatlichen Gesetzgebers abhängt, daß sie nicht sozusagen einen Verteilungskampf mit Straßenbau-, Bildungspolitik, Wissenschaftspolitik führen muß. Die Renten werden aus dem Topf gezahlt, der mit den Beiträgen der Arbeitnehmer gefüllt ist. Die Arbeitnehmer haben Beitrag entsprechend ihrem Lohn gezahlt. Deshalb haben sie auch einen Anspruch darauf, ihrem Lohn entsprechend eine Rente zu erhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Unabhängigkeit, denke ich, ist eigentlich die größte Erfindung in der Rentenpolitik.
    Insofern ist die Rente ja auch dynamisch. Unsere Landsleute in den neuen Bundesländern werden ja jetzt erfahren, daß die Renten nicht vom Wohlwollen einer Mehrheit, einer Regierung oder wessen auch immer abhängen, sondern daß sie ganz automatisch wie die Löhne steigen. Der Erfolg ist, daß die Renten bereits im ersten Jahr nach der Währungsunion im Durchschnitt um 66 % gestiegen sind. Damit ist es uns gelungen, in zwölf Monaten einen wichtigen Beitrag zur Herstellung der sozialen Einheit zu leisten.
    Freilich, wenn man auch in der Zukunft eine leistungsbezogene Rente erhalten will, dann, finde ich, ist es unerläßlich, noch einmal über den Leistungsbegriff nachzudenken. Darunter kann nicht nur — ganz eng — die eigentliche Erwerbsarbeit fallen. Die Kindererziehung ist eine Leistung, die die Rentenversicherung auch stabilisiert, denn ohne Kinder gibt es morgen keine Rentenversicherung. Insofern ist das nur die dritte Dimension eines Generationenvertrages, der 1957 nur zwischen Rentnern und Alten geschlossen wurde. Ich glaube, daß wir ganz zu Recht die Kinder einbeziehen müssen.
    Ich glaube, daß das Thema „Pflege" das große unerledigte Thema der Zukunft ist. Wer seine Angehöri-



    Bundesminister Dr. Norbert Blüm
    gen pflegt — rund um die Uhr, ein Leben lang! —, der muß für diese Pflegeleistung auch eine anständige Alterssicherung bekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist eines Sozialstaates unwürdig, daß diejenigen, die ihren Ehegatten, ihre Kinder, ihre Eltern, ihre Schwiegereltern pflegen, zum Dank dafür, daß sie selber nicht erwerbstätig werden konnten, im Alter auf Sozialhilfe angewiesen sind. Das, meine ich, können wir nicht weiter so hinnehmen. Das muß bei einer Weiterentwicklung der Rentenversicherung korrigiert werden.
    Wir bleiben dann immer noch auf der Leistungsschiene, denn eine Leistung ist nicht erst dann eine Leistung, wenn sie auf der Lohnsteuerkarte steht. Das ist auch eine Leistung für den Sozialstaat. Ohne die Leistung dieser Samariter würde der Sozialstaat nämlich zusammenbrechen. Er wäre nicht nur nicht zu finanzieren, sondern er wäre auch kaltherzig.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir wollen die Sozialpolitik, den Sozialstaat nicht nur den Apparaten überlassen, sondern wir wollen einen Sozialstaat mit menschlichem Gesicht.
    Meine Damen und Herren, diese Debatte gibt mir noch einmal die Gelegenheit, auch in Richtung auf die neuen Bundesländer auf die handfesten Verbesserungen der Lage der Älteren hinzuweisen. Die Hinterbliebenen erfahren eine wesentliche Verbesserung ihrer Lage.
    Ich möchte uns auch für die Zukunft empfehlen, keine Rentenpolitik zu machen, bei der die Witwen vergessen werden, wo Rentenentwicklungen sozusagen unter Abkopplung des Hinterbliebenenrechtes Verbesserungen für die Erwerbstätigen bringt. In meinem Leitbild ist enthalten, daß sich jeder zwischen Erwerbstätigkeit und häuslicher Tätigkeit frei muß entscheiden können. Aber diejenigen, die sich für die häusliche Tätigkeit entschieden haben, sollten an unserem Rentensystem so partizipieren, wie das bisher der Fall war, unter Weiterentwicklung veränderter Bedingungen.
    Meine Damen und Herren, mir bleibt auch am Ende dieses Tages die Hoffnung, daß uns auch auf dem weiteren schwierigen Weg der gute Wille begleitet, den Sozialstaat Deutschland zu verwirklichen. Denn wie alle hier im Saal haben wir unsere Aufgabe noch nicht mit der Verwirklichung der nationalen Einheit erfüllt. Die nationale Einheit erfährt ihre wichtigste Stütze, wenn die Lebensverhältnisse in allen Teilen Deutschlands gleich sind.
    Daß die Rentner einen besonderen Anspruch auf schnelle Verbesserung haben, muß jeder einsehen. Denn das ist jene Generation — das gilt gerade in den neuen Bundesländern — , die von Weltkrieg und Kriegsgefangenschaft ohne Zwischenschritte in ein sozialistisches Unterdrückungssystem überging, das sie um die Früchte ihrer Arbeit brachte. Insofern gilt: Schnell geholfen ist doppelt geholfen. Mit dem heutigen Gesetz haben wir dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.
    Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Heribert Scharrenbroich [CDU/CSU]: Wir danken dem Herrn Minister!)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren, bevor wir zur Abstimmung kommen: Mir liegen noch zwei Wortmeldungen zu persönlichen Erklärungen vor.
Ich erteile zunächst einmal dem Abgeordneten Kronberg nach § 31 unserer Geschäftsordnung das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz-Jürgen Kronberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Damen und Herren! Ich denke, daß wir mit dem Renten-Überleitungsgesetz, das uns heute zur Abstimmung vorliegt, ein gutes Gesetzeswerk geschaffen haben, das auch dank der guten Zusammenarbeit zwischen den großen Fraktionen in den letzten Tagen zustande gekommen ist.
    Aber das ist nicht der Punkt, weshalb ich jetzt hier vorne stehe. Der Punkt ist Art. 3 dritter Abschnitt § 10 Abs. 2 bis Ziffer 1. Ich möchte betonen, daß es nur um den Teil bis Ziffer 1 geht. Ich will ihn kurz zitieren, damit Sie wissen, worum es geht:
    Abweichend von Absatz 1 werden die Zahlbeträge der Leistungen des Sonderversorgungssystems des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für nationale Sicherheit auf folgende Höchstbeträge begrenzt:
    1. Für Versichertenrenten auf 802 DM.
    Ich will hier nicht meinen Wahlauftrag, der in diesem Punkt ziemlich konkret ist, vorführen. Vielmehr will ich hier mein persönliches Gewissen darlegen. Es ist eine Frage des eigenen, persönlichen Gewissens.
    Durch meine persönliche Betroffenheit bin ich bei diesem Thema ganz besonders sensibel. Ich kann und ich will es auch nicht vertreten, daß Rentenansprüche von Mitgliedern der Stasi oder des AfNS höher sind als die Renten von vielen Kleinst- und Mindestrentnern in den neuen Ländern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies sind nicht wenige. Es ist eine ganz gewaltige Zahl.
    Mein Ziel war es hier — das sage ich auch ganz offen —, daß die Angehörigen der ehemaligen Staatssicherheit und der führenden SED nicht wieder Vorteile erlangen, so wie das in der Vergangenheit zur Genüge gewesen ist. Wir wissen alle ganz genau, daß das MfS die zentrale Machtsäule der DDR gewesen ist. Ich selber sehe das MfS als eine kriminelle Organisation an.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

    Ich denke, daß ist ein Punkt, über den wir alle hier in Zukunft noch einmal gemeinsam nachdenken müssen. Das MfS ist in meinen Augen deswegen eine kriminelle Organisation, weil ihm — ähnlich wie der Gestapo — alle Mittel recht und billig waren, um die Macht zu erhalten und auszubauen, bis hin zu KZs, die in Form von Internierungslagern vorbereitet und auf Aufruf bereit waren.



    Heinz-Jürgen Kronberg
    Auf den harten Druck der Fraktion der SPD sind die Rentenhöchstbeträge für Stasi-Angehörige von 600 DM auf 802 DM hochgesetzt worden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört! — Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Das ist unerhört, was Sie hier sagen!)

    — Es stimmt. Es gibt einen Beschluß der CDU/CSU, der 600 DM vorsah. Der Betrag ist jetzt in der Drucksache 12/829, die hier verabschiedet werden soll, auf 802 DM hochgesetzt worden. Von unserer Verhandlungsführung ist auch gesagt worden, daß dies von Ihrer Seite aus so gewünscht worden ist.
    Es ist klar — und ich gebe Ihnen in dem Punkt auch recht, Herr Dreßler und Herr Schreiner —, daß hier eine gewisse Verquickung von Straf- und Sozialrecht vorliegt. Ich möchte das nicht ganz von der Hand weisen.

    (Zuruf von der SPD: Was wir 40 Jahre lang erlebt haben, können wir doch nicht jetzt wieder tun!)

    Aber es ist so, daß die DDR kein Rechtsstaat war. Das wissen wir alle. Es war ein Unrechtsstaat. Die Menschen haben das Unrecht vor allen Dingen auf moralischer und ethischer Ebene erlebt.

    (Konrad Gilges [SPD]: Wir leben jetzt im Rechtsstaat!)

    Auf diesem Hintergrund ist dies auch das Verlangen der Menschen in den neuen Bundesländern. Ich denke mir, daß wir hier mit Zitronen bedienen, wo Mandarinen verlangt sind, wenn wir hier vor allen Dingen auf die Rechtsstaatlichkeit hinweisen. Das ist ein grundlegendes Problem unserer Politik, nicht nur des ROG.
    Deswegen kann ich diesem Paragraphen nicht zustimmen.
    Ich danke.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)