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    Plenarprotokoll 12/13 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 13. Sitzung Bonn, Dienstag, den 12. März 1991 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 643 A Tagesordnungspunkt 1: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (Drucksachen 12/204, 12/216) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (Drucksachen 12/205, 12/214) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksachen 12/206, 12/215) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Strafprozeßordnung (Drucksachen 12/209, 12/218) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung und bei der Bundesanstalt für Arbeit (Drucksache 12/208) f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1991 (Drucksache 12/197) g) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Erneute Überweisung von Vorlagen aus früheren Wahlperioden (Drucksache 12/210) 643 C Tagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1991 (Haushaltsgesetz 1991) (Drucksache 12/100) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1990 bis 1994 (Drucksache 12/101) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte sowie über strukturelle Anpassungen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Haushaltsbegleitgesetz 1991) (Drucksache 12/221) in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 12. März 1991 Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Kurt Faltlhauser, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie dem Abgeordneten Hans H. Gattermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung von Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen im Beitrittsgebiet sowie zur Änderung steuerrechtlicher und anderer Vorschriften (Steueränderungsgesetz 1991) (Drucksache 12/219) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Kurt Faltlhauser, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie dem Abgeordneten Hans H. Gattermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines befristeten Solidaritätszuschlags und zur Änderung von Verbrauchsteuer- und anderen Gesetzen (Solidaritätsgesetz) (Drucksache 12/220) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 645 A Oskar Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes 656B Hans H. Gattermann FDP . 659C, 712A, 723B, 728A, 733 C Friedrich Bohl CDU/CSU 665 A Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . 670A, 708C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . . 673B Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 677D Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . . . 681 B Jochen Borchert CDU/CSU 687 C Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD 689C, 690C, 718A, 720C Ingrid Matthäus-Maier SPD 692 B Bernd Henn PDS/Linke Liste 692 C Werner Zywietz FDP 694 D Helmut Esters SPD 695 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . 695D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 696A Joachim Poß SPD 697 D Gunnar Uldall CDU/CSU 702 B Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 704 B, 708A, 713A Rudi Walther SPD 707C, 708B Ingrid Matthäus-Maier SPD 707 D Hermann Rind FDP 709 A Rudi Walther SPD 709 D Achim Großmann SPD 712D Dr. Emil Schnell SPD 713B Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 716D Ernst Schwanhold SPD 717 A Arnulf Kriedner CDU/CSU 719A Manfred Hampel SPD 721 A Arnulf Kriedner CDU/CSU 722A Dr. Hermann Otto Solms FDP 722 D Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 724 D Jürgen Koppelin FDP 725 C Reiner Krziskewitz CDU/CSU 728 C Gunnar Uldall CDU/CSU 730A Joachim Poß SPD 731 C Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU . . . 732A Dankward Buwitt CDU/CSU 732 D Beratung und Abstimmung über den Antrag der PDS/Linke Liste auf Änderung der Tagesordnung und des Tagesortes Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste 654 D Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 655A Dr. Peter Struck SPD 655 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . 655 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 655 D Nächste Sitzung 734 C Berichtigung 734 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 735* A Anlage 2 Deichsicherheit an der Unterelbe angesichts der zu erwartenden Änderung der Tidedynamik MdlAnfr 68, 69 — Drs 12/159 —Dr. Margrit Wetzel SPD SchrAntw PStSekr Neumann BMFT 335* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 12. März 1991 643 13. Sitzung Bonn, den 12. März 1991 Beginn: 10.01 Uhr
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    Berichtigung 12. Sitzung, Seite III, linke Spalte, 6. Zeile von unten: Bei dem Namen ,Eimer (Fürth)' ist statt „SPD" „FDP" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 12. 03. 91 * Augustin, Anneliese CDU/CSU 12. 03. 91 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 12. 03. 91 ** Brandt, Willy SPD 12. 03. 91 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 12. 03. 91 * Dr. Däubler-Gmelin, SPD 12. 03. 91 Herta Doss, Hansjürgen CDU/CSU 12. 03. 91 Funke, Rainer FDP 12. 03. 91 Göttsching, Martin CDU/CSU 12. 03. 91 Grochtmann, Elisabeth CDU/CSU 12. 03. 91 Dr. Guttmacher, FDP 12. 03. 91 Karlheinz Dr. Hennig, Ottfried CDU/CSU 12. 03. 91 Heyenn, Günther SPD 12. 03. 91 Horn, Erwin SPD 12. 03. 91 ** Ibrügger, Lothar SPD 12. 03. 91 ** Jaunich, Horst SPD 12. 03. 91 Kossendey, Thomas CDU/CSU 12. 03. 91 Krause (Dessau), CDU/CSU 12. 03. 91 Wolfgang Dr. Kübler, Klaus SPD 12. 03. 91 Lowack, Ortwin CDU/CSU 12. 03. 91 ** Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 12. 03. 91 Erich Dr. Müller, Günther CDU/CSU 12. 03. 91 * Paintner, Johann FDP 12. 03. 91 Rawe, Wilhelm CDU/CSU 12. 03. 91 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 12. 03. 91 * Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 12. 03. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 12. 03. 91 * Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 12. 03. 91 Dr. Schneider CDU/CSU 12. 03. 91 (Nürnberg), Oscar Schulte (Hameln), SPD 12. 03. 91 ** Brigitte Sielaff, Horst SPD 12. 03. 91 Dr. Sperling, Dietrich SPD 12. 03. 91 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 12. 03. 91 Weiß (Berlin), Konrad Bündnis 90/ 12. 03. 91 DIE GRÜNEN Welt, Hans-Joachim SPD 12. 03. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Neumann auf die Frage der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel (SPD) (Drucksache 12/159 Fragen 68 und 69): Zu Frage 68: Das Forschungsprojekt „Rezente Wasserstandsänderungen an der Deutschen Nordseeküste - Numerische Simulation" wurde vom Bundesminister für Forschung und Technologie (BMFT) für einen Zeitraum von drei Jahren (1. 7. 1987-30. 6. 1990) gefördert. Die Arbeiten haben gezeigt, daß die angewandten numerischen Modelle gute Ergebnisse bezüglich des Tideablaufs (Normaltiden und Sturmfluten) liefern und somit für die Vorhersage von Änderungen des Tideverhaltens in der Deutschen Bucht, verursacht durch einen Meeresspiegelanstieg, verwendet werden können. Die Simulationen eines erhöhten Meeresspiegels ergaben, daß insbesondere in den flachen Gebieten der Deutschen Bucht mit Änderungen der Tidedynamik zu rechnen ist. Dies trifft sowohl für Normaltiden als auch für Sturmfluten zu. Es ist mit Veränderungen der Erosions- und Sedimentationsmuster in den Wattengebieten und Verschiebungen der Brackwasserzonen in den Ästuaren (Flußmündungsgebiete) zu rechnen, die zur Quantifizierung jedoch weiterer Untersuchungen bedürfen. Unmittelbare Konsequenzen für den Deichbau ergeben sich aus den Ergebnissen des Vorhabens bisher nicht. Im zwischenzeitlich geförderten Anschlußprojekt „Simulationen von Wasserstandsänderungen an der Deutschen Nordseeküste und in den Ästuaren" sollen die Folgen eines beschleunigten Meeresspiegelanstiegs auf die Ästuare (z. B. Verlagerung der Schwebstoffzonen, Veränderung der Strömungsverhältnisse unter Berücksichtigung sich hydrologisch verändernder Bedingungen im Ober- und Unterlauf des Ästuars, Änderung der Windstaukurven und Strömungsverhältnisse bei Extremwetterlagen) untersucht werden. Auf die Frage, ob es möglich ist, zusätzliche Zerstörungspotentiale durch Veränderungen der Tidedynamik infolge einer Vertiefung der Unterelbe auf 15 m unter MTNV zu berechnen, ist folgendes zu sagen: Der Bundesminister für Verkehr läßt von der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes zur Zeit eine Fahrwasseranpassung der Elbe unterhalb von Hamburg aus Anlaß der weltweit gestiegenen Anforderungen des Containerschiffsverkehrs untersuchen. Verschiedene Fahrwasservarianten und deren Auswirkungen auf die Tideenergie werden nach dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik zuverlässig mit mathematischen Simulationsmodellen berechnet. Hiermit wird die Grundlage für die Optimierung von ökonomischen und ökologischen Fragestellungen der Verkehrsplanung ermöglicht. Der Begriff „Zerstörungspotentiale" ist fachwissenschaftlich nicht gebräuchlich und sollte in diesem Zu- 736* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 12. März 1991 sammenhang nicht verwendet werden. Zu der Frage, ob es Wasserbaumaßnahmen gibt, die grundsätzlich geeignet sind, dem Zerstörungspotential des allgemeinen Tidenhöhenanstiegs sowie sturmfluterzeugenden Windlagen entgegenzuwirken und umgekehrt, antworte ich folgendes: Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, durch Wasserbaumaßnahmen, wie z. B. Buhnen, die Rauheiten im Randbereich des Flußbettes zu erhöhen und damit eine entsprechend erhöhte Tideenergieumwandlung herbeizuführen. Dabei ist jedoch abzuwägen, ob diese Maßnahmen ökonomisch und ökologisch angemessen sind, insbesondere weil eine sehr geringe Änderung der mittleren Tidewasserstände zu erwarten ist. Eine abschließende Beurteilung wird nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse erfolgen. Bei Sturmfluten herrschen meteorologisch bedingt bereits stark erhöhte Wasserstände im Elbe-Ästuar, so daß bei diesen Bedingungen die örtlich nur im Fahrrinnenbereich vorgenommene Vertiefung einen noch geringeren Einfluß hat. Zu Frage 69: Meeresspiegeländerungen sind im Rahmen natürlicher Schwankungen seit langen Jahren bekannt. Gegenwärtig hat es den Anschein, als ob wir uns in einer Phase des Meeresspiegelanstiegs befinden. So ist seit Beginn dieses Jahrhunderts der Meeresspiegel im Bereich der Nordsee um 14 plus/minus 5 cm gestiegen. Ob hierfür ausschließlich natürlich oder auch durch menschliche Aktivitäten angestoßene Ursachen verantwortlich sind, kann derzeit — so sagen es die den Bundesminister für Forschung und Technologie beratenden Wissenschaftler — nicht eindeutig beantwortet werden. Auch sind sich die Wissenschaftler darin einig, daß die zukünftige Veränderung des Meeresspiegels neben geologischen Bedingungen (Hebungen/Senkungen der norddeutschen Tiefebene) ganz wesentlich auch von der künftigen Entwicklung des Klimas abhängt. In welchem Ausmaß aufgrund von Klimaänderungen der Meeresspiegel steigt, ist in der Wissenschaft allerdings umstritten. Prognosen reichen von 15 cm bis 150 cm für das kommende Jahrhundert. Die wohl komplexeste Modellrechnung u. a. zu diesem Themenkreis hat das Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Klimarechenzentrum kürzlich vorgelegt. Hier gehen die Wissenschaftler von einer thermisch bedingten Anhebung des Meeresspiegels von 16 cm für die nächsten 100 Jahre aus. Welche Folgen hiermit verbunden sind, soll im Rahmen eines BMFT-Förderschwerpunkts „Folgen einer möglichen Klimaänderung" wissenschaftlich bearbeitet werden. Zu der Frage, ,gibt es Maßnahmen zur Verhinderung einer Verschiebung der Brackwasser-Zonen, die aufgrund veränderter Tidedynamik entgegenwirken können, wenn ja, welche?' folgendes: Der Bundesregierung liegen abgesicherte Erkenntnisse über Verschiebungen der Brackwassergrenze in der Unterelbe bisher nicht vor. Alle Maßnahmen an Küstengewässern stellen einen Eingriff in äußerst sensible hydrodynamische und ökologische Systeme dar und bedürfen als Planungsgrundlage umfassender ökosystemarer Untersuchungen. Es wird auf die Antwort in Zusatzfrage 68.2 verwiesen. Die Frage, durch welche Maßnahmen ein Vordringen der Salzfront flußaufwärts und eine Beeinträchtigung des Grundwassers im Einflußbereich der Unterelbe zu verhindern wäre, kann ich sagen: Ökosystemare Untersuchungen schließen die Erkundung der Auswirkung einer potentiellen Verschiebung der Brackwasserzone auf das ufernahe Grundwasser mit ein. Eine Beurteilung wird nach Vorliegen entsprechender Untersuchungsergebnisse im Einvernehmen mit den für den Grundwasserschutz zuständigen Elbeanliegerländern erfolgen.
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    Rede von Dr. Emil Schnell


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schade, daß Herr Waigel nicht mehr hier ist. Ausnahmsweise ist es auch einmal schade, daß der Bundeskanzler nicht hier ist. Ich hätte nämlich auch ihm ganz gern persönlich etwas gesagt.

    (Dr. Weng [FDP]: Er muß nachlesen!)

    — Ich hoffe, daß er das tun wird, daß er sich die Zeit dafür nehmen kann. Als Vertreter aus den neuen Ländern hätte ich den beiden gern direkt etwas gesagt.
    Bei der Rede von Herrn Waigel blieb mir in der Tat die Spucke weg. Wer sich so vehement verteidigt, wie es Herr Waigel tut, der klagt sich selbst an, und zwar zu Recht, so denke ich; denn er hat hier für seine Zwecke ein Horrorszenario an die Wand gemalt mit dem Ziel, daß das Nichtstun letztendlich noch als heroische Wohltat am deutschen Volk erscheinen sollte. Er sagte, wir brauchten uns nicht zu schämen. Dazu sage ich nur: Ich schäme mich im Namen der Ostdeutschen für Sie gleich mit, da Sie das offenbar verlernt haben.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE — Uldall [CDU/CSU]: Das ist aber ein bißchen unappetitlich!)

    Es ist auch schade, daß Herr Borchert und Herr Bohl nicht mehr hier sind.

    (Dr. Diederich [Berlin]: Die liefern hier ihre Beiträge ab und verschwinden!)

    Herrn Borchert hätte ich nämlich gern gesagt, wenn der TED, der Fernsehcomputer, seine Rede gehört hätte, dann hätte er wahrscheinlich nicht einmal 25 %, sondern nur 10 % bekommen. Mehr wahrscheinlich nicht.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Menschen bei uns in den neuen Ländern sind angesichts der Gleichzeitigkeit und der Härte der anfallenden und sich aufstauenden Probleme verständlicherweise sichtlich überfordert, und die Bundesregierung offensichtlich auch. Nur wenige verstehen die komplizierten Regelungen zum Beispiel im Recht, in der Verwaltung, bei Eigentumsfragen und nicht zuletzt bei Steuerfragen. Das alles ist absolutes Neuland. Und dann kommt die Regierung mit diesem unsozialen, unausgewogenen Verzweiflungssteuerpaket,

    (Matthäus-Maier [SPD]: Sehr gut!)

    mit einer Telefonsteuer im Vorfeld zur Einstimmung auf weitere Überraschungen, so denke ich, mit diesem Abgabenunfug, der ökologisch geringe Wirkung zeigen wird — aber eine große Wirkung soll das wahrscheinlich auch nicht haben — , und schließlich mit diesem Haushalt!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie können die Rede auch zu Protokoll geben!)

    In der Debatte zum Haushalt 1990 war diese „Weiter so! "-Strategie schon als auffällig bezeichnet worden. Nun, mitten in den riesigen gesellschaftlichen Umwälzungen in Deutschland, sollte man gut sichtbare Zeichen erkennen dürfen. Aber: Dieser nullte Haushaltsentwurf sieht so aus, als hätte die deutsche Einheit überhaupt nicht stattgefunden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mit Ihnen hätte die nicht stattgefunden!)

    — Dazu komme ich noch.

    (Matthäus-Maier [SPD]: Das nun gerade Herrn Schnell zu sagen, ist ein dicker Hund! — Gegenruf von der CDU/CSU: Bei Ihnen ist es noch klarer! Da muß man nichts sagen! — Matthäus-Maier [SPD]: Sie haben ja keine Ahnung!)

    — Lassen Sie mich darauf antworten: Deutschland ist vereinigt, weil der Druck von uns aus dem Osten gemacht wurde.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE)

    Der 3. Oktober wurde nicht von Ihnen gemacht, sondern der wurde von der SPD, von der CDU, von der DSU — damals gab es ja die DSU noch —, also von uns beschlossen — die FDP war auch noch dabei — und nicht — das möchte ich einmal dazusagen — von Ihnen, meine Damen und Herren. Sie tun immer so
    — Herr Bohl hat vorhin auch so getan — , als ob das Tempo der deutschen Einheit von Ihnen bestimmt



    Dr. Emil Schnell
    worden wäre. Das ist, glaube ich, ein ganz großer Trugschluß.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Nach der SPD sollte verzögert werden! — Uldall [CDU/ CSU]: Die SPD ist immer eine ganz engagierte Wiedervereinigungspartei gewesen! — Walther [SPD]: Das stimmt — gegen Adenauer!)

    Die Grundsätze der Haushaltswahrheit und -klarheit, besonders was die konkreten Anteile der Projekte in den neuen Ländern betrifft, sind in fröhlicher Selbstüberschätzung mißachtet worden. Es ist — das würde ich Herrn Waigel sagen, sofern er noch da wäre — ein Ermächtigungshaushalt,

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ach du lieber Gott!)

    eine Entmündigung des Kabinetts. Ich bin in besonderer Weise darüber erschreckt, daß die Damen und Herren Minister sich das in der Form alles haben gefallen lassen.

    (Zuruf von der FDP: Unfug!)

    Es sei mir gestattet, dieses an einem Beispiel aus dem Bereich Forschung und Technologie kurz zu belegen: Die Mittel in Höhe von 800 Millionen DM vom BMFT, für die ehemalige AdW beantragt, wurden dort gestrichen und finden sich zum Teil und unaufgeschlüsselt im Einzelplan 60 wieder. Unsere Wissenschaftler verschwinden also in der allgemeinen Finanzverwaltung. Im nächsten Jahr dann verschwinden unsere Wissenschaftler, sofern noch als solche tätig und verfügbar, im Einzelplan 30, als reduzierte Größe. Forschung und Technologie — das sollte jedem klar sein, finde ich — ist aber ein Schlüssel für die Zukunft unserer neuen Länder. Natürlich muß darüber nachgedacht werden, den BMFT-Haushalt angemessen zu erhöhen, auch und besonders zugunsten der neuen Länder. Natürlich müssen übergangsweise der Bundesanteil der Mischfinanzierungen erhöht werden und die 91er Finanzierung der AdW vom Bund sichergestellt werden. Die Liste der Beispiele ließe sich fortsetzen. Das werden die weiteren Lesungen ans Licht befördern.
    Wir werden jedenfalls darauf drängen, daß Forschung, Technologie und Wissenschaft in den neuen Ländern nicht kurzsichtig zugrundegespart werden, daß im Gegenteil eine angemessene Soforthilfe das Überleben von Instituten ermöglicht. Das Moratorium hat leider nur formalen Charakter gehabt und zeigt nicht die Wirkungen, die beabsichtigt waren. Wir werden darauf drängen, daß Raumfahrtforschung und Kernenergieforschung zugunsten dringend notwendiger Forschungsergebnisse in den Bereichen Umweltschutz, Energietechnik, regenerierbare Energien, Kommunikation, Verkehr und Arbeit heruntergefahren werden.

    (Beifall bei dem Bündnis 90/GRÜNE)

    und daß im Haushaltsplan klar ersichtlich wird, was in welchem Umfang in Richtung neue Länder fließen soll.
    Da wir gerade bei diesem Thema sind, möchte ich an Herrn Möllemann und Herrn Töpfer die Bitte weitergeben, daß sie die neuen Länder nicht mit Kernkraftwerken vollpflastern. Das wird sonst noch ein böses Ende nehmen.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE)

    Natürlich sehe ich dabei auch die durchgängige und mit den Jahren steigende Mitverantwortung und Eigenverantwortung der Länder im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit.
    Meine Damen und Herren, wie denkt man nun im Osten über all das? — Ich habe, um das herauszufinden, etwas gemacht, was Ihnen, den wenigen Frauen und erfahrenen Herren aus der schwarzen Ecke hier,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer ist die schwarze Ecke?)

    Herrn Waigel und Herrn Kohl — Entschuldigung, ich hätte auch „kohlrabenschwarze Ecke" sagen können —,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt auch! — Walther [SPD]: Es stimmt alles, was der Kollege sagt!)

    nicht im Traum eingefallen wäre. Ich bin zu den Menschen gegangen, nicht vor der Wahl, sondern vorige Woche. Ich bin also zu den Brüdern und Schwestern im Osten — von Ihnen sagen einige ja noch: DDR — gegangen und habe diese Menschen nach ihren Befindlichkeiten befragt, nicht nach dem Kanzler und auch nicht danach, ob es irgendein Wahlversprechen von ihm gibt, das gehalten wurde;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bei 16 Millionen! — Gegenruf von der FDP: Der ist zu seinen drei, vier Wählern gegangen!)

    darauf ist man dann von ganz allein gekommen.
    „Wir sind nicht von der Politik enttäuscht", habe ich gehört, „sondern von Kohl." Eine seltsame Aussage und interessante Trennung, die man eigentlich kommentieren müßte. Es wurde also gar nicht CDU gewählt, sondern Kohl. Aber das kann man inzwischen auch in den Zeitungen nachlesen, sogar in „Bild", Ihrem Leib- und Magenblatt. Dort gibt man dem Kanzler die Richtung, die aus seiner eigenen Partei offensichtlich nicht kommen darf: Umfaller, mach endlich ernst! Wir sind ein Volk!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hören Sie auf, und geben Sie es zu Protokoll!)

    Da kommt auch die Frage: Weshalb sitzen so viele Leute aus dem innerdeutschen Ministerium noch immer in Bonn herum?

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Warten sie vielleicht erst auf die Entscheidung über Regierungs- und Parlamentssitz?
    Nur zu sagen, es muß einfach klappen, wie der Herr de Maizière aus Ihrer Partei, ist als Programm zum Aufbau der neuen Länder wohl etwas dürftig, schildert aber den Stand der Überlegungen in Ihrer Partei: punktuelle Initiativen von niemandem koordiniert.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Wie war das mit der „Deutschtümelei" von Lafontaine?)




    Dr. Emil Schnell
    Das Gemeinschaftswerk Aufschwung-Ost wurde in der „FAZ" folgendermaßen gewürdigt — ich zitiere — : „Der Prozeß der wirtschaftlichen und sozialen Vereinigung droht unter einem Programmwust erdrückt zu werden."

    (Walther [SPD]: Richtig!)

    Warum werden eigentlich nicht sofort zehntausend Beamte — ich denke eher an mehr — dienstverpflichtet und in die neuen Länder geschickt? Das wird dort gefragt. Es gibt tausend berechtigte Fragen an die Bundesregierung, die immer noch entweder in kollektiver Schreckhaltung verharrt

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Sie müssen mit der Gewerkschaft darüber reden!)

    oder nach dem Prinzip „jeder gegen jeden" rumstreitet: Huber gegen Genscher und damit gegen Kohl, Möllemann gegen den Grafen Lambsdorff und den Rest der Partei, CSU gegen FDP, Gauweiler gegen Waigel usw., statt jetzt nach dem Prinzip alle für alle die Ärmel hochzukrempeln für die tatsächlich größte historische Aufgabe der Deutschen nach dem Kriege. Hier zeigt sich, daß Sie die wirkliche Dimension der vor uns liegenden Aufgabe noch nicht wahrgenommen haben.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Außer Minister Möllemann, der sich die Forderung der SPD, die wir seit Monaten massiv einklagen, teilweise zu eigen gemacht hat, wie versprochener Vertrauensschutz, für den Osthandel immerhin 42 % des Volumens, der eigentlich Teil des Einigungsvertrages ist; aber selbst das muß man immer wieder einfordern, wie Entschädigung vor Rückgabe von Eigentum, d. h. auch die Entschädigungsregelung muß sofort her. Daß inzwischen die Niederlage eingetreten ist, brauche ich hier nicht zu erwähnen.

    (Beifall bei der SPD)

    Weiter ist der soziale Wohnungsbau zu nennen; es fehlen 2,5 Millionen Wohnungen, eine Million in den neuen Ländern, d. h. 200 000 Sozialwohnungen pro Jahr. Hier geht es einerseits darum, den vor der Pleite stehenden Wohnungsunternehmen kostendeckende Einnahmen zu verschaffen und andererseits den Mietern bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
    Die Anbindung der Treuhand an das Wirtschaftsministerium ist nicht ganz abwegig, wie ich meine,

    (Walther [SPD]: Weil sich Waigel nicht darum kümmert!)

    aber wirklich wichtig ist jetzt, daß die Treuhand die Baukombinate privatisiert, in die Freiheit entläßt und dezentralisiert, damit es auf diesem Markt zur Konkurrenz kommt. Wenn zwei Treuhandbetriebe anbieten, sind Preisabsprachen zu befürchten. Gerade im Bereich Hoch- und Tiefbau, dem Straßenbau, Wohnungsbau und bei Telekom können so sehr viele Arbeitsplätze geschaffen werden, die zugleich die Infrastruktur anpacken.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Dafür haben wir 5 Milliarden vorgesehen!)

    — Ich sage nichts gegen die 5 Milliarden DM. Hier müßten Existenzgründungen besonders gefördert werden.
    Ich fahre fort mit den späten Möllemann-Einsichten, wie Altlastensanierung in den neuen Ländern durch den Bund, wie Forderung nach einem sozial gerechten Steuer- und Abgabenpaket — das ist nicht von Möllemann, aber da kommt er noch hin —,

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Aber auch ein Schnellschuß!)

    wie Änderung des Einigungsvertrages in dringenden Punkten. Ich kann da nur sagen: Weiter so, Herr Möllemann! Auch der DGB wird sich zu Recht freuen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das wird ja richtig gefährlich für den!)

    Die SPD sagt jedenfalls ja zu massiven Einsparungen zugunsten der neuen Länder. Das sollte in jedem Einzelplan sichtbar werden; da haben Sie bisher versagt. Die SPD sagt ja zu gemeinsamer Verantwortung, ja zu den ersten Schritten, den neuen Ländern finanziell unter die Arme zu greifen.
    Daß Geld allein nicht ausreicht, um Solidarität zu praktizieren, wissen inzwischen hoffentlich alle. Hier liegt aber wohl das größte Problem: Strukturen zu schaffen und mit den geeigneten Personen zu besetzen, damit das Geld schnell an die richtigen Stellen abfließen kann, d. h. Verwaltungshilfe, flächendekkende Informationskampagnen, handhabbare Gesetze und Durchführungsverordnungen. Hier sind wir wirklich alle gefordert. Wir sagen konsequent nein zur Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Ost und West, zwischen Nord und Süd.
    Die Sozialdemokraten befürworten alle sozial ausgewogenen Sofortmaßnahmen, aber auch und besonders die weitsichtigen Maßnahmen — damit meine ich u. a. Infrastrukturausbau — , die angetan sind, für den schnellen wirtschaftlichen Erfolg zu sorgen und damit die Angleichung der Lebensverhältnisse zu beschleunigen.
    Wir fordern die Kommunen in Westdeutschland auf, besonders an kleinere Städte und an Städte mittlerer Größe der neuen Länder qualifizierte Mitarbeiter für längere Zeit — ich denke an zwei bis drei Jahre — abzustellen. Die gewählten Bürgermeister sind aus dem Umbruch vorgegangen und können noch keine Fachleute sein. Das betrifft besonders die Bereiche Finanzen, Bau und Recht. Zur Umsetzung der jetzt bereitgestellten Mittel brauchen diese Leute Assistenz.
    Denken Sie auch daran, daß alles, was die Regierung bisher versäumt hat, in Unmut und Druck der Bevölkerung auf die neugewählten Kommunalvertreter umschlägt. Ich jedenfalls habe Hochachtung vor den Leistungen unserer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die unter widrigen Umständen das öffentliche Leben aufrechterhalten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)




    Dr. Emil Schnell
    Mein Dank gilt gleichermaßen den vielen gewählten Kommunalvertretern und den Helferinnen und Helfern aus den Alt-Bundesländern.

    (Beifall der Abg. Matthäus-Maier [SPD])

    Wir erwarten für den öffentlichen Nahverkehr der neuen Länder Gleichbehandlung mit Großregionen in Alt-Ländern, z. B. München, Hamburg, Hannover oder der Rhein-Ruhr-Region, wo sich der Bund an Defiziten beteiligt. Ich habe von 3,5 Milliarden DM gehört. Auch die Treuhand hat hier eine große Verantwortung. Der Nahverkehr darf nicht zusammenbrechen. Herr Krause ist nun leider nicht da. Ich hätte ihm das auf den Weg geben können.

    (Zuruf von der SPD: Ein Tribunal in Abwesenheit des Angeklagten! — Walter [SPD]: War der Krause überhaupt schon mal da? Ich weiß gar nicht, wie der aussieht!)

    Ein Zusammenbrechen hätte katastrophale Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.
    Ich habe weiter gefragt und habe gehört: „Es ist bitter, wenn man an die Zukunft denkt. So haben wir uns das nicht vorgestellt." Das sagte mir eine junge, arbeitslose Frau mit Tränen in den Augen, und zwar nicht ob der historischen Stunde, sondern aus tiefer persönlicher Betroffenheit, die ich beim Bundeskanzler komplett vermisse. Auch Scham kann eine Tugend sein, meine Damen und Herren. Wann entschuldigt sich der Bundeskanzler endlich beim deutschen Volk?

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Blödsinn! — Zuruf von der FDP: Wofür soll er sich entschuldigen?)

    Oder soll es so weitergehen, wie es eine deutsche Zeitung kommentiert: Kurs halten! Weiter lügen!?
    Die Deutschen in den neuen Ländern fühlen sich verschaukelt oder — wie Graf Lambsdorff vor Brandenburgern eingestand — buchstäblich „verkohlt" und haben ganz einfach Angst. Sie haben berechtigte Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Damit male ich nicht den Teufel an die Wand, stelle allerdings fest, daß die Verharmlosungsspezialisten der Koalition die unangenehme Wahrheit wieder nicht ertragen können.
    Sie haben berechtigte Sorgen um Wohnraum, der erschwinglich ist. Hier müssen die Ungewißheiten und Spekulationen ein schnelles Ende finden. Sie haben berechtigte Sorgen um die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts. Sie haben berechtigte Sorgen um eine ordentliche Altersversorgung, besonders im Pflegefall. Das ist nicht das Ende der Liste. Sie haben insbesondere berechtigte Sorgen, Angst und Zweifel, daß die jetzige Bundesregierung die Probleme überhaupt sieht, real einschätzt und sozial und wirtschaftlich verantwortlich handelt.
    Diese Sorgen teile ich in vollem Umfang. Ich füge hinzu: Nur wenig an der gegenwärtigen Lage — einiges gestehe ich Ihnen zu — in den neuen Ländern war völlig unvorhersehbar. Ich habe die berechtigte Sorge, daß Sie die Probleme auch weiterhin nicht sehen wollen und alles Wichtige aussitzen werden.
    Wir, die Sozialdemokraten, haben zu all den Fragen Maßnahmepakete und Programme vorgelegt: zur Wohnungswirtschaft, zur wirtschaftlichen Einheit, zur
    Landwirtschaft, zum Gesundheitswesen, zur Altersversorgung und vieles mehr. Wo eigentlich bleiben jetzt, nachdem fast ein Jahr vergangen ist, Ihre in sich schlüssigen Maßnahmepakete? Ich meine nicht Geldpakete; das reicht nicht aus.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Wir brauchen Maßnahmepakete, Pläne und Entschließungen für ein Solidarprogramm Ost und Gesamtdeutschland. Ich denke, auch die Altländer haben einen Anspruch darauf. Diese Maßnahmepakete würden wir jetzt gerne auf dem Prüfstand sehen.
    Natürlich muß eine wahrheitsgemäße Perspektive vermittelt werden, die auch Mut, Erfolg und Hoffnung weitergibt, die hilft, mehr Selbstbewußtsein zu bilden, aber auch mit Bescheidenheit umzugehen weiß. Da ist die alte Bundesrepublik nicht unbedingt ein Vorbild.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Wäre ich der Kanzler der staatlichen Einheit


    (Zuruf von der CDU/CSU: Oh je!)

    und hätte ich als Kanzler der Einigung der Deutschen so jämmerlich versagt, würde ich hier und heute zurücktreten.

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Na, dann hören Sie mal auf!)

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD — Dr.-Ing. Kansy [CDU/ CSU]: Gut, daß Sie aufhören!)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete Roth (Gießen), CDU/CSU-Fraktion.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An ätzender Kritik hat es seitens der SPD in den letzten Wochen und Monaten und auch in der heute geführten Debatte — da schließe ich besonders den letzten Beitrag des Kollegen Dr. Schnell ein — wahrlich nicht gefehlt.

    (Walther [SPD]: Zu Recht!) Wohl aber hat es gefehlt


    (Dr. Kappes [CDU/CSU]: An Sachkenntnis!)

    an ein bißchen Anstand und an einer vernünftigen Argumentationslinie, insbesondere an schlüssigen Alternativkonzepten und an einer wirklich plausiblen Gegenstrategie.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Walther [SPD]: Haben wir die Karre in den Dreck gefahren?)

    Ich habe nicht gehört, daß sich einer Ihrer Redner zu der Behauptung verstiegen hätte, wir hätten mit einer anderen als der von dieser Bundesregierung eingeschlagenen Richtung die deutsche Einheit zu besseren Bedingungen bekommen oder wir hätten ein besseres Konzept vorgelegt bekommen, um die Schwie-



    Adolf Roth (Gießen)

    rigkeiten des Aufholprozesses in Deutschland meistern zu können.

    (Walther [SPD]: Hilfloser als Ihre Regierung hätte es keiner machen können!)

    Deshalb, Herr Kollege Walther, fehlt es der Opposition in dieser Debatte nicht nur an Durchschlagskraft, sondern auch an Glaubhaftigkeit.