Rede von
Wolfgang
Lüder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Frau Kollegin Vollmer! Es ist ein wichtiges Thema, das Sie angesprochen haben und das heute auch Gegenstand der Regierungsbefragung war, nämlich das Thema, was und wie die Einigung hinsichtlich der Stasi-Akten aussieht. Wir haben es begrüßt, daß die Bundesregierung mit der Regierung der DDR darüber redet und uns im Innenausschuß auch zugesagt hat, daß wir das Protokoll darüber bekommen, bevor es unterschrieben wird; denn wir brauchen hier ein Konsensprinzip, da können wir nicht einfach darüber hinweggehen. Wenn manche in gutem Willen und in guter Absicht in den Einigungsvertrag aufgenommene Formulierung drüben mißverständlich angekommen ist, dann muß in dem Briefwechsel Klarheit geschaffen werden. Das wird auch so geschehen.
Das aber ist nicht das Thema der heutigen Aktuellen Stunde. Das Thema der Aktuellen Stunde sollte meines Erachtens auch nicht sein, daß wir Dienst und Dienst vergleichen; das haben Sie nicht getan, das will ich Ihnen auch nicht vorwerfen. Wir sollten aber auch Dienst und Dienst nicht im gleichen Atemzug nennen, weil Welten die Dienste voneinander trennen. Ich meine — das möchte ich zur Rede von Herrn Lutz noch nachtragen — , daß wir unterscheiden müssen im Hinblick auf das, was Kontrolle von Regierungstätigkeit heißt. Das ist eine Aufgabe, der wir uns alle verpflichtet sehen, die Opposition traditionellerweise vielleicht etwas mehr als die Regierung; aber Kontrolle ist unsere Aufgabe.
Zwischen Kontrolle und Aufnahme oder Echo für Vorwürfe, für Verdächtigungen oder für unbegründete Anwürfe ist für mich eine Grenze. Diese Grenze, Herr Lutz, haben Sie leider überschritten,
indem Sie hier Echo für das gegeben haben, was unterstellt wurde.
Ich freue mich — das darf ich ganz persönlich sagen — , daß der Kollege Diestel nicht Kollege im Deutschen Bundestag wird. Das erleichtert uns hier manches.
— Das war eine persönliche Bemerkung. Die werde ich wohl noch machen dürfen. Der Wahlkampf in Brandenburg muß in Brandenburg geführt werden. Wir brauchen uns hier mit Herrn Diestel genauso wenig auseinanderzusetzen, wie wir uns mit Herrn Stoiber auseinandersetzen. Sonst würde ich Ihnen empfehlen, Renate Schneider zu wählen, weil dann die FDP im Landtag von Brandenburg durch die Fraktionsvorsitzende Schneider für Vernunft sorgen wird.
— Das zu Brandenburg.
Jetzt zur Sache und zu dem, worum es hier geht. Ich halte es wirklich für wichtig, daß wir nicht Verdächtigungen streuen, daß wir nicht Verdächtigungen als Echo aufnehmen. Hier ist Schlimmes gesagt worden. Ich erinnere an den Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen" vom Montag, in dem Herr Reuth berichtete, was alles an Echo kam, was am Montag möglicherweise hätte im „Spiegel" stehen können und wie man dem nachgehen könnte. Damit sind wir in einer ganz
kritischen Phase, weil jeder jedem mißtraut. Wir sollten wenigstens sagen, daß wir jeder Frage nachgehen, aber nicht jedes Gerücht von uns aus weiterverbreiten dürfen.
Nach der dankenswerten Klarstellung durch Herrn Stavenhagen über das, was unsere Dienste tun und nicht tun — ich begrüße das, was Sie gesagt haben —, habe ich die Bitte, daß Sie auch bei der Bewertung dessen vorsichtig sind, was Ihnen die Informanten aus diesem Dienst geben. Die eigene Tätigkeit, das eigene kriminelle Verhalten muß die Zeugenaussage beeinflussen. Hier bitte ich sehr vorsichtig zu sein, wenn wir schon das aufnehmen, was wir zum Teil hören müssen. Glauben Sie bitte nicht sofort, sondern werten Sie sehr, sehr kritisch, mehr als bei dem, was wir sonst aus anderen Quellen erfahren.
Danke.