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ID1200700600

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    Plenarprotokoll 12/7 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 7. Sitzung Bonn, Freitag, den 1. Februar 1991 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Aussprache zur Erklärung der Bundesregierung Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . . 227A Dr. Penner SPD 231D Dr. Kinkel, Bundesminister BMJ 234 D Dr. Laufs CDU/CSU 236D Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE . . 237 B Gerster (Mainz) CDU/CSU . . . . 238D, 246D Dr. Heuer PDS/Linke Liste 239B Frau Köppe Bündnis 90/GRÜNE 240A Thierse SPD 242B, 245D Dr. Laufs CDU/CSU 241 C Dr. Geißler CDU/CSU 245B Dr. Ullmann Bündnis 90/GRÜNE 246B Graf von Schönburg-Glauchau CDU/CSU 246 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 247A Dr. Knaape SPD 248A Dr. Brecht SPD 250A Frau Matthäus-Maier SPD 250 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 251A Dr. Graf Lambsdorff FDP 254A Scharrenbroich CDU/CSU 255A Geis CDU/CSU 255 D Frau Dr. Götte SPD 256D Frau Jelpke PDS/Linke Liste 257 C Kleinert (Hannover) FDP 259A Dr. Riege PDS/Linke Liste 260 D Bohl CDU/CSU 261D Müller (Pleisweiler) SPD (nach § 28 Abs. 2 GO) 263 D Dr. Ullmann Bündnis 90/GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 264 C Gansel SPD (Erklärung nach § 31 GO) . 264D Möllemann FDP (Erklärung nach § 31 GO) 265B Dr. Graf Lambsdorff FDP (Erklärung nach § 31 GO) 265 C Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung und bei der Bundesanstalt für Arbeit (Drucksache 12/56) Dr. Blüm, Bundesminister BMA 266A Büttner (Ingolstadt) SPD 268A Heyenn SPD 268 B Schreiner SPD 268D, 277 A Dr. Blüm CDU/CSU 269A, 2798 Gibtner CDU/CSU 269 C Frau Dr. Babel FDP 271 D Frau von Renesse SPD 273 C Frau Bläss PDS/Linke Liste 274 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 275 A Fuchtel CDU/CSU 275 A Frau Schenk Bündnis 90/GRÜNE . . . 277 B Andres SPD 277 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Februar 1991 Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 12/57) Jagoda CDU/CSU 280 D Dr. Knaape SPD 282 C Dr. Thomae FDP 283 D Frau Dr. Fischer PDS/Linke Liste . . . 284 A Peter (Kassel) SPD 284 D Frau Schenk Bündnis 90/GRÜNE . . . 286B Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMG . 287 A Büttner (Ingolstadt) SPD 287 C Nächste Sitzung 288 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 289* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 289 * D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Februar 1991 227 7. Sitzung Bonn, den 1. Februar 1991 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Antretter SPD 01.02.91 * Bindig SPD 01.02.91 * Frau Blunck SPD 01.02.91 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 01.02.91 * Brandt SPD 01.02.91 Frau Brudlewsky CDU/CSU 01.02.91 Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 01.02.91 * Buwitt CDU/CSU 01.02.91 Erler SPD 01.02.91 Eylmann CDU/CSU 01.02.91 Frau Eymer CDU/CSU 01.02.91 Dr. Feldmann FDP 01.02.91 * Frau Fischer (Unna) CDU/CSU 01.02.91 * Francke (Hamburg) CDU/CSU 01.02.91 Gattermann FDP 01.02.91 Frau Geiger CDU/CSU 01.02.91 Dr. Geisler (Radeberg) CDU/CSU 01.02.91 Gerster (Worms) SPD 01.02.91 Dr. Gysi PDS 01.02.91 Dr. Haussmann FDP 01.02.91 Hollerith CDU/CSU 01.02.91 Dr. Holtz SPD 01.02.91 Jung (Düsseldorf) SPD 01.02.91 Jung (Limburg) CDU/CSU 01.02.91 Kittelmann CDU/CSU 01.02.91 * Klinkert CDU/CSU 01.02.91 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 01.02.91 Kuhlwein SPD 01.02.91 Lenzer CDU/CSU 01.02.91 * Louven CDU/CSU 01.02.91 Lowack CDU/CSU 01.02.91 de Maizière CDU/CSU 01.02.91 Marten CDU/CSU 01.02.91 Matschie SPD 01.02.91 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 01.02.91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller CDU/CSU 01.02.91 * Müller (Wesseling) CDU/CSU 01.02.91 Dr. Neuling CDU/CSU 01.02.91 Frau Odendahl SPD 01.02.91 Pfeifer CDU/CSU 01.02.91 Pfuhl SPD 01.02.91 Reddemann CDU/CSU 01.02.91 * Repnik CDU/CSU 01.02.91 Reuschenbach SPD 01.02.91 Frau Roitzsch CDU/CSU 01.02.91 (Quickborn) Frau Schaich-Walch SPD 01.02.91 Dr. Scheer SPD 01.02.91 * Schmidbauer CDU/CSU 01.02.91 von Schmude CDU/CSU 01.02.91 * Dr. Schuster SPD 01.02.91 Frau Simm SPD 01.02.91 Dr. Soell SPD 01.02.91 * Dr. Sperling SPD 01.02.91 Spilker CDU/CSU 01.02.91 Steiner SPD 01.02.91 * Stiegler SPD 01.02.91 Dr. Vogel SPD 01.02.91 Dr. Warnke CDU/CSU 01.02.91 Dr. Warrikoff CDU/CSU 01.02.91 Weißgerber SPD 01.02.91 Frau Wieczorek-Zeul SPD 01.02.91 Wissmann CDU/CSU 01.02.91 Frau Wollenberger Bündnis 01.02.91 90/GRÜNE Wonneberger CDU/CSU 01.02.91 Zierer CDU/CSU 01.02.91 * Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 22. Januar 1991 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag Für eine friedliche Lösung des Golfkonflikts - Drucksache 12/10 - zurückzieht.
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    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte mir sehr gewünscht, mein neues Amt als Bundesjustizminister in einer Zeit antreten zu können, die weniger von Gewalt und Unrecht erfüllt ist. Wir alle sind mit großen Hoffnungen in dieses Jahr gegangen: Die Teilung



    Bundesminister Dr. Kinkel
    Deutschlands ist überwunden. Der KSZE-Prozeß ist abgeschlossen. Wir durften glauben, vor einer Zeit des Friedens und des Rechts zu stehen. Aber es ist anders gekommen. Die Welt wird von einer Welle des Unrechts erschüttert. Die Verbrechen Saddam Husseins sind auch eine Niederlage des Rechts. Recht ist eben nicht nur innerstaatliches Recht.
    In den baltischen Republiken müssen die Menschen um die Rechte kämpfen, die bereits die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 als unantastbar und selbstverständlich definiert hat.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Aber das Recht ist eine mächtige Kraft. Ich jedenfalls baue darauf, wir sollten darauf bauen, daß es sich letztlich durchsetzen wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Unrecht kann nur durch Recht überwunden werden. Damit meine ich nicht nur Gesetze und Verordnungen. Recht ist mehr: Recht ist, so Radbruch, Wille zur Gerechtigkeit. Auf diesen Willen zur Gerechtigkeit kommt es an. Mit ihm müssen wir versuchen, dem Unrecht entgegenzutreten.
    Neben Recht und Freiheit zählt der Frieden zu unseren höchsten Werten. Der Einsatz für den Frieden verdient deshalb immer Achtung und Respekt. Er ist ein Wert an sich.

    (Frau Dr. Götte [SPD]: Ach nee!)

    Gerade weil wir in unserem Jahrhundert Erfahrungen so entsetzlicher Art gemacht haben, müssen wir diejenigen verstehen, die den Krieg als Mittel der Politik total und endgültig ablehnen. Aber richtig ist eben auch, daß das Recht dem Unrecht nicht weichen darf. Aggression darf nicht belohnt werden; Aggression darf nicht siegen. Wenn das Recht nicht entschieden verteidigt wird, zerfällt es und verliert seine bewußtseins- und handlungsbildende Kraft.
    Ich meine allerdings, daß jede Diskussion dort aufhört, wo unter der Decke von Friedensdemonstrationen klar Antiamerikanismus betrieben wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir verdanken den Amerikanern außerordentlich viel. Sie haben sich für unser Recht und für unsere Freiheit in der Vergangenheit in besonderem Maße eingesetzt.
    Dasselbe gilt für unsere Solidarität mit Israel, die vor allem auf seiten der Israelis viel Kraft gekostet hat, bis es zum Aufbau unseres gegenwärtigen Verhältnisses kam. Ich sage klar: Dieses Verhältnis darf nie wieder getrübt werden.
    Vor 40 Jahren hat Thomas Dehler als erster Bundesminister der Justiz dem damaligen Bundestag seinen ersten Bericht über die Aufgaben des Justizministeriums vorgetragen. Die Wiederherstellung der Rechtseinheit und die Erneuerung des Rechtsbewußtseins war damals sein Thema. Damals ging es darum, das Recht der westlichen Besatzungszonen zu vereinheitlichen und es von den Resten des NS-Unrechts zu befreien.
    Heute ist es unsere Aufgabe, die Hinterlassenschaft des SED-Unrechts aufzuarbeiten. Wir stehen, ich stehe als neuer Bundesjustizminister vor der großen Aufgabe, das verlorengegangene Vertrauen der Menschen zueinander, das Vertrauen in den Staat und in den Rechtsstaat neu aufbauen zu müssen. Dehler sagte damals, dieses Vertrauen sei durch eine verbrecherische Zeit des Unrechts erschüttert worden. Gleiches ist in der ehemaligen DDR geschehen. Ministerpräsident Biedenkopf hatte recht, als er gestern sagte, daß das Ausmaß des geschehenen Unrechts täglich leider deutlicher und schrecklicher werde. Ich habe als Bundesjustizminister Akten und Vorgänge aus der früheren DDR übernommen, bei denen es mir im wahrsten Sinne des Wortes schlecht geworden ist. Darüber wird noch an anderer Stelle zu sprechen sein.
    Die tiefgreifende Verunsicherung der Menschen, die aus der jahrelangen Rechtlosigkeit, Bespitzelung und Bevormundung resultiert, muß abgebaut werden. Die Sehnsucht nach dem Recht war eine der großen Triebkräfte für die Revolution. Die Menschen hoffen nun in den fünf neuen Ländern auf den Rechtsstaat. Sie müssen, wie ich sagte, wieder Vertrauen zueinander finden. Diese Hoffnungen müssen und werden wir einlösen.
    Die zentrale rechtspolitische Aufgabe der nächsten vier Jahre wird deshalb — so jedenfalls sehe ich es — der Aufbau des Rechtsstaates in den neuen Bundesländern sein. Kein Mensch würde verstehen, wie ich schon an anderer Stelle gesagt habe, wenn wir unser fein austariertes und ausgebautes Rechtssystem in den alten Bundesländern weiter ausziseliert aufbauen würden, während wir in den fünf neuen Bundesländern eine absolut defizitäre, katastrophale Lage haben.
    Der wirtschaftliche Aufbau ist gewiß ungeheuer wichtig. Für die betroffenen Menschen aber sind die Rechtsstaatsprobleme mindestens von gleichem Gewicht. Das ist für uns in den Altländern nicht so ganz einfach zu verstehen, weil wir nach 40 Jahren gelebtem Rechtsstaat alles als absolut selbstverständlich empfinden.
    Es geht um den Aufbau einer demokratischen Justiz in den neuen Bundesländern, die dafür sorgt, daß die Bürger wieder zu ihrem Recht kommen; denn Recht sichert Freiheit, und nur Recht führt zur Freiheit und zum Vertrauen der Menschen untereinander. Die Justiz muß von Richtern und Staatsanwälten befreit werden, die dem SED-Regime als Steigbügelhalter gedient haben und sich als Instrument der Unterdrükkung mißbrauchen ließen. Wer sich allerdings nichts zuschulden kommen ließ, kann auch bleiben. Kennzeichen des Rechtsstaats ist individuelle Gerechtigkeit.
    Wir brauchen eine Fülle von neuen Richtern, Staatsanwälten, Rechtspflegern, Geld aus den Altländern, Fortbildungshilfe, technische Hilfe, kurz: eine gewaltige Unterstützung in der Praxis. Ich habe in den vergangenen Monaten versucht, einiges anzuschieben, und werde meine ganze Kraft diesen Fragen widmen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Kinkel
    Wir brauchen für den Neubeginn vor allem aber auch Kraft, Verständnis und Solidarität. Ich warne gerade in dem Bereich, über den ich spreche, vor Überheblichkeit, auf die die Menschen in den neuen Bundesländern zu Recht hochempfindsam reagieren. Ich warne vor gönnerhafter, meist übrigens nur scheinbarer Überlegenheit.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Wir hatten das Glück, meine Damen und Herren, auf der richtigen Seite zu sein und ab 1949 einen freien und demokratischen Staat aufbauen zu können.
    Wir bekamen auch — das wird heute leicht vergessen — nach der Zeit des Unrechtsstaates, nach der Nazizeit, 1945 die Chance, die schwierigen Spielregeln der Demokratie und der Sozialen Marktwirtschaft einzuüben. Zu diesen Spielregeln gehört die Achtung vor der Meinung des anderen, gehören Toleranz und die ständige Bereitschaft zum Dialog. Im Umgang miteinander können und müssen wir jetzt unter Beweis stellen, wie ernst es uns mit diesen Spielregeln ist.
    Wir stehen heute vor der schweren Aufgabe, die verheerende Hinterlassenschaft der SED aufzuräumen. Das Unrecht hat ja nicht nur 40 Jahre gedauert; es hat leider Gottes auch alle Bereiche des Lebens erfaßt. Gleich nach dem Kriege wurden die Menschen deportiert, interniert und durch die sowjetischen Militärtribunale verurteilt. In den Jahren 1945 bis 1949 wurden viele Menschen ohne jeden Grund aus dem Lande gejagt und um ihr Vermögen gebracht. Der Vorwurf, sie zählten zu den Kriegsschuldigen oder den Naziaktivisten, war eine Lüge.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Ihnen wurde allein zum Verhängnis, daß sie einer Gesellschaftsschicht angehörten, der die kommunistische Ideologie das Existenzrecht absprach.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Republikflüchtlingen und verurteilten Regimegegnern hat die DDR ihr Eigentum rigoros entzogen. West-Eigentümer unterlagen einer subtilen Enteignungspraxis.
    Unrecht hat die SED aber nicht nur am Vermögen der Betroffenen begangen; das Regime hat systematisch Menschen zerbrochen und Lebensschicksale zerstört. Kritiker wurden strafrechtlich verfolgt, in psychiatrische Anstalten gesperrt, an Ausbildung und Fortkommen gehindert.
    Aber — auch das gehört zur Tragik der deutschen Geschichte in diesem Jahrhundert — wir können das geschehene Unrecht nicht ungeschehen machen. Um die Einheit unseres Vaterlandes zu gewinnen, mußten wir im Einigungsvertrag schweren Herzens auf die Rückgängigmachung der Enteignungen der Jahre 1945 bis 1949 verzichten. Das ist uns und — das möchte in an dieser Stelle auch einmal deutlich sagen — mir als dem verantwortlichen Verhandlungsführer außerordentlich schwergefallen. Ich möchte mit Nachdruck sagen, daß Ausgleichsleistungen bald kommen müssen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Viele Menschen wurden an Körper, Geist und Seele gebrochen. Sie sind heute alt, einige sind gestorben. Keine moralische Rehabilitierung und kein Geld vermag hier mehr zu helfen. Als Justizminister verspreche ich den Opfern an dieser Stelle, alles in meiner Macht Stehende zu tun — wie es bereits der Ausschuß Deutsche Einheit anläßlich der Beratung des Einigungsvertrages gefordert hat — , um hier zu helfen. Mit der Arbeit an einem Rehabilitierungsgesetz haben wir im Justizministerium bereits begonnen.
    Aber ich bitte die betroffenen Opfer zugleich ganz herzlich — ohne hier irgend etwas verdrängen zu wollen — , uns Vertrauen zu schenken und sich nicht in Bitterkeit zu verhärten. Wir müssen dieses Mal unsere Vergangenheit rechtzeitig bewältigen. Wir müssen unseren inneren Frieden finden und die Kraft zur Aussöhnung aufbringen. Die Kräfte für die Zukunft werden sonst nicht frei, und wir schleppen die Lasten der Vergangenheit sonst immer weiter mit uns herum.
    Ich komme zum Schluß: Von ganz entscheidender Bedeutung sind die offenen Vermögensfragen. Über eine Million Anträge liegen bei den 213 Landratsämtern und den 34 kreisfreien Städten. Wir müssen mit Personal, Technik, Soft- und Hardware versuchen, das möglichst rasch in den Griff zu bekommen, ebenso die gigantischen Probleme der Treuhandanstalt.
    Deshalb erarbeiten wir zur Zeit mit großem Nachdruck das Gesetz zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen. Dieses Gesetz wird bereits am 6. Februar im Bundeskabinett beraten und diesem Hohen Hause in Kürze vorliegen.
    Der demokratische Rechtsstaat ist keine Parteiensache. Um ihn erfolgreich aufzubauen, müssen wir alle gemeinsam zusammenwirken. Ich möchte Sie deshalb heute auch in meiner neuen Funktion nachdrücklich bitten, mit mir diese großen Aufgaben in Angriff zu nehmen. Ich brauche Sie alle. Ich brauche zur Mitwirkung und zur Bewältigung dessen, was vor uns liegt, gerade im rechtsstaatlichen Bereich vor allem den Deutschen Bundestag.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Laufs.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Paul Laufs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus der Fülle der anstehenden Probleme kann ich nur einige Stichworte herausgreifen.
    Ein großes Thema der Innen- und Rechtspolitik sind die im Einigungsvertrag aufgezeigten und für die Europäische Politische Union erforderlichen Ergänzungen und Änderungen des Grundgesetzes. Das informelle gemeinsame Gremium aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates sollte rasch gebildet werden.
    Unsere Position ist klar: Wir wollen keine neue Verfassung. Wir lehnen eine Totalrevision des Grundgesetzes ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




    Dr. Laufs
    Wir sagen auch: Keine Experimente mit Staatszielbestimmungen. Wir setzen uns für ein Staatsziel Umweltschutz ein, aber wir lehnen die Aufnahme weiterer Staatsziele in das Grundgesetz ab. Konkurrierende Interessen können nicht gleichermaßen mit Vorrang verfassungsrechtlich ausgestattet werden. Über Prioritäten müssen wir uns politisch auseinandersetzen.
    Wir halten auch nichts von Experimenten mit dem Volksentscheid. In den häufig auftretenden hysterischen Stimmungslagen — was haben wir denn anderes in diesen Wochen? — könnten vernünftige plebiszitäre Beschlußfassungen nicht erwartet werden. Wir wollen keinen Rückfall in die Demokratie der Straße.

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch unerhört! — Weitere Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/GRÜNE)

    — Ich will Ihnen sagen, was ich damit meine: Der saarländische Ministerpräsident hat dieser Tage die Bevölkerung und seine Staatsbeamten dazu aufgerufen, auf die Straße zu gehen und sich an einer Antikriegsdemonstration zu beteiligen. Dies findet unsere Kritik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Dieser Aufruf ist amtswidrig und gegen den repräsentativen Parlamentarismus gerichtet.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)