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    Plenarprotokoll 12/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. März 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (Drucksachen 12/103, 12/204, 12/216, 12/255) b) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (Drucksachen 12/105, 12/205, 12/214, 12/254) Herbert Helmrich CDU/CSU 1001 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 1004 D Herbert Helmrich CDU/CSU 1007 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 1008 B Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 1010 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . . 1012A Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 1013D Hans-Joachim Hacker SPD 1014 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 1015 C Dr. Jürgen Schmude SPD 1015D Dr. Hans de With SPD 1017 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 1017D Otto Schily SPD 1018C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . 1020 B Dr. Gerhard Riege PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 32 GO) 1024 C Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache 12/199) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Entwicklung einer umfassenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Technik (Drucksache 12/198) Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 1025 B Gernot Erler SPD 1027 B Karl Lamers CDU/CSU 1030 C Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 1031 D Arno Schmidt (Dresden) FDP 1032 D Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 1034 B Peter Kittelmann CDU/CSU 1035 C Otto Schily SPD 1036D Nächste Sitzung 1037 C Berichtigung 1037 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1038* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 1038* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. März 1991 1001 16. Sitzung Bonn, den 15. März 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 15. Sitzung, Seite II, linke Spalte: Bei Tagesordnungspunkt 4 ist bei dem Namen „Hans-Joachim Fuchtel" statt „FDP" zu lesen: „CDU/CSU". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Adam-Schwaetzer, Irmgard FDP 15. 03. 91 Andres, Gerd SPD 15. 03. 91 Augustin, Anneliese CDU/CSU 15. 03. 91 Bartsch, Holger SPD 15. 03. 91 Berger, Johann Anton SPD 15. 03. 91 Brandt, Willy SPD 15. 03. 91 Dr. Brecht, Eberhard SPD 15. 03. 91 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91* Conradi, Peter SPD 15. 03. 91 Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 15. 03. 91 Duve, Freimut SPD 15. 03. 91 Eimer (Fürth), Norbert FDP 15. 03. 91 Eylmann, Horst CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 15. 03. 91 Ferner, Elke SPD 15. 03. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 15. 03. 91* Francke (Hamburg), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Fuchs (Köln), Anke SPD 15. 03. 91 Funke, Rainer FDP 15. 03. 91 Gansel, Norbert SPD 15. 03. 91 Gattermann, Hans H. FDP 15. 03. 91 Dr. Gautier, Fritz SPD 15. 03. 91 Dr. von Geldern, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Graf, Günter SPD 15. 03. 91 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Grünbeck, Josef FDP 15. 03. 91 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 15. 03. 91 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Haussmann, Helmut FDP 15. 03. 91 Dr. Hellwig, Renate CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Hennig, Ottfried CDU/CSU 15. 03. 91 Jeltsch, Karin CDU/CSU 15. 03. 91 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 15. 03. 91 Kastner, Susanne SPD 15. 03. 91 Kleinert (Hannover), Detlef FDP 15. 03. 91 Kolbe, Manfred CDU/CSU 15. 03. 91 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 15. 03. 91 Kossendey, Thomas CDU/CSU 15. 03. 91 Kraus, Rudolf CDU/CSU 15. 03. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 15. 03. 91 Dr. Küster, Uwe SPD 15. 03. 91 Lange, Brigitte SPD 15. 03. 91 Leidinger, Robert SPD 15. 03. 91 Lenzer, Christian CDU/CSU 15. 03. 91* Lintner, Eduard CDU/CSU 15. 03. 91 Marten, Günter CDU/CSU 15. 03. 91 Meckel, Markus SPD 15. 03. 91 Dr. Mertens (Bottrop), Franz-Josef SPD 15. 03. 91 Michels, Meinolf CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 15. 03. 91* Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Müller (Schweinfurt), Rudolf SPD 15. 03. 91 Müntefering, Franz SPD 15. 03. 91 Oostergetelo, Jan SPD 15. 03. 91 Otto (Erfurt), Norbert CDU/CSU 15. 03. 91 Paintner, Johann FDP 15. 03. 91 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 15. 03. 91 Poß, Joachim SPD 15. 03. 91 Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 15. 03. 91 Reschke, Otto SPD 15. 03. 91 Reuschenbach, Peter W. SPD 15. 03. 91 Roth, Wolfgang SPD 15. 03. 91 Rühe, Volker CDU/CSU 15. 03. 91 Schätzle, Ortrun CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Schaich-Walch, Gudrun SPD 15. 03. 91 Schenk, Christa Bündnis 90/ 15. 03. 91 GRÜNE Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schneider (Nürnberg), Oscar CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 15. 03. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 15. 03. 91* Dr. Thalheim, Gerald SPD 15. 03. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Vergin, Siegfried SPD 15. 03. 91 Voigt (Frankfurt), Karsten D. SPD 15. 03. 91 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 15. 03. 91 Vosen, Josef SPD 15. 03. 91 Graf von Waldburg-Zeil, Alois CDU/CSU 15. 03. 91 Weiß (Berlin), Konrad Bündnis 90/ GRÜNE 15. 03. 91 Werner (Ulm), Herbert CDU/CSU 15. 03. 91 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 15. 03. 91 Dr. Wieczorek (Auerbach), Bertram CDU/CSU 15. 03. 91 Wieczorek-Zeul, SPD 15.03.91 Heidemarie Wissmann, Matthias CDU/CSU 15. 03. 91 Zierer, Benno CDU/CSU 15. 03. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 12/152 Nr. 32, 38, 46 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/210 Nr. 177
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Arno Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Modrow, ganz zu Anfang ein Wort zu Ihnen: Auch ich komme aus Dresden. Es ist schon eigentümlich, wenn Sie den Planungswirrwarr Ihrer Zeit jetzt dem neuen Bundestag bzw. der Regierung anlasten.

    (Beifall bei der FDP — Dr. Rüttgers [CDU/ CSU]: Das ist eine bodenlose Unverschämtheit!)

    — Auch ich finde das recht unverschämt.
    Sie als sogenannter Reformer haben doch sehr lange Zeit gehabt, und Sie wissen doch auch, daß das über die ehemalige Bezirksleitung gelaufen ist.

    (Beifall bei der FDP — Dr. Keller [PDS/Linke Liste]: Was wissen denn Sie darüber?)

    Gerade als Abgeordneter aus den neuen Bundesländern finde ich es bewegend, wenn es heute darum geht, ein Vertragswerk zu diskutieren, das in seiner Gesamtkonzeption in der Tat ein neues Kapitel aufschlägt, denn die von der früheren DDR monoton beschworene sozialistische Bruderschaft zur Sowjetunion beruhte nicht auf freier Entscheidung. Sie redu-



    Arno Schmidt (Dresden)

    zierte sich durchweg auf eilfertige Lippenbekenntnisse und Bruderküsse.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie fußte auf dem Zwang der östlichen Blockbildung, dem Recht des Besatzers nicht des Verbündeten. Sie verlief — ich denke dabei besonders an die Wirtschaftsbeziehungen — nicht partnerschaftlich, sondern einseitig.
    Die deutsche Einigung, deren Zustandekommen der Sowjetunion so maßgeblich zu verdanken ist, hat die Lage völlig verändert und eine neue Qualität der bilateralen Beziehungen ermöglicht. Es liegt jetzt an unseren beiden Ländern, dem Geist der Verträge gerecht zu werden.
    Dazu gehört zuallererst die Aufgabe, das gegenseitige Vertrauen, das aus dem Vertragswerk spricht, fest zu verankern. Deutschsowjetische Partnerschaft
    — dieses Wort gebrauchen die Verträge ausdrücklich — darf in Zukunft nichts Ungewöhnliches mehr sein. Sie muß selbstverständlich werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Als Vertreter der neuen Länder möchte ich nachdrücklich darauf hinweisen, wie wichtig es ist, den Osten Deutschlands von Anfang an voll in die sowjetisch-deutsche Zusammenarbeit zu integrieren, in allen Bereichen, die die Verträge ansprechen.
    Unter dem Beginn vertrauensvoller partnerschaftlicher Zusammenarbeit verstehe ich im übrigen nicht den offenbar generalstabsmäßig vorbereiten Abtransport Erich Honeckers nach Moskau.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Soll damit der eigentlich Verantwortliche für den unsäglichen Schießbefehl dem Zugriff der Justiz entzogen werden?

    (Zuruf von der PDS/Linke Liste: Darüber war doch die Regierung vorher informiert! — Kittelmann [CDU/CSU]: Wieviel vorher, drei Minuten?)

    — Lassen Sie sich besser informieren! Da haben Sie heute bei den Vorträgen nicht zugehört.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das entspricht der Information, die die Herrschaften früher gewöhnt waren!)

    — So ist es.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der FDP: Es bestand doch ein Haftbefehl!)

    Vielleicht müssen Sie sich jetzt langsam auch an rechtsstaatliche Grundsätze gewöhnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich weiß nicht, ob Sie die Auswirkungen eines Haftbefehls auf solche Verträge kennen.

    (Zurufe von der PDS/Linke Liste — Gegenrufe von der CDU/CSU)

    Diese Entwicklung ist für mich und meine Partei, für uns alle, denke ich, unerträglich.
    Wie kann dennoch von unserer Seite aus das so wichtige Vertrauen zueinander gefestigt werden?
    Erstens. Wirtschaftliche Talfahrt, die wir für eine hoffentlich kurze Übergangszeit in den neuen Bundesländern erleben, trifft die Sowjetunion schon in der ersten Phase des Umbruchs von verkrusteter Planwirtschaft zu stärkerer Marktorientierung noch weitaus härter. Es fehlt die marktwirtschaftliche Rückendeckung, die soziale Abfederung, die — ich erlebe es Tag für Tag auch vor Ort in Dresden — selbst bei der ökonomischen Potenz des Westens der Bundesrepublik nur unter großen Opfern greift. Hinzu kommen die erheblichen, kaum abschätzbaren wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Truppenabzugs, mit denen die Sowjetunion konfrontiert wird.
    Der Kollaps des RGW und das Ende des Warschauer Paktes zwingen die UdSSR zu strategischem Umdenken auf allen Feldern der Politik. Deshalb muß der mühsame Wandlungsprozeß in der Sowjetunion nicht nur rhetorisch, sondern mit Rat und Tat unterstützt werden. Für ein dauerhaftes Wirksamwerden westlicher Hilfe sind mutige, einschneidende Reformschritte und die Öffnung gegenüber privatem Kapital unerläßlich. Der Anstoß hierzu kann aber nur durch aktive Hilfe erfolgen; Hilfsbereitschaft allein reicht hier nicht aus.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Bundesrepublik kann diese große Aufgabe nur gemeinsam mit den europäischen Partnern angehen. Die FDP wird sich dafür einsetzen, ein Paket gesamteuropäischer Solidarität zu schnüren, das dem Wandel des Ost-West-Verhältnisses entspricht. Nur so kann auch der verstärkt einsetzende, langfristig besorgniserregende Trend der Menschen zur Wanderung in den Westen abgebremst werden, der eine der zentralen Herausforderungen für die Zukunft darstellen wird.
    Zweitens. Deutschsowjetische Partnerschaft heißt auch, die Sicherheitsstrukturen sowohl auf europäischer wie auf internationaler Ebene neu zu überdenken. Der Bundesaußenminister hat hierzu sowohl vor zwei Tagen als auch heute wesentliche Hinweise gegeben. Neue Formen der Ost-West-Kooperation haben sich jüngst in der Golfkrise erstmals bewährt. Sie gilt es in allen Bereichen auszubauen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Chance wahrzunehmen, unter dem Dach von EG und KSZE Europa zusammenzuführen, heißt auch lernen, mit der gestiegenen Verantwortung Deutschlands in der Welt konstruktiv umzugehen. Die Perspektive einer Integration der Sowjetunion in die zukünftige Ordnung Europas ergibt sich unmittelbar aus diesen beiden Verträgen.
    Drittens. Deutsch-sowjetische Partnerschaft bedeutet schließlich auch, den inneren Problemen der Sowjetunion sensibel zu begegnen. Der Sprengsatz nationaler Autonomiebestrebungen ist gleichbedeutend mit der Existenzfrage für die Sowjetunion, sei es in Aserbaidschan, Georgien und Armenien oder auch im Baltikum, wo uns die Probleme mit Blick auf die historischen Bezüge natürlich ganz besonders bedrücken. Vor allem wir Deutschen wissen um die Legitimität des Selbstbestimmungsrechts und die Überlebenskraft des Selbstbestimmungswillens. Wir wissen um die außerordentliche Schwierigkeit des Abwägens



    Arno Schmidt (Dresden)

    zwischen der Entschlossenheit, dieses Recht endlich umzusetzen, und einer Politik der kleinen Schritte.
    Diesen vielfältigen Problemen zu begegnen bedarf einer ungeheuren Kraftanstrengung. Der Westen ist aufgerufen, durch wirtschaftliche Hilfe, durch Kredite die tragfähige Rekonstruktion der Sowjetunion im Sinne von Demokratie, Freiheit und Marktwirtschaft zu fördern. An der Destabilisierung der Sowjetunion kann niemandem gelegen sein.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und beim Bündnis 90/GRÜNE )

    Die Risiken negativer Rückwirkungen auf den mittel- und osteuropäischen Demokratisierungsprozeß insgesamt sind zu groß. Langfristig ist Hilfe für die Sowjetunion Ausdruck neuer Partnerschaft, ein entscheidender Beitrag zur gesamteuropäischen Integration, eine gewinnträchtige Investition in die Zukunft.
    Als einer derjenigen, die den friedlichen, demokratischen Wandel in Leipzig, Dresden und Berlin vor nicht einmal zwei Jahren vor Ort erlebt haben, möchte ich betonen, wie wichtig optimistische Visionen und Beharrlichkeit, Wille und Hoffnung sind. Ohne Visionen und Beharrlichkeit gäbe es kein vereintes Deutschland, gäbe es kein Ende der Nachkriegsära, gäbe es nicht diese wegweisenden Verträge, die ich für die Freie Demokratische Partei mit allem Nachdruck begrüße.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, trotz des letzten Mißklangs: Ergreifen wir die Hand, die uns zur Freundschaft ausgestreckt wird.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile das Wort der Abgeordneten Frau Vera Wollenberger, Bündnis 90/GRÜNE.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Vera Wollenberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Modrow, ich hätte von einer wirklich erneuerten PDS eine klare Distanzierung von der Handlungsweise Herrn Honeckers erwartet.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei der CDU/CSU und der FDP)

    Statt zu schweigen, sollte sich die PDS überlegen, wie sie den ehemaligen Oberherrn über ihr heutiges Vermögen wieder nach Deutschland zurückholt.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE, bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich finde, eine Parteierneuerung sollte nicht nur rhetorisch stattfinden, sondern auch entsprechende Taten folgen lassen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Aber damit hätten Sie sie doch zur Lüge gezwungen! — Dr. Graf Lambsdorff [FDP]: Wir warten noch auf die Ansichtskarte aus Moskau!)

    Die Abgeordneten vom Bündnis 90/GRÜNE unterstützen die Forderung von Herrn Außenminister Genscher nach Rückführung von Herrn Honecker nach Deutschland mit allem Nachdruck. Wir sehen in Honeckers Verbringung in die Sowjetunion einen unzulässigen Eingriff in ein schwebendes Verfahren, der durch keinerlei sophistische Erklärungen, wie der Herr Kollege Erler sie vorhin versucht hat,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU) zu rechtfertigen ist.


    (Erler [SPD]: Die Sophistik war eine Kunst! — Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Ja, war!)

    Wir werten diesen Eingriff als eine Bestätigung der um sich greifenden Methode, prominente Persönlichkeiten der Aufklärung ihrer Taten, sowie dem Recht und seinen Konsequenzen zu entziehen. Dies, meine Damen und Herren, dient nicht der Vergangenheitsbewältigung, die wir alle bitter nötig haben.
    Auf ein anderes Kapitel von Vergangenheitsbewältigung möchte ich im Zusammenhang mit den heute zu diskutierenden Gesetzentwürfen zu sprechen kommen. Eines der düstersten Kapitel der deutschsowjetischen Beziehungen ist, wie das Nachkriegsdeutschland mit der Entschädigung sowjetischer Opfer des Nationalsozialismus umgegangen ist. Um es vorwegzunehmen: Es hat diese Frage durchgängig tabuisiert.
    Wir wissen, daß dies ein Pendant in der Sowjetunion selbst hatte. Diese Geschichte wird in der Sowjetunion, etwa durch die Organisation „Memorial", zur Zeit aufgearbeitet. Wir aber müssen uns fragen, wie Deutschland nach mehr als 40 Jahren mit diesen Verfolgten umzugehen gedenkt.
    Jahrzehntelang hat man argumentiert — wenn man das überhaupt ein Argument nennen will —, an kommunistische Staaten wolle man keine Leistungen für NS-Opfer zahlen. Dies galt selbstredend nicht nur für die Sowjetunion, sondern etwa auch für Polen, Ungarn oder die CSSR.
    Mit elf westeuropäischen Staaten und mit Israel hat man hingegen Globalabkommen zugunsten von NS-Opfern geschlossen. Frankreich erhielt z. B. 1960 den Betrag von 400 Millionen DM. Wollte man dies auf heutige Verhältnisse umrechnen, wäre das sicherlich ein Milliardenbetrag.
    Die Mehrzahl der Opfer des Nationalsozialismus kam aber gerade aus den osteuropäischen Staaten. Und die größte Gruppe dieser Verfolgten stellten die Zwangsarbeiter dar. Darüber hat es seit langem die merkwürdigsten Verwirrspiele durch die Bundesregierung gegeben: Die ehemaligen Zwangsarbeiter seien gar keine NS-Opfer gewesen, hieß es; denn Zwangsarbeit sei allein eine sogenannte kriegsbedingte Maßnahme gewesen. Die Bundesregierung ist hier bei der Anhörung des Bundestages von ihrem eigenen Gutachter, dem Bundesrichter Zorn, belehrt worden, der den Einsatz von polnischen Zwangsarbeitern als NS-Verfolgungsmaßnahme eingestuft hat. Dies muß erst recht für sowjetische ehemalige Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen gelten, denn diese standen in der Hierarchie der Nazis als



    Vera Wollenberger
    quasi „Untermenschen" noch unterhalb der polnischen NS-Opfer.
    Dann hat man merkwürdigerweise behauptet, wegen des Londoner Schuldenabkommens könne man an polnische und sowjetische Zwangsarbeiter nichts zahlen, denn es handele sich um Reparationsforderungen. Nun ist bekannt, daß beide Länder bereits 1953 zwar auf Reparationen, nicht aber auf Entschädigung für Zwangsarbeiter und andere NS-Opfer verzichtet haben. Und die Gutachter der Bundesregierung haben in einer gemeinsamen Stellungnahme im März 1990 ausgeführt:
    Im Lichte dieses Verzichts wäre es rechtlich denkbar, daß die Bundesrepublik Deutschland gegenüber den verzichtenden Staaten auf freiwilliger Basis Leistungen erbrächte, die keinen Reparationscharakter hätten.
    Dies hatte man aber zu einem Zeitpunkt formuliert, als noch keine Vereinigung Deutschlands und kein Zwei-plus-Vier-Vertrag als Quasi-Friedensvertrag für den Zweiten Weltkrieg zur Debatte standen. An die Erfüllung dieser Bedingungen hatte die Bundesregierung aber immer geknüpft, wann Verhandlungen über die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter stattzufinden hätten. Nicht von ungefähr ist im letzten Dezember die französische Regierung in Bonn vorstellig geworden, um über die früher erhaltenen 400 Millionen DM hinaus jetzt für ihre Zwangsarbeiter Leistungen zu fordern.
    Wie man es auch dreht und wendet, nichts führt daran vorbei, daß die Bundesregierung der Sowjetunion ein Angebot für die Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter und der übrigen NS-Opfer, also etwa der KZ-Insassen, unterbreiten muß.

    (Beifall des Abg. Dr. Feige [Bündnis 90/ GRÜNE] Es ist gegenüber den genannten Opfern unwürdig und unlauter, jetzt nur besondere Härtefälle in eine eventuelle Regelung einzubeziehen. Alle Verfolgten haben einen Anspruch darauf, eine mindestens symbolische Entschädigung zu erhalten. Sofern man daran denkt, der Sowjetunion ein den Westabkommen vergleichbares Globalabkommen anzubieten, darf dieses materiell nicht so ausgestaltet sein, daß schon vorher feststeht, daß die meisten Opfer nichts erhalten werden. Zum Schluß frage ich mich: Wo werden die notwendigen Beträge in den Haushaltsplänen bereitgestellt? Ich habe die Befürchtung: Die Haushaltsdebatte wird abgeschlossen werden, und man wird diese Beiträge vergessen haben. Die Abgeordneten vom Bündnis 90/GRÜNE fordern deshalb mit allem Nachdruck, die notwendigen Mittel für die Entschädigung von Zwangsarbeitern und NS-Opfern im Haushalt zur Verfügung zu stellen. Ich danke Ihnen. (Beifall der Abg. Dr. Feige [Bündnis 90/ GRÜNE], Lambinus [SPD] und Jelpke [PDS/ Linke Liste])