Ich hätte mir von Ihnen etwas mehr an Seriosität gewünscht. Lassen Sie mich das einfach sagen.
— Sie wissen das aus unserer Zusammenarbeit, Herr Kollege, wie ich Sie schätze.
Wenn ich sage, Freiheit und Gerechtigkeit sind oberste Grundwerte, aber auch der Frieden ist oberster Grundwert, dann kann es natürlich Spannungen geben. Aber das berechtigt niemanden — auch Sie nicht — zu derart törichten Unterstellungen.
Meine Damen und Herren, wir sollten gemeinsam über die Menschen froh sein, die ihre Friedensbereitschaft zum Ausdruck bringen. Sie schaden dem deutschen Ansehen nicht, sondern sie nutzen ihm. Ich darf wiederholen: Schaden tun dem deutschen Ansehen diejenigen, die die Geschäfte des Todes betrieben haben und weiter betreiben.
Schaden tun dem deutschen Ansehen — hier wird es für viele, auch in diesem Hause, sehr viel kritischer, weil näher —, die das gewußt haben und die sie trotzdem mit einem Augenzwinkern haben gewähren lassen, weil es politisch oder wirtschaftlich opportun war.
Nachdem es nach dem Skandal mit der Giftgasfabrik in Libyen nicht möglich war, müssen wir die Situation heute dazu benutzen, die Schlupflöcher zuzumachen.
Wir müssen das Rüstungsexportverbot in unsere Verfassung aufnehmen, Herr Geißler. Wir sollten es um
so mehr tun, als wir über die Rolle des geeinten Deutschlands in der Welt nachdenken wollen.
Wir sagen ja zu mehr Verantwortung und auch zu mehr Pflichten. Wir sind übrigens der Meinung, daß die Friedenswilligkeit und die Friedensbereitschaft ein hervorragendes Pfund sind, mit dem wir wuchern können, gerade wenn es um die neue Rolle der Deutschen geht. Das ist ein viel besserer Ausgangspunkt als alles das, was jetzt z. B. in englischen Zeitungen zu lesen ist — und das ist ein Vorwurf gegen uns — , die sich nach einer Nation der Blüchers, Moltkes und Rommels zurücksehnen. Ich möchte wirklich einmal wissen, was unsere europäischen Nachbarn tatsächlich täten, wenn sich bei uns heute die Menschen am militärischen Denken dieser drei Herren ausrichteten.
Nein, wir müssen die Friedenswilligkeit und die Friedensfähigkeit zum integralen Bestandteil der Rolle des geeinten Deutschlands in Europa und auch in der Welt machen.
Ich denke, im Rahmen unserer Verfassungsdiskussion sollten wir uns über eines klar werden: daß man über eine Beteiligung z. B. deutscher Soldaten an Friedensmissionen der UNO nur reden kann, wenn zuvor im Grundgesetz nicht nur der Verzicht auf A-, Bund C-Waffen und der Rüstungsexport verankert sind, sondern wenn wir zuvor auch mit unseren Partnern in der NATO und mit unseren Freunden in der Europäischen Gemeinschaft eine Verständigung darüber erzielt haben, daß sich im Bereich des Rüstungsexportes wirklich etwas ändert, d. h. daß sie mit uns der Meinung sind, daß strenge Begrenzungen und Gesetze ohne Schlupflöcher gelten müssen.