Rede von
Hermann
Rind
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wohl in kaum einem Feld — wenn die Dame und die Herren von der SPD einmal aufpassen möchten — haben Sie von der SPD in den letzten Jahren so danebengelegen wie in der Steuerpolitik, frei nach dem Motto: Kommen Sie zu uns, da liegen Sie immer falsch. Sie haben erbittert gegen den linear-progressiven Tarif und gegen Steuerentlastungen der Bürger und Unternehmen in Höhe von 50 Milliarden DM gekämpft. Sie haben erbittert gegen den Abbau von 13 Milliarden DM steuerlicher Subventionen gekämpft. Sie haben den Zusammenbruch der kommunalen Finanzen gepredigt und erklärt, dieses große Reformpaket 1990 sei nur mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zu finanzieren.
Nun, am Anfang des Jahres 1991, müssen auch Sie die Fakten zur Kenntnis nehmen. Es gab keine Mehrwertsteuererhöhung zur Finanzierung der Reform, und trotzdem stiegen die Steuereinnahmen im Jahre des größten Reformschritts, 1990, bei Bund und Ländern um 12 Milliarden DM, und bei den Gemeinden übertrafen sie das Ergebnis 1989 um 1,7 Milliarden DM.
Bei der Verabschiedung des Reformpakets haben Sie damals erklärt, das bittere Erwachen für Arbeitnehmer käme im Dezember 1990, wenn die von Ihnen so genannte Weihnachtssteuer fällig würde.
— Ich spreche ein bißchen von Ihren Sünden der Vergangenheit, Frau Matthäus-Maier.
Als es dann soweit war, haben Sie auch tapfer eine entsprechende Pressemeldung verfaßt. Ich habe sie gelesen, allerdings nur auf dem Papier Ihres Pressedienstes. Keine Zeitung fand sich, die diese Erklärung abdruckte, weil dieses Thema keinen Bürger mehr interessierte. Die Steuerzahler hatten nämlich längst begriffen, welche Steuerentlastungen ihnen die Steuerreform 1990 geboten hat.
Im Augenblick — und damit will ich dieses Kapitel abschließen — merken die Beamten in den Finanzämtern, daß der von Ihnen so heftig attackierte Arbeitnehmerpauschbetrag als Zusammenfassung von Weihnachtsfreibetrag, Arbeitnehmerpauschbetrag und Werbungskostenpauschale eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung bringt. Soviel zur Erfolgsbilanz der Steuerpolitik der vergangenen Wahlperiode.
Beim Bundestagswahlkampt 1990 fiel der SPD zum Thema Steuerpolitik nicht viel anderes ein als eine Erhöhung der Mineralölsteuer um 50 Pfennig, verbunden mit dem Versprechen, Mehreinnahmen über die Lohn- und Einkommensteuer den Bürgern wieder zu erstatten. Dieser Umverteilungsapparat wurde dann als ökologisches Steuerkonzept verkauft. Hans Apel, einer aus Ihren Reihen — man könnte auch noch andere Namen nennen — hatte richtig erkannt: Sie wollten den Bürger mit hohen Benzinpreisen zum Verzicht auf das Auto bewegen, ihm aber gleichzeitig über weniger Steuern und ein höheres Nettoeinkommen das Geld geben, damit er den höheren Benzinpreis doch wieder zahlen und Auto fahren kann. Das war Ihre ökologische Steuerpolitik, meine Damen und Herren von der SPD.
Für den Aufbau der Wirtschaft in Ostdeutschland war dabei nicht viel vorgesehen. Es war ein reiner Umverteilungsmechanismus, den Sie in Gang setzen wollten, wohl weil Ihr Kanzlerkandidat Lafontaine von der deutsch-deutschen Entwicklung auf dem falschen Bein erwischt worden ist und auch insgesamt nicht so furchtbar viel davon wissen wollte.
Das ist die Ausgangslage, von der aus Sie in die steuerpolitischen Entscheidungen des Frühjahrs 1991 gehen müssen. Fürwahr, eine schwere, kaum zu tragende Last.
Nun haben die Koalitionsparteien in diesen Wochen auch eine schwere Last zu tragen. Aber wir können das immerhin auf dem festen Boden einer erfolgreichen Steuerpolitik der letzten Jahre tun und mit Schultern, die die Last tragen können, und das deshalb, weil wir im Gegensatz zu Ihnen von Anfang an die nationale Aufgabe anerkannt und uns ihr gestellt haben und weil wir über die aktuellen Beschlüsse der Steuererhöhungen hinaus ein Gesamtkonzept zur Steuerpolitik in den Koalitionsvereinbarungen festgeschrieben haben, das wir nicht aus dem Auge verlieren werden. Ich mache keinen Hehl daraus: Die FDP-Bundestagsfraktion hat es sich schwergemacht, und es ist ihr schwergefallen, dem Steuererhöhungspaket zuzustimmen. Eine Reihe von Abgeordneten waren mit einzelnen Elementen des Pakets, einige auch mit dem ganzen Paket nicht einverstanden. Das gilt insbesondere für den Zuschlag zur Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer. Möglich wurde unsere Zustimmung letztendlich nur, weil eine Reihe von Forderungen aus der Koalitionsvereinbarung gleichzeitig erfüllt wurde und der Haushaltsentwurf weitere Vorbedingungen für die Steuererhöhungen erfüllt. Lassen Sie mich die wichtigsten davon nennen.
Der Haushaltsentwurf sieht Ausgabenkürzungen im Bereich Verteidigung von 7 bis 8 Milliarden DM vor. Das ist eine stolze Leistung.
Die Berlin- und Zonenrandförderung wird mit einem Gesamtvolumen von 12 Milliarden DM abgebaut. Weitere 10 Milliarden DM direkte und indirekte Subventionen — Herr Kollege Walther, es geht nicht nur um direkte Subventionen, wie Sie meinten; wenn Sie in der Koalitionsvereinbarung nachlesen, werden Sie feststellen, daß die indirekten oder steuerlichen Subventionen mit ca. 6 Milliarden DM in diesem Paket enthalten sind — werden abgebaut. Der Ausgabenanstieg des Bundeshaushalts wird auf jährlich maximal 2 % beschränkt.