Rede von
Dr.
Ursula
Fischer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS/LL)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An Herrn Kriedner gewandt, möchte ich sagen, daß ich das, was er gesagt hat, als eine Diskriminierung aller Kinderärzte zurückweise, die in den letzten 40 Jahren wirklich sehr viel geleistet haben.
Ich finde das echt beschämend.
Politische Zielsetzungen einer jeden Regierung kann man wohl am besten an der jeweiligen Höhe der Ausgaben in verschiedenen Bereichen des Haushalts prüfen. Nur liegt es mir fern, Ihnen hier eine komplexe Analyse vorzustellen, um Ihnen die Relation der Einzelbereiche zueinander zu verdeutlichen. Das kann jeder für sich selbst nachvollziehen. Aber ein paar Bemerkungen seien mir dazu gestattet.
Im Einzelplan Gesundheit sind bisher 1,36 Milliarden DM an Ausgaben geplant. Das sind genau 3,4 des Gesamtetats. Oder: Dies ist etwa das Doppelte der veranschlagten Kosten für den Bundeskanzler und das Bundeskanzleramt. Oder auch: 3,4 To sind nur ein Drittel der geplanten Mehrausgaben für den Bundesminister des Innern. Diese Beispiele sollen nur illustrieren, an welcher Stelle die Ausgaben des Bundes für die Gesundheit der Steuerzahler stehen.
Da aber in einer doch begüterten Bundesrepublik der Bürger sowieso die meisten Kosten seiner Gesundheitsversorgung als Kassenbeitragszahler trägt und Gesundheit auch, wie bekannt, mehr ist als das Freisein von Krankheit — da beziehe ich mich auf die WHO — , stellt sich die Frage, ob die Prävention und Sorge der Regierung um das Wohlergehen der Bürger finanziell so gestützt wird, wie es zu erwarten wäre.
Im Ministeriumbereich Gesundheit machen die einigungsbedingten Ausgaben für den östlichen Bereich 34 % aus. Das sind 468 Millionen DM von der veranschlagten Summe.
Die PDS/Linke Liste hat für genau diesen Ausgabenbereich einen Antrag zur Erweiterung des Bundeshaushaltsgesetzes bei Zuweisungen und Zuschüssen eingereicht, für den ich um Ihre Sympathie werbe. Wir beantragen darin, den Krankenkassen für 1991 die Kosten für die unentgeltliche Verabreichung von hormonalen Kontrazeptiva für Frauen in den neuen Bundesländern zu erstatten. Wir begründen dies damit, daß, obwohl Zuzahlungen für Arzneimittel für Bürger in den neuen Bundesländern erst ab 1. Juli 1991 zu leisten sind, Schwangerschaftsverhütungsmittel wie Bagatell-Arzneimittel jetzt von den Frauen selber voll getragen werden müssen, und das angesichts der hohen Arbeitslosigkeit von Frauen.
Bei etwa 2,7 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter in den neuen Bundesländern und rund 150 DM
Ausgaben für hormonale Kontrazeptiva im Jahr — wir waren noch einmal in vielen Apotheken — wären Mittel in Höhe von 405 Millionen DM bereitzustellen. Angesichts der Summen, die z. B. für den Golfkrieg bereitgestellt worden sind, ist auch das für mich eine Bagatelle. Man könnte dem also ruhig zustimmen.
Der genannte Betrag ist außerdem im Zusammenhang mit den 300 Millionen DM zur Erstattung der Krankenkassenaufwendungen zur Pflege erkrankter Kinder zu sehen. Nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages gelten ja gewisse Leistungen der DDR für eine Übergangszeit fort. Allerdings meinen einige jetzt wohl, der Einigungsvertrag sei gar nicht geschlossen worden.
Wir plädieren für eine massive Erhöhung des Haushaltes im Bereich Gesundheit, der vorrangig die Präventionsmaßnahmen betrifft. Zu Aids wurde genug gesagt. Im Zusammenhang mit den Verhütungsmitteln habe ich mich erst einmal ausschließlich auf Frauen bezogen; an anderer Stelle werden wir das gerne erweitern.
Außerdem sehen wir, daß angesichts der europäischen Einigung in diesem Bereich im Prinzip keine Konzeption vorliegt, die auf dieses Ziel hinausläuft; denn auf europäischer Ebene sind ganz andere Vorschläge gemacht worden. Wir weisen jetzt schon darauf hin, daß angesichts des Haushalts 1992 Änderungsanträge von uns vehementer kommen werden.
Ich bedanke mich.