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    Plenarprotokoll 11/236 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 236. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Bundesministers Dr. Schwarz-Schilling 18861A Erweiterung der Tagesordnung 18861 A Zur Geschäftsordnung Such GRÜNE/Bündnis 90 18861 B Bohl CDU/CSU 18862 B Jahn (Marburg) SPD 18863 A Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 18930 B Außerhalb der Tagesordnung Dr. Ullmann GRÜNE/Bündnis 90 (Erklärung nach § 32 GO) 18930 C Dr. Heuer Gruppe der PDS (Erklärung nach § 32 GO) 18930 D Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Ergebnissen des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der KSZE in Paris und zum bevorstehenden Europäischen Rat in Rom Dr. Kohl, Bundeskanzler 18863 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 18869A Dr. Bötsch CDU/CSU 18873 D Duve SPD 18874 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE/Bündnis 90 . 18876 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 18879 D Frau Dr. Kaufmann Gruppe der PDS . . 18883 A Bahr SPD 18885 D Dr. Knabe GRÜNE/Bündnis 90 . . . 18887A Dr. Hornhues CDU/CSU 18890D Frau Kottwitz GRÜNE/Bündnis 90 . . . 18892 D Genscher, Bundesminister AA 18893 D Frau Unruh fraktionslos 18895 C Hoppe FDP 18896 D Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE/Bündnis 90 (Erklärung nach § 31 GO) 18897 C Tagesordnungspunkt 2: Aussprache zur Haltung der Bundesregierung zur Erhöhung von Steuern und Abgaben Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlan- des 18898 A Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 18906 D Frau Matthäus-Maier SPD 18908 B Dr. Ullmann GRÜNE/Bündnis 90 . . . 18910 D Frau Matthäus-Maier SPD 18912 C Frau Vennegerts GRÜNE/Bündnis 90 . 18912 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 18915 C Westphal SPD 18917 A Dr. Faltlhauser CDU/CSU 18917 C Dr. Gysi Gruppe der PDS 18919 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 18921 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 18924 B Schäfer (Offenburg) SPD 18924 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 Frau Unruh fraktionslos 18925 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 18925D, 18927 C Dreßler SPD 18927 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 18927 C Hoss GRÜNE/Bündnis 90 18928A Wüppesahl fraktionslos 18928 B Präsidentin Dr. Süssmuth 18931A Berichtigung 18932 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . .18933* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede des Abg. Glos (CDU/CSU) zu TOP 2 — Aussprache zur Haltung der Bundesregierung zur Erhöhung von Steuern und Abgaben 18933* D Anlage 3 Amtliche Mitteilung 18935* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 18861 236. Sitzung Bonn, den 22. November 1990 Beginn: 10.01 Uhr
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    Berichtigung 235. Sitzung, Seite 18839B, Zeile 10 von unten: Statt „Es wird Überweisung an die zuständigen Ausschüsse beantragt." ist „Es wird Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß beantragt." zu lesen. Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 22. 11. 90 * Antretter SPD 22. 11. 90 * Frau Becker-Inglau SPD 22. 11. 90 Beckmann FDP 22. 11. 90 Frau Beer GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Bindig SPD 22. 11. 90 Frau Birthler GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Börnsen (Ritterhude) SPD 22. 11. 90 Borchert CDU/CSU 22. 11. 90 Brunner CDU/CSU 22. 11. 90 Büchler (Hof) SPD 22. 11. 90 Frau Bulmahn SPD 22. 11. 90 Daweke CDU/CSU 22. 11. 90 Dörfler GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Frau Faße SPD 22. 11. 90 Francke (Hamburg) CDU/CSU 22. 11. 90 Frau Fuchs (Verl) SPD 22. 11. 90 Gattermann FDP 22. 11. 90 Graf SPD 22. 11. 90 Gröbl CDU/CSU 22. 11. 90 Grünbeck FDP 22. 11. 90 Dr. Haack SPD 22. 11. 90 Haack (Extertal) SPD 22. 11. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 22. 11. 90 Häfner GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 22. 11. 90 Hasenfratz SPD 22. 11. 90 Dr. Haussmann FDP 22. 11. 90 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 22. 11. 90 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 22. 11. 90 Frau Hürland-Büning CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Jobst CDU/CSU 22. 11. 90 Jung (Düsseldorf) SPD 22. 11. 90 Frau Kelly GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Kißlinger SPD 22. 11. 90 Koschnick SPD 22. 11. 90 Kossendey CDU/CSU 22. 11. 90 Kreuzeder GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Kühbacher SPD 22. 11. 90 Dr. Langner CDU/CSU 22. 11. 90 Maaß CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 22. 11. 90 Meyer SPD 22. 11. 90 Dr. Modrow Gruppe 22. 11. 90 der PDS Dr. Müller CDU/CSU 22. 11. 90 * Platzeck GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Dr. Pohlmeier CDU/CSU 22. 11. 90 Reddemann CDU/CSU 22. 11. 90 * Regenspurger CDU/CSU 22. 11. 90 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Rehm CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Schäuble CDU/CSU 22. 11. 90 Schmidt (München) SPD 22. 11. 90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 22. 11. 90 Schütz SPD 22. 11. 90 Schulz GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Dr. Seifert Gruppe 22. 11. 90 der PDS Seiters CDU/CSU 22. 11. 90 Spilker CDU/CSU 22. 11. 90 Frau Trenz GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Vosen SPD 22. 11. 90 Waltemathe SPD 22. 11. 90 Frau Weiler SPD 22. 11. 90 Weinhofer SPD 22. 11. 90 Wiefelspütz SPD 22. 11. 90 Wischnewski SPD 22. 11. 90 Wissmann CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Wittmann CDU/CSU 22. 11. 90 Zeitlmann CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Zimmermann CDU/CSU 22. 11. 90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede des Abgeordneten Glos (CDU/CSU) zu Tagesordnungspunkt 2 Aussprache zur Haltung der Bundesregierung zur Erhöhung von Steuern und Abgaben Glos (CDU/CSU): Die CDU/CSU plant keine Steuererhöhungen, weder eine höhere Mehrwertsteuer noch eine höhere Mineralölsteuer noch eine sonstige Steuererhöhung. Es gibt keinen Grund, unsere langjährig erfolgreiche Politik des knappen öffentlichen Geldes und der Verbreiterung des privaten Sektors unter dem Vorzeichen der Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland aufzugeben. Unsere Politik der Senkung der Steuerquote - wir haben 1990 mit rund 22,5 Prozent den niedrigsten Stand seit 30 Jahren - hat zum Beispiel entscheidend dazu beigetragen, daß wir - auf dem Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik - jetzt in das neunte Jahr ununterbrochenen Wirtschaftswachstums hineingehen. Im Gegensatz zur SPD - die eine 9prozentige Ergänzungsabgabe, eine Erhöhung der Mineralölsteuer um 50 Pfennig je Liter sowie zahlreiche sogenannte Ökosteuern fordert - ist die CDU/CSU der Auffassung, daß Steuererhöhungen das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen und damit die solideste aller Finanzierungsquellen verschütten würden. Entgegen der Äußerung von Graf Lambsdorff am Sonntag in „Bonn direkt" ist die CDU/CSU in Sachen Finanz- und Steuerpolitik mindestens so sattelfest wie die FDP. Anders als die FDP fordern CDU und CSU 18934* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 zum Beispiel keine Vermehrung der Steuervielfalt um eine Klimasteuer. Wenn Graf Lambsdorff am vergangenen Wochenende meinte, feststellen zu müssen, daß die CDU/CSU in der Finanz- und Steuerpolitik wackelt, dann spricht er gegen besseres Wissen, denn die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und insbesondere die Finanz- und Steuerpolitiker haben nie gewackelt. In dieser hektischen Wahlkampfzeit ist seine Aussage nur als Profilierungsversuch zu werten, die FDP als bessere Steuererhöhungsverhinderungspartei darzustellen. Bedeutend mehr Freude macht uns natürlich, wenn der wirtschafts- und finanzpolitische Mentor der SPD, Professor Karl Schiller, vor zwei Wochen bei der von der SPD verlangten öffentlichen Anhörung zur Finanzierung der deutschen Einheit bestätigt hat, daß er — Schiller — nicht anders gehandelt hätte als unser CSU-Bundesfinanzminister Theo Waigel. Wir von der CDU/CSU verstehen ja, daß ein solches Lob aus der roten Ecke an die schwarze Adresse die FDP schmerzen muß. Ist es doch ihr Wirtschaftsminister, der seit langem jegliches Lob schmerzlich vermißt. Auf einem anderen Blatt steht die Notwendigkeit, die Leistungs- und Innovationskraft der Sozialen Marktwirtschaft verstärkt in den Dienst der Umwelt zu stellen. Unabhängig von der Finanzierung des Anpassungsprozesses in den neuen Bundesländern und seiner sozialen Absicherung ist eine breitere Anwendung des Verursacherprinzips mit marktwirtschaftlichen Maßnahmen geboten. Dazu können auch nichtsteuerliche Sonderabgaben gehören, wenn sie das Ziel verfolgen und auch geeignet sind, schädliche Umweltbelastungen zu verringern und bereits eingetretene Schäden zu beseitigen. Das Aufkommen solcher Sonderabgaben nimmt in dem Maße ab, in dem das Umweltziel erreicht wird. Eine solche Sonderabgabe hat also nichts mit Steuererhöhungen zur Aufbesserung der Staatseinnahmen zu tun, meine Damen und Herren von der Opposition! Steuererhöhungen schmälern die Investitionsbereitschaft und die Leistungsbereitschaft der Betriebe und der Berufstätigen. Sie wirken preistreibend. Dadurch wird eine verhängnisvolle Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt, die zwar kurzfristig inflationsbedingte Steuermehreinnahmen bringen kann, aber mittelfristig mit realen Wachstumsverlusten und folglich Steuerverlusten bezahlt werden muß. Die richtige Finanzpolitik im vereinten Deutschland heißt vor allem Ausgabendisziplin. Unabweisbare Mehrausgaben für die Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland müssen mit Ausgabeeinsparungen in den öffentlichen Haushalten verbunden werden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt deshalb den Beschluß der Bundesregierung, den mittelfristigen Ausgabenanstieg im Bundeshaushalt auf durchschnittlich 2 Prozent jährlich zu begrenzen. Auf Grund der kurzfristig notwendigen Unterstützung des Anpassungsprozesses in den neuen Bundesländern ist auch eine vorübergehend höhere Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt erforderlich. Vor allem 1991 wird es zu Mehrbelastungen kommen, die aber auf der Grundlage der dynamischen Wirtschaftsentwicklung in den alten Bundesländern und des baldigen Aufschwungs in den neuen Bundesländern bewältigt werden können. Meine Damen und Herren! Der Wiederaufbau des östlichen Teils unseres Vaterlandes ist die größte und wichtigste Investition seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Auf mittlere Sicht wird der ökonomische Nutzen der deutschen Wiedervereinigung die zusätzlichen Belastungen von heute deutlich übersteigen. Auch aus diesem Grunde ist eine vorübergehend höhere Nettokreditaufnahme der bessere Weg als die von der SPD geforderten neuen Steuern und Abgaben. Karl Schiller hat der SPD in der öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses am 7. November folgendes vorgerechnet: Die Einführung der SPD-Ergänzungsabgabe würde gerade diejenigen Steuerpflichtigen treffen, die die höchste Sparquote haben. Damit würde das Weniger an Kreditaufnahme des Staates auf ein Weniger an Kreditangebot der Privaten treffen und hätte deshalb keinerlei zinsentlastende Wirkung. Frau Matthäus-Maier sollte noch mal bei Herrn Schiller studieren; vielleicht ist er sogar bereit, ihr Privatunterricht zu geben. Noch eine Bemerkung an die Adresse von Graf Lambsdorff: Die privatwirtschaftliche Finanzierung und Durchführung von Investitionsprojekten soll nach dem Eckwertebeschluß der Bundesregierung, der vor 9 Tagen gefaßt wurde, für eine zusätzliche Entlastung der öffentlichen Haushalte sorgen. Soweit geeignete Objekte vorhanden sind, die Private besser als die öffentliche Hand erbringen können, sind die rechtlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine privatwirtschaftliche Finanzierung baldmöglichst geschaffen. Dies ist die Beschlußlage, die die FDP im Kabinett mitgetragen hat. Es ist deshalb — zurückhaltend formuliert — unfair, wenn der Vorsitzende der FDP die Möglichkeit der privaten Finanzierung eines Autobahnbaus im östlichen Deutschland durch Gebühren als ein Marterinstrument bezeichnet und damit den Regierungsbeschluß konterkariert. Oder weiß Graf Lambsdorff nicht, daß die von ihm bevorzugte Vignette nach Schweizer Muster nichts anderes ist als eine Pauschalgebühr für die Autobahnbenutzung? Trotz des wahlkampfbedingten Geplänkels werden wir in der Koalition unsere bewährte Zusammenarbeit im Kampf gegen eine zu hohe Steuerbelastung für Bürger und Unternehmungen fortsetzen. Unsere Finanzpolitik hat die Angebotsbedingungen der Volkswirtschaft innerhalb von 8 Jahren nachhaltig verbessert, den Wohlstand der Bürger erhöht und die Selbstfinanzierungskräfte der Sozialen Marktwirtschaft gestärkt. Die glänzende Verfassung unserer Volkswirtschaft auf dem Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik ist ganz wesentlich ein Ergebnis unserer wachstums- und investitionsfreundlichen Finanz- und Steuerpolitik. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 18935* Die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes haben keinen Grund, ausgerechnet jetzt die Wirtschafts- und Finanzpolitik den Sozialisten als Experimentierfeld zu überlassen. Das SPD-Konzept eines völligen ökologischen Umbaus unseres Steuersystems verkennt grundlegende finanzpolitische Zusammenhänge. Ein Umkrempeln des Steuer- und Abgabesystems im Zeichen des Umweltschutzes würde irreparable Störungen unserer Wirtschafts- und Sozialordnung zur Folge haben. Dies kann sich das vereinte Deutschland, das international zunehmend in die Pflicht genommen ist, nicht leisten. Anlage 3 Amtliche Mitteilung Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 15. November 1990 ihren Entschließungsantrag auf Drucksache 11/8438 zurückgezogen.
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    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister, wir haben Ihnen viele Fragen gestellt: Wie hoch wird im nächsten Jahr das Ausgabevolumen des Haushaltes sein? Wie hoch sind die Einnahmen? Wie wollen Sie die Finanzierungslücke von über 200 Milliarden DM finanzieren? Wo wollen Sie konkret einsparen? Warum haben Sie bisher nicht eingespart, insbesondere beim Verteidigungshaushalt? Warum haben Sie keine Haushaltssperre erlassen? Welche Beiträge, Gebühren, Steuern und Abgaben wollen Sie erhöhen? An welcher Stelle wollen Sie den Bürger konkret belasten?
    Obwohl Sie 35 Minuten gesprochen haben, haben Sie keine einzige dieser Fragen beantwortet.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN/ Bündnis 90)

    Meine Damen und Herren, das waren 35 Minuten Ablenkungsmanöver. Wir sitzen doch hier im Bundestag, weil dies der Ort ist, um solche Antworten zu geben. Eine derartige Rede haben die Bürgerinnen und Bürger in dieser Republik nicht verdient.

    (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN/Bündnis 90 und der Gruppe der PDS)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Vennegerts.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christa Vennegerts


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung ist an Unglaubwürdigkeit nicht zu übertreffen. Das hat eben erst Minister Waigel wieder vorgeführt, indem er versucht hat darzustellen, daß er bereits 1982, als der damalige Ministerpräsident Strauß Honecker die Milliardenkredite zugesagt hat, die kommende Revolution vorausgesehen hat. Das ist eine



    Frau Vennegerts
    wirkliche Verdummung der Leute. Es ist unglaublich, was hier abläuft.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90, der SPD und der Gruppe der PDS — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Als die Reform lief, hat er Herrn Modrow jede 1,50 DM verweigert. Das ist Ihre unsoziale und ungerechte Politik!
    Was viele vermutet haben, wurde durch die Ankündigung des Bundeskanzlers und Herrn Waigels klar: Auf die Bürgerinnen und Bürger kommen im nächsten Jahr höhere Belastungen zur Finanzierung des riesigen Haushaltsdefizits zu. Eine ganze Nation muß wohl schwerhörig gewesen sein, wenn der Kanzler jetzt behauptet, er habe nie versprochen, es werde keine Steuer- oder Abgabenerhöhungen geben. Lügenbaron Münchhausen erscheint nach dieser Behauptung des Kanzlers geradezu als Waisenknabe.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Da ein Großteil der geplanten Rekordverschuldung für 1991 auf Grund des Einigungsprozesses zustande kommt, ist es einfach absurd, Herr Bundeskanzler, zu behaupten, die vorgesehenen Steuererhöhungen seien nicht zur Finanzierung der Aufgaben in den neuen Bundesländern bestimmt. Die CDU ist nicht nur steuerpolitisch unzuverlässig, wie Graf Lambsdorff feststellte, sie hat im Verbund mit Minister Waigel versucht, die Bevölkerung an der Nase herumzuführen. Minister Waigel spricht von Opfern, Einsparungen und Rückführung der Ausgaben. Die Frage ist nur: Wo erfolgt es, und zu wessen Kosten geht es?
    Mit der magischen Formel „Wirtschaftswunder DDR" glaubte die Bundesregierung alle durch die überstürzte Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion ausgelösten Probleme wegzaubern zu können. Wie aber sieht die Wirklichkeit aus? In nahezu allen Bereichen der Haushalts-, Wirtschafts- und Finanzpolitik erweisen sich die optimistischen Prognosen der Bundesregierung als hinfällig. Auch die von der Bundesregierung letzte Woche bekanntgegebenen Haushaltseckwerte für das Haushaltsjahr 1991, die man wohl genauer als Verschleierungswerte bezeichnen sollte, gehen von Voraussetzungen aus, von denen heute schon sicher ist, daß sie nicht eintreten werden. Das ist die Wahrheit.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Die Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts für 1991 werden bewußt zu hoch angesetzt. Für die fünf neuen Bundesländer wagt das Finanzministerium keine Prognose, sondern zündet wahlpropagandistische Nebelkerzen. Für die Beitrittsländer erwarte die Bundesregierung — so Waigel — , daß der Aufschwung im Frühjahr beginnt und kräftig ausfällt. Diese Aussage ist wirklich sehr fundiert und genau:
    Mein Vorschlag an die Bundesregierung: Wie wäre es denn, wenn sie angesichts des bevorstehenden Weihnachtsfestes den Wirtschaftsaufschwung schon am 24. Dezember beginnen ließen? Im Zurechtfrisieren von Zahlen sind Sie ja hinlänglich geübt.
    Der Zweck der Übung ist doch allen klar: Hohes wirtschaftliches Wachstum — auf dem Papier — führt zu höheren Steuereinnahmen — auf dem Papier — und vermindert entsprechend das Haushaltsdefizit — gleichfalls auf dem Papier.
    Schon jetzt gibt es deutliche Alarmzeichen für die wirtschaftlich und sozial fatalen Folgen einer Politik der überzogenen Staatsverschuldung. Auf diesem Gebiet sind Sie wirklich Rekordminister, Herr Waigel. Die Ausdehnung der staatlichen Kreditnachfrage treibt das Zinsniveau in die Höhe, was Realinvestitionen zunehmend unrentabel macht. Die Finanzpolitik der Bundesregierung gerät somit sogar in Widerspruch zu ihrer eigenen Zielsetzung, nämlich Investitionen zu fördern. Das hohe Zinsniveau geht auch voll zu Lasten der sozial Schwachen. Für Wohnungssuchende und Mieter verteuern sich die Mieten; ganz zu schweigen von den kleinen Bauherren.
    Der Zinsanstieg führt auch zu steigenden Zinsausgaben im Bundeshaushalt. Bereits 1990 sind die Ausgaben für Zinsen mit 35 Milliarden DM nach den Ausgaben für Soziales und Verteidigung der drittgrößte Ausgabenposten im Haushalt. Ein weiterer Anstieg dieser Ausgaben droht die künftigen haushaltspolitischen Gestaltungsmöglichkeiten auf Null zu reduzieren. Wir fordern deshalb einen sofortigen Schulden-Stopp und nicht, was Sie machen, eine unverantwortliche Rekordneuverschuldung, Herr Minister.
    Anstelle der unverantwortlichen Ausdehung der Staatsverschuldung schlagen wir Einsparungen und Umschichtungen im Bundeshaushalt vor, die Sie bis jetzt schuldig geblieben sind.
    Bereits mit der Herstellung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zum 1. Juli 1990 wäre die Bundesregierung verpflichtet gewesen, zügig Einsparvorschläge zu entwickeln. Wenn nunmehr in den Haushaltseckwerten für 1991 großangelegte Umschichtungen im Volumen von 35 Milliarden DM angekündigt werden, ist auch dies völlig unglaubwürdig. Im Juni dieses Jahres kündigte Minister Waigel Einsparungen von 20 Milliarden DM an, dann von 7,6 Milliarden DM, dann wieder von 35 Milliarden DM. Im Zeugnis jedes Grundschülers würde ein solcher Zickzackkurs zu einem „Versetzung gefährdet" führen. Und Sie versuchen, sich hier noch als seriöser Finanzminister darzustellen! Das ist wirklich mehr als dünn.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN/ Bündnis 90)

    Wir befürchten, daß die Bundesregierung großangelegte Streichungen bei Steuervergünstigungen und Finanzhilfen für Arbeitnehmer, Kleinsparer und sozial Schwache plant, aber nicht wagt, sie vor der Bundestagswahl bekanntzugeben. Warum sagen Sie denn nicht, wo Sie streichen wollen, wenn Sie nicht solche Gemeinheiten planen?
    Abbau von Subventionen sind die schönen Worte. Umverteilung von unten nach oben werden die häßlichen Taten sein.
    Unsere Alternativen sind:
    Erstens fordern wir massive Kürzungen im Verteidigungsbereich. Trotz der Auflösung der Blockkon-



    Frau Vennegerts
    frontation bewegt sich der Verteidigungshaushalt auf einem unverantwortlichen Rekordniveau von 57 Milliarden DM. Eine drastische Kürzung der Verteidigungsausgaben ist überfällig. 15 Milliarden DM sind durchaus realisierbar.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Daß auch die SPD für das kommende Jahr Einsparungen von 9 Milliarden DM fordert, begrüßen wir selbstverständlich. Aber wir erinnern uns daran, daß es noch kein Jahr her ist, daß die GRÜNEN einen Vorschlag der SPD-Haushälter zur Kürzung des Verteidigungsetats um 5 Milliarden DM aufgegriffen haben und bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament die SPD sich enthalten hat.

    (Stratmann-Mertens [GRÜNE/Bündnis 90]: Hört! Hört!)

    Also beim nächsten Mal bitte nicht den gleichen Eiertanz!
    Zweitens fordern wir die Streichung von Mitteln im Bereich der bemannten Raumfahrt und im Bereich der Atomenergie und die Einsparung der teilungsbedingten Kosten. Alles zusammengenommen, lassen sich damit ca. 30 Milliarden DM einsparen.
    Es wäre jedoch eine Illusion, zu glauben — auch das an Ihre Adresse, Herr Finanzminister —, daß Sie allein durch Einsparungen und Umschichtungen die gewaltigen Aufgaben in der ehemaligen DDR bestreiten können. Notwendig ist deshalb eine Verbesserung der Einnahmenseite, und das wissen Sie.
    Statt wie die Bundesregierung eine unseriöse und unsoziale Finanzpolitik auf dem Buckel der sozial Schwachen durch hohe Neuverschuldung und eine geplante Mehrwertsteuererhöhung durchzuführen, schlagen wir eine ökologisch orientierte und sozial differenzierte Anhebung der Steuern vor.
    Völlig unstreitig dürfte sein, daß sowohl zur raschen Umweltsanierung Ostdeutschlands wie zur Verbesserung der ökologischen Situation in der Bundesrepublik erhebliche Geldbeträge investiert werden müssen. Die GRÜNEN haben bereits vor Jahren zum ökologischen Umbau der Industriegesellschaft ein entsprechendes ökologisches Steuer- und Abgabenprogramm vorgelegt.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Aber nun wird es hochinteressant: Zu Wahlkampfzeiten entdeckt offensichtlich jede Partei ihr Herz für die Umwelt und hängt sich schnell ein ökologisches Mäntelchen um. Wenn jetzt der Kanzler Öko-Abgaben ins Spiel bringt, drängt sich der Verdacht auf, daß es sich ausschließlich um ökologisches Wahlkampfgeklimpere handelt. In Wirklichkeit soll nur Minister Waigels Haushaltskasse gefüllt werden.
    Zur Finanzierung des ökologischen Umbaus sollte unserer Ansicht nach u. a. eine Primärenergiesteuer eingeführt werden und die Mineralölsteuer im ersten Schritt um eine D-Mark je Liter angehoben werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Eine Primärenergiesteuer ist einer CO2-Abgabe eindeutig vorzuziehen, da eine CO2-Abgabe den Atomstrom freistellt und dieser dadurch begünstigt würde.
    Dies ist vermutlich auch die Absicht von Kanzler und Atomlobby. Ziel einer ökologisch verträglichen Energiepolitik muß die generelle Verbrauchssenkung und der Ersatz fossiler durch erneuerbare Energien sein.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Dazu gehört auch der sofortige Ausstieg aus der Atomenergie. Genau dies wollen die Altparteien aber nicht, auch die SPD nicht.
    Die Einnahmen aus der Primärenergie- und Mineralölsteuer von rund 70 Milliarden DM müssen zweckgebunden für Energiesparinvestitionen, erneuerbare Energien und zum Ausbau und Aufbau eines preiswerten und attraktiven öffentlichen Nahverkehrs eingesetzt werden.
    Umweltabgaben werden nur dann zu einer Verhaltensänderung beitragen, wenn sie wirklich spürbar umweltschädigendes Verhalten belasten. Es mutet deshalb schon geradezu lächerlich an, wenn CDU/ CSU und der Bundeskanzler eine CO2-Abgabe fordern, und der Abgabesatz bei 10 DM pro Tonne CO2 liegen soll. Umgerechnet bedeutet dies knapp drei Pfennig pro Liter Heizöl oder Benzin. Wie dadurch eine Verhaltensänderung bewirkt werden soll, mag verstehen wer will.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Problematisch ist auch der SPD-Vorschlag, Ökoabgaben zur Finanzierung der Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags und nicht für den ökologischen Umbau einzusetzen. Daraus erklärt sich auch, warum im SPD-Konzept kaum Mittel für alternative Verkehrsmittel, für eine umweltverträgliche Landwirtschaft und für Sanierungsmaßnahmen, z. B. im Altlastenbereich, bereitstehen. Sie wollen auch weiter die Landschaft mit Autobahnen und Fernstraßen zupflastern.
    Wer Ökosteuern zur allgemeinen Steuerentlastung einsetzt, dem fehlt das Geld für den ökologischen Umbau; das ist nun einmal so.

    (Zustimmung des Abg. Hüser [GRÜNE/ Bündnis 90])

    Ökoabgaben werden von den Menschen nur akzeptiert und sind nur dann sinnvoll, wenn ihnen konkrete umweltverträgliche Alternativen angeboten werden und sie so in die Lage versetzt werden, sich ökologisch vernünftig zu verhalten. Ökoabgaben sind dann am effektivsten, wenn ihr Aufkommen gegen Null geht, ein Zeichen dafür, daß die Bürgerinnen und Bürger ihr Verhalten geändert haben und folglich keine Abgaben mehr entstehen.
    Auch aus diesem Grund verbietet es sich, Umweltsteuern zur Finanzierung allgemeiner Staatsausgaben einzuplanen. Wie soll denn ein kontinuierlicher Ausgabebedarf, z. B. für die Anhebung des Grundfreibetrags, finanziert werden, wenn die Umweltsteuern zurückgehen? Das ist ein Konzept, das in sich widersprüchlich und nicht schlüssig ist. Darüber sollte die SPD auch noch einmal nachdenken.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Die hat meherere Konzepte, die nicht schlüssig sind!)




    Frau Vennegerts
    Die Finanzierung der deutschen Einheit darf keine soziale Schlagseite bekommen; das ist uns besonders wichtig. Wer viel verdient, soll entsprechend seiner höheren Leistungsfähigkeit einen im Vergleich zum Durchschnittsbürger höheren Beitrag leisten.

    (Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Wir haben ja schon eine Progression!)

    Deshalb ist die Einführung einer Ergänzungsabgabe für Höherverdienende sowohl aus Finanzierungswie aus Gerechtigkeitsgründen geboten.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Das haben wir bereits im März gesagt. Eine Solidarabgabe der Wirtschaft auf nicht investierte und nicht ausgeschüttete Gewinne ist ebenfalls gerecht.
    Die Schaffung eines Niedrigsteuergebietes im Bereich der ehemaligen DDR, wie es die FDP vorschlägt, lehnen wir ab, weil wir glauben, daß damit der Auftakt zu einer allgemeinen Senkung vor allen Dingen auch der Unternehmensteuern bezweckt wird. Außerdem lehnen wir aus sozialen Gründen die Anhebung der Mehrwertsteuer ab, weil sie unsozial ist.
    Es geht nicht darum, über den hohen Finanzbedarf zur Finanzierung der Einheit zu jammern, was immer unterstellt wird, wenn man als Opposition eine andere Meinung zur Finanzierung hat, entscheidend ist, zu wessen Lasten die Finanzierung erfolgen soll und für welche Zwecke die Gelder eingesetzt werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Apropos Geld: Die überhastete Wirtschafts- und Währungsunion hat nicht nur ökonomisch und sozial fatale Folgen, sie hat auch kriminelle Machenschaften und Geldschiebereien der ehemaligen Blockparteien begünstigt, wie sich heute wieder herausgestellt hat. Für diese Schiebereien ist auch die West-CDU verantwortlich.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90)

    Die GRÜNEN/Bündnis 90 setzen sich für einen konsequenten ökologischen Umbau der Industriegesellschaft ein, der den Menschen eine echte ökologische Alternative bietet.
    Die Bundesregierung hat nicht nur finanzpolitisch total versagt; sie hat auch kein Konzept dafür, wie die ökologischen Probleme des alten und neuen Deutschland zu lösen sind. Was die Menschen in den neuen Bundesländern brauchen, sind Maßnahmen gegen Massenarbeitslosigkeit, Aufbau z. B. von Beschäftigungsgesellschaften und konkrete Sanierungsprogramme im Umweltbereich. Die Bundesregierung hat mit der schnellen Wirtschafts- und Währungsunion sowie dem Einigungsvertrag — mit Unterstützung der SPD — die Weichen für diese unsoziale und umweltschädliche Politik gestellt.
    Wir fordern einen ökologischen und sozialen Umbau in Gesamtdeutschland. Nur die GRÜNEN/Bündnis 90 stehen für eine sozial gerechte und ökologisch glaubwürdige Politik.

    (Beifall bei den GRÜNEN/Bündnis 90)