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    Plenarprotokoll 12/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. März 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (Drucksachen 12/103, 12/204, 12/216, 12/255) b) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (Drucksachen 12/105, 12/205, 12/214, 12/254) Herbert Helmrich CDU/CSU 1001 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 1004 D Herbert Helmrich CDU/CSU 1007 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 1008 B Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 1010 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . . 1012A Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 1013D Hans-Joachim Hacker SPD 1014 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 1015 C Dr. Jürgen Schmude SPD 1015D Dr. Hans de With SPD 1017 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 1017D Otto Schily SPD 1018C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . 1020 B Dr. Gerhard Riege PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 32 GO) 1024 C Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache 12/199) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Entwicklung einer umfassenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Technik (Drucksache 12/198) Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 1025 B Gernot Erler SPD 1027 B Karl Lamers CDU/CSU 1030 C Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 1031 D Arno Schmidt (Dresden) FDP 1032 D Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 1034 B Peter Kittelmann CDU/CSU 1035 C Otto Schily SPD 1036D Nächste Sitzung 1037 C Berichtigung 1037 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1038* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 1038* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. März 1991 1001 16. Sitzung Bonn, den 15. März 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 15. Sitzung, Seite II, linke Spalte: Bei Tagesordnungspunkt 4 ist bei dem Namen „Hans-Joachim Fuchtel" statt „FDP" zu lesen: „CDU/CSU". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Adam-Schwaetzer, Irmgard FDP 15. 03. 91 Andres, Gerd SPD 15. 03. 91 Augustin, Anneliese CDU/CSU 15. 03. 91 Bartsch, Holger SPD 15. 03. 91 Berger, Johann Anton SPD 15. 03. 91 Brandt, Willy SPD 15. 03. 91 Dr. Brecht, Eberhard SPD 15. 03. 91 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91* Conradi, Peter SPD 15. 03. 91 Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 15. 03. 91 Duve, Freimut SPD 15. 03. 91 Eimer (Fürth), Norbert FDP 15. 03. 91 Eylmann, Horst CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 15. 03. 91 Ferner, Elke SPD 15. 03. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 15. 03. 91* Francke (Hamburg), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Fuchs (Köln), Anke SPD 15. 03. 91 Funke, Rainer FDP 15. 03. 91 Gansel, Norbert SPD 15. 03. 91 Gattermann, Hans H. FDP 15. 03. 91 Dr. Gautier, Fritz SPD 15. 03. 91 Dr. von Geldern, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Graf, Günter SPD 15. 03. 91 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Grünbeck, Josef FDP 15. 03. 91 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 15. 03. 91 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Haussmann, Helmut FDP 15. 03. 91 Dr. Hellwig, Renate CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Hennig, Ottfried CDU/CSU 15. 03. 91 Jeltsch, Karin CDU/CSU 15. 03. 91 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 15. 03. 91 Kastner, Susanne SPD 15. 03. 91 Kleinert (Hannover), Detlef FDP 15. 03. 91 Kolbe, Manfred CDU/CSU 15. 03. 91 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 15. 03. 91 Kossendey, Thomas CDU/CSU 15. 03. 91 Kraus, Rudolf CDU/CSU 15. 03. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 15. 03. 91 Dr. Küster, Uwe SPD 15. 03. 91 Lange, Brigitte SPD 15. 03. 91 Leidinger, Robert SPD 15. 03. 91 Lenzer, Christian CDU/CSU 15. 03. 91* Lintner, Eduard CDU/CSU 15. 03. 91 Marten, Günter CDU/CSU 15. 03. 91 Meckel, Markus SPD 15. 03. 91 Dr. Mertens (Bottrop), Franz-Josef SPD 15. 03. 91 Michels, Meinolf CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 15. 03. 91* Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Müller (Schweinfurt), Rudolf SPD 15. 03. 91 Müntefering, Franz SPD 15. 03. 91 Oostergetelo, Jan SPD 15. 03. 91 Otto (Erfurt), Norbert CDU/CSU 15. 03. 91 Paintner, Johann FDP 15. 03. 91 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 15. 03. 91 Poß, Joachim SPD 15. 03. 91 Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 15. 03. 91 Reschke, Otto SPD 15. 03. 91 Reuschenbach, Peter W. SPD 15. 03. 91 Roth, Wolfgang SPD 15. 03. 91 Rühe, Volker CDU/CSU 15. 03. 91 Schätzle, Ortrun CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Schaich-Walch, Gudrun SPD 15. 03. 91 Schenk, Christa Bündnis 90/ 15. 03. 91 GRÜNE Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schneider (Nürnberg), Oscar CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 15. 03. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 15. 03. 91* Dr. Thalheim, Gerald SPD 15. 03. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Vergin, Siegfried SPD 15. 03. 91 Voigt (Frankfurt), Karsten D. SPD 15. 03. 91 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 15. 03. 91 Vosen, Josef SPD 15. 03. 91 Graf von Waldburg-Zeil, Alois CDU/CSU 15. 03. 91 Weiß (Berlin), Konrad Bündnis 90/ GRÜNE 15. 03. 91 Werner (Ulm), Herbert CDU/CSU 15. 03. 91 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 15. 03. 91 Dr. Wieczorek (Auerbach), Bertram CDU/CSU 15. 03. 91 Wieczorek-Zeul, SPD 15.03.91 Heidemarie Wissmann, Matthias CDU/CSU 15. 03. 91 Zierer, Benno CDU/CSU 15. 03. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 12/152 Nr. 32, 38, 46 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/210 Nr. 177
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    Rede von Otto Schily


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Ich bedanke mich herzlich dafür, daß Sie mich promovieren wollen, aber Sie verwechseln mich ein weiteres Mal mit meinem Bruder. Es ist Konrad Schily, der promoviert ist. Ich möchte mir nicht den Vorwurf unbefugter Titelführung zuziehen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Ehrenhalber! — Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    — Danke schön.
    Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! „Die wahre Ursache der schlechten Zeiten", so nannte sich eine kleine Schrift, die vor nahezu 100 Jahren erschienen ist. Der Verfasser, ein gewisser Carl Marfels, behauptete darin, die Wurzel allen Übels sei das private Eigentum an Grund und Boden.
    Solche Simplifizierungen verursachen heute sicherlich bei manchen Frösteln und sind deshalb für unsere heutige Debatte nicht hilfreich. Aber gewiß ist eine wahre Ursache der schlechten Zeiten in den fünf neuen Bundesländern die ungeklärte Eigentumsfrage, insbesondere bei Unternehmen und Grundstücken.

    (Dr. de With [SPD]: Herr Möllemann hört gar nicht zu! — Gegenruf des Abg. Dr. Blens [CDU/CSU]: Der hat die Schrift von Marfels schon früher gelesen!)

    — Das macht auch nicht so furchtbar viel.

    (Bundesminister Möllemann: Das hätte der Konrad nicht gesagt!)

    Die SPD hat von Anfang an konsequent die Auffassung vertreten, daß nur bei Befolgung des Grundsatzes Entschädigung vor Rückgabe die notwendige Rechtsklarheit und damit die Voraussetzungen für die Aktivierung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in den neuen Bundesländern geschaffen werden können.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Bundesregierung hat sich gegen diese Einsicht bedauerlicherweise gesperrt. Aus einer starren Eigentumsideologie hat sie sich auf den Grundsatz Rückgabe vor Entschädigung versteift. Sie meinte, Art. 14 des Grundgesetzes ergebe keinen anderen Handlungsrahmen. Allerdings blieb die Bundesregierung in dieser scheinbar strikten Haltung insofern inkonsistent, und das Bundesverfassungsgericht wird darüber demnächst zu entscheiden haben, als sie die Enteignungen während der Geltung des Besatzungsrechts ausklammerte.



    Otto Schily
    Das persönliche, private Eigentum ist eine wesentliche Grundlage für unsere Demokratie. Darüber besteht Übereinstimmung. Freiheit entsteht auf der Basis von Eigentum. Darin hatte Hegel recht.
    Nach richtigem Verständnis der Verfassung wird aber die Eigentumsgarantie in Art. 14 des Grundgesetzes durch die Sozialbindung gewissermaßen temperiert; d. h., daß die Ausübung des Eigentumsrechtes jeweils eine andere Färbung erhält, je nachdem wie die sozialen Verhältnisse einer Vielzahl von Menschen, z. B. deren Arbeits- und Wohnverhältnisse, davon betroffen sind.
    Leider — ich betone das an dieser Stelle sehr bewußt — haben wir keinen differenzierten Eigentumsbegriff entwickelt, der zu unterscheiden vermag, daß das Eigentum als unmittelbare Sachherrschaft einen anderen Charakter hat als Eigentum an Grund und Boden sowie Produktionsmitteln,

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    bei dem die Sachherrschaft zugleich Entscheidungsbefugnis über die Lebensverhältnisse von Menschen ist.

    (Dr. Blens [CDU/CSU]: Wollen Sie den Art. 15 wieder ins Spiel bringen?)

    Carlo Schmid, der in seinem Denken noch sehr viel beweglicher war als manche junge Helden dieser Tage, hat das im Parlamentarischen Rat vergeblich durchzusetzen versucht.
    Niemand bezweifelt, daß es die Gerechtigkeit erfordert, erlittenes Unrecht wiedergutzumachen. Das gilt jedenfalls sicherlich für die Mehrzahl der Menschen, die in der ehemaligen DDR enteignet worden sind, wenn auch die Legitimität nicht weniger Rückgabeansprüche durchaus auch in Frage gestellt werden kann; so z. B. Rückerstattungsansprüche der Flick-Familie, die immerhin denkbar sein könnten.

    (Dr. Heuer [PDS/Linke Liste]: Großgrundbesitzer!)

    Es ist aber ebenso ein Gebot der Gerechtigkeit, daß durch Rückgabeansprüche und entsprechende Verfahren die Menschen nicht in ihren Lebensverhältnissen in Bedrängnis gebracht werden, Arbeitsplätze zu Tausenden verlorengehen und Unternehmen in den wirtschaftlichen Ruin getrieben werden.
    Inzwischen befällt die Bundesregierung selbst die Sorge, daß sie sich in die Sackgasse manövriert hat. Die stetigen Mahnungen der SPD, die breite Zustimmung bei den Sachverständigen während der Anhörung des Rechtsausschusses haben die Bundesregierung immerhin veranlaßt, mit den jetzt vorgelegten, leider sehr hastig konzipierten Reparaturgesetzen den Grundsatz Rückgabe vor Entschädigung erheblich abzumildern. Sie bleibt jedoch nach wie vor Gefangener ihrer ideologischen Vorurteile und bringt die Entschlußkraft nicht auf, dem Rat der Sachverständigen zu folgen und den Grundsatz Rückgabe vor Entschädigung umzukehren.
    Stattdessen wird nun ein äußerst unübersichtliches und kompliziertes Paragraphenwerk vorgelegt, mit dem versucht wird, einige Sperren und Investitionshemmnisse beiseite zu räumen. Ich fürchte, damit ist
    wenig oder nichts gewonnen. Die im Aufbau befindlichen Verwaltungen werden mit der Auslegung der schwierigen Vorschriften überfordert,

    (Dr. Vogel [SPD]: Sehr wahr!)

    die Verwaltungsverfahren werden sich hinziehen, die Rechtsstreitigkeiten ausufern, die Rechtsunsicherheit wachsen. Sie geben Steine statt Brot.

    (Beifall bei der SPD)

    Sicherlich, Sie werden noch einige Ausführungen, einen Packen von Ausführungsverordnungen und Dienstanweisungen, nachliefern. Auch Formulare sollen auf Anregung des Bundesrates zur Verfügung gestellt werden. Ebenfalls wird eine Gebrauchsanweisung für bestimmte Begriffe, die im Gesetz vorzufinden sind, in Aussicht gestellt. Das wird ein herrliches Tummelfeld für Rechtsakrobaten.
    Allein die Kasuistik in § 3 a des Vermögensgesetzes, die es dem Verfügungsberechtigten ermöglichen soll, sich im Do-it-yourself-Verfahren bestimmter Veräußerungsverbote zu entledigen, wird zu umfänglichen und mühsamen Prüfverfahren führen, die das bereits vorhandene Tohuwabohu noch beträchtlich vergrößern werden. Der Abschreckungseffekt für potentielle Investoren läßt sich vorstellen.
    Machen Sie doch einmal einen Test: Legen Sie dem gutwilligen Investoren, dem scheuen, unbekannten, zartbesaiteten Wesen, den Text des novellierten Vermögensgesetzes vor, und fragen Sie ihn, wie er sich entscheiden wird. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß er nach Lektüre der ersten fünf Paragraphen laut schreiend die Flucht ergreift.
    Machiavelli war im Zweifel darüber, welche Menschen in einem Staate schädlicher sind: die, welche etwas erwerben wollen, was sie nicht haben, oder die, welche erworbene Vorrechte zu erhalten streben.
    Wir sollten uns darauf verständigen, daß die Menschen das Verfügungsrecht über Unternehmen und Grund und Boden erhalten, die damit etwas beginnen wollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist höchste Zeit, daß klare und durchschaubare Rechtsverhältnisse geschaffen werden, wenn Resignation und Hoffnungslosigkeit in den neuen Bundesländern nicht weiter um sich greifen sollen. Klare Rechtsverhältnisse sind nicht zuletzt die unabdingbare Voraussetzung dafür, daß die Bauwirtschaft endlich mit ihrer Arbeit beginnen kann.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut! Das machen wir!)

    Wenn es gelingt, die Bauwirtschaft in Gang zu bringen, wird sie den Motor für die gesamte Wirtschaftskonjunktur in den fünf neuen Bundesländern bilden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn wir uns von Denkverboten befreien, werden wir hoffentlich entdecken, daß der überkommene starre Eigentumsbegriff eine Schablone ist, die für die Lebenswirklichkeit nicht taugt. Das Festhalten an dieser Begriffsschablone führt nicht zur Durchsetzung des Rechts, sondern zur Herrschaft der Bürokratie.



    Otto Schily
    Dagegen ermöglicht ein neues Rechtsverständnis, daß zwischen persönlichem privatem Eigentum und treuhänderischem, gesellschaftlich verantwortlichem Eigentum zu unterscheiden weiß, die Entwicklung der Marktwirtschaft. Das gilt auch für die neuen Bundesländer.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


    (Vor s i t z : Vizepräsident Helmuth Becker)

    Damit Sie keinen Irrtümern anheimfallen: Mit dem sogenannten Volkseigentum, das organisierte Verantwortungslosigkeit darstellt, haben wir miserable Erfahrungen gemacht. Darum kann es nicht gehen.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Ich muß zugeben: Aus meiner beruflichen Perspektive schulde ich der Regierung Dank. Die Novellierung des Vermögensgesetzes ist ein großes Beschäftigungsprogramm für Anwälte und Rechtsgelehrte, das wahrscheinlich für 50 Jahre reichen wird. Eine Beseitigung der Investitionshemmnisse aber ist es nicht. Geben Sie Ihren Starrsinn auf, und machen Sie durch Umkehr des Grundsatzes Rückgabe vor Entschädigung den Weg für Investitionen frei! Sonst wird sich der Eindruck verdichten, daß das größte Investitionshemmnis für die neuen Bundesländer die amtierende Bundesregierung selber ist.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE — Zustimmung der Abg. Dr. Enkelmann [PDS/Linke Liste])

    Dann hilft nur noch eines, was aus anderen Gründen längst überfällig und für uns alle eine Wohltat wäre: Geben Sie den am 2. Dezember erschwindelten Regierungsauftrag zurück!

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat nunmehr der Bundesminister der Justiz, Herr Dr. Kinkel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 21. Februar habe ich bei der ersten Lesung des Gesetzes gesagt, daß neben dem Aufbau des Rechtsstaats die Investitionen das zentrale Problem in den neuen Bundesländern sind. Wir müßten alles nur Menschenmögliche tun, um zu diesen Investitionen zu kommen. Heute, nur drei Wochen später, sind wir mit dem vorliegenden Gesetz diesem Ziel ein, wie ich meine, doch erhebliches Stück nähergekommen. Wir räumen nicht nur einige Hindernisse beiseite, die sich in der Praxis gezeigt haben, sondern führen durchaus auch neue Lösungen ein und haben damit ein beachtenswertes Stück Arbeit geleistet.
    Ich betone dabei ganz besonders, daß die Materie, um die es geht — sie ist von der Sache her und rechtlich unendlich schwierig und verwickelt — , die Gesetze, die wir heute novellieren sollen, Teil des Einigungsvertrages sind. Wir hatten für sie kein Vorbild, konnten nicht auf Erfahrungen zurückgreifen.
    Ich habe bei der Vorlage des Artikelgesetzes gesagt, daß besseren Lösungen im Laufe der Beratungen
    nichts im Wege steht. Verbesserungen haben wir gemeinsam erarbeitet. Dafür danke ich allen Beteiligten. Die Zeit war kurz, sehr kurz. Drei Wochen sind für ein so schwieriges Gesetz wirklich wenig.

    (Zuruf von der SPD: Das merkt man!)

    Eine Fülle von Detailproblemen und konzeptionellen Überlegungen ist auf alle Beteiligten im wahrsten Sinne des Wortes eingestürzt. Alles mußte bewertet und bedacht werden. Im Interesse der Praxis, im Interesse der Investitionen mußten wir versuchen, unser Konzept stimmig zu halten. Ich meine, daß es uns gelungen ist.

    (Beifall bei der FDP)

    Ich danke der SPD, daß sie hier im Plenum und auch im Rechtsausschuß konstruktiv mitgewirkt hat. Ich bedaure sehr, daß Sie beim Vermögensgesetz nicht zustimmen können. Damit werden wir leben müssen. Es wäre aber meines Erachtens falsch, diesen Bereich abzukoppeln. Es muß jetzt insgesamt schnell geholfen werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich danke aber vor allem dem Rechtsausschuß. Angesichts seiner vielen Sondersitzungen gibt es dafür wirklich Grund. In einem einmaligen Kraftakt hat er den Entwurf durchberaten. Ich weiß, daß es manche Zumutung gegeben hat. Ich bitte nochmals — wie im Rechtsausschuß schon geschehen — um Verständnis.
    Stellvertretend für alle seine Mitglieder möchte ich Herrn Helmrich als Berichterstatter der CDU/CSU

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    und Frau Däubler-Gmelin

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    sehr herzlich danken. Auch Herrn Stiegler als amtierendem Vorsitzenden des Rechtsausschusses gebührt Dank.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Aber wir haben nicht nur im Parlament Unterstützung erfahren. Die größte Last bei der Rückgabe, Privatisierung und Investitionsförderung trägt die Treuhand. Sie wird viel zu oft und, wie ich meine, sehr oft zu Unrecht gescholten. Das Artikelgesetz wäre sinnlos, wenn es an den Bedürfnissen der Treuhand vorbeiginge. Auf die Erörterung mit der Treuhand haben wir deshalb im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens besonderen Wert gelegt.
    Ich danke aber auch allen, die in der öffentlichen Diskussion an dieser schwierigen Materie mitgewirkt und mitdiskutiert haben, auch denjenigen, die im Hearing beteiligt waren, auch wenn sie nicht die Auffassung des Bundesjustizministers oder der Koalition vertreten haben.
    Meine Damen und Herren, auf Einzelfragen des Vorhabens sind meine Vorredner bereits eingegangen. Mir ist besonders wichtig, daß wir mit diesem Gesetz den Zielkonflikt zwischen Rückgabeverpflichtung und Investitionsförderung — so gut es



    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    geht — zu lösen versucht haben. Den Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung" haben wir aus guten Gründen aufrechterhalten. Die Entscheidung für dieses Prinzip war eine Frage der Moral — ich sage das nochmals —, eine Frage der Rechtsstaatlichkeit und auch eine Sache der wirtschaftlichen Vernunft.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn wir dem gefolgt wären, liebe Frau Däubler-Gmelin, was Sie vorgeschlagen haben — und ich habe für einen solchen Vorschlag durchaus Verständnis —, hätten wir, jedenfalls nach meiner Meinung, das Gegenteil von dem erreicht, was wir wollen und dringend brauchen, nämlich schnelle Investitionen. Wir hätten Unsicherheit und weitere Verzögerungen erzeugt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Auch Ihnen, lieber Herr Schily — ich möchte ausdrücklich betonen, daß ich Ihre Rechtskenntnisse und Sie schätze —, will ich entgegenhalten: In diesem Fall gilt wirklich, Kritik ist oft einfacher als Bessermachen. Die Materie, um die es hier geht, ist nun einmal auch gesetzestechnisch — das werden Sie sicher einräumen — schwierig zu handhaben und in den Griff zu bekommen.