Rede von
Dr.
Wolfgang
Weng
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich kenne, wie gesagt, die genauen Voraussetzungen nicht; ich kenne damit auch nicht vertragliche, rechtliche Voraussetzungen, die im Internen gegeben sind. Deswegen kann ich eine rechtliche Wertung hier nicht vornehmen. Die Frage, was der Kollege gegebenenfalls beanspruchen kann, ist ja keine politische Frage, sondern eine Rechtsfrage zwischen zwei Vertragspartnern. Nach meinem Dafürhalten wäre der Kollege gut beraten, auch dann auf eine solche Abfindung zu verzichten, wenn er einen Anspruch darauf hat.
Meine Damen und Herren, kein Abgeordneter, der glaubt, seine Einkünfte seien zu hoch, ist gehindert, einen entsprechenden Teil dieses Einkommens für gemeinnützige Zwecke auszugeben. Die pauschale Behauptung, den Abgeordneten gehe es zu gut, ist unbegründet. Sie sorgt für einen Ansehensverlust des Parlaments, und das Parlament ist ein wichtiger Eckpfeiler der Demokratie.
Im ganzen Bundesgebiet ist es nach der Wiedervereinigung Aufgabe der Parlamentarier, die Bevölkerung stärker an der Demokratie zu beteiligen. Das bedeutet insbesondere zweierlei: zum ersten, Notwendigkeit, Aufgabe und Wert der demokratischen Parteien müssen immer wieder in Erinnerung gerufen werden. Die Medien neigen ja zu einer außerordentlich kritischen Begleitung der Politik und der handelnden Personen. Dies droht manchmal die Qualität des parlamentarischen Systems zu verdecken. Eine freiheitliche Gesellschaft, in der der einzelne vielfältig gestaltend mitwirken kann, ist ein Angebot, aber auch eine Aufforderung an alle Bürger. Die demokratischen Parteien, die den Staat tragen, sind keine geschlossene Gesellschaft. Eine breitere Beteiligung der Bevölkerung an der Demokratie über die demokratischen Parteien ist ausdrücklich erwünscht.
Es sollen durchaus auch Elemente direkter Demokratie mehr Möglichkeiten finden. Hierüber wird ja diskutiert. Allerdings, die Gründe für die Zurückhaltung der Väter des Grundgesetzes vor zuviel direkter Volksbeteiligung bleiben weiter ernst zu nehmen.
Zum zweiten. Der Deutsche Bundestag kann und muß seine Position als Teil der getrennten Gewalten in der Demokratie verbessern. Eine Angelegenheit wie z. B. die Frage des künftigen Parlamentssitzes, aber auch die wichtigen Fragen der notwendigen Anderungen im Grundgesetz — Verfahren und Inhalte — sollten weder der Regierung noch der Verwaltung überlassen werden. Das Parlament hat nicht nur die wichtige gesetzgeberische Aufgabe, sondern es muß sie auch inhaltlich nutzen und ausfüllen.
Wenn Sie mir in diesem Zusammenhang eine Aufforderung erlauben: Das Präsidium des Deutschen Bundestages sollte stärker als seither und meiner Überzeugung nach im Sinne parlamentarischer Eigenständigkeit auch außerhalb der üblichen und gewohnten Mehrheits-Minderheits-Rollenspiele initiativ werden. Demokratie heißt Machtverteilung. Die einzelnen Gewalten müssen ihre Rolle eigenständig und selbstbewußt wahrnehmen. Dies gilt im jetzt vereinigten Deutschland für den Deutschen Bundestag mit seinen 662 Abgeordneten in besonderem Maße.
Auch wenn Frau Hamm-Brüchers interfraktionelle parlamentarische Initiative in dieser Wahlperiode nicht mehr aktiv ist, so muß doch der Aspekt des Selbstverständnisses des frei gewählten Parlaments die Arbeit des gesamtdeutschen Bundestags mit bestimmen.
Meine Damen und Herren, ob in Bonn oder Berlin, die FDP-Fraktion wünscht sich ein starkes und selbstbewußtes Parlament, engagierte, an der Sache orientierte und den Bürgern nahe Parlamentarier. Der erste Haushalt des gesamtdeutschen Bundestags schafft die Basis und die Voraussetzung für ein solches Parlament. Die FDP-Fraktion wird daran mitwirken. Sie stimmt dem Einzelplan 02 zu.
Vielen Dank.