Rede von
Dr.
Theodor
Waigel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Erstens, Frau Kollegin Matthäus-Maier, haben wir Haushaltspläne bisher immer rechtzeitig vorgelegt und rechtzeitig besschlossen, was Ihre Finanzminister nicht getan haben.
Zweitens haben wir noch ein Gerüst für den Haushalt 1991 vorgelegt, das heute eine tragfähige Grundlage für die weitere Planung ist, was Sie im Juli dieses Jahres, wenn Sie an der Regierung gewesen wären, mit Sicherheit nicht getan hätten.
Drittens werden wir alles daransetzen, sobald der Beitritt vollzogen ist, daran zu arbeiten, einen neuen Haushaltsplan zu erstellen und ihn baldmöglichst dem zuständigen Parlament vorzulegen.
Das werden wir tun, was Sie nicht getan hätten. Sie hätten die Wahrheit mit Sicherheit verschwiegen, mit Sicherheit verschleiert.
Meine Damen und Herren; eines wissen wir schon heute: Deutschland profitiert schon jetzt von der Überwindung der Spaltung unseres Vaterlandes und Europas. Die Einkommen der Bürger in der Bundesrepublik nehmen Jahr für Jahr nicht zuletzt wegen massiver Steuerentlastungen zu, und die Deutschen in der Bundesrepublik brauchen auch in den kommenden Jahren keine Einschränkung des Lebensstandards zu befürchten. Im übrigen verweise ich auf Professor Krupp, Finanzsenator in Hamburg, der gesagt hat, das Thema „Steuererhöhung zur Finanzierung des Aufbaus in der DDR" sei derzeit kein vordringliches Thema, und ich verweise auf Professor Schiller, bei dem ich mich für hervorragende Beiträge in den letzten Wochen und Monaten zum Thema „Fi-
17400 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. August 1990
Bundesminister Dr. Waigel
nanzpolitik, Wirtschaftspolitik und deutsche Einheit" bedanken möchte,
der gesagt hat, auch er hätte sich als Finanzminister, was das Thema „Steuererhöhung" anbelangt, so verhalten wie Finanzminister Theo Waigel.
Meine Damen und Herren, wer immer nur über die Kosten der Einheit spekuliert und versucht, in den Menschen Neid, Mißgunst und dumpfe Ängste zu wecken, verdeckt, in welche entscheidenden Investitionen wir unser Geld stecken. Wer will den Wert von Einheit, Frieden und Freiheit beziffern? Wir fragen ja auch nicht nach den Kosten der Demokratie oder nach den Kosten des Föderalismus.
Gerade in diesen Tagen, in denen die Konflikte im krisengeschüttelten Nahen Osten wieder aufgebrochen sind, sollten wir nicht nur darüber diskutieren, was es uns wert ist, in gesicherten Grenzen, in Kooperation, in Frieden und in Freiheit mit unseren Nachbarn zu leben.
Zur Aufgabe, Einheit und Freiheit in Deutschland und Frieden in Europa jetzt zu erreichen, gibt es keine Alternative, und wir sind auf diese Aufgabe gut vorbereitet. Zum Nutzen der Deutschen werden wir die Vereinigung in Freiheit zum Vorteil aller Deutschen erreichen.
Ungeachtet des jahrelangen Streits über den deutschlandpolitisch richtigen Weg appelliere ich an alle Parteien dieses Hauses: Stellen Sie, wie dies die große Mehrheit in Bundestag und Bundesrat bei der Verabschiedung des Staatsvertrags demonstriert hat, parteipolitisches Machtkalkül hinter das Gebot nationaler Verantwortung zurück, und leisten Sie Ihren Beitrag zur schnellstmöglichen Bildung einer vom gesamtdeutschen Volk legitimierten Regierung.
Meine Damen und Herren, der Oppositionsführer Dr. Vogel hat laut Zeitungsberichten von heute über die Tonlage, die Atmosphäre und über die Themen des Parteiengesprächs am Dienstag geplaudert. Ich will Ihnen ein wörtliches Zitat des Kanzlerkandidaten der SPD aus diesem Gespräch nicht vorenthalten. Wörtlich:
Als Parteipolitiker sage ich, die Dinge laufen, wie sie laufen sollen.
Jeder kann sich darauf seinen Reim machen,
was hinter einer solchen Bemerkung an Zynismus stecken kann.
Herr Lafontaine, Sie können weder die Geschichte noch die Gegenwart und schon gar nicht die Menschen manipulieren. Ihre Krisenstrategie und Ihre Parteitaktik werden scheitern.