Rede von
Peter
Conradi
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Jäger, ich habe vor vier Jahren zu einem ähnlichen Gesetzentwurf hier ebenfalls — im Unterschied zu meiner Fraktion — die Gewissensfreiheit sehr hoch angesetzt und dazu geredet. Sie können mir nicht vorhalten, ich hätte das früher nicht gesagt.
Was die Krankenversicherung betrifft, so habe ich hier dargestellt, daß ein großer Unterschied besteht, ob eine Versicherte oder eine Gruppe von Versicherten erreichen will, daß die Krankenversicherung Schwangerschaftsabbrüche überhaupt nicht mehr bezahlt — dies hat Karlsruhe zurückgewiesen — , oder ob eine Versicherte bzw. ein Versicherter wie Sie sagt: Ich will mit meinem Beitrag Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr finanzieren, und ich will eine Regelung, die es mir erlaubt, diesen Teil des Beitrags anderen Zwecken zu widmen.
Darum geht es. Wenn Sie letzteres, was ich dargestellt habe, wollen, werden Sie in diesem Hause und draußen immer meine Unterstützung finden, weil ich Gewissensentscheidungen für eine schwerwiegende Sache halte, die das Parlament nicht an sich ziehen kann. Ich hoffe, das ist damit zwischen uns klar.
Was die FDP betrifft, Herr Kollege: Ich habe vom hemmungslosen Kriegsgerede, nicht von Kriegstreiberei oder Kriegshetze geredet. Ich hätte das nicht getan, hätte nicht der Herr Kollege Eimer meinen Vorredner Herrn von Larcher in seiner Intervention dermaßen in die Ecke gestellt: er rede unmoralisch, da es doch hier um den Krieg gehe, die müßten ihren Kopf hinhalten und ihr Blut hergeben, aber wir seien noch nicht einmal bereit, dafür zu zahlen.
Das fand ich als Intervention diesem Problem nicht angemessen. Dagegen habe ich mich verwahrt. Ich werde Herrn Eimer hier nicht Kriegshetzerei oder etwas Vergleichbares unterstellen.
Was den Beispielsfall mit dem Hochhaus oder dem Straßenbau betrifft: Ich glaube, dieses Beispiel liegt neben der Sache. Ich habe gesagt: Das Parlament muß entscheiden, ob es einen bestimmten Gewissenskonflikt für so wichtig hält, daß es dem einzelnen Staatsbürger in einem bestimmten Fall die Möglichkeit gibt, seinem Gewissen nachzukommen und nicht der Mehrheitsentscheidung des Parlaments oder der Pflicht, Steuern zu zahlen oder Kriegsdienst zu leisten. Ich wäre der letzte, der behaupten würde, die Frage, ob ein Hochhaus oder eine Autobahn gebaut wird, sei eine Gewissensfrage.
Nein, ich bin der Meinung, analog zur Kriegsdienstverweigerung sollten wir ernsthaft überlegen, ob die Kriegsdienststeuerverweigerung nicht auch ein Gewissenstatbestand ist, den wir freiheitlicher regeln können, als es bisher der Fall ist.