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ID1201600400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. März 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (Drucksachen 12/103, 12/204, 12/216, 12/255) b) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (Drucksachen 12/105, 12/205, 12/214, 12/254) Herbert Helmrich CDU/CSU 1001 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 1004 D Herbert Helmrich CDU/CSU 1007 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 1008 B Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 1010 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . . 1012A Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 1013D Hans-Joachim Hacker SPD 1014 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 1015 C Dr. Jürgen Schmude SPD 1015D Dr. Hans de With SPD 1017 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 1017D Otto Schily SPD 1018C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . 1020 B Dr. Gerhard Riege PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 32 GO) 1024 C Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache 12/199) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Entwicklung einer umfassenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Technik (Drucksache 12/198) Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 1025 B Gernot Erler SPD 1027 B Karl Lamers CDU/CSU 1030 C Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 1031 D Arno Schmidt (Dresden) FDP 1032 D Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 1034 B Peter Kittelmann CDU/CSU 1035 C Otto Schily SPD 1036D Nächste Sitzung 1037 C Berichtigung 1037 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1038* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 1038* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. März 1991 1001 16. Sitzung Bonn, den 15. März 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 15. Sitzung, Seite II, linke Spalte: Bei Tagesordnungspunkt 4 ist bei dem Namen „Hans-Joachim Fuchtel" statt „FDP" zu lesen: „CDU/CSU". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Adam-Schwaetzer, Irmgard FDP 15. 03. 91 Andres, Gerd SPD 15. 03. 91 Augustin, Anneliese CDU/CSU 15. 03. 91 Bartsch, Holger SPD 15. 03. 91 Berger, Johann Anton SPD 15. 03. 91 Brandt, Willy SPD 15. 03. 91 Dr. Brecht, Eberhard SPD 15. 03. 91 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91* Conradi, Peter SPD 15. 03. 91 Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 15. 03. 91 Duve, Freimut SPD 15. 03. 91 Eimer (Fürth), Norbert FDP 15. 03. 91 Eylmann, Horst CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 15. 03. 91 Ferner, Elke SPD 15. 03. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 15. 03. 91* Francke (Hamburg), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Fuchs (Köln), Anke SPD 15. 03. 91 Funke, Rainer FDP 15. 03. 91 Gansel, Norbert SPD 15. 03. 91 Gattermann, Hans H. FDP 15. 03. 91 Dr. Gautier, Fritz SPD 15. 03. 91 Dr. von Geldern, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Graf, Günter SPD 15. 03. 91 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Grünbeck, Josef FDP 15. 03. 91 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 15. 03. 91 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Haussmann, Helmut FDP 15. 03. 91 Dr. Hellwig, Renate CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Hennig, Ottfried CDU/CSU 15. 03. 91 Jeltsch, Karin CDU/CSU 15. 03. 91 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 15. 03. 91 Kastner, Susanne SPD 15. 03. 91 Kleinert (Hannover), Detlef FDP 15. 03. 91 Kolbe, Manfred CDU/CSU 15. 03. 91 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 15. 03. 91 Kossendey, Thomas CDU/CSU 15. 03. 91 Kraus, Rudolf CDU/CSU 15. 03. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 15. 03. 91 Dr. Küster, Uwe SPD 15. 03. 91 Lange, Brigitte SPD 15. 03. 91 Leidinger, Robert SPD 15. 03. 91 Lenzer, Christian CDU/CSU 15. 03. 91* Lintner, Eduard CDU/CSU 15. 03. 91 Marten, Günter CDU/CSU 15. 03. 91 Meckel, Markus SPD 15. 03. 91 Dr. Mertens (Bottrop), Franz-Josef SPD 15. 03. 91 Michels, Meinolf CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 15. 03. 91* Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Müller (Schweinfurt), Rudolf SPD 15. 03. 91 Müntefering, Franz SPD 15. 03. 91 Oostergetelo, Jan SPD 15. 03. 91 Otto (Erfurt), Norbert CDU/CSU 15. 03. 91 Paintner, Johann FDP 15. 03. 91 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 15. 03. 91 Poß, Joachim SPD 15. 03. 91 Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 15. 03. 91 Reschke, Otto SPD 15. 03. 91 Reuschenbach, Peter W. SPD 15. 03. 91 Roth, Wolfgang SPD 15. 03. 91 Rühe, Volker CDU/CSU 15. 03. 91 Schätzle, Ortrun CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Schaich-Walch, Gudrun SPD 15. 03. 91 Schenk, Christa Bündnis 90/ 15. 03. 91 GRÜNE Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schneider (Nürnberg), Oscar CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 15. 03. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 15. 03. 91* Dr. Thalheim, Gerald SPD 15. 03. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Vergin, Siegfried SPD 15. 03. 91 Voigt (Frankfurt), Karsten D. SPD 15. 03. 91 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 15. 03. 91 Vosen, Josef SPD 15. 03. 91 Graf von Waldburg-Zeil, Alois CDU/CSU 15. 03. 91 Weiß (Berlin), Konrad Bündnis 90/ GRÜNE 15. 03. 91 Werner (Ulm), Herbert CDU/CSU 15. 03. 91 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 15. 03. 91 Dr. Wieczorek (Auerbach), Bertram CDU/CSU 15. 03. 91 Wieczorek-Zeul, SPD 15.03.91 Heidemarie Wissmann, Matthias CDU/CSU 15. 03. 91 Zierer, Benno CDU/CSU 15. 03. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 12/152 Nr. 32, 38, 46 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/210 Nr. 177
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beraten und entscheiden heute über die Reparaturgesetze, die die offenen Vermögensfragen klären sollen. Es ist etwas Ungewöhnliches passiert: Die erste Lesung zu diesen Repa-



    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    raturgesetzen war erst vor drei Wochen. Die Zeitspanne bis zur zweiten und dritten Beratung ist ungewöhnlich kurz.
    Trotz dieser kurzen Zeit — darauf hat mein Vorredner schon hingewiesen — sind die Gesetze erheblich verändert worden. Sie sind — gar kein Zweifel — auch in einigen Teilen verbessert worden. Aber insgesamt — das müssen wir feststellen — sind die Grundsatzkorrekturen, die notwendig gewesen wären, nicht erfolgt.
    Sie, meine Damen und Herren, haben in zentralen Punkten die Korrekturen nicht mutig genug angesetzt, um sagen zu können: Jetzt haben wir wirklich den entscheidenden Schritt getan. Jetzt kann es mit dem wirtschaftlichen Wiederaufbau und mit den Investitionen in den neuen Ländern vorangehen. — Aber genau das wäre die Aufgabe gewesen, sicherlich nicht n u r mit diesen Reparaturgesetzen, aber auch mit ihnen. Es kann heute niemand mehr bezweifeln, daß die Investitionsblockade und die Lähmung des wirtschaftlichen Wiederaufbauprozesses zum großen Teil auf die bestehende Unsicherheit im Zusammenhang mit der Eigentumsfrage zurückzuführen ist.
    Diese Unsicherheit — das wissen Sie ganz genau — ist groß. Sie wird täglich größer. Sie ist eine Folge des im Einigungsvertrag und in den im Zusammenhang damit verabschiedeten Gesetzen beschrittenen Weges, das Enteignungsunrecht aus 40 Jahren Herrschaft von SED und Blockparteien in der DDR durch Rückgabe wiedergutzumachen und nicht den Weg zu gehen, den wir haben wollten, nämlich den Weg der flexiblen Entschädigungslösung. Wer investiert schon, wer kauft ein Unternehmen, wenn er nicht weiß, wem das letztlich zugute kommen wird?
    Ich habe schon vor drei Wochen auf die bekannten Tatsachen hingewiesen und will deshalb nur noch einige wiederholen. Es gibt mittlerweile mehr als eine Million Privatpersonen, ehemalige Eigentümer, aus den westlichen und aus den östlichen Ländern der Bundesrepublik, die ihre Anträge auf Rückgabe von Grund und Boden und anderen Vermögenswerten eingereicht haben. Dazu kommen noch mehr als 9 000 Anträge auf Rückgabe von Unternehmen. Es sollen etwa 12 000 Unternehmen sein, um die es geht, meist die Enteignungsfälle aus dem Jahre 1972. Schließlich haben über 16 000 Gemeinden den mehr als verständlichen Wunsch, letztendlich wieder über ihre eigenen Grundstücke verfügen zu dürfen.
    Ich darf das noch einmal wiederholen: über eine Million Anträge von Privatpersonen, die sich auf 1,5 Millionen Grundstücke beziehen, 16 000 Anträge von Gemeinden auf Rückgabe von über 1,6 Millionen Grundstücken und etwa 9 000 Anträge auf Rückgabe von etwa 12 000 Unternehmen.
    Diese Anträge müssen jetzt alle entschieden und bearbeitet werden, und zwar in den neuen Ländern durch die neuen Verwaltungen in den Kreisen und in den Gemeinden. Das ist die Aufgabe. Das ist schwer genug, auch dann, wenn es einfache Fälle sind, weil eben die Grundbücher nicht vorhanden oder nicht in Ordnung sind, weil z. B. Grundstücke, die zusammengelegt worden waren, neu vermessen werden müssen und das Fachpersonal dafür fehlt.
    Meine Damen und Herren, wenn Grundstücke gebraucht werden, um zu investieren bzw. um Investoren anzulocken, dann ist das alles eine Sisyphus-Arbeit, die nicht funktionieren kann, obwohl doch — das wissen wir alle, Herr Justizminister — der — ausnahmsweise — Vorrang von Investitionen vor Rückgabe auch nach den bestehenden Gesetzen möglich war.
    Wir haben — ich habe das betont — beim Einigungsvertrag einen anderen Weg vorgeschlagen. Wir wollten das Enteignungsunrecht im Regelfall durch Entschädigung wiedergutmachen und Rückgabe nur da, und zwar nachrangig, anordnen, wo überragende Güter des Gemeinwohls dem nicht entgegenstehen.
    Wir meinen auch, daß dieser Weg flexibler und verfassungsrechtlich zulässig gewesen wäre. Sie müssen dabei auch bedenken, daß die Menschen, die zu Unrecht im Gefängnis gesessen haben, deren Berufsleben zerstört wurde, die bespitzelt wurden, die andere Schäden zu dulden hatten und anderen Unrechtsmaßnahmen ausgesetzt waren, verständlicherweise ausschließlich auf den Weg der Entschädigung verwiesen werden.
    Übrigens, Herr Bundesjustizminister, lassen Sie mich hier wiederholen, was ich schon mehrfach gesagt habe: Wir bestehen darauf, daß sich der Bundestag bald gerade mit diesen Fragen beschäftigt. Der Deutsche Bundestag darf nicht den Eindruck erwekken, als seien uns Vermögensfragen wichtiger als Schäden an Freiheit, Gesundheit oder Leben.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Nochmals zu dem Grundsatz: Wir streiten keineswegs allein des Prinzips wegen um den richtigen Weg, sondern wir streiten deshalb darum, weil wir sagen: Wir müssen weiterkommen. Auch — das will ich Ihnen noch einmal ganz praktisch vor Augen führen — bei den ganz einfach gelagerten Fällen, die keinen großen Verwaltungsaufwand erfordern, überfordert die große Zahl der Anträge die neuen Verwaltungen, ja, legt sie vollständig lahm. Wenn Grundstücke zu Investitionszwecken benötigt werden und man dann mit dem Ausnahmeprinzip vorgeht, dann wird es doch zwangsläufig doppelt verwaltungsaufwendig. Da müssen die neuen Eigentümer mit ihren Rechten und Interessen berücksichtigt werden; übrigens auch mit ihren Vorstellungen. Die jetzigen Verfügungsberechtigten oder auch die Gemeinden und auch die Investoren, die ja schließlich die Wirtschaft ankurbeln sollen, kommen dazu.
    Alle diese Beteiligten, meine Damen und Herren, müssen mindestens einmal angehört werden. Mit denen muß verhandelt werden, bevor die Entscheidung fällt. Häufig wird es eben nicht zu einer gütlichen Einigung kommen. Dann werden auch noch Gerichte eingeschaltet werden müssen. Das dauert seine Zeit. Das vertieft die Unsicherheiten, und das führt zu weiterer Unruhe und verlängert auch die desolate Lage und die Investitionsblockade.
    Herr Helmrich hat darauf hingewiesen, daß auch er in Städten und Gemeinden der neuen Bundesländer ist. Wir sind auch dort. Nur, Herr Helmrich, dann müs-



    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    sen wir doch gemeinsam zur Kenntnis nehmen, daß die Menschen zunehmend verbittert werden. Sie müssen sehen: Jetzt kommt wirksame Hilfe. Jetzt muß etwas geschehen. Jetzt darf nicht nur Papier beschrieben werden, sondern jetzt müssen Reparaturen her, die die Investitionsblockade wirklich überwinden. Deswegen, lassen Sie mich das betonen, ist dies das entscheidende Kriterium dafür, ob man den Reparaturgesetzen oder einzelnen von ihnen wirklich zustimmen kann.
    Ich hatte in der ersten Beratung Zweifel daran geäußert, ob sie dies bewirken könnten; übrigens auch, ob sie durchführbar wären. Ich äußerte diese Zweifel, weil die Entwürfe schon damals außerordentlich kompliziert und schwer lesbar waren. Sie wimmelten von unbestimmten Rechtsbegriffen, Ermessensentscheidungen, Klauseln und Ausnahmen von der Ausnahme. All das hätte schon einer funktionierenden Verwaltung — wie ich damals sagte — mit hervorragend geschultem Fachpersonal in den westlichen Ländern die Haare zu Berge stehen lassen können. Für die Verwaltungen in den Städten und Landkreisen würde das, so war unsere Befürchtung, immer größere Schwierigkeiten auftürmen.
    Wir haben trotzdem, trotz unserer Zweifel, unsere Mitarbeit angeboten, und wir haben mitgearbeitet. Wir sind ganz zufrieden, daß im Laufe dieser Verhandlungen, die wirklich gerade in den letzten Tagen nicht nur uns, sondern auch unsere Mitarbeiter manchmal bis zur Grenze des Verantwortlichen geführt haben, einige Verbesserungen erreicht werden konnten. Wir werden deshalb auch einigen Teilen zustimmen; zum Beispiel dem Spaltungsgesetz, zu dem mein Kollege Hacker noch reden wird.
    Allerdings, meine Damen und Herren, glaube ich: Sie sollten unserem Antrag zustimmen, einem Antrag, der den Bundestag außer Verdacht setzt, ihm seien die Arbeitnehmerrechte der Menschen in den östlichen Bundesländern weniger wert als die im Westen.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Wir werden auch dem Vermögenszuordnungsgesetz zustimmen, weil wir erwarten, daß wenigstens ein großer Teil der Gemeinden — noch einmal: über 16 000 haben Anträge gestellt — schneller über ihre Grundstücke verfügen kann. Dies gilt im übrigen auch dann, wenn wir wissen, daß die Ausführungsbestimmungen noch nicht da sind. Auch das wird eine zeitliche Verzögerung mit sich bringen.
    Wir haben in dem Zusammenhang die Bitte an Sie, meine Damen und Herren: Wir fordern Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen, den Gemeinden auf dem Gebiet der Energieversorgung jetzt endlich ihre Rechte wiederzugeben, die ihnen bisher vorenthalten worden sind.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Sie wissen so gut wie wir, daß gerade auf dem Gebiet der Energieversorgung die Städte das wollen und das auch brauchen.
    Allerdings werden wir einen anderen Gesetzentwurf nicht mittragen, und zwar den zum Vermögensgesetz. Wir halten ihn für verunglückt, für im Grundsatz falsch angelegt und in der Praxis für undurchführbar. Sie wissen ja: Wir hatten ein Anhörungsverfahren beantragt. Dieses Anhörungsverfahren hat unsere Zweifel voll bestätigt. Die weit überwiegende Zahl der Praktiker und der Sachverständigen — übrigens die aus den neuen Bundesländern genau so wie die aus den alten und die aus den Städten und Gemeinden ebenso wie die aus der Wissenschaft — haben erklärt: Wer wirklich wirksame Änderungen und wer die Überwindung des Stillstands in den neuen Ländern wolle, und zwar schnell, der müsse den Weg Rückgabe vor Entschädigung nur bei Entscheidungen für Investitionen in jedem Einzelfall jetzt endlich verlassen und auf den Weg der flexiblen Entschädigungslösung umsteigen.
    Professor Möschel beispielsweise hat fünf Feststellungen getroffen, die an Prägnanz kaum zu überbieten sind. Ich will sie Ihnen deshalb vortragen. Er hat gesagt:
    Erstens. Restitutionsansprüche, schon gar nicht solche in der Zahl, wie sie heute vorliegen, sind administrativ in der vertretbaren Zeit kaum zu bewältigen. Er hat recht, meine Damen und Herren.
    Zweitens. Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Grundentscheidungen, nämlich die Blockade der Investitionen und die Behinderung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus, sind desaströs. So drücken sich Professoren gelegentlich aus; er hat aber auch mit dieser Folgerung recht.
    Drittens. Die Aufweichungen eines beibehaltenen Restitutionsprinzips — so Möschel — bleiben vom Denkansatz her auf halbem Wege stecken, und in diesem Maße ist auch ihre Wirksamkeit begrenzt. Das ist ebenfalls richtig.
    Viertens. Eine Entschädigungslösung läßt sich flexibel handhaben. Berechtigten Interessen früherer Eigentümer kann in hohem Maße Rechnung getragen werden. Auch dem stimme ich zu.
    Fünftens. Der Gesetzgeber — stellte Professor Möschel fest; auch das zu recht — ist aus Rechtsgründen an einer solchen Neuorientierung auch jetzt nicht gehindert.
    Ich denke, das waren sehr eindrucksvolle Feststellungen

    (Abg. Helmrich [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — gleich, Herr Helmrich — , denen im übrigen ein Praktiker, ein Notar im Landesdienst Baden-Württemberg, Walter Boehringer, voll zustimmte, der als Leiter eines Grundbuchamtes langjährige Erfahrung besitzt und übrigens auch weiß, wie die Lage in Sachsen aussieht. Ich betone dies deshalb, weil uns Sachsen immer dann, wenn es darum geht, die Durchführungsprobleme herunterzuspielen, als Vorbild vorgeführt wird.
    Herr Boehringer erklärte:
    Die Rückgaberegelungen haben die Bürger dermaßen verunsichert, daß sich bei Investitionen mit Grundstücksbeteiligung kaum etwas bewegt. Auch der vorliegende Gesetzentwurf wird daran



    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    nichts Entscheidendes verändern. Ohne Grundsatzkorrektur
    — so führte er weiter aus —
    können im Jahre 1991 angesichts der Verhältnisse die mit den Gesetzen angestrebten wirtschafts- und rechtspolitischen Ziele auf keinen Fall erreicht werden.


Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Abgeordnete Däubler-Gmelin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Helmrich?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Gerne, Herr Helmrich.