Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muß leider feststellen, daß der Antrag wohl bisher hier noch nicht als Drucksache vorliegt, obwohl wir ihn gestern abend eingereicht haben. Das ist uns auch schon beim letzten und vorletzten Mal passiert. Ich hoffe nicht, daß das zur Methode wird.
Ich versuche trotzdem, Ihnen den Sinn des Antrages verständlich zu machen. Es handelt sich um einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Art. 44 des Grundgesetzes zu Rüstungsexporten in den Irak.
Das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland ist durch illegales, verbrecherisches Verhalten deutscher Firmen schwer beschädigt worden. So oder ähnlich haben sich in den letzten Wochen zahlreiche deutsche Politiker wie der Bundeswirtschaftsminister oder sinngemäß heute auch der Bundeskanzler geäußert.
Jeder irakische Angriff im Verlauf des Golfkrieges wird nun von dem Hinweis begleitet werden, daß deutsche Firmen ihn mit ermöglicht haben. Giftgasangriffe auf das Volk, das durch von Deutschen hergestelltes und verwendetes Giftgas für immer vernichtet werden sollte, werden erneut mit Hilfe von deutschem Know-how ermöglicht. Firmen aus der Bundesrepublik wie auch Firmen und offizielle Instanzen der ehemaligen DDR sind daran beteiligt.
Nicht genug damit: In Konfliktsituationen wurden jeweils beide Seiten bedient, wodurch sich der Gewinn verdoppelt oder gar vervielfacht hat, denn die Lieferung in Krisengebiete garantiert eine schnellstmögliche Anwendung der Waffen und damit baldigen neuen Bedarf.
Nun wird überlegt, ob Schuld nicht dadurch abzutragen wäre, daß nach der Lieferung von Angriffswaffen an den Aggressor dem Verteidiger die Abwehrwaffen zur Verfügung gestellt würden. Das zeugt zwar von schlechtem Gewissen, ist jedoch nicht die beste Lösung. Diese kann nur darin bestehen, daß endlich die Konsequenz gezogen wird, keine Rüstungsexporte mehr in Krisengebiete zu tätigen, auch nicht in Drittländer, die ihrerseits in Krisengebiete liefern. Da wird es nicht ausreichen, festzustellen, daß sie dem gleichen Verteidigungsbündnis angehören wie die Deutschen.
Das Beste wäre es also, es gäbe überhaupt keine Rüstungsexporte mehr, und das wäre im Grundgesetz festgeschrieben.
Wir wollen in diesem Hause niemandem unterstellen, bewußt zur Eskalation des Golfkonflikts beigetragen oder gar den Ausbruch des Krieges ins politische Kalkül gezogen zu haben. Aber dann muß angesichts von neun Ermittlungsverfahren, bei über 110 nachrichtendienstlichen Hinweisen und angesichts der Feststellung der Bundesregierung, seit Jahren seien keine Kriegswaffenexporte mehr genehmigt worden, festgestellt werden, daß das gegenwärtige
Außenwirtschaftsrecht in keiner Weise den Erfordernissen entspricht und daß der Begriff Kriegswaffe neu definiert werden muß. Wir dürfen uns nicht auf die moralische Entrüstung gegenüber einer Handvoll Firmen, die vor kriminellen Praktiken nicht zurückschrecken, beschränken, sondern müssen neue Gesetze schaffen, die der Welt zeigen, daß die Deutschen aus ihrer Vergangenheit die richtigen Lehren zu ziehen in der Lage sind. Wir sollten nicht ein sogenanntes Drückebergertum gegenüber den Verbündeten beklagen, sondern den konsequenten Weg der Beteiligung an friedlichen Konfliktlösungen beschreiten. Letzteres zeichnete eine Reihe deutscher Politiker in den vergangenen Jahren aus.
Wir wären schlecht beraten, wollten wir nun dem geduldigen und gleichermaßen konsequent auf Ausgleich und Entspannung bedachten Nachkriegsdeutschen den Landser früherer Stahlgewitter als lobenswerte Alternative gegenüberstellen. Die Glaubwürdigkeit der Friedenspolitik darf nicht durch theatralisch vorgebrachte Bündnisschwüre aufs Spiel gesetzt werden. Die richtigen Lehren zu ziehen heißt eben nicht, nur einige Sündenböcke zu präsentieren, über denen die allgemeine Entrüstung zusammenschlägt, sondern auf allen Ebenen die Fehler zu suchen. Handlungsbedarf besteht demnach nicht nur in der Bekämpfung verabscheuungswürdiger Praktiken einiger obskurer Wirtschafts- und Handelsunternehmen, sondern auch und gerade in der Aufdeckung und Revision von Versäumnissen und Fehlern des Gesetzgebers und der Exekutive.
Untersuchungsausschüsse haben bekanntlich unter anderem die Aufgabe, unbequeme Fragen an die Regierung zu richten und ihre Mitverantwortung festzustellen.
Gestatten Sie mir, gewissermaßen im Vorgriff darauf, abschließend einige solcher möglichen Fragen schon heute zu stellen. Am 25. Januar 1987 hat der Außenminister der Bundesrepublik — im Moment ist er wohl nicht mehr im Raum — in der Fernsehrunde zur damaligen Bundestagswahl auf eine diesbezügliche Feststellung sehr vehement eingeworfen: Es ist nicht wahr, daß deutsche Waffen an den Iran und den Irak geliefert werden.