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    Berichtigungen zu Plenarprotokollen Deutscher Bundestag Berichtigungen zu Stenographischen Berichten Nachtrag zur 34. Sitzung, erste Seite, linke Spalte: Statt „Klaus Brähning" ist „Klaus Brähmig" zu lesen. Auf Seite 2861 C, zweiter Absatz, letztes Wort: Statt „wurden" ist „würden" zu lesen. (In Nachdruckexemplaren bereits korrigiert.) 35. Sitzung: Auf der ersten Seite, rechte Spalte sowie auf Seite 2960 B ist statt „Gottfried Haschke (Großhennersdorf) " „Udo Haschke (Jena)" zu lesen. Plenarprotokoll 12/35 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 35. Sitzung Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 Inhalt: Erinnerung an die 50. Wiederkehr des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion . . . 2927 A Verabschiedung des Platzmeisters beim Deutschen Bundestag Karl-Heinz Schmitt 2928 C Begrüßung einer Delegation des Ausschusses für Sozialordnung des polnischen Sejm 2929 A Bestimmung des Abg. Dr. Willfried Penner in den Rundfunkrat des Deutschlandfunks als Nachfolger des ausgeschiedenen Abg. Dr. Wilhelm Nöbel 2929 A Erweiterung der Tagesordnung 2929 B Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde, den Richtlinien für Aktuelle Stunden und der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 2. September 1991 2929 A Tagesordnungspunkt 16: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz — RÜG) (Drucksachen 12/405, 12/630, 12/786, 12/826, 12/812) b) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über vorgezogene Regelungen zur Herstellung der Rechtseinheit in der Renten- und Unfallversicherung (Renten-Vorschaltgesetz) (Drucksachen 12/724, 12/786, 12/826, 12/813) Heinz Rother CDU/CSU 2930 A Ulrike Mascher SPD 2933 B Dr. Gisela Babel FDP 2936 A Petra Bläss PDS/Linke Liste 2940 D Christina Schenk Bündnis 90/GRÜNE . 2943 A Heinz-Adolf Hörsken CDU/CSU 2945 A Rudolf Dreßler SPD 2947 C Volker Kauder CDU/CSU 2950 D Renate Jäger SPD 2953 C Joachim Graf von Schönburg-Glauchau CDU/CSU 2956 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 2956 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 2957 C Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 2959 C Gottfried Haschke (Großhennersdorf) CDU/ CSU (Erklärung nach § 31 GO) 2960 B Ottmar Schreiner SPD (Erklärung nach § 31 GO) 2960 D Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU: Entsendung eines Ersatzbewerbers als Beobachter in das Europäische Parlament (Drucksache 12/828) . 2962 D Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses: Übersicht 2 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 12/807) . . 2962 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 22 zu Petitionen (Drucksache 12/808) . . 2962 D Zusatztagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Egon Susset, Meinolf Michels, Richard Bayha, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Günther Bredehorn, Johann Paintner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Förderung einer einjährigen Flächenstillegung im Wirtschaftsjahr 1991/1992 (Flächenstilllegungsgesetz 1991) (Drucksachen 12/721 [neu], 12/821, 12/822) 2963 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Aktuelle Stunde betr. Hunger und Bürgerkrieg im Sudan Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 2963 C Verena Wohlleben SPD 2964 C Arno Schmidt (Dresden) FDP 2965 A Dr. R. Werner Schuster SPD 2966 A Hans-Peter Repnik, Parl. Staatssekretär BMZ 2966 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . 2968 B Christoph Matschie SPD 2969 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . 2970B Ulrich Irmer FDP 2971 A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 2971D Joachim Graf von Schönburg-Glauchau CDU/CSU 2972 D Dr. Volkmar Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 2973 C Nächste Sitzung 2974 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2975* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Zusatztagesordnungspunkt 12 — Flächenstillegungsgesetz 1991 — Siegfried Hornung CDU/CSU 2975* C Jan Oostergetelo SPD 2976* D Ulrich Heinrich FDP 2978* B Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) PDS/ Linke Liste 2979* B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 2927 35. Sitzung Bonn, den 21. Juni 1991 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker-Inglau, Ingrid SPD 21. 06. 91 Blunck, Lieselott SPD 21. 06. 91 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 21. 06. 91 Formanski, Norbert SPD 21. 06. 91 Ganschow, Jörg FDP 21. 06. 91 Gattermann, Hans H. FDP 21. 06. 91 Dr. Gautier, Fritz SPD 21. 06. 91 Genscher, Hans Dietrich FDP 21. 06. 91 Dr. Glotz, Peter SPD 21. 06. 91 Dr. Gysi, Gregor PDS 21. 06. 91 Hasenfratz, Klaus SPD 21. 06. 91 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 21. 06. 91 Köhler (Hainspitz), CDU/CSU 21. 06. 91 Hans-Ulrich Dr. Köhler (Wolfsburg), CDU/CSU 21. 06. 91 Volkmar Kolbe, Regina SPD 21. 06. 91 Kriedner, Arnulf CDU/CSU 21. 06. 91 Dr. Mertens (Bottrop), SPD 21. 06. 91 Franz-Josef Dr. Meseke, Hedda CDU/CSU 21. 06. 91 Mischnick, Wolfgang FDP 21. 06. 91 Dr. Modrow, Hans PDS 21. 06. 91 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 21. 06. 91 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 21. 06. 91 Pfuhl, Albert SPD 21. 06. 91 Rawe, Wilhelm CDU/CSU 21. 06. 91 Reichenbach, Klaus CDU/CSU 21. 06. 91 Dr. Riege, Gerhard PDS 21. 06. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 21. 06. 91* Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 21. 06. 91 Sielaff, Horst SPD 21. 06. 91 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 21. 06. 91 Dr. Frhr. von Stetten, CDU/CSU 21. 06. 91 Wolfgang Terborg, Margitta SPD 21. 06. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 21. 06. 91 Vosen, Josef SPD 21. 06. 91 Welt, Hans-Joachim SPD 21. 06. 91 Zierer, Benno CDU/CSU 21. 06. 91* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Zusatztagungsordnungspunkt 12 - Flächenstillegungsgesetz 1991 - Siegfried Hornung (CDU/CSU): Die Beratung zum Agrarbericht hat uns wieder deutlich vor Augen geführt, daß bei ungebremster Agrarproduktion die Betriebseinkommen der Bauern nicht steigen, sondern zunehmend rückläufig sind. Hauptursache sind übervolle Märkte, zurückgehender Verbrauch von Nahrungsmitteln, damit einhergehend sinkende Preise. Die „Stabilisierungskonzepte" der EG haben bislang zuwenig Augenmerk auf die Mengenrückführung gelenkt, vielmehr schlug die Preissenkungsautomatik voll durch. Mit mehr als 25 Millionen Tonnen Getreide derzeit in den Lagern Europas stehen wir auch bei den GATT-Verhandlungen mit dem Rücken an der Wand. Ein auch für unsere Bauern erfolgreicher Abschluß dieser Runde ist nur möglich, wenn die EG ernsthafte Anstrengungen zur Mengenanpassung an den EG-Markt unternimmt. Nur dann ist auch die leidige Frage der Getreidesubstitute positiv zu lösen. Solange ein Teil unserer Agrarproduktion nicht in den „Nonfoodbereich" als nachwachsender Rohstoff einfließt, wobei wir diesem Thema der nachwachsenden Rohstoffe ohnehin in der Agrar- und Umweltpolitik einen besonderen Schwerpunkt widmen werden, muß jede andere Chance der Mengenregulierung genutzt werden. Dabei führt nun einmal „Nichtproduktion" am schnellsten in diese Richtung. Obligatorische Regelungen wären hierbei EG-weit der sicherste Weg, er ist aber nicht durchsetzbar. Deshalb ist es der erste richtige Schritt neben der bisherigen fünfjährigen Flächenstillegung, nunmehr mit dem Sonderprogramm einer einjährigen Flächenstillegung eine Akzeptanz auf freiwilliger Ebene EG-weit zu erreichen. Bundesminister Kiechle hat nach langen und zähen Verhandlungen einen wichtigen Durchbruch gegenüber dem bisherigen Konzept beim Agrarrat erreicht. Wer weiter ungehemmt in einen nicht mehr vorhandenen Markt produziert, muß die erhöhte MVA von 5 % entrichten - künftig vielleicht sogar noch mehr -, andererseits erhält er bei der Teilnahme am Programm die 5%ige MVA voll erstattet. Dies wird nun auch für die Hauptgetreideproduzenten der EG wie Großbritannien und Frankreich interessant. Bisher hatten diese EG-Partner mit 0,6 % sich nur bescheiden an der Reduzierung der Getreideproduktion beteiligt, während in der Bundesrepublik mit über 300 000 ha in den alten Ländern und mit ca. 600 000 ha in den neuen Bundesländern eine überproportionale Teilnahme an der Flächenstillegung zu verzeichnen war. Das hat natürlich im Blick auf „Marktanteile" auch zu Spannungen und entsprechenden Diskussionen bei unseren Marktpartnern geführt. 2976* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 Nach dem Brüsseler Beschluß haben wir nun rasch gehandelt und die EG-Verordnungen in nationales Recht umgesetzt. Da dies im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe nicht möglich war, haben wir uns zur 100%igen Finanzierung des nationalen Anteils durch den Bund bereit erklärt. Bei der Annahme, daß etwa 350 000 ha über dieses Programm aus der Produktion genommen werden, entstehen Kosten in Höhe von rund 84 Millionen DM. Als Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten freut es mich ganz besonders, daß wir den Koalitionsentwurf so zügig von einer Woche auf die andere beraten konnten — hier sage ich allen Ausschußmitgliedern Dank — , so daß er heute schon zur Abstimmung vorliegt und morgen die Landwirte bereits ein Angebot auf dem Tisch haben. Sie haben jetzt mit der Verabschiedung des Gesetzes vor der Sommerpause, dann die Gelegenheit, sich für die Teilnahme zu entscheiden und in die Betriebskalkulation sowie den Anbauplan aufzunehmen. Die Bedingungen sind gerade für die getreidestarken Betriebe attraktiv: Gestaffelt nach Ertragsmeßzahl beträgt die Prämie zwischen 240 DM und 1059 DM/ha, das heißt ab einer EMZ von 10 gibt es je weiteren Punkt einen Zuschlag von 13 DM/ha bis zur vorgenannten Obergrenze. Im Schnitt rechnen wir mit 720 DM/ha. Die im Vergleich zum fünfjährigen Programm etwas geringere Prämie wird durch die im Gegensatz zur Fünfjahresregelung volle Erstattung der MVA in Höhe von 5 % teilweise mehr als kompensiert. Beträgt z. B. der Getreideanteil des Betriebes 80 % der Marktordnungsfläche, so können bei vollem Vermarktungsanteil im oberen Bereich der Bodenbonitäten bis 1 550 DM/ha erreicht werden. Die Mindeststillegung beträgt 15 % der Marktfruchtfläche, ab 50 ha stillgelegter Fläche — das entspricht einer Betriebsgröße von ca. 330 ha — wird die Prämie um 25 gekürzt. Ab 100 ha stillgelegter Fläche (entsprechend etwa 650 ha Betriebsgröße), erfolgt eine Kürzung um 50 %. Bei diesen Größenordnungen können Fixkosten und Lohnkosten eingespart werden, weshalb die degressive Ausgestaltung gerechtfertigt ist. Bei den sicher mit mehr Fläche ausgestatteten Betriebsstrukturen in den neuen Bundesländern sehe ich auch da keine Nachteile in der Anwendung des Programms. Kritikern der Flächenstillegung möchte ich entgegnen, daß es keine andere Möglichkeit gibt, jetzt schnell von den Überschüssen herunterzukommen. Außerdem darf ich erinnern, noch nach dem Krieg wurden von ca. 1/3 der landwirtschaftlichen Nutzfläche unsere Zugtiere ernährt. Und im Rahmen der Dreifelder-Wirtschaft war die Brache eine Selbstverständlichkeit, da die heutigen Produktionsmittel nicht vorhanden waren. Damals aber war im Gegensatz zu heute Not und Hunger an der Tagesordnung. Nicht zuletzt sind auch aus diesem Grunde die römischen Verträge 1957 zu einer gemeinsamen EG-Agrarpolitik geschlossen worden. Das allerdings scheinen viele in unserer heutigen Gesellschaft vergessen zu haben. Selbstverständlich würde eine flächendeckende Extensivierung der zunehmenden Bedeutung um die Erhaltung unserer Kulturlandschaft als Lebensraum — neben der Ernährungssicherung — näher kommen. Deshalb unterstütze und werbe ich auch für das baden-württembergische Modell eines Marktentlastungs- und Kulturausgleichs-Programms, das möglicherweise noch mehr als das vor einigen Jahren aufgelegte Grünbrachenmodell Niedersachsens richtungweisend in die Agrarpolitik Eingang findet. Aber auch das einjährige Flächenstillegungsprogramm, daß faktisch einer Rotationsbrache gleichkommt, dient den Umweltaspekten, da nach den Bestimmungen weder Dünge- noch Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden dürfen. Ein Vorteil gegenüber dem fünfjährigen Programm ist auch, daß die Strukturveränderungen nicht behindert sind und dennoch auf dem Pachtmarkt keine größeren negativen Auswirkungen zu befürchten sind. Es wird sich nun zeigen, ob das ein Anfang für ein langfristig angelegtes System einer Produktionsregelung sein wird, wie es in den USA schon seit längerer Zeit praktiziert wird, oder ob es im Rahmen der EG-Agrarreform mehr zu einer Extensivierung der Landwirtschaft kommt. Das eine ist in den letzten Jahren jedenfalls immer deutlicher geworden: Ohne Mengenreduzierung werden die Erzeugerpreise immer weiter zurückgehen und die Kosten der Exporterstattung ansteigen. Damit ist aber niemandem, vor allem aber nicht den Bauern gedient. Lassen Sie mich zum Schluß in diesem Zusammenhang auch noch auf die Verflechtung mit den Entwicklungsländern hinweisen. Es ist im höchsten Maße verantwortungslos, daß die Industrieländer mit ihren Überschußmengen und dann entsprechenden Exporterstattungen den Ländern der Dritten Welt die Agrarpreise vorgeben und ihnen jede Möglichkeit nehmen, auf dem Weltmarkt zu bestehen. Ich möchte unserem Bundesminister Ignaz Kiechle für die positiven Verhandlungsergebnisse recht herzlich danken und die Bundesregierung auffordern, den begonnenen Weg der Marktentlastung auch für die Betriebe, die hier nicht angesprochen sind, konsequent weiterzugehen. Dem Gesetz werden wir zustimmen. Jan Oostergetelo (SPD): Der vorliegende Gesetzentwurf über die Förderung einer einjährigen Flächenstillegung im Wirtschaftsjahr 1991/92 ist einmal mehr ein Zeichen der Hilflosigkeit. Die katastrophale Lage auf den Agrarmärkten zwingt zum Handeln. Die Bundesregierung jedoch doktert herum, ohne das Übel an der Wurzel zu packen. Sicher, lieber heute als morgen muß etwas gegen die Überproduktion getan werden. Wir zweifeln allerdings daran, ob die Flächenstillegung allein der richtige Weg ist. Um den Produktionszuwachs auf ± Null zu halten, müßten jährlich rund 2,6 Prozent der Getreidefläche — und das permanent — zusätzlich stillgelegt werden. Die Reform der EG-Agrarpolitik kann nach jahrzehntelangen vergeblichen Bemühungen nicht mehr aufgeschoben werden. Nur eine Bündelung geeigneter Maßnahmen kommt hierfür in Frage. Ein Allheilmittel gibt es nicht. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 2977* Wieder einmal müssen wir befürchten, daß vor allem deutsche Landwirte fleißig Flächen stillegen. Dieses Sonderprogramm muß jetzt zwar in allen EG-Ländern angeboten werden; da der zuständige Bundesminister aber keine EG-einheitliche Prämiengewährung in Brüssel durchgesetzt hat, wird die ungleichgewichtige Teilnahme an diesem Programm bestehen bleiben. Die Überschüsse bei Getreide werden weiter steigen, die Getreidepreise bleiben niedrig oder geben weiter nach. Die vom BML vorgesehene Prämiengestaltung zuzüglich der Rückerstattung der Mitverantwortungsabgabe verspricht relativ hohe Beträge pro Hektar, so daß bestimmt viele deutsche Getreideerzeuger mitmachen werden. Und wieder gehen wertvolle Marktanteile zugunsten anderer EG-Partner verloren! Eine Erzeugerpreissteigerung durch Mengenrückführung, wie sie die Regierung erhofft und — verständlicherweise — die Landwirte erwarten, kann jedoch nur erreicht werden, wenn sich alle EG-Partner konsequent und gleichgewichtig an Programmen zur Mengenrückführung beteiligen. Die Produktion muß an den innergemeinschaftlichen Verbrauch angepaßt werden. Nur dann kann der EG-Markt wieder ins Gleichgewicht kommen, nur dann können entsprechende Preise erzielt werden! Unerläßliche Rahmenbedingung für das Funktionieren des vom Bundeslandwirtschaftsminister favorisierten Modells wäre ein hoher Außenschutz für den EG-Markt, der in den GATT-Verhandlungen erst einmal durchgesetzt werden müßte. Einheitliche Prämien hat er bisher nicht durchgesetzt. Ob er für die GATT-Verhandlungen mehr Durchsetzungsvermögen haben wird, darf man wohl anzweifeln. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Solange vorwiegend die deutschen Landwirte Mengenrückführung betreiben, geschieht das voll zu ihren Lasten. Frankreich denkt nicht daran, seine Getreideproduktion zu drosseln. Die Politik des Bundeslandwirtschaftsministers ist Stückwerk. Zunächst hat er die Quotenregelung bei Milch propagiert. Wohin das führt, zeigen die permanenten Kürzungen, die uns auch jetzt wieder bevorstehen. Dann hat er propagandistisch auf nachwachsende Rohstoffe gesetzt, bisher auch mit wenig Erfolg. Jetzt setzt er einseitig auf Flächenstillegung und eine aktive Preispolitik. Weiterhin sehe ich strukturpolitische Gefahren: Die Prämien und die Rückerstattung der Mitverantwortungsabgabe zusammen bieten vor allem flächenstarken Betrieben mit hohem Anteil an Getreidevermarktung Anreize zur Flächenstillegung. Diese Betriebe liegen vor allem in Nord- und Ostdeutschland. Die schon jetzt großen beschäftigungspolitischen Probleme in den Agrarstandorten der neuen Länder werden drastisch zunehmen. Dabei werden besonders dort Initiativen benötigt, die Arbeitsplätze erhalten oder schaffen — und nicht überflüssig machen! Für strukturschwache Räume bedeutet ein Anreiz zur Flächenstillegung geradezu eine Bedrohung. Sicher, auf brachliegenden Flächen können keine Überschüsse produziert werden, aber was sollen die Menschen tun, die vorher dort gearbeitet haben? Entweder wirtschaften sie auf den verbleibenden Äckern um so intensiver — mit allen umweltschädlichen Folgen —, oder sie sind schlicht arbeitslos. Deshalb schließe ich mich den Bedenken des nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministers Matthiesen an, der — ich zitiere — „arge Zweifel am Sinn eines Agrarkonzepts hat, das in der Bundesrepublik stillgelegte landwirtschaftliche Modellregionen schafft, in denen keine Landwirte mehr wohnen und arbeiten". Die Politik der Flächenstillegung hat deshalb auch nicht zu unterschätzende psychologische Folgen. Noch ein Einwand gegen den Gesetzentwurf: Wo bleibt die Kontrolle der Substituteeinfuhr? Wer verhindert, daß eine reduzierte Getreideproduktion im Inland nicht automatisch durch vermehrten Import von Substituten kompensiert wird — womöglich auf Kosten der Länder in der Dritten Welt? Dort verhungern die Menschen, während wir ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse für wenig Geld erwerben und an unser Vieh verfüttern. Solange der Schlund der Substituteinfuhren noch offen ist, erscheint mir jede Mengenrückführung im Inland wirkungslos. Nebenbei bemerkt: Ich halte die Kostenkalkulation der Regierungsparteien für gewagt: Woher nehmen sie die Sicherheit, von 350 000 ha stillgelegter Fläche auszugehen? Wie schnell können hier zig Hektar hinzukommen, und die nationalen Aufwendungen schnellen in die Höhe! Und das beim nahezu täglich von Mitgliedern dieser Regierung lauthals angekündigten Subventionsabbau! Allein diese Argumente bestätigen, daß wir mit unserer Forderung „Extensivierung vor Flächenstillegung" richtig liegen. Im Interesse der Menschen, die im ländlichen Raum leben und arbeiten, aber auch derer, die dort Erholung suchen, und im Interesse der Umwelt ist die nötige Produktionsrückführung vor allem in der Fläche vorzunehmen, durch Extensivierung und in gewissem Umfang durch den Anbau von Nichtlebensmitteln und Umwidmungen aller Art, z. B. für Aufforstungen oder Freizeit- und Erholungsflächen. Ich will diese Forderung an Hand eines hoffentlich überzeugenden Beispiels für alle nachvollziehbar machen: Die Mutterkuhhaltung ist eine — inzwischen zunehmend verbreitete — Form extensiver Viehhaltung. Im Vergleich zur Flächenstillegung leistet sie unvergleichlich mehr für den Erhalt des ländlichen Raumes bei gleichzeitiger Rückführung der Erzeugung. Nehmen wir zunächst den offensichtlichsten Aspekt der Landschaftsgestaltung. Sagen Sie selbst, was ansprechender ist: eine brachliegende Fläche, auf der im Verlauf der „Selbstbegrünung" Unkraut wuchert, oder der Anblick einer Grünfläche, auf der sich (glückliche) Kühe samt Nachwuchs tummeln? Auch die beschäftigungspolitische Seite klingt nicht schlecht: Bei Förderung der Mutterkuhhaltung bleibt der Landwirt weiterhin Landwirt: Er muß die Mutterkuhherde managen und ihre „Erzeugnisse" — Kalb und Kuh — gewinnbringend vermarkten. Er bleibt also weiterhin als Landwirt gefordert, was bei stillgelegten Flächen nicht der Fall ist. Selbst das Abweidenlassen derselben durch Schafe ist bereits „prämienschädlich". 2978* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 Weiterhin werden durch Mutterkuhhaltung keine Überschüsse erzeugt: Das Kalb verbraucht die Milch der Kuh, die so den Markt nicht belastet, und pro Hektar wird wesentlich weniger Fleisch produziert. Ich weiß natürlich auch, daß davon nicht alle Bauern, die heute auf diesen Flächen intensiv wirtschaften, weiter existieren können. Ein Wechsel in der Struktur wird nicht zu umgehen sein. Aber wir können es uns auch leisten, dem Mutterkuhhalter mehr Geld in Form direkter Einkommensübertragung zu geben. Denn wir sparen nicht unerhebliche Beträge bei den Marktordnungskosten ein, die wir jetzt den Bauern direkt einkommenswirksam zukommen lassen können. Letztlich freut sich auch der Verbraucher: Das Fleisch extensiv aufgezogener Rinder garantiert ihm Qualität und Gesundheit. Die Tierschützer sind zufrieden, da die Tiere artgerecht gehalten werden. Auch die Umwelt profitiert: Ein geschlossener Kreislauf, bei dem auf zusätzlichen Energie- und Stickstoffimport verzichtet werden kann, belastet weder Boden noch Grundwasser, da Dauergrünland Voraussetzung ist. Ich habe das jetzt sehr gedrängt dargestellt. Die Vorteile der Extensivierung liegen auf der Hand. Wir wollen doch auch in Zukunft einen lebendigen, vielfältigen ländlichen Raum und Landwirte, die darin befriedigende Arbeit finden. Sie werden sich zunehmend ihrer Doppelrolle als Produzent und Erbringer ökologischer Dienste bewußt. Die gesamtgesellschaftlichen Anforderungen und nicht zuletzt die Marktentwicklung verlangen das zunehmend. Wir enthalten uns der Stimme. Wir können der ungleichgewichtigen Politik der Bundesregierung, die dieser Gesetzentwurf manifestiert, nicht zustimmen. Wir wollen allerdings auch den Landwirten nicht die Segnungen vorenthalten, zumal in einer Zeit, in der aufgrund einer verfehlten Agrarpolitik der Bundesregierung die landwirtschaftlichen Einkommen um 25 Prozent zurückgehen. Nein, diese Politik hat keine Perspektive! Wir haben unsere Auffassung hierzu in einem Entschließungsantrag zusätzlich aufgezeigt, für den ich um Zustimmung bitte. Damit unterstützen wir zugleich die dringend erforderliche Reform der EG-Agrarpolitik. Ulrich Heinrich (FDP): Das Gesetz zur einjährigen Flächenstillegung hat die Mengenbegrenzung zum Ziel. Es muß vor dem Hintergrund der ständig steigenden Überschüsse und immer mehr unter Druck geratenden Preissituation auf den Agrarmärkten gesehen werden. Mit der Verabschiedung und Umsetzung dieses Gesetzes können mit Sicherheit nicht alle Probleme auf den Agrarmärkten auf einen Schlag gelöst werden. Es ist jedoch ein redlicher Versuch, der unser aller Unterstützung verdient. Wir sitzen in der EG inzwischen auf einem Getreideberg von etwa 20 Millionen Tonnen. Davon werden alleine in der Bundesrepublik 9,3 Millionen Tonnen gelagert, was einem Anteil von 46 Prozent entspricht. Die Lagerkapazitäten sind erschöpft und das preisstabilisierende Instrument der Intervention in Gefahr. Von einem weiteren drastischen Anstieg der Lagerbestände ist auszugehen. Rechnet man nämlich für dieses Jahr — bei einer durchschnittlichen Ernte — in der EG mit einer Getreidemenge von etwa 175 Millionen Tonnen (davon elf Millionen Tonnen in den neuen Bundesländern), so steht dem nur ein Verbrauch von etwa 141 Millionen Tonnen gegenüber (davon acht Millionen Tonnen in den neuen Bundesländern).Daraus ergibt sich die zwingende Notwendigkeit schnellgreifender Maßnahmen zur Verringerung der Überschüsse. Ein gangbarer Weg, um durch Extensivierungsmaßnahmen zu deutlichen, mit der Flächenstillegung vergleichbaren Produktionssenkungen zu kommen, gibt es noch nicht. Die unterschiedlichsten Modelle führen alle nur zu einer prozentual nicht ausreichenden Rückführung der Produktion. Selbst ein so ausgereiftes Modell wie das Kulturlandschaftsprogramm in Baden-Württemberg kann nur zu einer Produktionssenkung von maximal ca. zwei Prozent führen. Der in der Gemeinschaft inzwischen angehäufte Getreideberg verursacht jährliche Kosten von etwa zehn bis zwölf Milliarden DM. Und das, obwohl allein im Wirtschaftsjahr 1989/90 in der EG mit dem fünfjährigen Flächenstillegungsprogramm etwa 430 000 ha aus der Produktion genommen wurden. Die Bundesrepublik Deutschland beteiligte sich daran mit rund 57 000 ha. Im vergangenen Jahr stieg die stillgelegte Fläche in den alten Bundesländern auf rund 90 000 ha, im Beitrittsgebiet sogar auf 600 000 ha. Der Anteil der stillgelegten Fläche an der Ackerfläche stieg damit im gesamten Bundesgebiet auf 7,6 Prozent. Mit dieser großen Resonanz auf das Flächenstillegungsprogramm können wir uns im EG-Vergleich mehr als nur sehen lassen. Es zeigt sich aber auch deutlich, daß das fünfjährige Stillegungsprogramm für unsere EG-Nachbarn, vor allem für die Franzosen und Engländer, nicht attraktiv genug ausgestaltet wurde. So beteiligten sich diese beiden großen Agrarländer im Wirtschaftsjahr 1989/90 nur mit zusammen rund 90 000 ha an der Flächenstillegung. Bei den EG-Preisverhandlungen ist es nun das erste Mal auf dem Getreidesektor gelungen, einen betriebsbezogenen Zusammenhang zwischen produzierter Menge und Preis herzustellen. Wir bedienen uns dabei des Instruments der Mitverantwortungsabgabe (MVA), indem sie auf fünf Prozent erhöht wird. Die Entrichtung dieser MVA entfällt für einen Betrieb erst, wenn er sich mit mindestens 15 Prozent seiner Marktordnungsfläche an einem einjährigen Flächenstillegungsprogramm beteiligt. Diese grundlegende Richtungsänderung im Bemühen um eine spürbare Mengenbegrenzung innerhalb der Gemeinschaft wird von mir ausdrücklich begrüßt und wird zu einer stärkeren Beteiligung unserer EG-Nachbarstaaten an der Flächenstillegung führen. Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dieses Programm, wenn es von den Landwirten entsprechend angenommen wird, kann auch einen Beitrag zur Preisstabilisierung auf dem Getreidemarkt leisten. Bei der einjährigen Flächenstillegung wird es nicht bleiben. Sie ist ein Einstieg in weitere Jahresprogramme. Diese klare Perspektive sollen und müssen wir unseren Landwirten geben. Die Flächenstillegung als Instrument zur Beseitigung von Überschüssen ist meines Erachtens noch so lange erforderlich, bis es uns gelingt, unseren Landwirten wirkliche Produktionsalternativen im „non food"-Bereich anzubieten. In vielen Bereichen, Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1991 2979* insbesondere der nachwachsenden Rohstoffe, gibt es hier hoffnungsvolle Ansätze. Was aber soll nun mit dem Programm der fünfjährigen Flächenstillegung geschehen? Ich bin der Auffassung, sie sollte in naher Zukunft in eine noch längerfristigere Flächenstillegung umgewandelt werden. Hierbei sollten in erster Linie Grenzertragsböden aus der Produktion genommen werden und für Forst-, für landschaftsgestaltende, vor allem aber für Umweltschutzmaßnahmen zum Beispiel in Feucht- und Trockenbiotopen Verwendung finden. Diese Flächen sind dann allerdings mit einer geringeren Beihilfe zu versehen. Die einjährige Flächenstillegung ist aber auch aus umweltpolitischer Sicht ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Flächen dürfen nicht gedüngt werden, weder organisch noch anorganisch, und Pflanzenschutzmittel dürfen nicht angewendet werden. Im weiteren sind Meliorationsmaßnahmen untersagt, und Grünland darf auch nicht in Ackerland umgewandelt werden, um es dann anschließend stillzulegen. Die Flächen sind zu begrünen und dienen somit zur Auflockerung und Streckung unserer ohnehin zu engen Fruchtfolgen. Negative Begleiterscheinungen des laufenden fünfjährigen Programmes werden mit dem neuaufgelegten Programm zudem vermieden. Es kommt nämlich nicht zur bisher zu beobachtenden Störung des Pachtmarktes durch Stillegung ganzer Betriebe. Neben diesen willkommenen Begleiterscheinungen dient dieses Programm aber in erster Linie der Reduzierung der nicht mehr finanzierbaren Überschüsse und der damit einhergehenden Exportsubventionen. Der sicherlich berechtigte Stein des Anstoßes und der Kritik bei den laufenden GATT-Verhandlungen dürfte damit ein entscheidendes Stück weggerückt werden. Nicht aus den Augen verlieren dürfen wir aber die Entwicklung der Getreidesubstitute. Mengen, die wir auf dem Getreidesektor reduzieren, dürfen nicht mit Substituten aufgefüllt werden. Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) (PDS/Linke Liste): Im Gesetz über die Forderung einer einjährigen Flächenstillegung werden gesetzliche Regelungen geschaffen, die als Folge einer EG-Ratsverordnung notwendig geworden sind. Sie sind damit auch Ausdruck agrarpolitischer Leitlinien der EG, die gegenwärtig vorrangig darin gesehen werden, das seit 1958 bestehende agrarpolitische Leitbild zu erhalten. Unter diesem Gesichtspunkt ist das vorliegende Gesetz eine notwendige Schlußfolgerung. Meine prinzipielle Kritik orientiert sich deshalb nicht an der unmittelbaren Gesetzesvorlage, sondern am Grundanliegen. Erstens weiß ich natürlich auch, daß Ernährungsprobleme der Menschheit nicht allein mit Nahrungsmittelexporten gelöst werden können, sondern vor allem durch Lösungen vor Ort, d. h. durch die betroffenen Menschen selbst. Trotzdem erscheint es widersinnig, wenn in der gesamten EG Milliardenbeträge und in der Bundesrepublik 84 Millionen allein 1992 für die vorliegenden Gesetzesmaßnahmen aus Haushaltsmitteln ausgegeben werden sollen, um Nahrungsmittelproduktionen zu begrenzen. Es geht dabei nicht darum, daß ich vielleicht den Bauern die Einnahmen aus dieser Gesetzesvorlage nicht gönne, ganz im Gegenteil. Es ist ohnehin mehr eine Berufung als nur ein Beruf, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Das ist gut so, weil auch ich der Meinung bin, daß man Landwirtschaft ohne innerer Beziehung zu Boden, Pflanze und Tier nicht betreiben kann oder nicht betreiben sollte, aber sie wird nicht ausreichend honoriert und anerkannt. Rein betriebswirtschaftlich bedeutet deshalb dieses Gesetz eine Lösungsmöglichkeit, Preise zu halten und Einkommen zu sichern. Als Betriebswirtschaftler sage ich auch, es rechnet sich vor allem für Betriebe mit hohem Marktanteil an Getreide durch die Rückerstattung der 5%igen Mitverantwortungsgabe, auch wenn mit einem Einjahresprogramm kaum Einsparungen bei fixen Kosten erreicht werden können, und deshalb die Staffelung der Stillegungsprämien für größere Betriebe diskriminierend wirkt. Hier wird erneut ein untauglicher Versuch angestellt, politische Forderungen mit betriebswirtschaftlichen Erwägungen zu begründen. Wenn schon dieses Gesetz, dann wäre es eine Möglichkeit gewesen, „good will" zu zeigen, um den Strukturwandel positiv zu begleiten. Das hätte mich auch zu einer anderen Haltung zu diesem Gesetz bewogen. Zweitens. Flächenstillegung wird immer wieder als ökologische Maßnahme gepriesen. Natürlich stimmt es, daß auf stillgelegten Flächen keine Chemikalien ausgebracht werden. Das hat jedoch nicht dazu geführt, den Einsatz insgesamt zu verringern. Die Erfahrungen zeigen, daß Flächenstillegungen einerseits Intensivierung auf anderen Flächen bewirkt haben. Dafür sind nicht zuletzt die Prämien aus der Stillegung verwandt worden. Wenn schon Mengenbegrenzungen in der Produktion, dann über allgemeine Extensivierung. Das ist ökologisch sinnvoller und könnte außerdem noch ein Beitrag zur Erhaltung von Arbeitsplätzen sein. Lassen Sie mich deshalb als Punkt 3 der Kritik anbringen: 15 % Flächenstillegung bedeuten auch Verlust von Arbeitsplätzen, und zwar stärker in den fünf neuen Ländern als in den alten Ländern. Ich rechne mit 10 000 Arbeitsplätzen allein in den fünf neuen Ländern durch diese gesetzliche Regelung. Insgesamt halte ich also den begangenen Weg für untauglich und dringend reformbedürftig in der gesamten EG, nicht nur in Deutschland, zumal ohnehin zweifelhaft ist, ob sich alle Länder in der EG so diszipliniert daran halten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinz Rother


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, heute als Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion den Entwurf zum Renten-Überleitungsgesetz in der zweiten Beratung begründen zu dürfen.
    Mit dem Renten-Überleitungsgesetz hat die Koalition der Einheit konsequent und zügig eine weitere wichtige Voraussetzung für die Verbesserung der Lebenssituation in den jungen Bundesländern geschaffen.
    Lassen Sie mich bitte noch einmal kurz rekapitulieren: Im ersten Schritt sind die Renten mit Datum zum 1. Juli 1990 sowie zum 1. Januar 1991 pauschal um jeweils 15 % angehoben worden. Am 1. Juli dieses Jahres wird eine weitere 15prozentige Erhöhung erfolgen. Ich möchte auch an die Einführung der Kriegsopferversorgung erinnern. Dies waren die ersten, schnellen Maßnahmen, um die Lebenssituation der älteren Mitbürgerinnen und -bürger in den neuen Bundesländern konkret zu verbessern.
    Mit dem Renten-Überleitungsgesetz wird nunmehr in einem zweiten Schritt das wegweisende Rentenreformrecht 1992 auf die jungen Bundesländer übertragen. Dabei möchte ich hervorheben, daß das Rentenreformrecht 1992 das Ergebnis der Bemühungen aller damals im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien — außer den GRÜNEN — darstellt. Man kann mit Fug und Recht sagen, daß dieses Reformwerk mit seinen entscheidenden Merkmalen der Leistungsbezogenheit und der Dynamisierung in seiner konkreten Ausformung als eines der fortschrittlichsten und umfassendsten Rentensicherungssysteme der Welt gelten kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Damen und Herren von der SPD, die jetzt polemische Kritik üben, tun gerade so, als ob sie selbst damals nicht das Rentenreformgesetz mitgestaltet hätten. Dieses Alterssicherungssystem wird nunmehr auf die jungen Bundesländer übertragen. Seine Grundprinzipien lauten: Nach 45 Versicherungsjahren erhält ein Durchschnittsverdiener jetzt 70 % des durchschnittlichen Nettoeinkommens aller Arbeitnehmer.

    (Zuruf von der SPD: Aktualisier mal, was Du redest!)

    Die Rente ist Alterslohn für Lebensleistung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Rentner in den jungen Bundesländern ist nicht mehr Almosenempfänger der kommunistischen Machthaber von damals. Man muß es deutlich sagen und betonen: Dieses Gesetz beendet die Diskriminierung der älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Dieses Gesetz führt zur Verwirklichung der Menschenrechte in den neuen Bundesländern. Dieses Gesetz ist eine konsequente Umsetzung des Sozialstaatsprinzips unserer Verfassung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mit der zügigen Überleitung des Rentenrechts löst die Koalition ein wichtiges Versprechen in der Sozialpolitik ein. Die Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse wird nun in einem weiteren Punkt greifbar. Dieses umfassende Gesetzeswerk ist in großer Schnelligkeit bis zur Verabschiedungsreife gebracht worden.
    Die historisch einmalige Situation, in der wir uns befinden, verlangte eine effiziente und zügige Arbeit. Meine Damen und Herren, das sind wir doch den Bürgerinnen und Bürgern in den jungen Ländern schuldig.
    In diesem Zusammenhang darf ich mich sehr herzlich auch im Namen der Fraktion der CDU/CSU bei all denjenigen bedanken, die mit ihren Vorschlägen im Deutschen Bundestag bei der Diskussion dieses Gesetzeswerkes behilflich gewesen sind. Besonderen Dank auch den Mitarbeitern der Bundesregierung, die hier eine hervorragende Arbeit geleistet haben,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    ebenso wie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Ausschußsekretariats.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Es wäre kein Zeichen konstruktiver Opposition, wenn die SPD aus machtpolitischen Erwägungen heraus zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger in den jungen Bundesländern hier kleinkarierte Verzögerungsstrategien zu fahren versucht hätte,

    (Widerspruch bei der SPD) wie es zeitweise den Anschein hatte.


    (Erneuter Widerspruch bei der SPD)

    Wenn sich eine solche Haltung durchgesetzt hätte, so gäbe es am 1. Januar 1992 nur weiteres Stückwerk und kein einheitliches Rentenreformrecht 1992.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für ein solches Verhalten hat in den neuen Bundesländern zu Recht niemand Verständnis.
    Mit dem Renten-Überleitungsgesetz wird es u. a. auf folgenden Gebieten zu entscheidenden Verbesserungen kommen: erstens zur Schaffung der Verbesserung von Hinterbliebenenrenten. Durch die Übertragung unseres Hinterbliebenenrentenrechts werden in den jungen Bundesländern rund 900 000 Witwenrenten entscheidend verbessert und 150 000 erstmals gezahlt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Heinz Rother
    Für diese Verbesserungen werden 1992 rund 4 Milliarden DM aufgewendet. Die Übertragung des Hinterbliebenenrentenrechts ist ein ganz bedeutender sozialpolitischer Schwerpunkt dieses Gesetzes. Nach dem Recht der ehemaligen DDR erhielten viele Frauen nach dem Tod des Ehemannes keine Witwenrente. Der Tod des Ehegatten führte deshalb in der Regel zu einem Einkommensabsturz. Es wäre sozialpolitisch völlig unvertretbar gewesen, an der Hinterbliebenenversorgung der ehemaligen DDR festzuhalten. Ich denke, daß die Koalition gerade mit der Übertragung des Hinterbliebenenrentenrechts besonders deutlich macht, daß der Schutz der sozial schwachen älteren Frauen ein zentraler Punkt ihrer Überlegungen gewesen ist.
    Zweitens: zur Herabsenkung der Altersgrenzen. Die Altersgrenzen des westdeutschen Rentenrechts werden vom 1. Januar 1992 an in einem Schritt auch in den jungen Bundesländern gelten. Damit wird insbesondere für Männer, die bisher erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersrente beziehen können, der Rentenbeginn in vielen Fällen ab dem 60. Lebensjahr ermöglicht. Dies betrifft 200 000 Versicherte. Das sind Fakten, meine Damen und Herren.
    Drittens: zur Verbesserung der Invalidenrenten. Durch die Übertragung des Rechts der Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit wird sich die Zahl der Invalidenrenten in den jungen Ländern um etwa 50 erhöhen. Allein hierfür belaufen sich die Aufwendungen auf 1 bis 1,5 Milliarden DM im Jahr.
    Wenn teilweise in der Öffentlichkeit von interessierter Seite von einer Diskriminierung der Behinderten gesprochen wird, so ist dies der untaugliche Versuch, Bürgerinnen und Bürger bewußt falsch zu informieren. Soweit die versicherungsrechtlichen oder persönlichen Voraussetzungen des Sozialgesetzbuches VI nicht erfüllt werden, besteht im Rahmen der Vertrauensschutzregelung bei Rentenbeginn bis zum 30. Juni 1995 die Möglichkeit zum Bezug einer Invalidenrente in der nach dem Recht von Dezember 1991 berechneten Höhe.
    Es darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, daß es uns primär nicht darum geht, Behinderten eine Invalidenrente zu zahlen, sondern wirksam eine Rehabilitation zu erreichen. Behinderte sollen nicht aus dem Berufsleben ausgegliedert werden. Sie sollen vielmehr die Chance haben, sich im Berufsleben zu verwirklichen.
    Viertens: zur Übergangsregelung mit Bestands- und Vertrauensschutz. Das Renten-Überleitungsgesetz enthält Übergangsregelungen, nach denen die laufenden Renten eine weitgehende Besitzstandswahrung enthalten. Bei Rentenzugängen zwischen 1992 und 1995 wird das in der ehemaligen DDR geltende Recht da zugrunde gelegt, wenn sich hieraus eine höhere Rente als nach dem neuen Recht ergibt.
    Fünftens. Lassen Sie mich zur Beibehaltung des Sozialzuschlags noch einiges sagen. In Anbetracht der Tatsache, daß es in den jungen Bundesländern noch keine funktionierende Sozialhilfe gibt, wird der pauschal auf die Renten zugezahlte Sozialzuschlag bis zum 31. Dezember 1996 beibehalten. Wir lassen es aber nicht zu, wenn die SPD den Sozialzuschlag zu einer Art Grundrente umfunktionieren will. Es muß
    dabei bleiben, daß die Rente Alterslohn für Lebensleistung ist. Der Sozialzuschlag darf nicht zum trojanischen Pferd für die Einheitsrente werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD — Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Wollt ihr einen Kompromiß, oder was wollt ihr?)

    Die soziale Grundsicherung wird durch die Sozialhilfe gewährleistet. Wer das vermischt, betrügt die Rentner. Im übrigen müssen wir uns davor hüten, die Sozialhilfe pauschal zu diffamieren. Gerade aus den Reihen der SPD sind solche Diffamierungsversuche in der letzten Zeit häufig zu hören.
    Sechstens. Lassen Sie mich zum Finanzverbund zwischen den Rentenversicherungen West und Ost einige Ausführungen machen. Mit der Überleitung des Rentenrechts wird ein Finanzverbund der Rentenversicherungen in Ost und West hergestellt. Dies ist ein sichtbarer Ausdruck gesamtdeutscher Solidarität. Die Rentenversicherung West hat in den zurückliegenden Jahren durch die Beitragszahlungen von Übersiedlern und Pendlern sowie durch den Konjunkturschub, der durch die deutsche Einheit verursacht wurde, erheblich gewonnen. Dieses mehr verdiente Geld muß nun wieder zurückfließen.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie müssen schon mit Taubheit oder Blindheit geschlagen sein, wenn Sie diese gewaltigen Verbesserungen leugnen oder herunterspielen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD — Detlev von Larcher [SPD]: Es ist nicht zu glauben!)

    Statt dessen reden Sie von positiven Systemelementen des Rentenrechts. Sie wissen genauso gut wie ich, daß diese Systemelemente nicht das Papier wert waren, auf dem sie standen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So war es!)

    Entscheidend ist, was unter dem Strich an barem Geld herauskommt.
    Nun noch einiges zur Behandlung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme : Eine gewaltige und aus verfassungsrechtlicher Sicht äußerst schwierige Aufgabe ist die Überführung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme in das Rentenreformgesetz 1992. Alle Bürgerinnen und Bürger in den jungen Bundesländern wissen, daß diese Systeme oftmals nichts anderes als die Verlängerung sozialistischer ungerechtfertigter Bereicherung bis hin in das Rentenalter darstellen. Wir wissen aber auch, daß dies nicht auf alle Versorgungssysteme zutrifft.
    Die Aufgabe des Deutschen Bundestages bestand nun darin, dieses Problem gerecht zu lösen. Leitsatz bei unseren Entscheidungen, ob und in welchem Umfang die Versorgungssysteme überführt werden sollten, war: Das Unrecht der Vergangenheit darf sich nicht im Rentenrecht der Gegenwart fortsetzen. Das heißt konkret: Für ehemalige Stasi-Angehörige erfolgt eine Begrenzung der Altersleistung auf 802 DM monatlich und ab 1992 auf 70 % der Rente eines Durchschnittsverdieners.



    Heinz Rother
    Für Personen, die Leistungen aus den Zusatzversorgungssystemen erhalten, erfolgt eine differenzierte Regelung. So erhalten diese Personen, je nachdem, wie stark sie eine systemfördernde Funktion innehatten, den einfachen bis hin zum 1,8fachen Satz des jeweiligen Durchschnittsrentenniveaus.
    Aus unserer Sicht kann es nicht angehen, daß der gesellschaftspolitisch nicht weiter in das Unrechtssystem verstrickte Naturwissenschaftler nunmehr, weil er sich zufällig in einem Zusatzversorgungssystem befindet, benachteiligt werden soll.
    Was meint unser eifriger Sozialexperte Herr Dreßler von der SPD dazu?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das werden wir gleich hören!)

    Herr Dreßler sagte im Wortlaut gegenüber der „Berliner Morgenpest"

    (Heiterkeit und Beifall)

    — „Morgenpost" ! Entschuldigung! —, also gegenüber der „Berliner Morgenpost" :

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: „Mottenpost" heißt das Ding!)

    Zu denen, die immer noch Renten von Honeckers Gnaden kassieren, gehört der Personenkreis, der im SED-Deutsch als Angehörige der wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Intelligenz bezeichnet wurde.
    Ihre Sentenz, die ich eben hier vor dem Hause auszugsweise zitiert habe, läßt mich erheblich zweifeln, was Sie eigentlich wollen. Sie scheren mit dieser Äußerung alle Zusatzversorgungssysteme über einen Kamm.
    Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings, daß keine zwei Monate später die SPD einen genau entgegengesetzten Standpunkt einnimmt. Was waren wir von der CDU/CSU-Fraktion doch erstaunt, als gerade aus den Reihen der SPD lautstark gerufen wurde, man sollte keine pauschalen Kürzungen bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen vornehmen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört! — Gerd Andres [SPD]: Mir ist eben erst aufgefallen, daß Sie zu unserem Ausschuß gehören!)

    sondern der Staatssicherheit, der Volksarmee und dem Zoll in umfangreichem Maße die Renten erhalten.
    Wortwörtlich forderte die SPD nunmehr — im Gegensatz zu ihrem Sozialexperten Dreßler —, daß die Leistungen aus dem Versorgungssystem für Pädagogen oder der technischen und wissenschaftlichen Intelligenz differenziert betrachtet werden müssen.

    (Julius Louven [CDU/CSU]: Der Zickzackkurs der SPD!)

    Meine Damen und Herren von der SPD, ich habe zwar Verständnis dafür, wenn man kraft besserer Einsicht in der Lage ist, seine Meinung zu ändern. Hier drängt sich für mich allerdings der Eindruck auf, daß Verwirrungstaktik die Triebfeder Ihres Handelns ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Oh-Rufe bei der SPD)

    Wie sonst kann man bei einem so ernsten Problem wie dem der Anpassung von Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in der von Ihnen gewählten Art und Weise vorgehen. Erst wollen Sie pauschal kürzen, dann wollen Sie die Vorteile aus dem Sonderversorgungssystem weitgehend erhalten. Man gewinnt hier den Eindruck, daß Sie, um dieses Gesetzgebungsvorhaben zu verzögern, diese Einwände angebracht haben.

    (Lachen bei Abgeordneten der SPD)

    Ich möchte es den Bürgerinnen und Bürgern in den jungen Bundesländern überlassen, diese Kehrtwende als Anbiederung bestimmter Personengruppen zu bewerten.
    Die SPD behauptet nun vollmundig, daß eine einmalige historische Chance vorhanden sei, die positiven Strukturelemente des DDR-Rentenrechts mit denen des West-Rechts zu kombinieren. Die SPD meint hier vor allen Dingen eine bessere Absicherung der Frauenrentensysteme. Dies hat die SPD im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens zum Anlaß genommen, ein eigenständiges Vorschaltgesetz einzubringen.
    Die SPD war doch tatsächlich der Ansicht, daß das Rentenreformwerk 1992 nicht zum 1. Januar 1992 in den jungen Bundesländern in Kraft treten soll. Sie hätten damit den Menschen in den jungen Bundesländern ein umfassendes und ausgewogenes Rentensystem verweigert.
    Meine Damen und Herren von der SPD, Sie wissen ganz genau, daß ein weiteres Zuwarten nichts anderes als endlose und unergiebige Diskussionen mit sich bringt, ohne daß positive Ergebnisse erzielt werden.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Die Rede haben Sie vor acht Jahren geschrieben! — Zuruf von der SPD: Was erzählen Sie denn da!)

    Deshalb ist es aus der Sicht der CDU/CSU geboten, jetzt die Rentenreform in allen Bundesländern zu verwirklichen. Es wäre verhängnisvoll, die Rentenüberleitung mit der immerwährenden Aufgabe der Rentensystemverbesserung zu kombinieren. Eine solche Verquickung zweier ganz unterschiedlicher Aufgabenstellungen bringt nur Unsicherheit in die Bevölkerung und Unordnung in das Rentensystem und in die Kassen der Versicherungsträger.

    (Ottmar Schreiner [SPD]: Wer hat Ihnen den Mist aufgeschrieben?)

    Im übrigen bleibt festzustellen, daß Ihr Entwurf eines Vorschaltgesetzes vollkommen praxisuntauglich ist.

    (Julius Louven [CDU/CSU]: Das ist wohl richtig!)

    Ein solches Vorschaltgesetz führt zur Perpetuierung des derzeit geltenden Mischrechts. Es schafft Ungerechtigkeiten im Verhältnis zu Rentenbeziehern im Westen, die ganz plötzlich erheblich benachteiligt werden.
    Ferner verschweigen Sie, daß Ihr Gesetzentwurf zu einer weiteren Mehrbelastung von mindestens 3 Milliarden DM pro Jahr führen würde.
    Die Koalition und die SPD haben in einem Entschließungsantrag festgelegt, daß in einem weiteren



    Heinz Rother
    Schritt das Rentenreformrecht 1992 fortentwickelt wird. So sind die Fraktionen der CDU/CSU, der FDP und der SPD der Auffassung, daß die Fortentwicklung der eigenständigen sozialen Sicherung der Frauen möglichst noch in dieser Legislaturperiode angepackt werden soll und bis spätestens 1997 durch konkrete Maßnahmen verbessert werden muß.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Ich denke, wir wollen verzögern!)

    Dabei ist es erklärte Absicht, im Interesse der Frauen das Rentenrecht so zu entwickeln, daß bei der Anerkennung der Familienarbeit nicht nur die Kindererziehung, sondern auch die Pflege von Angehörigen berücksichtigt wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Detlev von Larcher [SPD]: Was sind das für Töne?)

    Die Rentenreform 1992 kann und darf nur behutsam und organisch fortentwickelt werden.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Aber nicht zögerlich!)

    Jetzt wollen wir erst einmal schnelle Verbesserungen und keine rentenideologischen Grabenkriege.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir begrüßen es, meine Damen und Herren, daß die SPD im Rahmen des jetzt erreichten Konsenses nunmehr konsequent die sachlichen Gegebenheiten und Gründe für dieses Gesetz anerkennt und der Überleitung des Rentenrechts, das sie vor zwei Jahren mit gewollt und mitgetragen hat, zustimmen will.
    Die Koalition der Einheit schafft die Einheit auch im sozialen Bereich. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, wollen sich dem sicherlich nicht verweigern.
    Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächste hat die Abgeordnete Ulrike Mascher das Wort.

(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Bitte keine Dreßler-Rede!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrike Mascher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein, Herr Staatssekretär, eine Mascher-Rede.
    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rother, daß Opposition und Regierungsfraktionen bei der Bewertung von Ergebnissen und in bezug auf den Ablauf der Beratungen zu unterschiedlichen Resultaten kommen, ist sicher normal. Aber über weite Strecken Ihrer Rede habe ich den Eindruck gehabt, daß Sie und ich in verschiedenen Ausschußsitzungen gewesen sind.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP — Horst Seehofer [CDU/CSU]: Sie saßen auf der linken Seite!)

    — Obwohl ich auf der linken Seite gesessen habe, kann ich Ihre Bewertung dessen, was in den Ausschußberatungen abgelaufen ist und was die Opposition mit viel Arbeit und Engagement in die Ausschußberatungen eingebracht hat, als Verzögerung wirklich nicht teilen.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    Aber ich denke, daß nach der folgenreichen Entscheidung gestern abend auch heute ein Gesetz zur Beschlußfassung auf der Tagesordnung steht, das für alle Menschen in den fünf neuen Bundesländern unmittelbare und ganz existentielle Auswirkungen hat. Ich wage deshalb die Behauptung: Die heutige Entscheidung steht, wenn sie auch nicht unter dem Scheinwerferlicht aller Fernsehanstalten stattfindet, gleichgewichtig neben der Entscheidung von gestern.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Lassen Sie sich von dem bürokratisch klingenden Kürzel „Renten-Überleitungsgesetz" nicht täuschen. Hier wird über die Lebenslage von Rentnern und Rentnerinnen und — ich sage es einmal ein bißchen pathetisch — von Witwen und Waisen entschieden. Hier werden die Weichen für die materielle Existenzgrundlage auch derjenigen gestellt, die heute noch Jahre oder Jahrzehnte vor dem Rentenbeginn stehen.
    Weil dieses Gesetz den Menschen der ehemaligen DDR ohne Ausnahme unser System der sozialen Sicherung, das sich ohne Zweifel bewährt hat, überstülpt, weil dieses Gesetz höchst komplexe Sachverhalte regelt und weil es auch erhebliche finanzielle Auswirkungen für die Betroffenen, für die Beitragszahler der Sozialversicherung, für den Bund und für die Länder hat, wäre eine sorgfältige inhaltliche und politische Vorbereitung und Diskussion dieses Gesetzes notwendig und angebracht gewesen. Aber eine solche Diskussion braucht Zeit. Wir haben diese Zeit nicht gehabt.

    (Julius Louven [CDU/CSU]: Das ist wohl richtig!)

    Das Gesetz wurde dem federführenden Ausschuß am 26. April überwiesen. Wir haben in drei öffentlichen Anhörungen von Sachverständigen und in einer dichten Folge von Sitzungen versucht, trotzdem eine sorgfältige Befassung mit diesem Gesetz zu sichern.
    Aber wie eng unser Spielraum dabei war, macht ein Zitat aus der Stellungnahme des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger deutlich — ich zitiere — :
    Weil andernfalls die rechtzeitige Umsetzung der Neuregelung generell in Frage gestellt wäre, halten wir es für unbedingt erforderlich, daß keine wesentlichen Änderungen zum Inhalt des Gesetzentwurfs mehr vorgenommen werden und daß der Entwurf ohne weitere parlamentarische Hürden verabschiedet wird. Können die vorbereitenden Arbeiten für die Umsetzung der Neuregelung nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, wären die Rentenversicherungsträger handlungsunfähig.
    Zum Glück haben sich die Opposition und die Koalition davon nicht gänzlich beeindrucken lassen. Wir



    Ulrike Mascher
    haben wesentliche Änderungen des Entwurfs vorgenommen. Ich denke, das war auch notwendig.

    (Beifall bei der SPD)

    Trotzdem war wenig Raum für die Prüfung, welche der Strukturelemente der Sozialversicherung der ehemaligen DDR für das westdeutsche Rentenversicherungssystem eine wichtige und lange und auch von Teilen der Koalition geforderte Ergänzung gewesen wäre, z. B. die Anrechnung von Zeiten der Pflege von Angehörigen oder — das ist eine Forderung, die wir immer aufgestellt haben — eine Mindestrente, eine soziale Grundsicherung.
    Der Versuch der SPD, mit einem Vorschaltgesetz Zeit für Beratung und Zeit für eine konkrete Umsetzung des Gesetzes zu schaffen, wurde von der Koalition abgelehnt.

    (Julius Louven [CDU/CSU] : Zu Recht!)

    So bleibt es auch dabei, daß im Gesetz schon vorsorglich eine Regelung festgeschrieben wird, wie die schon jetzt voraussehbaren Fehlberechnungen von Renten — allerdings erst ab 1994 — überprüft und korrigiert werden können. Ich finde, wir als Gesetzgeber stellen uns damit ein Zeugnis mit der Note „ungenügend" im Hinblick auf die praktische Umsetzung dieses Gesetzes aus.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das ist nichts Unnormales für die Koalition!)

    Wegen des großen Zeitdrucks haben die Beratungen im Ausschuß zwar die notwendige Vorarbeit geleistet, um deutlich zu machen, daß das Gesetz in der von der Regierungskoalition vorgelegten Fassung unhaltbar ist. Mehrheiten für eine Änderung des Gesetzes mit der SPD wurden im Ausschuß aber nicht gefunden. Die Koalition nutzte ihre Mehrheit ausnahmslos für ihre Vorstellungen. Herr Rother, bis zu diesem Zeitpunkt der Arbeit am Gesetz mag Ihr Diskussionsbeitrag in Ton und Inhalt die Situation richtig wiedergegeben haben, aber außerhalb der Ausschußsitzungen hat die Regierung im Gespräch mit Vertretern der SPD — insbesondere mit unserem Sozialexperten Rudolf Dreßler — dann doch nach Möglichkeiten gesucht, die die zentralen Forderungen der SPD — keine Verschlechterung der eigenständigen Rente von Frauen und keine Vermischung von Strafrecht und Sozialrecht — aufnehmen.

    (Zuruf von der SPD: Aha!)

    Eine solche Öffnung für die Forderungen der Opposition wäre ohne die breite Ablehnung, die besonders die Vermischung von Strafrecht und Sozialrecht im Regierungsentwurf in der Expertenanhörung gefunden hat, und ohne die intensive Beratung von seiten der SPD im Ausschuß nicht möglich gewesen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie ist aber auch der Veränderung der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat zu danken. Die Wählerinnen und Wähler in Hessen und in Rheinland-Pfalz haben insofern einen Solidaritätsbeitrag für die ostdeutschen Länder geleistet.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS/Linke Liste)

    Bei der ersten Lesung des Gesetzes habe ich hier festgestellt, daß die Frauen für die Einheit teuer zahlen müssen, daß es für die Frauen in der ehemaligen DDR auf Grund dieses Renten-Überleitungsgesetzes hinsichtlich ihrer eigenen Rentenansprüche erhebliche Verschlechterungen gibt; Verschlechterungen, die nur für wenige Jahre zugunsten der Frauen, die bereits eine Rente erhalten, durch sogenannte Auffüllbeträge aufgefangen werden. Für diejenigen, die ab 1992 in Rente gehen, wäre ein solcher Bestandsschutz nicht gegeben gewesen.
    Gleichzeitig werden die Strukturelemente, die für eine eigenständige soziale Sicherung aller Frauen in der Bundesrepublik wichtig sind — uneingeschränkte und erweiterte Anerkennung von Kindererziehungszeiten und von Pflegezeiten; auch ein Anliegen der Koalitionsfraktionen — , erst einmal gestrichen.
    Wir haben jetzt auf Grund des Engagements von Frauen der SPD und der FDP einen Schritt nach vorn gemacht. Ich nehme an, daß die Frauen aus CDU und CSU — auch wenn sie heute leider nicht im Plenum sind —, auch wenn es in der Ausschußarbeit nicht erkennbar war, ihren Beitrag dazu geleistet haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Hier sitzt bei uns doch eine Frau!)

    — Ich begrüße eine Kollegin der CDU/CSU-Fraktion.
    Wir können heute über einen Bestandsschutz bei der eigenen Rente für alle Rentnerinnen und Rentner bis 1996 und über die verbindliche Absichtserklärung beschließen, bis zu diesem Zeitpunkt eine eigenständige soziale Sicherung der Frauen in unserem Rentensystem zu realisieren, die diesen Namen dann auch verdient. Dabei ist es für die SPD unverzichtbar, daß für die Frauen im Osten und im Westen der Skandal der Altersarmut von Frauen endlich wirksam bekämpft wird.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Denn für diese uralte soziale Frage gibt es immer noch keine Antwort; es gibt immer noch keine angemessene gesetzliche Sicherung des Existenzminimums außerhalb des Sozialhilferechts.

    (Julius Louven [CDU/CSU]: Wenn die Frage so uralt ist, dann hätten Sie sie früher längst lösen können! — Gegenruf des Abg. Detlev von Larcher [SPD]: Wir sind ja schon lange genug dabei! — Gegenruf des Abg. Julius Louven [CDU/CSU]: Wenn sie so uralt ist, hätten Sie zwölf Jahre Zeit gehabt, das zu ändern!)

    Im Renten-Überleitungsgesetz werden bis 1996 Sozialzuschläge zur Sicherung des Existenzminimums für rund 640 000 Rentnerinnen und rund 35 000 Rentner übernommen.
    Die Frauen, die 1992 und 1993 in Rente gehen, werden ebenso, z. B. als Alleinstehende, mindestens 600 DM erhalten. Dieser Vertrag wird parallel zur Entwicklung der Sozialhilferegelsätze in den neuen Bundesländern angehoben. Er wird also etwa entsprechend der Steigerung der Lebenshaltungskosten



    Ulrike Mascher
    dynamisiert. Wie bei der Hinterbliebenenrente sollen Erwerbseinkommen dann angerechnet werden.
    Mit dem Bestandsschutz für die eigenständige Rente von Frauen und dem Ausbau der Sozialzuschläge, der zu 95 % Frauen zugute kommt, wird für einige Jahre, bis 1996, die materielle Existenz von Rentnerinnen in den fünf neuen Bundesländern weitgehend abgesichert. Die SPD wird diese Jahre nutzen, um durch Regelungen für eine uneingeschränkte Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Zeiten der Pflege, durch eine soziale Grundsicherung zum Abbau der Altersarmut und durch eigenständige Rentenanwartschaften von Frauen an Stelle der abgeleiteten Hinterbliebenenrente eine Alterssicherung von Frauen auszubauen, die der gesellschaftlichen Realität und dem gewandelten Selbstverständnis von Frauen entspricht. Ich freue mich schon heute auf einen fruchtbaren Wettbewerb aller Parteien bis 1996, wer denn das beste Konzept für die Frauen entwickeln und durchsetzen kann.

    (Beifall bei der SPD — Julius Louven [CDU/ CSU]: Wahrscheinlich wir!)

    Ich bin sicher, Herr Staatssekretär Seehofer, daß die SPD hier erfolgreich sein kann.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Auf dem Papier!)

    Ein besonders schwieriger Abschnitt unserer Beratungen war der Teil des Gesetzes, der durch pauschale Kürzungen und individuelle Aberkennung von Renten aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der ehemaligen DDR das Recht der sozialen Sicherung dafür nutzen wollte, 40 Jahre Unrecht auszugleichen oder abzustrafen, weil das Strafrecht zu langsam, zu schwach oder gar nicht wirksam wird. Hier haben ausnahmslos alle Verfassungsrechtler bei den Anhörungen schwerste grundsätzliche Bedenken angemeldet und damit die Position der SPD bekräftigt.
    Zusatzversorgungen gab es in der ehemaligen DDR — nur, um Ihnen eine Anschauung zu geben — für ganz unterschiedliche Berufsgruppen, für die Mitarbeiter des Staatsapparats, für den FDGB, für die Mitarbeiter der LDPD, der CDU und der SED/PDS, aber auch für Ballettmitglieder, für künstlerisch Beschäftigte beim Funk, beim Fernsehen, beim Film und beim Staatszirkus, für Ärzte und Apotheker, für Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, für Direktoren von Kombinaten und landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften. Wahrscheinlich haben alle Fraktionen Briefe von Vertretern dieser unterschiedlichen Berufsgruppen erhalten, die eine pauschale Verdächtigung als staatserhaltend und systemnah und die daraus folgende Kürzung der Rente, nur weil sie einer bestimmten Berufsgruppe angehörten, der ein eigenes Zusatzversorgungssystem zugeordnet war, als ungerecht empfinden.
    Die SPD hat sich, auch wenn sie die Gefahr gesehen hat, nach bekanntem Strickmuster diffamiert zu werden, immer wieder dafür eingesetzt, daß bei aller verständlichen Empörung über Renten für die Stützen des DDR-Regimes verfassungs- und rechtsstaatliche Grundsätze Schranken setzen, die Sozialdemokraten
    und Sozialdemokratinnen nicht unterlaufen können und nicht abbauen wollen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Sozialrecht darf nicht als Strafrecht mißbraucht werden.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste — Julius Louven [CDU/CSU]: Sie wollen dem Honecker die Rente überweisen?)

    — Herr Louven, Sie wissen es besser, daß wir dem Honecker die Rente nicht überweisen wollen.

    (Julius Louven [CDU/CSU]: Deshalb brauchen wir doch Instrumente!)

    — Niemand, auch Sie nicht, Herr Louven, kann schlüssig erklären, warum sich die Höhe einer Waisenrente danach unterscheidet, ob der Vater bei der Staatssicherheit oder beim Zoll war.
    Ob wir mit dem mühsam gefundenen Ergebnis, das in geänderter Form in Art. 3 als Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen beschlossen werden soll, ein Gesetz beschließen, das bei Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hat, wage ich nicht vorherzusagen. Wir Sozialdemokraten haben versucht, willkürliche und dem Sozialversicherungssystem fremde Eingriffe zu verhindern.
    Ein besonders krasser Versuch, sich dieses Gesetzes zur Entlastung der Parteikassen der CDU, FDP und PDS zu bedienen, konnte verhindert werden.

    (Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

    Die entsprechende Regelung findet sich nicht mehr im Rentenüberleitungsgesetz.

    (V o r sitz : Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg)

    Es ist aber nicht abschließend geklärt, wer nun auf Dauer für die Kosten der Altersversorgung der Parteimitarbeiter aus der ehemaligen DDR, von CDU, FDP und PDS, aufkommen wird. Hier sollte das Parlament sorgfältig darauf achten, ob und wie dieser Punkt wieder auf die Tagesordnung gesetzt wird.
    Die Arbeit an diesem Gesetz war wegen des Zeitdrucks und der komplexen Sachverhalte für alle schwierig und belastend, für die Abgeordneten und für die Mitarbeiter der Fraktionen, denen ich ganz besonders danke, für den Ausschußvorsitzenden und seine Mitarbeiter, der unsere Arbeit überhaupt erst ermöglicht hat, für die Mitarbeiter in den zuständigen Ministerien, für die Sachverständigen, die sich für unsere Beratungen immer wieder zur Verfügung gestellt haben, und möglicherweise auch für den Minister und den zuständigen Staatssekretär. Ich denke, wir haben ihnen allen Dank abzustatten.

    (Beifall bei der SPD — Heribert Scharrenbroich [CDU/CSU]: Dem kann man zustimmen! — Horst Seehofer [CDU/CSU]: Was heißt diese Einschränkung „möglicherweise"?)




    Ulrike Mascher
    — Die betrifft nicht Sie, Herr Staatssekretär, die betrifft möglicherweise den Minister.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hier soll ein Keil getrieben werden! — Günther Heyenn [SPD] [zur CDU/CSU gewandt]: Das macht ihr selber!)

    Ich hoffe, daß wir heute am Ende der Beschlußfassung sicher sein können, im Interesse der Betroffenen, besonders der Rentnerinnen und Rentner in den neuen Bundesländern, ein Gesetz gemacht zu haben, das trotz der für die SPD schmerzhaften Kompromisse eine tragfähige Brücke in die Zukunft baut.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste sowie des Abg. Dr. Bruno Menzel [FDP])