Rede:
ID1200609800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 11
    1. Zu: 1
    2. einer: 1
    3. kurzen: 1
    4. Intervention: 1
    5. gebe: 1
    6. ich: 1
    7. das: 1
    8. Wort: 1
    9. dem: 1
    10. Abgeordneten: 1
    11. Gansel.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/6 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 6. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1991 Inhalt: Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 95 A Rücknahme eines in der 5. Sitzung erteilten Ordnungsrufs 95 B Tagesordnungspunkt 1: Aussprache zur Erklärung der Bundesregierung Dr. Vogel SPD 95 B Dr. Dregger CDU/CSU 107 B Dr. Schmude SPD 112C Dr. Solms FDP 113 B Conradi SPD 116D Dr. Modrow PDS/Linke Liste 118B Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE . . . 121D Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . . 124 C Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . 126B, 168C Frau Matthäus-Maier SPD . . . . 129D, 154B Dr. Faltlhauser CDU/CSU 133B, C Genscher, Bundesminister AA 136B Gansel SPD 139C, 162C Dr. Graf Lambsdorff FDP 169A, 174B Dr. Biedenkopf, Ministerpräsident des Landes Sachsen 145 B Kühbacher, Minister des Landes Brandenburg 148B, 171C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 150D Dr. Kohl, Bundeskanzler 152 C Dr. Krause (Börgerende) CDU/CSU 154A, 174B Möllemann, Bundesminister BMWi . . . 154 C Dr. Jens SPD 156C Gansel SPD 157B Rühe CDU/CSU 158D Genscher FDP 163A Möllemann FDP 163B, 166D Frau Lederer PDS/Linke Liste 163 C Roth SPD 165C, 169B Dr. Krause, Bundesminister BMV . . . 169B Dr. Ullmann Bündnis 90/GRÜNE . 172A, 177A Glos CDU/CSU 174C, 177B Walther SPD 176A, 180D Roth SPD 176D Dr. Briefs PDS/Linke Liste 177 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 178D Nitsch CDU/CSU 181 B Dr. Seifert PDS/Linke Liste 183 C Schäfer (Offenburg) SPD 184B Gibtner CDU/CSU 187B Baum FDP 188D Frau Braband PDS/Linke Liste 190D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 191B Schäfer (Offenburg) SPD 193A Dr. Feige Bündnis 90/GRÜNE 193D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 195C Dreßler SPD 198B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1991 Cronenberg (Arnsberg) FDP 204 B Dreßler SPD 204C, 209A, 220C Dr. Schumann (Kroppenstedt) PDS/Linke Liste 206 C Frau Rönsch, Bundesminister BMFS . . 207 B Dr. Ullmann Bündnis 90/GRÜNE . . . 208A, B Frau von Renesse SPD 208B, C Schwarz CDU/CSU 209 D Frau Schenk Bündnis 90/GRÜNE . . . 210C Frau Dr. Merkel CDU/CSU 212 C Frau Dr. Höll PDS/Linke Liste 213A Frau Bläss PDS/Linke Liste 213A Frau Becker-Inglau SPD 214B Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Bundesminister BMBau 217B Reschke SPD 218B Conradi SPD 219A Scharrenbroich CDU/CSU 219D Dr. Ortleb, Bundesminister BMBW . . . 222D Kuhlwein SPD 223 C Nächste Sitzung 224 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 225* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1991 95 6. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1991 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Antretter SPD 31. 01. 91 * Bindig SPD 31. 01. 91 * Frau Blunck SPD 31. 01. 91 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 31. 01. 91 * Frau Brudlewsky CDU/CSU 31. 01. 91 Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 31. 01. 91 * Buwitt CDU/CSU 31.01.91 Erler SPD 31.01.91 Frau Eymer CDU/CSU 31. 01. 91 Dr. Feldmann FDP 31. 01. 91 * Frau Fischer (Unna) CDU/CSU 31. 01. 91 * Francke (Hamburg) CDU/CSU 31. 01. 91 Gattermann FDP 31.01.91 Dr. Gysi PDS 31. 01. 91 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 31. 01. 91 Dr. Holtz SPD 31. 01. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Kittelmann CDU/CSU 31. 01. 91 * Klinkert CDU/CSU 31.01.91 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 31. 01. 91 Matschie SPD 31.01.91 Dr. Müller CDU/CSU 31. 01. 91 * Dr. Neuling CDU/CSU 31. 01. 91 Pfuhl SPD 31.01.91 Reddemann CDU/CSU 31. 01. 91 * Repnik CDU/CSU 31.01.91 Dr. Schäuble CDU/CSU 31. 01. 91 Dr. Scheer SPD 31. 01. 91 * Schmidbauer CDU/CSU 31.01.91 von Schmude CDU/CSU 31. 01. 91 * Frau Simm SPD 31. 01. 91 Dr. Soell SPD 31. 01. 91 * Dr. Sperling SPD 31. 01. 91 Spilker CDU/CSU 31.01.91 Steiner SPD 31. 01. 91 * Frau Wieczorek-Zeul SPD 31. 01. 91 Frau Wollenberger Bündnis 31. 01. 91 90/GRÜNE Wonneberger CDU/CSU 31.01.91 Zierer CDU/CSU 31. 01. 91 *
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Er kommt gleich dran.
    Jetzt noch ein Wort zu den deutschen Soldaten, die dort sind: Hans-Jochen Vogel — ich habe mir das aufgeschrieben — hat hier einfach, nüchtern und lieblos erklärt, die Entscheidung sei falsch, unsere Soldaten jetzt in die Türkei zu schicken,

    (Zurufe von der SPD)

    obwohl deutlich geworden ist, daß die Soldaten, die jetzt mit „Roland" oder „Hawk" dorthin gehen, die Luftwaffensoldaten schützen sollen, auch die Belgier und Italiener. Ich muß Ihnen sagen: Wenn der englische Oppositionsführer — Herr Dregger hat das immer wieder angesprochen — ganz konkret gesagt hat, unsere Soldaten stärken den Frieden in der Welt, sie machen die Welt sicherer, und wir sind stolz auf sie, dann möchte ich nicht aus dieser Debatte herausgehen ohne ein Wort der Zuwendung — auch von seiten der Opposition — an die Soldaten, die jetzt in die Türkei gehen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch als Opposition schulden Sie das unseren Soldaten, die dort in unser aller Auftrag tätig sind, um die Welt sicherer zu machen. Wir sind stolz auf sie.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist hier über Demonstrationen gesprochen worden. Es wird gesagt, es sei besser, daß die Deutschen für den Frieden demonstrieren und daß es keine Aufmärsche für den Krieg gibt. Das ist eine solche Selbstverständlichkeit, daß man sich darüber wirklich nicht viel unterhalten muß.
    Aber man sollte sich die Demonstration in Bonn schon ein bißchen genauer anschauen. Wenn ein deutscher Bischof wie Bischof Forck Präsident Bush und Saddam Hussein gleichsetzt

    (Zustimmung bei der PDS/Linke Liste)

    — Beifall von kommunistischer Seite, Herr Bischof Forck! —, wenn er wörtlich von der Fahrlässigkeit der amerikanischen Politik und der UNO spricht, die — so wörtlich — ein Unrecht mit einem noch größeren Unrecht beantwortet hat, dann möchte ich Bischof Forck fragen, ob er vergessen hat, daß es alliierte Soldaten waren, die die Gewaltherrschaft Hitlers beseitigt haben, die das Morden in den KZs in Deutschland gestoppt haben und die uns dennoch die Möglichkeit gegeben haben, wieder ein freies Gemeinwesen aufzubauen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das waren nicht Antikriegsdemonstranten in London, in Paris oder New York oder wo auch immer, sondern es waren alliierte Soldaten, die das gemacht haben. Das sollte man nicht vergessen.

    (Dr. Briefs [PDS/Linke Liste]: Einschließlich der kommunistischen Roten Armee!)

    — Einschließlich der kommunistischen Roten Armee; das ist richtig. Aber das, was die in den nächsten 40 Jahren gemacht haben, das unterscheidet sich grundlegend von dem, was unsere Alliierten hier im Westen gemacht haben. Unter den Folgen haben wir ja noch zu leiden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD)

    — Ich bedanke mich sehr, daß Sie das ansprechen. Ich muß Ihnen sagen, die Deutschen sind nicht feige, wie das manche behaupten.

    (Zuruf von der PDS/Linke Liste: Oh, das sind ja böse Töne!)

    — Ich weiß nicht, was daran böse ist.
    Sie hassen den Krieg, sie lieben den Frieden, aber sie wissen eben auch, daß es wirklichen Frieden nicht ohne Freiheit und Gerechtigkeit gibt. Deswegen bin ich auch überzeugt, daß viele Mitbürger in den neuen Bundesländern wissen, worum es jetzt geht. Sie haben sich nämlich 40 Jahre nicht mit dem Frieden, den es ja gab, abgefunden. Das war ja Frieden. Aber es war Frieden ohne Freiheit und ohne Gerechtigkeit. Das war der Stacheldrahtfrieden, Herr Modrow, an den ich Sie gerne einmal erinnern möchte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deswegen bin ich ganz sicher, daß sie uns verstehen und daß sie die Auffassung teilen, daß zum Frieden Freiheit und Gerechtigkeit gehören.
    Im übrigen: In dieser Situation müssen wir die Vereinten Nationen doch stärken. Seit 40 Jahren können sie erstmals richtig arbeiten, weil der Ost-West-Konflikt überwunden ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Auch hier gibt es einen Zusammenhang mit der deutschen Frage. Wie kann man denn da auf die Idee kommen, in einer Situation, in der die Vereinten Nationen eine Autorität haben, wie sie sie 40 Jahre nicht gehabt haben, weil es nicht mehr das ständige Njet gibt, die Vereinten Nationen anzugreifen und zu sagen, sie hätten sich noch schlimmer benommen als Saddam Hussein. Das ist doch geradezu unglaublich. Wir müs-



    Rühe
    sen sie nach der Überwindung des Ost-West-Konflikts doch stärken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Hier ist schon zu Recht zurückgewiesen worden, was aus einigen befreundeten Ländern an Kritik gekommen ist. Da ich nächste Woche mit dem Kollegen Lamers in Paris und London sein werde, will ich schon jetzt sagen: Es gab einige Leute, die haben im Sommer dem Deutschen die Pickelhaube und jetzt die Schlafmütze aufgesetzt. Dann fügen sie noch hinzu: Wir haben es ja immer gesagt. Sie merken gar nicht, welch inkonsequente Position sie vertreten. Das müssen wir uns nicht gefallen lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Aber natürlich müssen wir schon analysieren, warum wir in eine relativ schwierige Diskussionslage gekommen sind. Man kann auch nicht so tun, als ob das alles nur ungerecht wäre, was uns dort an internationaler Diskussion widerfährt. Richtig ist natürlich, daß es im letzten Jahr immer nur aufwärts gegangen ist, in Richtung deutscher Einheit, Frieden und Freiheit, so daß wir geglaubt hatten, wir hätten länger Zeit, um das wiedervereinigte Deutschland psychologisch auf die gewachsene weltpolitische Verantwortung einzustellen. Und diese Zeit haben wir eben nicht.
    Aber ist es nicht auch richtig, daß wir in der Diskussion hier in Deutschland selektiv an den Beschluß der Vereinten Nationen herangegangen sind, daß wir nur den Verhandlungsteil betont und die Menschen nicht darauf vorbereitet haben, daß auch der andere Teil dazugehört, notfalls mit dem Mandat und der Autorität der Vereinten Nationen auch Gewalt anzuwenden, um die internationale Rechtsordnung wiederherzustellen? Ich glaube, daß das zu unseren Schwierigkeiten beigetragen hat.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Es ist ja so, daß Mitterrand hier große Unterstützung gefunden hat, der bis in die letzte Minute eine Friedensinitiative gestartet hat, und auch noch darüber hinaus. Das ist richtig. Aber der Mitterrand, der dann am nächsten Tage seinen Truppen den Einsatzbefehl gegeben hat, der hat in der deutschen Politik nicht stattgefunden, jedenfalls nicht lobend.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Deswegen glaube ich, daß, wenn man versucht, zu analysieren, wie es aussieht, wir nicht darum herumkommen, zu sagen, wo auch Schwächen in unserer eigenen Diskussion gelegen haben.
    Nach der Wiedervereinigung ist immer wieder gesagt worden, die Deutschen würden keine größere Macht haben, sondern größere Verantwortung. Ich glaube, das Wort „Verantwortung" muß jetzt ausgefüllt werden, es darf keine leere Worthülse bleiben. Verantwortung kann man nicht nur mit Geld wahrnehmen, das ist überhaupt keine Frage.
    Deutschland — so schrieb vor wenigen Tagen die „Financial Times" — ist die stärkste Wirtschaftsmacht in Europa, und es ist auch die größe Demokratie in Europa. Ich glaube, es war sehr, sehr wichtig, was der
    Bundeskanzler hier gestern über die zukünftige internationale Rolle Deutschlands gesagt hat. Wir alle sollten parteiübergreifend versuchen, darauf hinzuwirken, daß wir eine Akzeptanz in unserer Bevölkerung erreichen, daß es eben keine weltpolitische Idylle für uns geben kann, keine Nische in der Weltpolitik. Das ist eine Aufgabe, die sich über die Parteien hinweg stellt.
    Die Europäische Gemeinschaft — ich bin da etwas freimütiger in der Analyse, ich bin ja auch etwas freier als Diplomaten — hat in der Krise nicht stattgefunden, nur solange verhandelt wurde, und dort auch als Trittbrettfahrer, wenn ich das etwas undiplomatisch sagen darf. Ich finde, daß man auch zu kurz springt, wenn man sagt, strukturell hätte die Europäische Gemeinschaft Defizite, und sie wäre nicht in der Lage, mit einer solchen Krise fertigzuwerden.

    (Roth [SPD]: Das nach acht Jahren Europapolitik der CDU!)

    Wenn wir also nur die richtigen Organisationen schaffen, dann werden wir das schon hinkriegen. Ich glaube, daß man da zu kurz tritt.
    Ich frage mich wirklich, wie man eine europäische Schicksalsgemeinschaft schaffen will, in der sich alle Welt darum kümmert, eine gemeinsame Währung zu schaffen, und die Erregung ganz hoch ist — schon jetzt beim Europäischen Währungssystem — , wenn die Bandbreite der Währung ein bißchen zu sehr schwankt. Aber wenn ich dann sehe, wie die Bandbreite des Empfindens der Menschen oder der Abgeordneten hier in diesem Bundestag im Vergleich zur Kammer in Paris oder zum Unterhaus in London in einer Schicksalsfrage schwankt, dann sage ich, wir würden zu kurz springen, wir würden zu technokratisch an dieses Europa herangehen, wenn wir nicht auch umfassender unseren Beitrag leisten würden, und da müssen sich vor allem die Deutschen bewegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Man kann nicht sagen: Ihr müßt eine so stabile Währung schaffen, wie wir das wollen, und die Europäische Zentralbank muß genauso aussehen wie die Deutsche Bundesbank, und in den anderen Feldern sagen: wir unterscheiden uns von euch, und das müßt ihr halt zur Kenntnis nehmen.
    Ich sehe eigentlich nur einen Weg, psychologisch schneller und besser zusammenzufinden — der Kollege Lamers hat das schon seit längerem vorgeschlagen — , daß wir, wenn deutsche Verbände für die Vereinten Nationen tätig werden — ich hoffe, daß es dafür in der Zukunft einen Weg gibt — , man das nicht rein national macht, sondern wirklich multinationale Verbände in Europa schafft, daß sich Europäer Schulter an Schulter wirklich diesen Herausforderungen stellen können. Dann wird ein gemeinsames Bewußtsein — ich glaube, auch hier in Deutschland — wachsen, und dann werden die Debatten im Deutschen Bundestag vielleicht ähnlich wie die in Paris und London verlaufen, und in diese Richtung sollten wir alle miteinander wirken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




    Rühe
    Gefragt sind jetzt von uns Deutschen Verantwortung, Eindeutigkeit — das an die Sozialdemokraten — und Solidarität; gefragt sind vor allem auch Taten. Natürlich ist es auch richtig, daß wir schon jetzt über eine möglichst dauerhafte Friedensordnung im Nahen Osten nachdenken müssen. Aber zunächst müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, indem der Aggressor auch militärisch besiegt wird.
    Ich hoffe, daß die Vorbereitungen für den Frieden mindestens so intensiv betrieben werden wie die Vorbereitungen, die für den Krieg dort betrieben worden sind. Simon Perez — Sie sehen, ich zitiere Sozialisten aus Israel — hat ein gutes Wort gefunden: Nach diesem Krieg können die Reichen nicht einfach wieder in ihre Paläste zurückkehren und die Armen in ihre Hütten. — Das ist richtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das gilt für die Reichen in Kuwait und in Saudi-Arabien, aber das gilt natürlich auch für diesen superreichen Irak. Das ist ja der eigentliche Skandal: nicht nur, daß er diese Region mit Krieg überzogen hat und den Frieden verhindert, sondern auch, daß er Millionen von Menschen gezwungen hat, aufs ärmlichste in den Hütten zu leben, weil der Reichtum, der durch das Öl erarbeitet wurde, in Waffen gegossen worden ist. Das ist doch der Skandal, über den wir alle uns aufregen und für den wir keine Entschuldigung finden sollten.

    (Gansel [SPD]: Wo kommen die Waffen her?)

    Das muß man doch auch den Demonstranten sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die zwischen den Staaten bestehenden wirtschaftlichen und sozialen Gegensätze müssen abgebaut werden. Im Augenblick ist es angesichts des Fundamentalismus, den es dort gibt, wie eine Utopie, trotzdem muß man es sagen: Es muß auch wieder einen Dialog zwischen den Religionen und den Kulturen geben. Deswegen brauchen wir soziale und wirtschaftliche Veränderungen; wir brauchen aber auch den wirklichen Versuch, endlich eine Sicherheits- und Friedensbalance herzustellen.
    Deswegen möchte ich am Ende noch einmal sagen: Der Besuch in Israel, den der Außenminister, mein Kollege Spranger und ich sowie die Kollegen von der Opposition durchgeführt haben, war weiß Gott nicht einfach für uns. Dem, was wir dort gesagt haben, müssen jetzt auch konkrete Taten folgen. Die Scud-Raketen halten Sie nicht auf mit Demonstrationen hier. Wenn man die Scuds mit Demonstrationen aufhalten könnte, dann wären schon alle Israelis auf den Straßen, um gegen die Scuds zu demonstrieren. Sie können sie auch nicht mit Geld aufhalten.
    Deswegen sind wir wirklich zu konkreten Schritten gefordert, wie sie die Bundesregierung vorgeschlagen hat. Ich hoffe, daß diese Maßnahmen und auch die Maßnahmen, die zum Schutz unserer Soldaten in der Türkei dienen und die signalisieren: „Das ist das Bündnis, und die Abschreckung wird funktionieren", auch über die Parteien hinweg Zustimmung finden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Zu einer kurzen Intervention gebe ich das Wort dem Abgeordneten Gansel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Norbert Gansel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Ein Teil der Rede von Herrn Rühe hätte unter der Überschrift „CDU: für soziale Gerechtigkeit in Saudi-Arabien" stehen können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber lustig!)

    Mich hat sehr überrascht, daß Sie erst auf Grund des Golf-Krieges feststellen, welche soziale Ungerechtigkeit dort herrscht, was für ein feudales System das ist.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe nie gehört, daß das in Ihrer Einschätzung Saudi-Arabiens bisher eine Rolle gespielt hat.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Mit Ihnen wird die SPD noch ihr Glück machen! — Bohl [CDU/ CSU]: Das ist eine gute Wahl für uns, die mit Ihnen getroffen wurde!)

    Nun möchte ich dem Kollegen Möllemann hinsichtlich der Beziehungen zu anderen Staaten nicht unrecht tun; er ist ja Staatsminister im Auswärtigen Amt gewesen. — Natürlich können wir unsere Beziehungen nicht auf demokratische Staaten beschränken, und natürlich haben wir es immer wieder mit Staaten zu tun, in denen es Menschenrechtsverletzungen gibt; aber eine Außenpolitik, die auf Menschenrechtsverletzungen in den Ländern, mit denen sie Beziehungen pflegt, nicht reagiert, kann zur Kumpanei werden.

    (Bohl [CDU/CSU]: Entsetzlich! — Kittelmann [CDU/CSU]: Durch Wiederholung werden Sie nicht besser!)

    Das ist mein Vorwurf, daß in all den Jahren, in denen zwischen dem Irak und dem Iran ein schrecklicher Krieg tobte, in dem der Irak Giftgas einsetzte und diesen Krieg auf die eigene Bevölkerung, auf die Kurden, ausdehnte, bei allem, was die Bundesregierung im wirtschaftlichen und im außenpolitischen Bereich gemacht hat, wir nie haben feststellen können, daß die Menschenrechtssituation im Irak oder die Völkerrechtswidrigkeit des Krieges eine Rolle gespielt hat.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Ich sage Ihnen, Herr Möllemann, genau diese Politik war eine Form von Appeasement, die Saddam Hussein stark gemacht hat, die ihn in die psychische Verfassung gebracht hat zu glauben, er könne sich alles leisten, auch noch den Überfall auf Kuwait, und der Westen würde nicht reagieren. Es bedurfte ja auch mehr als einer Schrecksekunde, bis eine Reaktion kam.
    Ich frage mich manchmal, ob die dann einsetzende Reaktion wirklich so entschlossen gewesen wäre, wäre Kuwait nicht ein Land mit soviel 01 gewesen.
    Ich erinnere mich, Kollege Möllemann, daß, als wir 1982 über die Frage debattierten, ob der Leo-2-Panzer nach Saudi-Arabien geschickt werden sollte oder nicht — —