Rede:
ID1200605700

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 12006

  • date_rangeDatum: 31. Januar 1991

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:29 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Vizepräsidentin Schmidt: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0

  • subjectLänge: 12 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 11
    1. der: 2
    2. Das: 1
    3. Wort: 1
    4. hat: 1
    5. Minister: 1
    6. Finanzen: 1
    7. des: 1
    8. Landes: 1
    9. Brandenburg,: 1
    10. Herr: 1
    11. Kühbacher.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/6 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 6. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1991 Inhalt: Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 95 A Rücknahme eines in der 5. Sitzung erteilten Ordnungsrufs 95 B Tagesordnungspunkt 1: Aussprache zur Erklärung der Bundesregierung Dr. Vogel SPD 95 B Dr. Dregger CDU/CSU 107 B Dr. Schmude SPD 112C Dr. Solms FDP 113 B Conradi SPD 116D Dr. Modrow PDS/Linke Liste 118B Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE . . . 121D Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . . 124 C Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . 126B, 168C Frau Matthäus-Maier SPD . . . . 129D, 154B Dr. Faltlhauser CDU/CSU 133B, C Genscher, Bundesminister AA 136B Gansel SPD 139C, 162C Dr. Graf Lambsdorff FDP 169A, 174B Dr. Biedenkopf, Ministerpräsident des Landes Sachsen 145 B Kühbacher, Minister des Landes Brandenburg 148B, 171C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 150D Dr. Kohl, Bundeskanzler 152 C Dr. Krause (Börgerende) CDU/CSU 154A, 174B Möllemann, Bundesminister BMWi . . . 154 C Dr. Jens SPD 156C Gansel SPD 157B Rühe CDU/CSU 158D Genscher FDP 163A Möllemann FDP 163B, 166D Frau Lederer PDS/Linke Liste 163 C Roth SPD 165C, 169B Dr. Krause, Bundesminister BMV . . . 169B Dr. Ullmann Bündnis 90/GRÜNE . 172A, 177A Glos CDU/CSU 174C, 177B Walther SPD 176A, 180D Roth SPD 176D Dr. Briefs PDS/Linke Liste 177 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 178D Nitsch CDU/CSU 181 B Dr. Seifert PDS/Linke Liste 183 C Schäfer (Offenburg) SPD 184B Gibtner CDU/CSU 187B Baum FDP 188D Frau Braband PDS/Linke Liste 190D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 191B Schäfer (Offenburg) SPD 193A Dr. Feige Bündnis 90/GRÜNE 193D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 195C Dreßler SPD 198B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1991 Cronenberg (Arnsberg) FDP 204 B Dreßler SPD 204C, 209A, 220C Dr. Schumann (Kroppenstedt) PDS/Linke Liste 206 C Frau Rönsch, Bundesminister BMFS . . 207 B Dr. Ullmann Bündnis 90/GRÜNE . . . 208A, B Frau von Renesse SPD 208B, C Schwarz CDU/CSU 209 D Frau Schenk Bündnis 90/GRÜNE . . . 210C Frau Dr. Merkel CDU/CSU 212 C Frau Dr. Höll PDS/Linke Liste 213A Frau Bläss PDS/Linke Liste 213A Frau Becker-Inglau SPD 214B Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Bundesminister BMBau 217B Reschke SPD 218B Conradi SPD 219A Scharrenbroich CDU/CSU 219D Dr. Ortleb, Bundesminister BMBW . . . 222D Kuhlwein SPD 223 C Nächste Sitzung 224 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 225* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1991 95 6. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1991 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Antretter SPD 31. 01. 91 * Bindig SPD 31. 01. 91 * Frau Blunck SPD 31. 01. 91 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 31. 01. 91 * Frau Brudlewsky CDU/CSU 31. 01. 91 Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 31. 01. 91 * Buwitt CDU/CSU 31.01.91 Erler SPD 31.01.91 Frau Eymer CDU/CSU 31. 01. 91 Dr. Feldmann FDP 31. 01. 91 * Frau Fischer (Unna) CDU/CSU 31. 01. 91 * Francke (Hamburg) CDU/CSU 31. 01. 91 Gattermann FDP 31.01.91 Dr. Gysi PDS 31. 01. 91 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 31. 01. 91 Dr. Holtz SPD 31. 01. 91 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Kittelmann CDU/CSU 31. 01. 91 * Klinkert CDU/CSU 31.01.91 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 31. 01. 91 Matschie SPD 31.01.91 Dr. Müller CDU/CSU 31. 01. 91 * Dr. Neuling CDU/CSU 31. 01. 91 Pfuhl SPD 31.01.91 Reddemann CDU/CSU 31. 01. 91 * Repnik CDU/CSU 31.01.91 Dr. Schäuble CDU/CSU 31. 01. 91 Dr. Scheer SPD 31. 01. 91 * Schmidbauer CDU/CSU 31.01.91 von Schmude CDU/CSU 31. 01. 91 * Frau Simm SPD 31. 01. 91 Dr. Soell SPD 31. 01. 91 * Dr. Sperling SPD 31. 01. 91 Spilker CDU/CSU 31.01.91 Steiner SPD 31. 01. 91 * Frau Wieczorek-Zeul SPD 31. 01. 91 Frau Wollenberger Bündnis 31. 01. 91 90/GRÜNE Wonneberger CDU/CSU 31.01.91 Zierer CDU/CSU 31. 01. 91 *
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Deutschen im östlichen Teil Deutschlands sind von den Problemen, die wir heute in der Debatte bisher vorwiegend behandelt haben, genauso bewegt und getroffen wie die Menschen im Westen. Sie haben in der gleichen Weise Angst und Sorge; Angst und Sorge, die sich — in vielen Friedensgebeten ist dies deutlich geworden — auch mit der Bereitschaft mischen, darüber nachzudenken, welchen Beitrag man selbst zu dieser Entwicklung geleistet hat.

    (Dr. Vogel [SPD]: Sehr wahr!)

    Aber die Menschen im Osten beschäftigt auch ein anderes großes Problem. Ich meine, daß in der Debatte über die Regierungserklärung bei aller Bedeutung des alles überschattenden Krieges am Golf auch dieses Problem behandelt werden muß. Der Bundeskanzler hat es in seiner Regierungserklärung als die Aufgabe bezeichnet, die innenpolitisch absolute Priorität hat, nämlich die Herstellung gleicher Lebensverhältnisse für die Menschen in ganz Deutschland. Dieses Ziel ist nur gemeinsam zu erreichen; das hat der Bundeskanzler zu Recht festgestellt. Er hat gefordert, daß sich die Solidarität und die gesamtstaatliche Verantwortung aller deutschen Bürger dieser Aufgabe zuwenden. Denn, so wörtlich: Es geht um eine Aufgabe aller Deutschen.
    Diese Tatsache ist von großer Bedeutung für die Menschen, etwa im Freistaat Sachsen, aber auch in allen anderen ostdeutschen Bundesländern; denn, meine Damen und Herren, unbeschadet der großen Anstrengungen, die im Grunde genommen seit über einem Jahr, aber vor allem in den Monaten seit der Herstellung der deutschen Einheit für die Menschen und den Wiederaufbau im östlichen Teil Deutschlands geleistet wurden, ist die Aufgabe, die noch vor uns liegt, gigantisch.
    Herr Modrow, der Sie ja vorhin von der zu schnellen Einheit und dem, wie Sie meinten, Herunterwirtschaften der Wirtschaft gesprochen haben,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gerade der!)

    erst jetzt entdeckt sich uns langsam und allmählich die ganze Dimension der katastrophalen Lage im Osten Deutschlands.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Erst jetzt entdeckt sich uns allmählich nicht nur der wirtschaftliche und der ökologische Schaden,

    (Dr. Graf Lambsdorff [FDP]: Und der geistige!)

    sondern vor allem der ungeheure Schaden, der von einer sozialistischen Zwangsherrschaft in den Köpfen und Herzen der Menschen angerichtet worden ist,

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    der Schaden, der etwa bei jungen Studenten dadurch angerichtet wurde, daß man sie in der Rechtswissenschaft dazu erzogen hat zu glauben, das Recht diene nicht als herrschendes, sondern als Instrument der Macht, und man dürfe das Recht brechen, wenn die



    Ministerpräsident Dr. Biedenkopf (Sachsen)

    Macht der Arbeiter- und Bauernklasse dies erforderlich mache.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)

    Die unglaubliche Zerstörung all dessen, was zur Kultur, zur Rechts- und Wirtschaftskultur eines freiheitlichen Landes gehört — das ist der eigentliche Schaden.

    (Lowack [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Der Schaden besteht auch darin, daß aus dem östlichen Teil Deutschlands in den letzten 40 Jahren über 4 Millionen Menschen vertrieben wurden, die alle ihr Land nicht freiwillig verlassen haben, die ihre Heimat nicht deswegen zurückgelassen haben, weil sie sich dort nicht mehr zu Hause fühlten, sondern weil man ihnen ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen und in Freiheit unmöglich gemacht hatte. Wir sehen heute, welche Lücken diese Abwanderung gerissen hat.
    Meine Damen und Herren, es geht um die Aufgabe aller Deutschen. Das heißt, daß es eine Gemeinschaftsaufgabe ist, den Osten Deutschlands wieder aufzubauen und gleiche Lebenschancen und Lebensverhältnisse für alle Deutschen zu gewinnen.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sehr richtig!)

    Eine Gemeinschaftsaufgabe bedeutet nach unserem Verfassungsrecht und nach unserem politischen Verständnis — ich glaube, da gibt es keine Meinungsverschiedenheit —, daß sich alle daran beteiligen müssen,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: So ist es! — Bundeskanzler Dr. Kohl: Sehr gut!)

    und zwar alle nach ihrer Leistungsfähigkeit.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der SPD)

    So halten wir es in der Europäischen Gemeinschaft, so halten wir es im Verhältnis der Bundesländer untereinander in der alten Bundesrepublik, und so müssen wir es auch im geeinten Deutschland halten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

    Dazu gehört, daß man sich Maßstäbe setzt oder verschafft, wie man diese Beiträge mißt. Hier ist es mir ein wichtiges Anliegen, daß wir nicht nur das Geld als Maßstab nehmen, sondern insbesondere auch das mit einbeziehen, was die Deutschen im östlichen Teil Deutschlands an politischen und menschlichen Leistungen erbringen und auch erbringen müssen, wenn das Werk der Einheit gelingen soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Einheit wird — das ist die Beobachtung vieler — zu sehr als ein rein ökonomisches und finanzpolitisches Problem diskutiert.

    (Zustimmung bei der SPD — Bundeskanzler Dr. Kohl: Sehr gut!)

    Meine Damen und Herren, alles Geld das der wohlhabende Teil Deutschlands dem neuen Teil Deutschlands zur Verfügung stellt, wäre nutzlos zur Verfügung gestellt, wenn dort nicht Millionen von Menschen bereit wären, unter sehr viel schlechteren Lebensbedingungen, mit sehr viel geringeren Gehältern, in einer zum Teil ökologisch verwüsteten Landschaft, in sehr viel schlechteren Wohnungen und mit einer sehr viel schlechteren Infrastruktur Leistungen, auch politische Anpassungsleistungen zu erbringen, die im Westen schlicht als politisch undurchsetzbar und deshalb politisch unmöglich gekennzeichnet würden.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Man muß sich klarmachen, was von den Menschen verlangt wird, die sich nun in einer völlig neuen Rechtsordnung, in einer neuen Wirtschaftsordnung, in einer neuen Wirtschafts- und Finanzstruktur zurechtfinden sollen. Die Bürgermeister — im Freistaat Sachsen 1 600 an der Zahl — , die vor einem knappen Jahr durch die Kommunalwahl in ihr Amt kamen, werden plötzlich mit administrativen Aufgaben überschüttet, die zu erledigen jede Gemeinde und jeder Kreis in der Bundesrepublik sich schlicht weigern würden, weil diese Aufgaben zusätzlich auf sie zukämen. Diese Bürgermeister erledigen diese Aufgaben dennoch, und das bei einem Einkommen von 1200 oder 1 300 DM im Monat; bei einem Oberbürgermeister sind es 2 200 oder 2 500 DM im Monat. Dieselben Leute lesen morgens in der Straßenbahn oder im Auto im Anzeigenblatt die Stellenangebote aus dem Westen, in denen das Drei- bis Vierfache geboten und zusätzlich eine Wohnung versprochen wird. Trotzdem bleiben die Leute dort und bauen Deutschland im Osten auf!

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und beim Bündnis 90/GRÜNE)

    Dies ist eine Leistung, die in unsere Leistungsbilanz zur Bewertung der Beiträge zur Erfüllung der Gemeinschaftsaufgabe eingehen muß, wenn die ganze Sache nicht von vornherein wieder ungerecht sein soll.
    Deshalb ist es ein großes Anliegen von uns allen — das möchte ich hier in der Debatte über die Regierungserklärung für diese Legislaturperiode ausdrücklich sagen — , daß diese Leistungen im Zusammenhang mit der Entwicklung der nächsten Monate und Jahre, in denen die Weichenstellungen für die gesellschaftliche Einheit — wie Herr Vogel es genannt hat — oder die innere Einheit der Deutschen — wie wir es nennen — erfolgen, mit bewertet werden.
    Die Menschen werden immer wieder gefragt: Was bringt ihr in diesen Prozeß ein? Sie bringen, meine Damen und Herren, sich selbst ein, und zwar mit einer Leistungsbereitschaft, an der man sich im Westen ein Vorbild nehmen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Damit kommen wir zum Beitrag im Westen. Auch hier werden wichtige menschliche, persönliche Beiträge geleistet. Wir könnten in allen ostdeutschen Bundesländern die Arbeit des Aufbaus ohne die Unterstützung aus dem Westen nicht mit Erfolg bewältigen, ohne die Unterstützung von Frauen und Männern, die bereit sind, für Monate oder Jahre eine neue Aufgabe zu übernehmen, und zwar unter sehr viel



    Ministerpräsident Dr. Biedenkopf (Sachsen)

    schwierigeren Bedingungen, als sie es zu Hause gewohnt sind, unter Inkaufnahme einer Menge Einschränkungen und Widrigkeiten, die sie aber — das ist meine Erfahrung mit Mitarbeitern — in wenigen Monaten vergessen, weil sie sich mit der neuen Aufgabe identifizieren.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Ich möchte meine Rede vor diesem Hohen Hause nutzen, um den Männern und Frauen, die nach Osten kommen und mithelfen, ausdrücklich zu danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Ich möchte auch allen denen danken, die mit der echten Bereitschaft kommen, zu investieren und mit ihrem Kapital Mitbürger im Osten Deutschlands zu werden. Das macht eine wirkliche Investition aus; nicht nur ein schneller Einmarsch, um schnelles Geld zu verdienen.
    Aber der dritte und wichtigste Beitrag — das kann angesichts der ökonomischen und der zahlenmäßigen Verhältnisse nicht anders sein — ist der Beitrag zur Finanzierung. Meine Damen und Herren, es ist viel über die Finanzen gesprochen worden. Ich sehe meine Aufgabe jetzt hier nicht darin, Einzelheiten zur Bewältigung der finanziellen Dimension dieser Aufgabe vorzutragen, sondern ich möchte die Dimension selbst kurz vortragen. Denn wenn es so ist, daß wir ein geeintes Deutschland sind, dann gibt es zur Bewältigung dieser finanziellen Aufgabe keine Alternative, so daß im Unterschied zu vielen anderen Fällen in diesem Fall die Notwendigkeiten, nicht die Bereitschaften oder die politischen Entschlossenheiten das Volumen bestimmen.
    Die Notwendigkeiten werden nicht durch Parteipolitik, sondern durch die Wirklichkeit bestimmt. Die Wirklichkeit sagt, daß die ostdeutschen Bundesländer in den nächsten Jahren nur mit sehr geringen Steuereinnahmen rechnen können. Es gibt aus dem Dezember Steuerschätzungen, die den ostdeutschen Ländern und den Gemeinden zusammen für das Jahr 1991 etwa 16 Milliarden DM, für das Jahr 1992 etwa 20 Milliarden DM, für das Jahr 1993 etwa 26 Milliarden DM und für das Jahr 1994 etwa 30 Milliarden DM Einnahmen voraussagen.
    Dazu kommen die Einnahmen bzw. die Zuschüsse aus dem Fonds Deutsche Einheit. Bei der Anlage des Fonds Deutsche Einheit ist man offenbar davon ausgegangen, daß die Steuereinnahmen der ostdeutschen Länder sehr viel schneller steigen würden, als sie nach den jüngsten Steuerschätzungen voraussichtlich steigen. Deshalb hat man den Fonds so angelegt, daß die größten Zahlungen 1991 und die geringsten 1994 kommen. Das war, wenn ich so sagen darf, weil es auch die Diskussion über die Korrektur dieser Lösung erleichert, ein überparteilicher Konsenz, der vor allem auch von den Ländern, und zwar von den CDU- und den SPD-Ländern, als Voraussetzung für deren Zustimmung zum Einigungsvertrag nachhaltig gefordert wurde.
    Die Wirklichkeit wird nun voraussichtlich anders verlaufen; zumindest müssen wir uns darauf einrichten. Voraussichtlich werden die aggregierten Einnahmen, also Steuereinnahmen der Länder und Gemeinden und Leistungen aus dem Fonds Deutsche Einheit, zwischen 1991 und 1994 insgesamt nicht zunehmen, sondern abnehmen. Wenn man die Steuerschätzungen vom Dezember zugrunde legt, dann werden die ostdeutschen Länder im Jahre 1991 — einschließlich Fonds Deutsche Einheit — rund 46 Milliarden DM und im Jahre 1994 rund 39 Milliarden DM einnehmen. Das heißt, obwohl die Aufgaben wachsen, obwohl die Gehälter notwendigerweise steigen, obwohl die Investitionsansprüche zunehmen, nehmen die projektierten Einnahmen ab.
    Dies hat die Finanzminister der ostdeutschen Länder bereits im Dezember zu der Feststellung veranlaßt — ich möchte sie mir hier zu eigen machen — , daß wir einen Fall des Art. 7 des Einigungsvertrages vor uns haben. Art. 7 des Einigungsvertrages erlaubt den Parteien, eine Neuverhandlung mit Hinweis auf eine nachhaltig veränderte Grundlage des Vertrages zu fordern.
    So, wie die Projektionen jetzt sind, werden die ProKopf-Einnahmen in den neuen Bundesländern im Verhältnis zu den Pro-Kopf-Einnahmen in den alten Bundesländern 1991 61 %, 1992 55 %, 1993 50 % und 1994 43 % betragen. Es ist offensichtlich — ich will Sie nicht weiter mit Zahlen langweilen —, daß aus diesen Zahlen keine Perspektive erwachsen kann. Wir brauchen diese Perspektive aber, wenn wir die Menschen für die Aufgabe gewinnen wollen, wenn wir die Investoren gewinnen wollen, wenn wir Wissenschaft und Kultur erhalten und sichern wollen und wenn wir damit das Erbe sichern wollen, das in großem Umfang auch als historisches Erbe durch die Wiedervereinigung mit den ostdeutschen Ländern wieder nach Deutschland gekommen ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

    Dieses kulturelle, geistige und wissenschaftliche Erbe muß erhalten und gemehrt werden, die Infrastruktur muß erneuert werden, und es darf nicht zugelassen werden, daß die ostdeutschen Länder und Gemeinden bereits in zwei Jahren höher als die westdeutschen Länder verschuldet sind und daß sie in drei Jahren praktisch nicht mehr leistungsfähig sind, auch was die Kreditaufnahme betrifft, weil sich dann ein Teufelskreis in Gang setzt. Den müssen wir vermeiden! Der Teufelskreis wird dadurch ausgelöst, daß Investoren in hochverschuldete und sich ständig weiter verschuldende Länder nicht gehen und daß diejenigen, die eine zukunftsweisende, das Land erneuernde unternehmerische Arbeit leisten wollen, eine solche Region verlassen. Indem sie sie aber verlassen, tragen sie zur weiteren Verzögerung der Entwicklung bei, was wiederum eine Verzögerung der Investitionen zur Folge hätte, usw.
    Ich möchte deshalb zusammenfassend sagen: Die Weichenstellung für die innere Einheit Deutschlands wird in den nächsten Monaten stattfinden, und sie wird geprägt sein durch die Kraft dieses hohen Hauses und der Bundesländer, in Änderung und Weiterentwicklung der bisherigen Grundlagen soviel Mittel in diesem Jahr zur Verfügung zu stellen, daß die Dinge in Gang kommen, d. h. daß nicht diese Negativspirale



    Ministerpräsident Dr. Biedenkopf (Sachsen)

    einsetzt und wir nicht die wertvollsten Menschen verlieren, die wir haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich habe im Februar 1990 als Mitglied des Deutschen Bundestages in diesem Hohen Hause gesagt, daß wir für die Finanzierung der deutschen Einheit voraussichtlich den Zuwachs des Bruttosozialprodukts in den nächsten Jahren brauchen würden. Der Zuwachs des Bruttosozialprodukts im Jahr 1990 war sehr eindrucksvoll. Der Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, daß ein wesentlicher Teil dieses Zuwachses aus dem Prozeß der deutschen Einheit resultiert. Ich unterstreiche seine Feststellung, daß dieser Zuwachs dorthin gehört, wo er eigentlich entstanden ist.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Dies gilt aber auch für die weitere Entwicklung. Andernfalls wird es in diesem Jahr und in den kommenden Jahren eine nachhaltige Verschiebung der wirtschaftlichen Aktivitäten von Ost nach West geben mit der Folge, daß das, was wir im Osten brauchen, nämlich der Aufbau der Produktion, dort nicht stattfindet.
    Ein letzter Punkt zu den Ländern. Die Länder, aber auch der Bund müssen ein Interesse daran haben, daß die ostdeutschen Bundesländer 1995 in der Lage sein werden, sich reibungslos in den horizontalen Finanzausgleich nach unserer Verfassung einzufügen.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Wenn sie das nicht können, entstehen für die Altbundesländer Verteilungsforderungen bzw. -verpflichtungen, die sie in ihren Haushalten zwischen 1994 und 1995 überhaupt nicht verkraften können. Das heißt, wir würden in einem solchen Fall sehenden Auges nicht nur auf eine Finanz-, sondern sogar auf eine Verfassungskrise zumarschieren, weil nämlich die Altbundesländer nicht in der Lage wären, ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht zum horizontalen Finanzausgleich zur Sicherung gleicher Lebensverhältnisse zu entsprechen.
    Wenn das aber voraussehbar 1995 so sein wird und praktisch 1994 schon abgewickelt werden müßte, dann liegt es im Interesse aller Beteiligten — auch der westdeutschen Bundesländer — , bereits in diesem Jahr einen Prozeß mit zu befördern bzw. in Gang zu setzen, der diese Einfädelung 1995 in reibungsloser Weise gestattet. Genau das wäre die Perspektive, die die Menschen im Osten dazu bewegen würde, dort zu bleiben, die Ärmel aufzukrempeln und das große Werk der deutschen Einheit, von dem wir hier sprechen, vor Ort zu leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und beim Bündnis 90/GRÜNE)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Minister der Finanzen des Landes Brandenburg, Herr Kühbacher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute stehe ich als Anwalt der Bürger Brandenburgs vor
    Ihnen, gestützt durch eine Landtagsentschließung, die gestern einstimmig von allen Parteien beschlossen wurde und mit der ich die Bundesregierung und die Öffentlichkeit auffordern will, uns zu helfen. Um Ihnen zu erläutern, in welcher Situation wir uns tatsächlich befinden, lese ich Ihnen das Telegramm eines im Besitz des Bundes befindlichen Betriebes vor:
    Auf Grund der durch schriftliche Informationen von der Kraftverkehr Fürstenwalde/Spree GmbH
    — ein Treuhandbetrieb —
    angekündigten Stillegung des ÖPNV
    — öffentlicher Personennahverkehr —
    mit Bussen und Straßenbahnen bei ausbleibender Subventionszahlung beruft die Geschäftsleitung ... den Aufsichtsrat zum 31. Januar 1991, 17 Uhr
    — also heute abend —
    in Fürstenwalde ein. Thema: ausgebliebene Subventionszahlungen, Stillegung des ÖPNV ab 31. 01. 91, 24 Uhr; Kurzarbeit für 322 Arbeitnehmer als Folge.
    Davon habe ich noch eine ganze Reihe von Telegrammen dabei.
    Die Situation, mit der wir es in Brandenburg zu tun haben, ist, daß 22 der Bundesrepublik Deutschland gehörende Betriebe, nämlich Betriebe der Treuhand, die Zahlung deshalb einstellen, weil der Zentralstaat, vertreten durch den Bundesverkehrsminister, ab 1. Januar seine Zahlung, die er bis dahin aus dem Bundeshaushalt 1990 geleistet hat — da waren die Mittel vorhanden — , nicht mehr leistet. Die Geschäftsführer sind nach der Rechtslage verpflichtet, zum Konkursrichter zu gehen, wenn sie sich nicht strafbar machen wollen. Es sind aber Geschäftsführer der Treuhand und damit Geschäftsführer des Bundesfinanzministers. Das ist die Lebenswirklichkeit.
    Aber was haben die Menschen davon? Sie erreichen ihre Arbeitsplätze nicht mehr; denn die Menschen in Brandenburg, in Fürstenwalde, sind dabei auf diese Busse und Straßenbahnen angewiesen.
    Wie sollen wir denn weiterhin verfahren? Ich habe die herzliche Bitte, daß wir uns dieser wirklichen Lebenslage zuwenden. Wie gesagt: 22 von 25 Betrieben im Land Brandenburg sind bundeseigene Betriebe, die vom Bund selber — ich sage: durch unkoordiniertes Regierungshandeln — in den Konkurs getrieben werden. Das ist die Lebenswirklichkeit.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Herr Bundeskanzler, ich bin zum Streiten aufgelegt, weil es die Sache wert ist. Diesmal geht es mir nicht nur, wie ich es in früheren Reden hier immer vertreten mußte, um Sparen, ich möchte vielmehr, daß nicht an der falschen Stelle gespart wird, wie ich das eben beschrieben habe, und daß dies mit dem normalen Menschenverstand gelöst wird und nicht nach irgend-



    Minister Kühbacher (Brandenburg)

    welchen Passagen im Einigungsvertrag, die hin und her geschoben werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und beim Bündnis 90/GRÜNE)

    Ich möchte die Bundesregierung, aber auch Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten hier in Bonn, an die Lebenswirklichkeit in den neuen Ländern erinnern. Für die Menschen in den neuen Ländern, gestützt auf eine einstimmige Beschlußlage der sechs Ostfinanzminister und meines Parlaments, das mich hierher geschickt hat, erkläre ich: Mit der Koalitionsvereinbarung, die die Grundzüge der Regierungspolitik der nächsten vier Jahre festlegt, können die neuen Länder und die Gemeinden nicht leben.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Diese Koalitionsvereinbarung ist unverbindlich, wo die Menschen konkrete Wegweisungen erwarten. Sie ist halbherzig, wo eindeutiges Einstehen und Stellungnahme zu unseren Problemen gefordert ist. Sie bürdet zusätzliche Belastung auf, wo wir ganz im Gegenteil dringend auf Entlastung und materielle Unterstützung angewiesen sind. Dieses Telegramm beweist es.
    Herr Bundeskanzler, besser waren da schon einige aktuelle Passagen Ihrer gestrigen Regierungserklärung. Aber, Herr Bundeskanzler, worauf sollen sich denn die Menschen in Frankfurt an der Oder stützen? Auf die dort jetzt vorgelegte schriftliche Koalitionsvereinbarung, die Sie als Parteivorsitzender der CDU unterschrieben haben, oder auf Ihre besseren Passagen in der gestrigen Regierungserklärung? Ich hoffe auf das Gestrige.

    (Bundeskanzler Dr. Kohl: Mit Recht!)

    Herr Bundeskanzler, ich setze da meine Hoffnungen auf Sie.
    Meine Damen und Herren, diese Koalitionsvereinbarung zementiert im Kern den derzeitig unhaltbaren Zustand gespaltener Lebensverhältnisse. Sie behandelt die neuen Länder nicht fair, sondern wie lästige Kostgänger. Das ist inakzeptabel.

    (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und beim Bündnis 90/GRÜNE)

    Die Koalitionsparteien haben den Vertrauensvorschuß, den die Mehrheit der Menschen im Osten ihnen am 2. Dezember eingeräumt haben, enttäuscht. Ihr Finanzminister, Herr Dr. Waigel, betreibt fortwährend Beschwichtigungspolitik, wenn er wie am 19. Januar im „Handelsblatt" erklärt, in den neuen Ländern sei Geld da, es bestünde nur die Scheu, sich zu verschulden; er müsse die indifferenten Forderungen nach mehr Geld deshalb zurückweisen.
    Ist das, was Herr Biedenkopf als Ministerpräsident vorgetragen hat, indifferent, Herr Finanzminister? Ich kann Sie persönlich nur herzlich einladen: Besuchen Sie uns einmal in Brandenburg. Sehen Sie sich ein oder zwei Tage an, mit welchen Problemen die Menschen ringen, wie groß die Unsicherheit über die eigene wirtschaftliche Zukunft, um den Erhalt des Arbeitsplatzes ist. Tauchen Sie ein in den Alltag einer brandenburgischen Kleinstadt. Lösen Sie sich, Herr Finanzminister, einmal von dem Bild Ihrer reichen
    Gemeinden in Bayern, die wie in Ottobrunn an dem in den Irak Verschifften von MBB glänzend verdient haben.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

    — Ja, das ist so.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Wer etwas anderes hören möchte, den bitte ich, den Einkommensteueranteil der Gemeinde Ottobrunn mit ihren Einwohnern mit dem Einkommensteueranteil der Stadt Frankfurt an der Oder zu vergleichen. Das ist der Punkt.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Auch wenn es Ihnen nicht paßt: Das ist die Lebenswirklichkeit, meine Damen und Herren.
    Die Lebenswirklichkeit ist es auch, daß die Berechnungen des Bundesfinanzministers selbst die Behauptung widerlegen, es sei genug Geld da und wir scheuten vor einer Verschuldung zurück. Das Zahlentableau Ihres eigenen Hauses weist aus, Herr Finanzminister, daß die neuen Bundesländer 22 Milliarden DM neue Schulden aufnehmen müssen gegenüber — wie Sie selbst geschätzt haben — 13 Milliarden DM eigenen Steuereinnahmen, die, wie ich befürchte, für unseren Teil der Länder noch geschönt sind.
    Zum Vergleich: Die Neuverschuldung der Bundesrepublik, die Sie mit diesem Haushalt wohl beschließen wollen, soll 70 Milliarden DM betragen. Diesem Betrag stehen aber immerhin 300 Milliarden DM eigene Steuereinnahmen gegenüber. Bei den Altländern — ich sage das quer über die Bahn — ist es noch besser: 18 Milliarden DM Schuldenaufnahme bei 210 Milliarden DM eigenen Steuereinnahmen. Während die Steuereinnahmen bei uns in den Ostländern 70 % niedriger sind als unsere geplante Verschuldung, sind die Steuereinnahmen bei den Altländern zehnmal so hoch wie die geplante Neuverschuldung. Das ist Gleichheit der Lebensverhältnisse? Ich denke, dieser einfache Vergleich, den Sie mitrechnen konnten, rückt einiges zurecht. Allerdings sind das nur die offiziellen Statistiken des Bundesfinanzministers und nicht einmal die halbe Wahrheit. Die Wirklichkeit ist doppelt so schlimm, weil Sie und ich — ich beziehe mich da ein — beim Einheitsvertrag die Gemeinden schlichtweg vergessen haben.

    (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE)

    Wir werden im Land Brandenburg und in den neuen Bundesländern zusammen mit den Gemeinden über 50 Milliarden DM neue Schulden machen. Das sind 3 000 DM pro Kopf der Bevölkerung. Das ist die Summe auf einen Schlag, die in der alten Bundesrepublik von 1949 bis 1982 insgesamt aufgelaufen ist. Das muten Sie uns mit dem Einheitsvertrag und den Folgen innerhalb eines Jahres zu. Das kann doch wohl nicht angehen. So wollen Sie einheitliche Lebensverhältnisse schaffen?

    (Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ GRÜNE und der PDS/Linke Liste)




    Minister Kühbacher (Brandenburg)

    Nun zu der von Ihnen bejubelten Koalitionsvereinbarung. Dort heißt es: Aus dem Bundeshaushalt werden keine Ausgleichszahlungen an die Länder und Gemeinden geleistet. Der Bund empfiehlt jedoch den Ländern und Gemeinden, diese Preisstützungen unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einkommensentwicklung in Stufen bis 1994 abzubauen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist ja ein Hohn!)

    Sie halten die Gemeinden fest — inzwischen sind ja alle Wohnungsgesellschaften auf die Gemeinden übertragen worden — bei einer Miete, die keine Miete ist, die nicht einmal die Nebenkosten deckt. Ich habe eine Wohnungsgesellschaft untersuchen lassen. Die Mieteinnahmen der GeWoBau in der Stadt Potsdam beträgt nach Ihrer Festlegung mit den in der Koalitionsvereinbarung angegebenen Sprüngen für dieses Jahr 28 Millionen DM. Diesem Betrag stehen Forderungen einer größeren Gesellschaft allein für Fernwärme in Höhe von 35 Millionen DM gegenüber, die natürlich kostendeckende Preise verlangen muß, wenn sie nicht selbst in Konkurs gehen will.

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Die Altschulden aber!)

    — Nein, ich rede jetzt nur von dem Bezug der Fernwärme. Lieber Herr Kollege Schmitz, nach der Koalitionsvereinbarung — das wird ja hoffentlich korrigiert — dürfen wir die Fernwärme erst zum 1. Oktober umlegen. Das steht in Ihrer Koalitionsvereinbarung. Haben Sie sie noch nicht gelesen?

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Nein, nein, das hat damit nichts zu tun!)

    Das steht da genau drin.

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Sie lesen nur den Teil, der Ihnen paßt!)

    — Ich habe hier doch die Wahrheit an den Tag zu bringen, Herr Kollege Schmitz.

    (Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ GRÜNE und der PDS/Linke Liste)

    Ich setze das noch fort: Diese Wohnungsbaugesellschaft mit einer geschlossenen Miete von 28 Millionen DM bezahlt neben den 35 Millionen DM für den Fernwärmebezug auch noch 21 Millionen DM für das bezogene Frischwasser. Das kann sie auch nicht mehr bezahlen. Sie soll der Stadt Potsdam auch noch das Abwasser bezahlen, das vernünftig ökologisch verrieselt wird. Wie soll das denn gehen? Auch dieser Geschäftsführer muß zum Konkursrichter. Denn der Bundesfinanzminister hat es der Frau Bundeswohnungsbauministerin untersagt, die bis zum 31. Dezember gezahlten Stützungen weiterhin zu gewähren. Auch diese Wohnungsbaugesellschaften müssen zum Konkursrichter. Wollen Sie das wirklich, Herr Finanzminister? Das ist die Lebenswirklichkeit, die ich Ihnen schildern muß. Das ist nur die nackte Wahrheit. Ich dramatisiere das gar nicht. Ich bin nur im Ton etwas aufgeregt, Herr Kollege Schmitz, weil Sie das im Haushaltsausschuß offensichtlich nicht sehen wollen. Ich bringe keine Übertreibungen.
    Wir wollen, daß die Subventioniererei aufhört. Wir wollen gerechte Lebensbedingungen. Wir wollen den wirklich Bedürftigen über Wohngeld und Sozialhilfe helfen, aber nicht über diesen getürkten Weg.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Bundesregierung blockiert zur Zeit eine zukunftsweisende Reform. Sie nimmt den Ländern und Gemeinden damit das Geld, das dringend für Infrastrukturmaßnahmen und Wirtschaftsförderung gebraucht wird, wenn wir in diese Subventionen einspringen müssen, wie Sie es offensichtlich vorhaben; denn wir können jede Mark nur einmal ausgeben. Bei 50 Milliarden DM Schulden und nur 13 Milliarden DM erhoffter eigener Steuereinnahmen ist es heute schon so, daß von jeder Mark, die wir aus eigenen Mitteln in den Ländern aufbringen, 74 Pfennig geborgt sind; 74 Pfennig der eigenen Mittel; die wir für Investitionen und konsumtive Ausgaben ausgeben, sind geborgt.