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ID1201600200

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    Plenarprotokoll 12/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. März 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (Drucksachen 12/103, 12/204, 12/216, 12/255) b) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (Drucksachen 12/105, 12/205, 12/214, 12/254) Herbert Helmrich CDU/CSU 1001 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 1004 D Herbert Helmrich CDU/CSU 1007 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 1008 B Dr. Wolfgang Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 1010 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . . 1012A Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 1013D Hans-Joachim Hacker SPD 1014 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 1015 C Dr. Jürgen Schmude SPD 1015D Dr. Hans de With SPD 1017 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 1017D Otto Schily SPD 1018C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister BMJ . 1020 B Dr. Gerhard Riege PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 32 GO) 1024 C Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache 12/199) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. November 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Entwicklung einer umfassenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Technik (Drucksache 12/198) Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister AA 1025 B Gernot Erler SPD 1027 B Karl Lamers CDU/CSU 1030 C Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . . 1031 D Arno Schmidt (Dresden) FDP 1032 D Vera Wollenberger Bündnis 90/GRÜNE 1034 B Peter Kittelmann CDU/CSU 1035 C Otto Schily SPD 1036D Nächste Sitzung 1037 C Berichtigung 1037 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1038* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 1038* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. März 1991 1001 16. Sitzung Bonn, den 15. März 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 15. Sitzung, Seite II, linke Spalte: Bei Tagesordnungspunkt 4 ist bei dem Namen „Hans-Joachim Fuchtel" statt „FDP" zu lesen: „CDU/CSU". Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Adam-Schwaetzer, Irmgard FDP 15. 03. 91 Andres, Gerd SPD 15. 03. 91 Augustin, Anneliese CDU/CSU 15. 03. 91 Bartsch, Holger SPD 15. 03. 91 Berger, Johann Anton SPD 15. 03. 91 Brandt, Willy SPD 15. 03. 91 Dr. Brecht, Eberhard SPD 15. 03. 91 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91* Conradi, Peter SPD 15. 03. 91 Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 15. 03. 91 Duve, Freimut SPD 15. 03. 91 Eimer (Fürth), Norbert FDP 15. 03. 91 Eylmann, Horst CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Fell, Karl H. CDU/CSU 15. 03. 91 Ferner, Elke SPD 15. 03. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 15. 03. 91* Francke (Hamburg), Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Fuchs (Köln), Anke SPD 15. 03. 91 Funke, Rainer FDP 15. 03. 91 Gansel, Norbert SPD 15. 03. 91 Gattermann, Hans H. FDP 15. 03. 91 Dr. Gautier, Fritz SPD 15. 03. 91 Dr. von Geldern, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Graf, Günter SPD 15. 03. 91 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Grünbeck, Josef FDP 15. 03. 91 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 15. 03. 91 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Haussmann, Helmut FDP 15. 03. 91 Dr. Hellwig, Renate CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Hennig, Ottfried CDU/CSU 15. 03. 91 Jeltsch, Karin CDU/CSU 15. 03. 91 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 15. 03. 91 Kastner, Susanne SPD 15. 03. 91 Kleinert (Hannover), Detlef FDP 15. 03. 91 Kolbe, Manfred CDU/CSU 15. 03. 91 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 15. 03. 91 Kossendey, Thomas CDU/CSU 15. 03. 91 Kraus, Rudolf CDU/CSU 15. 03. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 15. 03. 91 Dr. Küster, Uwe SPD 15. 03. 91 Lange, Brigitte SPD 15. 03. 91 Leidinger, Robert SPD 15. 03. 91 Lenzer, Christian CDU/CSU 15. 03. 91* Lintner, Eduard CDU/CSU 15. 03. 91 Marten, Günter CDU/CSU 15. 03. 91 Meckel, Markus SPD 15. 03. 91 Dr. Mertens (Bottrop), Franz-Josef SPD 15. 03. 91 Michels, Meinolf CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 15. 03. 91* Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Müller (Schweinfurt), Rudolf SPD 15. 03. 91 Müntefering, Franz SPD 15. 03. 91 Oostergetelo, Jan SPD 15. 03. 91 Otto (Erfurt), Norbert CDU/CSU 15. 03. 91 Paintner, Johann FDP 15. 03. 91 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 15. 03. 91 Poß, Joachim SPD 15. 03. 91 Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 15. 03. 91 Reschke, Otto SPD 15. 03. 91 Reuschenbach, Peter W. SPD 15. 03. 91 Roth, Wolfgang SPD 15. 03. 91 Rühe, Volker CDU/CSU 15. 03. 91 Schätzle, Ortrun CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 15. 03. 91 Schaich-Walch, Gudrun SPD 15. 03. 91 Schenk, Christa Bündnis 90/ 15. 03. 91 GRÜNE Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schneider (Nürnberg), Oscar CDU/CSU 15. 03. 91 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 15. 03. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 15. 03. 91* Dr. Thalheim, Gerald SPD 15. 03. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 15. 03. 91 Vergin, Siegfried SPD 15. 03. 91 Voigt (Frankfurt), Karsten D. SPD 15. 03. 91 Dr. Vondran, Ruprecht CDU/CSU 15. 03. 91 Vosen, Josef SPD 15. 03. 91 Graf von Waldburg-Zeil, Alois CDU/CSU 15. 03. 91 Weiß (Berlin), Konrad Bündnis 90/ GRÜNE 15. 03. 91 Werner (Ulm), Herbert CDU/CSU 15. 03. 91 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 15. 03. 91 Dr. Wieczorek (Auerbach), Bertram CDU/CSU 15. 03. 91 Wieczorek-Zeul, SPD 15.03.91 Heidemarie Wissmann, Matthias CDU/CSU 15. 03. 91 Zierer, Benno CDU/CSU 15. 03. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 12/152 Nr. 32, 38, 46 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/210 Nr. 177
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    Rede von Herbert Helmrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe zu berichten und gleichzeitig auch die Debatte zu führen über das Gesetz, bei dem es darum, Hemmnisse bei der Privatisierung von Volkseigentum zu beseitigen, um die Beseitigung von Hemmnissen bei der Rückgabe von enteignetem Vermögen und von Vermögen, das unter staatliche Verwaltung gestellt worden ist, sowie um die Förderung von Investitionen geht. Diese Regelungen umfassen viele Details, die den Umstrukturierungsprozeß von der zentral gelenkten Verwaltungswirtschaft zur Sozialen Marktwirtschaft, die nach unserem Grundgesetz auf Privateigentum basiert, fördern sollen. In diesem Prozeß dauert alles allen zu lange.
    Wer sich in den neuen Bundesländern umgesehen hat, wer mit den Rückgabeberechtigten und mit den Betroffenen gesprochen hat, weiß, daß der Unmut groß ist. Ich nenne hierfür von den vielfältigen Gründen nur drei Komplexe:
    Zunächst liegt es am Umgang mit den neuen Gesetzen. Hierzu muß man auch wissen, daß die früheren Vorschriften der DDR nach dem Einigungsvertrag in den fünf neuen Ländern teilweise noch als Landesrecht weitergelten. Hier konnten längst noch nicht alle Unstimmigkeiten in den Fällen beseitigt werden, in denen Verfahrens- und Wirtschaftsabläufe betroffen sind, die sich zum Teil auch nach den Gesetzen richten, die wir mit dem Einigungsvertrag in die neuen Länder übertragen haben. Die Verwaltungen in den neuen Bundesländern haben es also, salopp gesagt, mit Mischgesetzen zu tun.
    Ferner liegen die Probleme darin, daß die gesamten Behördenstrukturen zur Zeit teils verändert, teils neu aufgebaut werden. Hierzu ist auch Personalhilfe aus den alten Bundesländern nötig. Dazu geschieht von Bonn aus viel. Ich nehme an, daß der Justizminister dazu noch etwas sagen wird.
    Ich habe bei meinen vielen Aufenthalten in den neuen Bundesländern, die ich auch unternommen habe, um mich über die Bewältigung dieser Probleme



    Herbert Helmrich
    durch das zu verabschiedende Gesetz zu informieren, viel Bereitschaft und Engagement gefunden, Unkenntnis und Unsicherheit beim Entscheiden zu überwinden. Aber — das darf ebenfalls nicht verschwiegen werden — ich habe auch Unwilligkeit erlebt, die Entscheidungen verschleppt und verzögert.
    Schließlich sind es in der Tat zum Teil zu komplizierte und zeitaufwendige Verfahrensabläufe, die es, soweit dies nach rechtsstaatlichen Prinzipien möglich ist, zu vereinfachen gilt. Es liegt auf der Hand, daß diese zahlreichen Probleme nur zum Teil durch gesetzliche Regelungen gelöst werden können. Soweit uns dies auf Anhieb möglich erscheint, versuchen wir es mit dem vorliegenden Artikelgesetz.
    Zunächst acht Beispiele, die vom Verwaltungsalltag drüben berichten. Ich muß Ihnen sagen, daß die Beispiele Hemmnisse betreffen, die abgebaut werden müssen, die aber nicht in den Schlagzeilen stehen, die nichts mit Prinzipienumkehr und ähnlichem zu tun haben, die jedoch den Menschen drüben das Leben schwermachen.
    Erstens. Das Grundstücksverkehrsgesetz der DDR gilt noch weiter. Hier gab es viele Mißverständnisse und Mißinterpretationen bis hin zu Zweifeln an der Gültigkeit der alten Grundstücksverkehrsgenehmigungen. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf werden die Zweifel beseitigt und wird der Grundbuchvollzug jetzt endgültig sichergestellt.
    Zweitens zur Grundbuchordnung: Die Altbestände, die in Archiven untergebracht sind, insbesondere in Barby, lagern dort nach dem Archivrecht. Jetzt wird sichergestellt, daß unsere Grundbuchordnung teilweise auch dort in den Archiven Anwendung findet. Das Herstellen von Abschriften und die Einsicht in die dortigen Archive erhalten eine klare gesetzliche Grundlage.
    Drittens zum Handelsregister: Für die Wiederanmeldung früherer Einzelfirmen oder Gesellschaften wird jetzt ein Quorum von mehr als 50 % der Anteilseigner verlangt. Damit soll vermieden werden, daß Minderheiten, die keinen ernsthaften Rückgabewillen haben, Verfahren erschweren oder gar blockieren.
    Viertens zum Wohnungseigentumsgesetz: Nach den Prinzipien unseres Eigentumsrechts wollen wir erreichen, daß auch dort Wohnungseigentum gebildet werden kann. Dies scheitert zur Zeit daran, daß die dazu nötige Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht erteilt werden kann, und zwar deshalb nicht, weil diese Abgeschlossenheitsbescheinigungen erfordern, daß die Wohnungen nach unserem Bauordnungsrecht gebaut worden sind. Wie hätte das geschehen können? Also müssen wir die Voraussetzungen für die Erteilung dieser Abgeschlossenheitsbescheinigungen enger fassen; dies geschieht für Wohnungstrennwände und für Wohnungsdecken.
    Um aber Spekulationen einzuschränken und zurückzudrängen, haben wir diese Vorschrift zeitlich befristet. Sie gilt nur bis zum 31. Dezember 1996, und sie ist auf den Altbestand beschränkt, bezieht sich also nicht auf den neu entstehenden Bestand.
    Fünftens. Zur Verordnung über Produktionsgenossenschaften und Einkaufs- und Liefergenossenschaften: Hier gibt es Bilanzerleichterungen, Erleichterungen im Genossenschaftsregister und im Grundbuchverkehr, Umwandlungserleichterungen und Erleichterungen bei den Pflichtprüfungen. Ähnliches werden wir in der nächsten Woche auch im Landwirtschaftsanpassungsgesetz machen.
    Sechstens. Eine ganz wichtige Erleichterung ist die Ausschlußklausel für den Übernahmezwang bei Altlasten. Hier können die zuständigen Behörden, also insbesondere die der neuen Länder, die Erwerber, Besitzer und Investoren von den Altlasten freistellen. In den Problembereichen kann dies zu einem Investitionsschub und zum Erhalt und zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen.
    Siebtens. Ein ganz wichtiger Gegenstand ist ein neues Gesetz, das Vermögenszuordnungsgesetz heißt. In den neuen Ländern sind Eigentumsrechte an Grundstücken auch unter den öffentlichen Händen, also zwischen Gemeinden, Landkreisen, Ländern und Bund, streitig. Diese Streitigkeiten um das Eigentumsrecht führen dazu, daß die Verfügbarkeit von Grundstücken verhindert wird. Das soll nicht sein; wir haben deshalb dafür gesorgt, daß ein klarer Anknüpfungspunkt im Grundbuch jetzt dazu führen kann, daß das Grundstück dem Wirtschaftskreislauf zur Verfügung gestellt wird und daß sich Bund, Länder und Gemeinden dann um den hinterlegten Kaufpreis streiten können.
    Achtens. Des weiteren enthalten die Regelungen im Vermögensgesetz eine wesentliche Verfahrenserleichterung bei der Rückgabe von Unternehmen durch einen neuen § 6 a. Hiernach ist es künftig möglich, daß sich der Rückgabeberechtigte, wenn seine Berechtigung nachgewiesen ist, schon in sein enteignetes Unternehmen einweisen lassen kann, ehe der Wertausgleich für eine Verbesserung oder meist wohl eine Verschlechterung seines Unternehmens festgelegt ist. Wenn das Unternehmen von dem oder den Berechtigten fortgeführt werden soll, gilt das auch schon, wenn die Berechtigung nur glaubhaft gemacht wird. Hiermit wird noch einmal ausdrücklich im Gesetz festgestellt, was an sich nach dem Sinn des Vermögensgesetzes bisher schon möglich war, nämlich die ausdrückliche Trennung von Rückgabe und Wertausgleich.
    An dieser Stelle gestatten Sie mir, auf einen neuralgischen Punkt bei der Rückgabe von Grundstücken und Gebäuden generell hinzuweisen: Eine große Zahl von Beschwerden wegen der Nichtvollziehung des Rückgabeanspruchs enthält immer wieder den Hinweis, daß die Rückgabeberechtigung in bezug auf Grundstücke und Gebäude feststehe, die Behörden, insbesondere die Landkreisbehörden in den fünf neuen Ländern oder die Stadtverwaltungen in den kreisfreien Städten, die Rückgabe aber nicht vollzögen, sondern darauf verwiesen, daß man sich ja über den Wertausgleich noch nicht geeinigt habe.
    Hierzu muß festgestellt werden, daß nach der derzeitigen Rechtslage die Wertausgleichsansprüche bisher schon in einer gesonderten Entscheidung zu regeln sind. Die Entscheidung soll und darf die Rückgabe bei nachgewiesener Rückgabeberechtigung



    Herbert Helmrich
    nicht verzögern oder verschleppen. Der Berechtigte ist zu Ausgleichsverhandlungen oft auch erst in der Lage, wenn er sein Rückgabeobjekt selbst untersuchen, begutachten und abschätzen lassen kann. Aus manchen Kommunen hören wir, daß bereits 30 % der Rückgabefälle entscheidungsreif seien. Bei der zwar nicht sicheren, aber geschätzten Zahl von etwa 1,2 Millionen Rückgabeanträgen würde das, wenn bei den unsicheren Zahlen eine Hochrechnung erlaubt ist, bedeuten, daß zur Zeit bereits einige hunderttausend Grundstücke und Gebäude zurückgegeben werden könnten.

    (Geis [CDU/CSU]: Das ist doch schon was!)

    Die Wertausgleichsentscheidung kann und muß dann später getroffen werden. Daß dennoch in vielen Fällen nicht zurückgegeben wird, ist nach all meinen Kenntnissen nicht nur eine Frage von Verwaltungsüberlastung, von Unkenntnis und Unsicherheit im Finden von Entscheidungen, sondern es ist hier auch Unwilligkeit zu vermuten.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    In diesem Punkt müssen die neuen Regierungen und deren Kommunalaufsicht helfen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!)

    Ich richte deshalb die dringende Bitte an die Landesregierungen, in diesem Bereich tätig zu werden. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger als Rückgabeberechtigte muß ich in vielen Fällen um Geduld, um Zuwarten und um Verständnis bitten, weil vieles nicht schneller gehen kann.

    (Geis [CDU/CSU]: Das ist der entscheidende Punkt!)

    — Sie werden sich durch unpassende Zwischenrufe auszeichnen, Herr Kollege; aber das ist Ihr gutes Recht.

    (Dr. Vogel [SPD]: Der gehört doch zu Ihnen! Was wollen Sie denn? — Geis [CDU/CSU]: Das war ein sehr wichtiger Zwischenruf! Sie haben ihn nur nicht verstanden!)

    Diese Bitte um Zuwarten gilt jedoch nicht für die eben genannten Fälle. Ich bitte meine Kollegen aus den neuen Ländern, die Kollegen aus allen Parteien, mit dafür zu sorgen, daß diese entscheidungsreifen Rückgabefälle von den Verwaltungen in den neuen Ländern auch abgeschlossen werden.

    (Geis [CDU/CSU]: Das ist wichtig!)

    Ich komme zu einem nächsten wichtigen Teil des Artikelgesetzes, nämlich zu dem Teil, der die Ausnahmen vom Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung" regelt. Dieses Prinzip ist in der Verfügungssperre des § 3 Abs. 3 des Vermögensgesetzes abgesichert.
    Schon im Einigungsvertrag gab es im Investitionsgesetz Ausnahmen zur Inanspruchnahme von Grundstücken und Gebäuden für investive Zwecke. Diese Voraussetzungen werden gelockert, und auch für Unternehmen werden Ausnahmen geschaffen.
    Ich halte mich im folgenden, weil hierüber mehr Mißverständnis und Unverständnis herrscht, als man glauben möchte, etwas genauer an den Gesetzestext: Künftig können Bund, Länder, Landkreise und Gemeinden sowie die Treuhandanstalt Grundstücke, Gebäude und Unternehmen, deren Rückgabe gefordert wird, zu investiven Zwecken veräußern, vermieten und verpachten. Bei Grundstücken und Gebäuden geschieht dies, wenn sie zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere durch die Errichtung einer gewerblichen Betriebsstätte oder eines Dienstleistungsunternehmens, zur Deckung eines erheblichen Wohnbedarfs oder zur Schaffung der für derartige Vorhaben erforderlichen Infrastrukturen in Anspruch genommen werden. Außerdem muß das Grundstück, das diesem Vorhaben dienen soll, in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen. Übermaßveräußerungen bleiben unzulässig.
    Bei Unternehmen wird die Verfügungssperre durchbrochen, wenn die Veräußerungen und Verpachtungen erfolgen, um Arbeitsplätze zu schaffen oder zu sichern oder Investitionen zu ermöglichen, die die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, andererseits dann, wenn der Berechtigte keine Gewähr dafür bietet, daß er das Unternehmen fortführen wird.
    In diesem Bereich sind die Rechte des Rückgabeberechtigten erheblich eingeschränkt. Zwar ist er anzuhören, und er soll zu dem Vorhaben Stellung nehmen. Vor der Veräußerung, Vermietung oder Verpachtung soll auch berücksichtigt werden, ob er auf das investive Angebot eines Dritten eingehen möchte und dazu in der Lage ist. Er wird außerdem, wenn sein Eigentum veräußert oder durch Verpachtung langfristig gebunden wird, entschädigt, bei der Veräußerung letztlich mit dem Verkehrswert. Gegen diese Entscheidung kann er klagen, aber diese Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
    Dazu ein paar Beispiele: Hierzu gehört etwa ein Unternehmen, das in einem größeren Unternehmen aufgegangen ist. Dort ist die Entflechtung kompliziert und langwierig. Diese Entflechtung soll den Verkauf des Gesamtbetriebes nicht behindern. Hierher gehört auch die Inanspruchnahme eines Gebäudes durch Vermietung, wenn sich darin ein Geschäft befindet, das ein Dritter übernehmen und fortführen will. Hierher gehört auch die Inanspruchnahme eines Grundstücks etwa für einen Handwerksbetrieb, der mietweise schlecht untergebracht ist und nun etwa mit ERP-Mitteln selbst investieren will. Ebenso gehört hierzu die längerfristige Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen und Gebäuden.
    Wir wissen daß wir hiermit in der Einschränkung der Abwehrrechte, die jedem in unserem Lande zustehen, sehr weit gehen. Der kritische Vorwurf, dies sei eine erneute willkürliche Enteignung, wiegt schwer, ist aber nach unserer Auffassung letztlich nicht gerechtfertigt. Die Dringlichkeit und die Besonderheit der Verhältnisse in den fünf neuen Ländern zwingen zu schnellem Handeln, wo es um Investitionsentscheidungen, um die Sicherung und den Erhalt von Arbeitsplätzen oder um die Verbesserung der Wettbewerbsstruktur in der ehemaligen Zentralverwaltungswirtschaft geht.
    Das Anhörrecht des Berechtigten, die Abwägung, ob er selbst investive Maßnahmen vornehmen kann und will, sowie sein Klagerecht, das nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes geschützt ist, verbieten es,



    Herbert Helmrich
    so meinen wir, von Willkür wie bei den DDR-Enteignungen zu sprechen. Hinzu kommt, daß dieses Gesetz für eine Entschädigung sorgt.
    Wir haben hier die Verfahrensmöglichkeiten, die der einzelne normalerweise hat, um sich vor Eingriffen in sein Eigentum zu schützen, eingeschränkt, weil wir meinen, daß unter den besonderen Verhältnissen die gemeinwohlbezogenen Gründe, nämlich Arbeitslosigkeit zu verhindern, die Wirtschaft anzukurbeln und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in allen Bundesländern möglichst schnell herzustellen, dies rechtfertigen. Diese Sonderregelung für die Ausnahme von dem Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung" ist bis zum 31. Dezember 1992 befristet. Danach gelten wieder die Bestimmungen des Investitionsgesetzes und des § 3 des Vermögensgesetzes.
    Hierbei darf ich betonen, daß die Mehrheit der Sachverständigen uns in der Anhörung gedrängt haben, vom Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung" abzugehen und auf das Prinzip „Entschädigung vor Rückgabe" umzusteigen.

    (Geis [CDU/CSU]: Das wäre ein Fehler!)

    Sie haben aber nicht deutlich gesagt, daß das bedeutet, die Enteignungen aufrechtzuerhalten.

    (Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist ja auch nicht wahr! Das ist ganz falsch!)

    — Sie können dazu Stellung nehmen, Frau DäublerGmelin.

    (Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das tue ich auch!)

    Ich kann hinzufügen, daß sich die SPD nach meinem Eindruck dazu entschieden hat. Diesem Wechsel haben wir widerstanden, glauben aber, ohne die vorgenannten Ausnahmen nicht auszukommen.
    Es gab in der Anhörung auch noch aus formalen Gründen Kritik an diesem Gesetz: Es sei zu kompliziert, es sei nur schwer lesbar, es sei nicht leicht anwendbar.

    (Dr. Vogel [SPD]: Unanwendbar! — Dr. Heuer [PDS/Linke Liste]: Das ist wahr! — Dr. Vogel [SPD]: Weiß Gott wahr!)

    Dieser Vorwurf besteht nicht zu Unrecht. Zwei Gründe veranlassen uns jedoch, von weiteren Überarbeitungen des Gesetzes abzusehen.
    Der erste Grund, Herr Heuer, liegt im Regelungsgegenstand: in den verkorksten Verhältnissen,

    (Geis [CDU/CSU]: So ist es!)

    die die frühere SED uns hinterlassen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die unklaren Vermögensverhältnisse in den fünf neuen Ländern auf unsere Eigentumsvorschriften hin neu zu ordnen, ist unendlich schwierig. Wer sich damit auseinandersetzt, darf nicht von seinem Einzelfall her urteilen, den er in diesem Gesetz vielleicht nur mühsam findet. Er darf auch nicht nur von der bisherigen bundesrepublikanischen Rechtsordnung aus argumentieren, sondern muß auch die Verhältnisse in den neuen Bundesländern kennen, die sich dort in den letzten 40 Jahren entwickelt haben. Er muß die
    Zuständigkeit und die Vermögenszuweisungen an unterschiedlichste Rechtsträger kennen. Dies macht einen Teil der Kompliziertheit aus, die wir auch bei längerer Überarbeitung des Gesetzes nicht beseitigen könnten.
    Der zweite Grund ist der Zeitdruck, den uns die wirtschaftlichen Verhältnisse in den neuen Bundesländern aufbürden. Denken Sie an die Altlastenfreistellung, an die Verfahrenserleichterungen, an die zuvor geschilderte neue Vorfahrtsregelung. Das alles macht nur Sinn, wenn es schnell kommt, wenn Investitionen getätigt werden und wenn dadurch rentable Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen werden. Meine Damen und Herren, so wird es dann möglich sein, die Verhältnisse zu verbessern.
    Unser Recht, soweit es nicht nach dem Grundgesetz oder nach naturrechtlichen Vorstellungen unverfügbar ist, ist in Gesetze geronnene Politik Wo schnelles politisches Handeln auch in Form von Gesetzen durch die Verhältnisse erzwungen wird, muß auch der Gesetzgeber schnell handeln.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Noch ein letztes Wort zum Verfahren zwischen der Bundesregierung und dem Bundestag: Selbst in dieser Situation darf das Parlament nicht zur Abstimmungsmaschine der Regierung werden.

    (Beifall des Abg. Seesing [CDU/CSU])

    Dies läßt sich nur vermeiden, wenn, wie hier zum Teil auch geschehen, eine frühzeitige Beteiligung des Parlaments am Entstehen des Gesetzes ermöglicht wird. Die Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit des Parlaments darf auch durch Zeitdruck nicht geschmälert werden. Ich verkenne nicht, daß die Regierung und die Ministerialbeamten selbst unter unendlichen Druck standen. Ich darf mich auch an dieser Stelle für die Zusammenarbeit in den letzten Tagen und Wochen bedanken.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der SPD — Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Auch unsere Mitarbeiter haben geschuftet wie die Pferde!)

    Zusammenfassend kann ich feststellen, daß dieses Gesetz den Verwaltungsalltag in den neuen Ländern in vielen Fällen erleichtern wird, daß durch Klarstellung von Verfahrensvorschriften manches schneller gehen kann und daß durch die Ausnahmen vom Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung" auch manches Grundstück schneller für Investitionen zur Verfügung steht. Ich bin sicher, daß dieses Gesetz helfen wird, die Lebensverhältnisse in allen Bundesländern schneller einander anzugleichen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Däubler-Gmelin.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beraten und entscheiden heute über die Reparaturgesetze, die die offenen Vermögensfragen klären sollen. Es ist etwas Ungewöhnliches passiert: Die erste Lesung zu diesen Repa-



    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    raturgesetzen war erst vor drei Wochen. Die Zeitspanne bis zur zweiten und dritten Beratung ist ungewöhnlich kurz.
    Trotz dieser kurzen Zeit — darauf hat mein Vorredner schon hingewiesen — sind die Gesetze erheblich verändert worden. Sie sind — gar kein Zweifel — auch in einigen Teilen verbessert worden. Aber insgesamt — das müssen wir feststellen — sind die Grundsatzkorrekturen, die notwendig gewesen wären, nicht erfolgt.
    Sie, meine Damen und Herren, haben in zentralen Punkten die Korrekturen nicht mutig genug angesetzt, um sagen zu können: Jetzt haben wir wirklich den entscheidenden Schritt getan. Jetzt kann es mit dem wirtschaftlichen Wiederaufbau und mit den Investitionen in den neuen Ländern vorangehen. — Aber genau das wäre die Aufgabe gewesen, sicherlich nicht n u r mit diesen Reparaturgesetzen, aber auch mit ihnen. Es kann heute niemand mehr bezweifeln, daß die Investitionsblockade und die Lähmung des wirtschaftlichen Wiederaufbauprozesses zum großen Teil auf die bestehende Unsicherheit im Zusammenhang mit der Eigentumsfrage zurückzuführen ist.
    Diese Unsicherheit — das wissen Sie ganz genau — ist groß. Sie wird täglich größer. Sie ist eine Folge des im Einigungsvertrag und in den im Zusammenhang damit verabschiedeten Gesetzen beschrittenen Weges, das Enteignungsunrecht aus 40 Jahren Herrschaft von SED und Blockparteien in der DDR durch Rückgabe wiedergutzumachen und nicht den Weg zu gehen, den wir haben wollten, nämlich den Weg der flexiblen Entschädigungslösung. Wer investiert schon, wer kauft ein Unternehmen, wenn er nicht weiß, wem das letztlich zugute kommen wird?
    Ich habe schon vor drei Wochen auf die bekannten Tatsachen hingewiesen und will deshalb nur noch einige wiederholen. Es gibt mittlerweile mehr als eine Million Privatpersonen, ehemalige Eigentümer, aus den westlichen und aus den östlichen Ländern der Bundesrepublik, die ihre Anträge auf Rückgabe von Grund und Boden und anderen Vermögenswerten eingereicht haben. Dazu kommen noch mehr als 9 000 Anträge auf Rückgabe von Unternehmen. Es sollen etwa 12 000 Unternehmen sein, um die es geht, meist die Enteignungsfälle aus dem Jahre 1972. Schließlich haben über 16 000 Gemeinden den mehr als verständlichen Wunsch, letztendlich wieder über ihre eigenen Grundstücke verfügen zu dürfen.
    Ich darf das noch einmal wiederholen: über eine Million Anträge von Privatpersonen, die sich auf 1,5 Millionen Grundstücke beziehen, 16 000 Anträge von Gemeinden auf Rückgabe von über 1,6 Millionen Grundstücken und etwa 9 000 Anträge auf Rückgabe von etwa 12 000 Unternehmen.
    Diese Anträge müssen jetzt alle entschieden und bearbeitet werden, und zwar in den neuen Ländern durch die neuen Verwaltungen in den Kreisen und in den Gemeinden. Das ist die Aufgabe. Das ist schwer genug, auch dann, wenn es einfache Fälle sind, weil eben die Grundbücher nicht vorhanden oder nicht in Ordnung sind, weil z. B. Grundstücke, die zusammengelegt worden waren, neu vermessen werden müssen und das Fachpersonal dafür fehlt.
    Meine Damen und Herren, wenn Grundstücke gebraucht werden, um zu investieren bzw. um Investoren anzulocken, dann ist das alles eine Sisyphus-Arbeit, die nicht funktionieren kann, obwohl doch — das wissen wir alle, Herr Justizminister — der — ausnahmsweise — Vorrang von Investitionen vor Rückgabe auch nach den bestehenden Gesetzen möglich war.
    Wir haben — ich habe das betont — beim Einigungsvertrag einen anderen Weg vorgeschlagen. Wir wollten das Enteignungsunrecht im Regelfall durch Entschädigung wiedergutmachen und Rückgabe nur da, und zwar nachrangig, anordnen, wo überragende Güter des Gemeinwohls dem nicht entgegenstehen.
    Wir meinen auch, daß dieser Weg flexibler und verfassungsrechtlich zulässig gewesen wäre. Sie müssen dabei auch bedenken, daß die Menschen, die zu Unrecht im Gefängnis gesessen haben, deren Berufsleben zerstört wurde, die bespitzelt wurden, die andere Schäden zu dulden hatten und anderen Unrechtsmaßnahmen ausgesetzt waren, verständlicherweise ausschließlich auf den Weg der Entschädigung verwiesen werden.
    Übrigens, Herr Bundesjustizminister, lassen Sie mich hier wiederholen, was ich schon mehrfach gesagt habe: Wir bestehen darauf, daß sich der Bundestag bald gerade mit diesen Fragen beschäftigt. Der Deutsche Bundestag darf nicht den Eindruck erwekken, als seien uns Vermögensfragen wichtiger als Schäden an Freiheit, Gesundheit oder Leben.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Nochmals zu dem Grundsatz: Wir streiten keineswegs allein des Prinzips wegen um den richtigen Weg, sondern wir streiten deshalb darum, weil wir sagen: Wir müssen weiterkommen. Auch — das will ich Ihnen noch einmal ganz praktisch vor Augen führen — bei den ganz einfach gelagerten Fällen, die keinen großen Verwaltungsaufwand erfordern, überfordert die große Zahl der Anträge die neuen Verwaltungen, ja, legt sie vollständig lahm. Wenn Grundstücke zu Investitionszwecken benötigt werden und man dann mit dem Ausnahmeprinzip vorgeht, dann wird es doch zwangsläufig doppelt verwaltungsaufwendig. Da müssen die neuen Eigentümer mit ihren Rechten und Interessen berücksichtigt werden; übrigens auch mit ihren Vorstellungen. Die jetzigen Verfügungsberechtigten oder auch die Gemeinden und auch die Investoren, die ja schließlich die Wirtschaft ankurbeln sollen, kommen dazu.
    Alle diese Beteiligten, meine Damen und Herren, müssen mindestens einmal angehört werden. Mit denen muß verhandelt werden, bevor die Entscheidung fällt. Häufig wird es eben nicht zu einer gütlichen Einigung kommen. Dann werden auch noch Gerichte eingeschaltet werden müssen. Das dauert seine Zeit. Das vertieft die Unsicherheiten, und das führt zu weiterer Unruhe und verlängert auch die desolate Lage und die Investitionsblockade.
    Herr Helmrich hat darauf hingewiesen, daß auch er in Städten und Gemeinden der neuen Bundesländer ist. Wir sind auch dort. Nur, Herr Helmrich, dann müs-



    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    sen wir doch gemeinsam zur Kenntnis nehmen, daß die Menschen zunehmend verbittert werden. Sie müssen sehen: Jetzt kommt wirksame Hilfe. Jetzt muß etwas geschehen. Jetzt darf nicht nur Papier beschrieben werden, sondern jetzt müssen Reparaturen her, die die Investitionsblockade wirklich überwinden. Deswegen, lassen Sie mich das betonen, ist dies das entscheidende Kriterium dafür, ob man den Reparaturgesetzen oder einzelnen von ihnen wirklich zustimmen kann.
    Ich hatte in der ersten Beratung Zweifel daran geäußert, ob sie dies bewirken könnten; übrigens auch, ob sie durchführbar wären. Ich äußerte diese Zweifel, weil die Entwürfe schon damals außerordentlich kompliziert und schwer lesbar waren. Sie wimmelten von unbestimmten Rechtsbegriffen, Ermessensentscheidungen, Klauseln und Ausnahmen von der Ausnahme. All das hätte schon einer funktionierenden Verwaltung — wie ich damals sagte — mit hervorragend geschultem Fachpersonal in den westlichen Ländern die Haare zu Berge stehen lassen können. Für die Verwaltungen in den Städten und Landkreisen würde das, so war unsere Befürchtung, immer größere Schwierigkeiten auftürmen.
    Wir haben trotzdem, trotz unserer Zweifel, unsere Mitarbeit angeboten, und wir haben mitgearbeitet. Wir sind ganz zufrieden, daß im Laufe dieser Verhandlungen, die wirklich gerade in den letzten Tagen nicht nur uns, sondern auch unsere Mitarbeiter manchmal bis zur Grenze des Verantwortlichen geführt haben, einige Verbesserungen erreicht werden konnten. Wir werden deshalb auch einigen Teilen zustimmen; zum Beispiel dem Spaltungsgesetz, zu dem mein Kollege Hacker noch reden wird.
    Allerdings, meine Damen und Herren, glaube ich: Sie sollten unserem Antrag zustimmen, einem Antrag, der den Bundestag außer Verdacht setzt, ihm seien die Arbeitnehmerrechte der Menschen in den östlichen Bundesländern weniger wert als die im Westen.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Wir werden auch dem Vermögenszuordnungsgesetz zustimmen, weil wir erwarten, daß wenigstens ein großer Teil der Gemeinden — noch einmal: über 16 000 haben Anträge gestellt — schneller über ihre Grundstücke verfügen kann. Dies gilt im übrigen auch dann, wenn wir wissen, daß die Ausführungsbestimmungen noch nicht da sind. Auch das wird eine zeitliche Verzögerung mit sich bringen.
    Wir haben in dem Zusammenhang die Bitte an Sie, meine Damen und Herren: Wir fordern Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen, den Gemeinden auf dem Gebiet der Energieversorgung jetzt endlich ihre Rechte wiederzugeben, die ihnen bisher vorenthalten worden sind.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Sie wissen so gut wie wir, daß gerade auf dem Gebiet der Energieversorgung die Städte das wollen und das auch brauchen.
    Allerdings werden wir einen anderen Gesetzentwurf nicht mittragen, und zwar den zum Vermögensgesetz. Wir halten ihn für verunglückt, für im Grundsatz falsch angelegt und in der Praxis für undurchführbar. Sie wissen ja: Wir hatten ein Anhörungsverfahren beantragt. Dieses Anhörungsverfahren hat unsere Zweifel voll bestätigt. Die weit überwiegende Zahl der Praktiker und der Sachverständigen — übrigens die aus den neuen Bundesländern genau so wie die aus den alten und die aus den Städten und Gemeinden ebenso wie die aus der Wissenschaft — haben erklärt: Wer wirklich wirksame Änderungen und wer die Überwindung des Stillstands in den neuen Ländern wolle, und zwar schnell, der müsse den Weg Rückgabe vor Entschädigung nur bei Entscheidungen für Investitionen in jedem Einzelfall jetzt endlich verlassen und auf den Weg der flexiblen Entschädigungslösung umsteigen.
    Professor Möschel beispielsweise hat fünf Feststellungen getroffen, die an Prägnanz kaum zu überbieten sind. Ich will sie Ihnen deshalb vortragen. Er hat gesagt:
    Erstens. Restitutionsansprüche, schon gar nicht solche in der Zahl, wie sie heute vorliegen, sind administrativ in der vertretbaren Zeit kaum zu bewältigen. Er hat recht, meine Damen und Herren.
    Zweitens. Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Grundentscheidungen, nämlich die Blockade der Investitionen und die Behinderung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus, sind desaströs. So drücken sich Professoren gelegentlich aus; er hat aber auch mit dieser Folgerung recht.
    Drittens. Die Aufweichungen eines beibehaltenen Restitutionsprinzips — so Möschel — bleiben vom Denkansatz her auf halbem Wege stecken, und in diesem Maße ist auch ihre Wirksamkeit begrenzt. Das ist ebenfalls richtig.
    Viertens. Eine Entschädigungslösung läßt sich flexibel handhaben. Berechtigten Interessen früherer Eigentümer kann in hohem Maße Rechnung getragen werden. Auch dem stimme ich zu.
    Fünftens. Der Gesetzgeber — stellte Professor Möschel fest; auch das zu recht — ist aus Rechtsgründen an einer solchen Neuorientierung auch jetzt nicht gehindert.
    Ich denke, das waren sehr eindrucksvolle Feststellungen

    (Abg. Helmrich [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — gleich, Herr Helmrich — , denen im übrigen ein Praktiker, ein Notar im Landesdienst Baden-Württemberg, Walter Boehringer, voll zustimmte, der als Leiter eines Grundbuchamtes langjährige Erfahrung besitzt und übrigens auch weiß, wie die Lage in Sachsen aussieht. Ich betone dies deshalb, weil uns Sachsen immer dann, wenn es darum geht, die Durchführungsprobleme herunterzuspielen, als Vorbild vorgeführt wird.
    Herr Boehringer erklärte:
    Die Rückgaberegelungen haben die Bürger dermaßen verunsichert, daß sich bei Investitionen mit Grundstücksbeteiligung kaum etwas bewegt. Auch der vorliegende Gesetzentwurf wird daran



    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    nichts Entscheidendes verändern. Ohne Grundsatzkorrektur
    — so führte er weiter aus —
    können im Jahre 1991 angesichts der Verhältnisse die mit den Gesetzen angestrebten wirtschafts- und rechtspolitischen Ziele auf keinen Fall erreicht werden.