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    Plenarprotokoll 11/236 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 236. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Bundesministers Dr. Schwarz-Schilling 18861A Erweiterung der Tagesordnung 18861 A Zur Geschäftsordnung Such GRÜNE/Bündnis 90 18861 B Bohl CDU/CSU 18862 B Jahn (Marburg) SPD 18863 A Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 18930 B Außerhalb der Tagesordnung Dr. Ullmann GRÜNE/Bündnis 90 (Erklärung nach § 32 GO) 18930 C Dr. Heuer Gruppe der PDS (Erklärung nach § 32 GO) 18930 D Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Ergebnissen des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der KSZE in Paris und zum bevorstehenden Europäischen Rat in Rom Dr. Kohl, Bundeskanzler 18863 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 18869A Dr. Bötsch CDU/CSU 18873 D Duve SPD 18874 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE/Bündnis 90 . 18876 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 18879 D Frau Dr. Kaufmann Gruppe der PDS . . 18883 A Bahr SPD 18885 D Dr. Knabe GRÜNE/Bündnis 90 . . . 18887A Dr. Hornhues CDU/CSU 18890D Frau Kottwitz GRÜNE/Bündnis 90 . . . 18892 D Genscher, Bundesminister AA 18893 D Frau Unruh fraktionslos 18895 C Hoppe FDP 18896 D Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE/Bündnis 90 (Erklärung nach § 31 GO) 18897 C Tagesordnungspunkt 2: Aussprache zur Haltung der Bundesregierung zur Erhöhung von Steuern und Abgaben Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlan- des 18898 A Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 18906 D Frau Matthäus-Maier SPD 18908 B Dr. Ullmann GRÜNE/Bündnis 90 . . . 18910 D Frau Matthäus-Maier SPD 18912 C Frau Vennegerts GRÜNE/Bündnis 90 . 18912 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 18915 C Westphal SPD 18917 A Dr. Faltlhauser CDU/CSU 18917 C Dr. Gysi Gruppe der PDS 18919 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 18921 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 18924 B Schäfer (Offenburg) SPD 18924 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 Frau Unruh fraktionslos 18925 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 18925D, 18927 C Dreßler SPD 18927 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 18927 C Hoss GRÜNE/Bündnis 90 18928A Wüppesahl fraktionslos 18928 B Präsidentin Dr. Süssmuth 18931A Berichtigung 18932 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . .18933* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede des Abg. Glos (CDU/CSU) zu TOP 2 — Aussprache zur Haltung der Bundesregierung zur Erhöhung von Steuern und Abgaben 18933* D Anlage 3 Amtliche Mitteilung 18935* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 18861 236. Sitzung Bonn, den 22. November 1990 Beginn: 10.01 Uhr
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    Berichtigung 235. Sitzung, Seite 18839B, Zeile 10 von unten: Statt „Es wird Überweisung an die zuständigen Ausschüsse beantragt." ist „Es wird Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß beantragt." zu lesen. Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 22. 11. 90 * Antretter SPD 22. 11. 90 * Frau Becker-Inglau SPD 22. 11. 90 Beckmann FDP 22. 11. 90 Frau Beer GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Bindig SPD 22. 11. 90 Frau Birthler GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Börnsen (Ritterhude) SPD 22. 11. 90 Borchert CDU/CSU 22. 11. 90 Brunner CDU/CSU 22. 11. 90 Büchler (Hof) SPD 22. 11. 90 Frau Bulmahn SPD 22. 11. 90 Daweke CDU/CSU 22. 11. 90 Dörfler GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Frau Faße SPD 22. 11. 90 Francke (Hamburg) CDU/CSU 22. 11. 90 Frau Fuchs (Verl) SPD 22. 11. 90 Gattermann FDP 22. 11. 90 Graf SPD 22. 11. 90 Gröbl CDU/CSU 22. 11. 90 Grünbeck FDP 22. 11. 90 Dr. Haack SPD 22. 11. 90 Haack (Extertal) SPD 22. 11. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 22. 11. 90 Häfner GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 22. 11. 90 Hasenfratz SPD 22. 11. 90 Dr. Haussmann FDP 22. 11. 90 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 22. 11. 90 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 22. 11. 90 Frau Hürland-Büning CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Jobst CDU/CSU 22. 11. 90 Jung (Düsseldorf) SPD 22. 11. 90 Frau Kelly GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Kißlinger SPD 22. 11. 90 Koschnick SPD 22. 11. 90 Kossendey CDU/CSU 22. 11. 90 Kreuzeder GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Kühbacher SPD 22. 11. 90 Dr. Langner CDU/CSU 22. 11. 90 Maaß CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 22. 11. 90 Meyer SPD 22. 11. 90 Dr. Modrow Gruppe 22. 11. 90 der PDS Dr. Müller CDU/CSU 22. 11. 90 * Platzeck GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Dr. Pohlmeier CDU/CSU 22. 11. 90 Reddemann CDU/CSU 22. 11. 90 * Regenspurger CDU/CSU 22. 11. 90 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Rehm CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Schäuble CDU/CSU 22. 11. 90 Schmidt (München) SPD 22. 11. 90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 22. 11. 90 Schütz SPD 22. 11. 90 Schulz GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Dr. Seifert Gruppe 22. 11. 90 der PDS Seiters CDU/CSU 22. 11. 90 Spilker CDU/CSU 22. 11. 90 Frau Trenz GRÜNE/ 22. 11. 90 Bündnis 90 Vosen SPD 22. 11. 90 Waltemathe SPD 22. 11. 90 Frau Weiler SPD 22. 11. 90 Weinhofer SPD 22. 11. 90 Wiefelspütz SPD 22. 11. 90 Wischnewski SPD 22. 11. 90 Wissmann CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Wittmann CDU/CSU 22. 11. 90 Zeitlmann CDU/CSU 22. 11. 90 Dr. Zimmermann CDU/CSU 22. 11. 90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede des Abgeordneten Glos (CDU/CSU) zu Tagesordnungspunkt 2 Aussprache zur Haltung der Bundesregierung zur Erhöhung von Steuern und Abgaben Glos (CDU/CSU): Die CDU/CSU plant keine Steuererhöhungen, weder eine höhere Mehrwertsteuer noch eine höhere Mineralölsteuer noch eine sonstige Steuererhöhung. Es gibt keinen Grund, unsere langjährig erfolgreiche Politik des knappen öffentlichen Geldes und der Verbreiterung des privaten Sektors unter dem Vorzeichen der Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland aufzugeben. Unsere Politik der Senkung der Steuerquote - wir haben 1990 mit rund 22,5 Prozent den niedrigsten Stand seit 30 Jahren - hat zum Beispiel entscheidend dazu beigetragen, daß wir - auf dem Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik - jetzt in das neunte Jahr ununterbrochenen Wirtschaftswachstums hineingehen. Im Gegensatz zur SPD - die eine 9prozentige Ergänzungsabgabe, eine Erhöhung der Mineralölsteuer um 50 Pfennig je Liter sowie zahlreiche sogenannte Ökosteuern fordert - ist die CDU/CSU der Auffassung, daß Steuererhöhungen das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen und damit die solideste aller Finanzierungsquellen verschütten würden. Entgegen der Äußerung von Graf Lambsdorff am Sonntag in „Bonn direkt" ist die CDU/CSU in Sachen Finanz- und Steuerpolitik mindestens so sattelfest wie die FDP. Anders als die FDP fordern CDU und CSU 18934* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 zum Beispiel keine Vermehrung der Steuervielfalt um eine Klimasteuer. Wenn Graf Lambsdorff am vergangenen Wochenende meinte, feststellen zu müssen, daß die CDU/CSU in der Finanz- und Steuerpolitik wackelt, dann spricht er gegen besseres Wissen, denn die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und insbesondere die Finanz- und Steuerpolitiker haben nie gewackelt. In dieser hektischen Wahlkampfzeit ist seine Aussage nur als Profilierungsversuch zu werten, die FDP als bessere Steuererhöhungsverhinderungspartei darzustellen. Bedeutend mehr Freude macht uns natürlich, wenn der wirtschafts- und finanzpolitische Mentor der SPD, Professor Karl Schiller, vor zwei Wochen bei der von der SPD verlangten öffentlichen Anhörung zur Finanzierung der deutschen Einheit bestätigt hat, daß er — Schiller — nicht anders gehandelt hätte als unser CSU-Bundesfinanzminister Theo Waigel. Wir von der CDU/CSU verstehen ja, daß ein solches Lob aus der roten Ecke an die schwarze Adresse die FDP schmerzen muß. Ist es doch ihr Wirtschaftsminister, der seit langem jegliches Lob schmerzlich vermißt. Auf einem anderen Blatt steht die Notwendigkeit, die Leistungs- und Innovationskraft der Sozialen Marktwirtschaft verstärkt in den Dienst der Umwelt zu stellen. Unabhängig von der Finanzierung des Anpassungsprozesses in den neuen Bundesländern und seiner sozialen Absicherung ist eine breitere Anwendung des Verursacherprinzips mit marktwirtschaftlichen Maßnahmen geboten. Dazu können auch nichtsteuerliche Sonderabgaben gehören, wenn sie das Ziel verfolgen und auch geeignet sind, schädliche Umweltbelastungen zu verringern und bereits eingetretene Schäden zu beseitigen. Das Aufkommen solcher Sonderabgaben nimmt in dem Maße ab, in dem das Umweltziel erreicht wird. Eine solche Sonderabgabe hat also nichts mit Steuererhöhungen zur Aufbesserung der Staatseinnahmen zu tun, meine Damen und Herren von der Opposition! Steuererhöhungen schmälern die Investitionsbereitschaft und die Leistungsbereitschaft der Betriebe und der Berufstätigen. Sie wirken preistreibend. Dadurch wird eine verhängnisvolle Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt, die zwar kurzfristig inflationsbedingte Steuermehreinnahmen bringen kann, aber mittelfristig mit realen Wachstumsverlusten und folglich Steuerverlusten bezahlt werden muß. Die richtige Finanzpolitik im vereinten Deutschland heißt vor allem Ausgabendisziplin. Unabweisbare Mehrausgaben für die Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland müssen mit Ausgabeeinsparungen in den öffentlichen Haushalten verbunden werden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt deshalb den Beschluß der Bundesregierung, den mittelfristigen Ausgabenanstieg im Bundeshaushalt auf durchschnittlich 2 Prozent jährlich zu begrenzen. Auf Grund der kurzfristig notwendigen Unterstützung des Anpassungsprozesses in den neuen Bundesländern ist auch eine vorübergehend höhere Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt erforderlich. Vor allem 1991 wird es zu Mehrbelastungen kommen, die aber auf der Grundlage der dynamischen Wirtschaftsentwicklung in den alten Bundesländern und des baldigen Aufschwungs in den neuen Bundesländern bewältigt werden können. Meine Damen und Herren! Der Wiederaufbau des östlichen Teils unseres Vaterlandes ist die größte und wichtigste Investition seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Auf mittlere Sicht wird der ökonomische Nutzen der deutschen Wiedervereinigung die zusätzlichen Belastungen von heute deutlich übersteigen. Auch aus diesem Grunde ist eine vorübergehend höhere Nettokreditaufnahme der bessere Weg als die von der SPD geforderten neuen Steuern und Abgaben. Karl Schiller hat der SPD in der öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses am 7. November folgendes vorgerechnet: Die Einführung der SPD-Ergänzungsabgabe würde gerade diejenigen Steuerpflichtigen treffen, die die höchste Sparquote haben. Damit würde das Weniger an Kreditaufnahme des Staates auf ein Weniger an Kreditangebot der Privaten treffen und hätte deshalb keinerlei zinsentlastende Wirkung. Frau Matthäus-Maier sollte noch mal bei Herrn Schiller studieren; vielleicht ist er sogar bereit, ihr Privatunterricht zu geben. Noch eine Bemerkung an die Adresse von Graf Lambsdorff: Die privatwirtschaftliche Finanzierung und Durchführung von Investitionsprojekten soll nach dem Eckwertebeschluß der Bundesregierung, der vor 9 Tagen gefaßt wurde, für eine zusätzliche Entlastung der öffentlichen Haushalte sorgen. Soweit geeignete Objekte vorhanden sind, die Private besser als die öffentliche Hand erbringen können, sind die rechtlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine privatwirtschaftliche Finanzierung baldmöglichst geschaffen. Dies ist die Beschlußlage, die die FDP im Kabinett mitgetragen hat. Es ist deshalb — zurückhaltend formuliert — unfair, wenn der Vorsitzende der FDP die Möglichkeit der privaten Finanzierung eines Autobahnbaus im östlichen Deutschland durch Gebühren als ein Marterinstrument bezeichnet und damit den Regierungsbeschluß konterkariert. Oder weiß Graf Lambsdorff nicht, daß die von ihm bevorzugte Vignette nach Schweizer Muster nichts anderes ist als eine Pauschalgebühr für die Autobahnbenutzung? Trotz des wahlkampfbedingten Geplänkels werden wir in der Koalition unsere bewährte Zusammenarbeit im Kampf gegen eine zu hohe Steuerbelastung für Bürger und Unternehmungen fortsetzen. Unsere Finanzpolitik hat die Angebotsbedingungen der Volkswirtschaft innerhalb von 8 Jahren nachhaltig verbessert, den Wohlstand der Bürger erhöht und die Selbstfinanzierungskräfte der Sozialen Marktwirtschaft gestärkt. Die glänzende Verfassung unserer Volkswirtschaft auf dem Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik ist ganz wesentlich ein Ergebnis unserer wachstums- und investitionsfreundlichen Finanz- und Steuerpolitik. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. November 1990 18935* Die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes haben keinen Grund, ausgerechnet jetzt die Wirtschafts- und Finanzpolitik den Sozialisten als Experimentierfeld zu überlassen. Das SPD-Konzept eines völligen ökologischen Umbaus unseres Steuersystems verkennt grundlegende finanzpolitische Zusammenhänge. Ein Umkrempeln des Steuer- und Abgabesystems im Zeichen des Umweltschutzes würde irreparable Störungen unserer Wirtschafts- und Sozialordnung zur Folge haben. Dies kann sich das vereinte Deutschland, das international zunehmend in die Pflicht genommen ist, nicht leisten. Anlage 3 Amtliche Mitteilung Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 15. November 1990 ihren Entschließungsantrag auf Drucksache 11/8438 zurückgezogen.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Wo sich deutsche und europäische Interessen treffen, muß meines Erachtens die Bundesregierung entschlossener die Initiative ergreifen. Aus Konzeptionslosigkeit resultierende Gestaltungsschwäche würde von uns allen teuer bezahlt werden.
    So ist es, um ein Beispiel zu nennen, außerordentlich bedauerlich, daß Paris uns den von der NATO schon seit Monaten in Aussicht gestellten Verhandlungen über nukleare Kurzstreckenwaffen nicht nähergebracht hat. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für die unverzügliche Aufnahme dieser Verhandlungen einzusetzen. Verhandlungsziel muß dabei die dritte Null-Lösung sein, und zwar sowohl bei den land- als auch bei den luftgestützten Nuklearsystemen. Das ist nicht nur eine Ergänzung der konventionellen Abrüstung in Europa, es ist auch ein wichtiger Baustein für eine gesamteuropäische Friedensordnung. Die NATO-Staaten haben soeben in Paris feierlich erklärt, daß die Staaten des Warschauer Pakts nicht mehr unsere Gegner sind. Die NATO hat den Schluß gezogen, daß sie ihre Nuklearstrategie grundsätzlich ändern muß. Demnach sollen Nuklearwaffen künftig nur mehr allerletztes Zufluchtmittel sein. Das ist nur ein Stück Umdenken. Aber schon dieses Stück Umdenken, Herr Bundeskanzler, macht es erforderlich, in ganz Europa auf nukleare Kurzstreckenwaffen zu verzichten. Wenn Sie diesen sicherheitspolitischen Aspekt nicht einsehen, werden Sie sicher Einsehen haben, wenn ich Ihnen sage: Die Völker Europas, auch das deutsche Volk, sind nicht bereit, eine andere Lösung als den vollständigen Abzug taktischer Nuklearwaffen aus Europa hinzunehmen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN/Bündnis 90)

    Ich sprach davon, daß die Geschichte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sich nahtlos in die Architektur sozialdemokratischer Ostpolitik einfügt. Im Verlauf dieser Geschichte hat sich der Helsinki-Prozeß gewandelt. Auch das müssen wir sehen. Ging es zunächst lange Jahre darum, auf unserem hochgerüsteten Kontinent schrittweise mehr Vertrauen zwischen Ost und West zu schaffen und gleichzeitig die Menschenrechte im kommunistischen Machtbereich langsam voranzubringen, so haben sich die Ausgangsbedingungen mit dem Wirken von Michail Gorbatschow grundlegend geändert, dem auch wir noch einmal für alles, was er in diesem Jahr und in den vorangegangenen Jahren für Deutschland und für Europa getan hat, herzlich danken.

    (Beifall bei der SPD — Hornung [CDU/CSU]: Und Reagan und Bush!)

    Wir haben es heute in Osteuropa mit demokratisch legitimierten Regierungen zu tun, die sich aktiv für den Ausbau, die Intensivierung und die Institutionalisierung des KSZE-Prozesses einsetzen.
    Angesichts dieser neuen Voraussetzungen kann die Politik der kleinen Schritte, die zu den Veränderungen in Mittel- und Osteuropa so Grundsätzliches beigetragen hat, ausgeweitet werden. Der KSZE-Prozeß war von Anfang an in mehrfacher Hinsicht innovativ: Er war erstens ein blockübergreifender Kooperationsprozeß, in dem West- und Osteuropäer, neutrale und blockfreie Europäer, die USA, Kanada und die Sowjetunion gleichberechtigt mitgearbeitet haben. Er hat außen-, sicherheits-, wirtschafts- und gesellschaftspolitische Interessen miteinander verknüpft mit dem Ziel, Sicherheit, Zusammenarbeit und Verflechtung zu erreichen und damit Konflikte gewaltfrei zu lösen. Der KSZE-Prozeß wies von Anfang an über eine multilaterale Kooperation hinaus auf eine neue europäische Friedensordnung, eine Friedensordnung, die gleichzeitig Sicherheit, wirtschaftliches Wachstum



    Dr. Ehmke (Bonn)

    und demokratische Beteiligung für alle kooperierenden Staaten in Aussicht stellt. Wenn dieser Prozeß nicht bei der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner aller beteiligten Staaten stehenbleiben soll, bedarf es neuer Formen der Kooperation, der Integration und supranationaler Strukturen.
    Das grundsätzliche Anliegen der KSZE, in ganz Europa für Menschenrechte und Demokratie einzutreten, ist keineswegs gegenstandslos geworden. An vielen Stellen in Osteuropa funktionieren leider die alten Seilschaften noch, oder sie erheben sich schon wieder. Gerade in den neu hinzugekommenen Ländern der Bundesrepublik wissen die Menschen davon jeden Tag ein trauriges Lied zu singen. Da steht uns eine sehr, sehr große Aufgabe weiter bevor.
    Dafür ist es wichtig, daß der KSZE-Prozeß nicht nur eine Sache der Regierungen und der Parlamente bleibt. Er muß, wo immer es geht, auf der Ebene der Gesellschaften ergänzt werden. Die europäische Friedensordnung muß im gesellschaftlichen Leben verwurzelt werden, wie es sich etwa das Helsinki-Citizen-Committee zum Ziel gesetzt hat. Wenn wir von demokratischer Beteiligung reden, meinen wir auch die Beteiligung von Jugendorganisationen, Sportverbänden, Kirchen, Schulen und Universitäten an dem neuen Miteinander in Europa. Unser besonderer Dank gilt in dieser Hinsicht Präsident Vaclav Havel, der diese gemeinhin etwas unterbelichteten Seiten des europäischen Einigungsprozesses immer wieder eindrucksvoll herausgestellt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Europa war in seiner langen Geschichte eher eine Heimstätte des Krieges als des Friedens. Über Jahrhunderte war ein großer Teil der europäischen Intelligenz davon absorbiert, daß man immer neue Schlachtordnungen, immer neue Destruktionsmaschinen erfand. Auch gegen Ende des 20. Jahrhunderts wird uns der Friede nicht automatisch in den Schoß fallen oder erhalten bleiben. Friede muß organisiert werden. Der Friedensprozeß braucht eine Architektur. Auf dem Weg zu einer gesamteuropäischen Friedensordnung scheinen mir folgende Punkte von besonderem Gewicht zu sein: Wir wollen den Abrüstungsprozeß fortsetzen, beschleunigen und ausbauen. Wir wollen ein verbindliches Streitschlichtungsregime aufbauen, das Konflikte schon im Ansatz verhindern bzw. friedlich beilegen kann. Wir wollen den weiteren Ausbau wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Ziel einer langfristigen Verflechtung der europäischen Volkswirtschaften. Wir wollen den Auf- und Ausbau einer wirksamen Umweltschutzgemeinschaft in Europa. Wir wollen mit der Friedensordnung auch einen Beitrag leisten zur Reform der internationalen Staatengemeinschaft, zur Stärkung der UNO, zur Überwindung des Nord-Süd-Gegensatzes und zur friedlichen Regelung regionaler Konflikte. Eine europäische Innenpolitik wäre ein großer Beitrag auf dem Weg zu einer Weltinnenpolitik.
    Wir wollen schließlich für diese europäische Friedensordnung den Ausbau demokratischer Strukturen in und zwischen den europäischen Gesellschaften. Supranationale Einrichtungen müssen her, aber sie müssen demokratisch legitimiert und kontrolliert werden. Wir wollen den europäischen Bundesstaat, nicht
    nur die europäische Union, die Vereinigten Staaten von Europa verwirklichen, wirtschaftlich eng verflochten, förderativ gestaltet, politisch handlungsfähig, demokratisch und sozial ausgerichtet und aufgebaut über die freiwillige schrittweise Abgabe nationaler Souveränitätsrechte an die größere europäische Einheit.

    (Beifall bei der SPD)

    Dieses Ziel, einen friedlichen, demokratischen und sozialen Bundesstaat in Europa einzurichten, ist nicht neu. Wir Sozialdemokraten haben dies bereits in unserem Heidelberger Programm von 1925 gefordert. Die Vorstellung von einem geeinten und friedlichen Europa gehörte auch zu den Hoffnungen nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Diese Hoffnungen zerstoben an der Engstirnigkeit der Siegermächte und dann am Wahnsinn Hitlers. Im deutschen Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft lebte diese europäische Idee wieder auf. Mit dem 1949 gegründeten Europarat begann der Versuch ihrer Verwirklichung. Er scheiterte zunächst an der Blockbildung und an der Blockkonfrontation. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, daß die Überwindung dieser Blockkonfrontation möglich geworden ist, ist das große Hoffnungszeichen unserer Zeit. Nun dürfen wir nicht in alten, bornierten Nationalismus zurückfallen, sondern wir müssen gemeinsam sagen: Unsere Zukunft heißt Europa.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bötsch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Bötsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 1990 ist ein glückliches Jahr für die Deutschen. Am 3. Oktober vollzog sich die Einheit Deutschlands in Freiheit und Frieden mit Zustimmung unserer Verbündeten und europäischen Nachbarn. Am 9. November unterzeichneten Bundeskanzler Kohl und Präsident Gorbatschow den umfassenden deutsch-sowjetischen Vertrag in Bonn, und am Montag dieser Woche haben sich NATO und Warschauer Pakt mit der Unterzeichnung des Wiener Vertrages über konventionelle Abrüstung in Europa und mit ihrer gemeinsamen Erklärung die Hand zur Freundschaft gereicht. Nicht im 200. Jahr nach der Französischen Revolution, aber immerhin ein Jahr danach setzen sich Freiheit, Menschenrechte und Demokratie in ganz Europa durch.
    Dieses Europa am 22. November 1990 läßt sich mit dem Europa etwa vom 1. Januar 1989 nicht vergleichen. Noch vor 23 Monaten schien der Kommunismus noch nicht gescheitert, lag der Erfolg der Wiener Abrüstungsgespräche noch im dunkeln, und nicht einmal Optimisten hätten zu hoffen gewagt, daß noch im selben Jahr die Mauer in Berlin fallen wird und mit den 90er Jahren eine neue Ära eingeleitet wird, die nicht mehr von alter Gegnerschaft, sondern von Solidarität und verantwortlichem Handeln für die Erhaltung des Friedens in Europa und der Welt geprägt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und des Abg. Paintner [FDP])




    Dr. Bötsch
    Für Europa bricht ein neues Morgen an. Die Charta von Paris dokumentiert den geschichtlichen Wendepunkt.