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ID1119807200

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    Plenarprotokoll 11/198 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 198. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 15247 A Tagesordnungspunkt 15: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London und über die Vorbereitungsarbeiten zur 3. INK vom 7. bis 8. März 1990 in Den Haag (Drucksache 11/6373) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammonium-Stickstoff und Phosphor zu dem Entschließungsantrag der SPD zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammonium-Stickstoff und Phosphor — Drucksachen 11/3847, 11/4213, 11/4515, 11/6496 — Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . 15248 A Lennartz SPD 15249 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 15251 B Frau Garbe GRÜNE 15253 C Eylmann CDU/CSU 15255 A Dr. Heydemann, Minister des Landes Schleswig-Holstein 15256C, 15267 A Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . 15257 B, 15258 C Harries CDU/CSU 15260 D Schütz CDU/CSU 15262 A Eylmann CDU/CSU 15263 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 15264 A Schütz SPD 15264 C Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes — Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (Drucksache 11/6449) in Verbindung mit 11 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität — (. . . StrÄndG — 2. UKG) (Drucksache 11/6453) Bachmaier SPD 15268 A Dr. Laufs CDU/CSU 15269 C Häfner GRÜNE 15270 B Funke FDP 15271 B Eylmann CDU/CSU 15272 A Engelhard, Bundesminister BMJ 15273 B Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umwelthaftungsgesetzes — UmweltHG (Drucksache 11/6454) Dr. Hüsch CDU/CSU 15274 B Bachmaier SPD 15276 B Kleinert (Hannover) FDP 15277 B Häfner GRÜNE 15278 C Schütz SPD 15280 B Engelhard, Bundesminister BMJ 15281 C Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerhaftung (Drucksache 11/5086) Frau Steinhauer SPD 15282 D Dr. Hüsch CDU/CSU 15284 A, 15290 C Hoss GRÜNE 15286 D Kleinert (Hannover) FDP 15287 D Dr. Pick SPD 15288 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 15290A Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 15291 A Nächste Sitzung 15292 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 15293* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15293* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 15247 198. Sitzung Bonn, den 16. Februar 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP 16. 02. 90 Dr. Ahrens SPD 16. 02. 90 Dr. Apel SPD 16. 02. 90 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16. 02. 90 Börnsen (Ritterhude) SPD 16. 02. 90 Borchert CDU/CSU 16.02.90 Dr. Briefs GRÜNE 16. 02. 90 Büchner (Speyer) SPD 16. 02. 90 Frau Conrad SPD 16. 02. 90 Daweke CDU/CSU 16.02.90 Frau Dempwolf CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. Dollinger CDU/CSU 16. 02. 90 Duve SPD 16.02.90 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 16. 02. 90 Frau Fischer CDU/CSU 16. 02. 90 Francke (Hamburg) CDU/CSU 16. 02. 90 Gansel SPD 16.02.90 Gattermann FDP 16.02.90 Gerster (Mainz) CDU/CSU 16. 02. 90 Glos CDU/CSU 16.02.90 Dr. Götz CDU/CSU 16. 02. 90 Grünbeck FDP 16.02.90 Haack (Extertal) SPD 16. 02. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 16. 02. 90 Heimann SPD 16.02.90 Frau Hillerich GRÜNE 16. 02. 90 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 16. 02. 90 Ibrügger SPD 16. 02. 90** Jaunich SPD 16.02.90 Jungmann (Wittmoldt) SPD 16. 02. 90 Kastning SPD 16.02.90 Kittelmann CDU/CSU 16. 02. 90* Klein (München) CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. Knabe GRÜNE 16. 02. 90 Kohn FDP 16.02.90 Kolbow SPD 16.02.90 Kühbacher SPD 16.02.90 Kuhlwein SPD 16.02.90 Lamers CDU/CSU 16.02.90 Lattmann CDU/CSU 16.02.90 Leidinger SPD 16.02.90 Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 16. 02. 90 Lohmann (Witten) SPD 16. 02. 90 Maaß CDU/CSU 16.02.90 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 16. 02. 90 Menzel SPD 16.02.90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 16. 02. 90 Mischnick FDP 16.02.90 Neumann (Bremen) CDU/CSU 16. 02. 90 Niggemeier SPD 16.02.90 Paintner FDP 16.02.90 Petersen CDU/CSU 16. 02. 90** Poß SPD 16.02.90 Reuschenbach SPD 16.02.90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Riedl (München) CDU/CSU 16. 02. 90 Roth (Gießen) CDU/CSU 16. 02. 90 Schäfer (Offenburg) SPD 16. 02. 90 Dr. Scheer SPD 16. 02. 90* Frau Schilling GRÜNE 16. 02. 90 Schluckebier SPD 16.02.90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 16. 02. 90 Dr. Schmude SPD 16. 02. 90 von Schmude CDU/CSU 16. 02. 90 Schneider (Idar-Oberstein) CDU/CSU 16.02.90 Dr. Schöfberger SPD 16. 02. 90 Schreiber CDU/CSU 16.02.90 Schröer (Mülheim) SPD 16. 02. 90 Frau Schulte (Hameln) SPD 16. 02. 90 Sielaff SPD 16.02.90 Steiner SPD 16. 02. 90* Stobbe SPD 16.02.90 Straßmeier CDU/CSU 16.02.90 Frau Trenz GRÜNE 16. 02. 90 Frau Unruh fraktionslos 16. 02. 90 Voigt (Frankfurt) SPD 16. 02. 90** Vosen SPD 16.02.90 Dr. Waigel CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 16. 02. 90 Wetzel GRÜNE 16.02.90 Frau Wieczorek-Zeul SPD 16. 02. 90 Wischnewski SPD 16.02.90 Wissmann CDU/CSU 16.02.90 Würzbach CDU/CSU 16.02.90 Zierer CDU/CSU 16. 02. 90* Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 12. Februar 1990 ihren Antrag „Qualitative Veränderung des integrierten Entwicklungsvorhabens Bondoc/Philippinen" - Drucksache 11/4733 - zurückgezogen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 11/4986 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/4081 Nr. 2.3 Drucksache 11/5954 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/5722 Nr. 2.3 Drucksache 11/5954 Nr. 2.2-2.4, 2.6-2.9 Drucksache 11/6017 Nr. 2.4 -2.7 Drucksache 11/6125 Nr. 1-4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/3200 Nr. 2.33 Drucksache 11/4534 Nr. 2.22, 2.24 Drucksache 11/4680 Nr. 2.16 Drucksache 11/5145 Nr. 3.36
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Günther Hüsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Problem ist ernst und bedarf zu gegebener Zeit sicherlich einer Regelung. Aber der Entwurf, den die SPD vorlegt, ist offensichtlich schlecht überlegt, wenig bedacht — ein Spiegelbild der derzeitigen Rechtspolitik der Opposition.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Was macht denn die Regierung? Sachfremde Rechthaberei! — Schütz [SPD]: Das ist reines Rollenspiel hier!)

    Zunächst einmal aber etwas Gutes: In der justizpolitischen Debatte vor einer Woche ist ausgeführt worden, daß sich das Parlament der Pflicht zur Rechtsfortbildung nicht entziehen darf. In der Tat: Die Zuteilung von Pflichten und Lasten, von Vorteilen und Nachteilen ist Sache des Gesetzgebers und kann der Rechtsprechung nur für den Einzelfall belassen bleiben.
    Nun macht der SPD-Entwurf den Versuch, eine Nutzen- und Lastenzuteilung im Bereich der Arbeitnehmerhaftung vorzunehmen.

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Und das ist gut!)

    Ich begrüße, daß der Entwurf Anlaß zur Diskussion gibt. Denn an Hand dieses Entwurfes kann das Thema — was schon längst hätte erfolgen müssen — der parlamentarischen Beratung zugeführt werden — allerdings in der Freiheit von Wort und Widerwort, in der Freiheit von Änderungen und auch der möglichen Ablehnung.

    (Zuruf des Abg. Schütz [SPD])

    Es ist insgesamt, Herr Schütz, zu bedauern, daß nicht schon längst ein gesondertes Gesetzbuch oder zumindest ein ausführlicher Abschnitt im Bürgerlichen Gesetzbuch über die Rechte der Arbeitnehmer entstanden ist.

    (Dr. Pick [SPD]: Da haben Sie recht! — Becker [Nienberge] [SPD]: Da sind wir einer Meinung!)

    Aber die SPD sollte nicht frohlocken. In ihrer Regierungszeit bis 1982 hatte sie ausreichend Gelegenheit,

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Und hat es gemacht!)

    aber sie hat nichts zustande gebracht.

    (Hoss [GRÜNE]: Diese alte Leier, Herr Hüsch! — Schütz [SPD]: Jahre sind seitdem vergangen!)

    — Manches hatte man von Ihnen erwartet! Aber die SPD versagte, und die Enttäuschung von Arbeitnehmern über aktuelle Regierungsleistungen der SPD hat sicherlich einen ihrer vielen Gründe in der Nichtregelung des Arbeitnehmerrechts.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Zuruf der Abg. Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD] und weitere Zurufe von der SPD)

    — Frau Däubler-Gmelin, nun will ich Sie einmal fragen: Wer war denn eigentlich Justizminister? Das waren Herr Vogel und Herr Schmude. Wer war denn Vorsitzender des Rechtsausschusses? Das waren doch Sie!

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das wissen wir doch alles! Und wir waren viel besser als Sie jemals!)

    Und wer war Staatssekretär im Justizministerium? Das war Herr de With. Alles hervorragende Juristen, die Einser-Juristen! Sie haben nichts zustande gebracht, und deshalb können Sie sich heute nicht mit dieser Miene hier hinstellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sie wissen doch genau, daß Sie unrecht haben, Herr Hüsch! Reden Sie doch einmal zur Sache!)

    Nun zur Sache selbst. Zu dieser Regelung hätte längst Anlaß bestanden, denn die Lehre von der gefahrgeneigten Arbeit war lange vor 1982 bekannt.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ist es wahr?)

    Die wesentlichen Grundentscheidungen zur Entlastung der Arbeitnehmer bei gefahrgeneigter Arbeit waren getroffen. Gefahrgeneigte Arbeit im Zusammenhang mit der Haftung des Arbeitnehmers bedeutet nämlich, daß die vom Arbeitnehmer zu leistende Arbeit ihrer Art nach eine besonders große Wahrscheinlichkeit in sich birgt, daß Versehen unterlaufen und daß dadurch Schaden verursacht wird, der zum Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers in unangemessenem Verhältnis steht. Die Rechtsprechung hat dabei auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt, auf den konkreten Anlaß, aus dem der Schaden entstanden ist.
    Es hätte nun nahegelegen, Sie hätten sich mit dieser Frage befaßt. Aber in Wirklichkeit wollen Sie nunmehr jedwede fahrlässige Schadensverursachung durch den Arbeitnehmer haftungsfrei machen und die Haftung bei grober Fahrlässigkeit auf drei Monatsnettoeinkommen beschränken.

    (Frau Steinhauer [SPD]: Ja!)

    Damit würden Sie, wenn es durchginge, den Bruch mit der Rechtssystematik vollziehen.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ach?)

    Denn es ist anerkanntes Recht, daß sich jeder auf die
    Leistungen und auf die korrekte Ausführung der Leistungen des anderen grundsätzlich verlassen darf und



    Dr. Hüsch
    verlassen muß. Jeder hat die Erwartung, daß auch der andere die im Rechtsverkehr erforderliche Sorgfalt beachtet. Der Maßstab der Sorgfalt ist objektiv.
    Auf solche Grundsätze gründet sich der Vertrauensschutz im deutschen Recht. Er ist das rechtliche Rahmenwerk dafür, daß gerade wir Deutschen unter Geltung dieses Rechts als im Rechts- und Arbeitsverkehr zuverlässig und vertrauenswürdig angesehen werden. Auf beide Tugenden stützt sich die Leistungskraft unserer Wirtschaft, und diese ist materielle Grundlage sozialer Sicherheit.
    Die SPD will nun mit ihrem Gesetzentwurf nicht nur dieses Rechtsprinzip ändern,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ist doch nicht wahr, Herr Hüsch!)

    sondern nimmt auch ganz bewußt in Kauf, daß eine der Grundlagen für Verläßlichkeit im Rechtsverkehr und im Arbeitsleben in Mitleidenschaft gezogen wird.

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Das ist nicht wahr! — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist schlicht unrichtig!)

    Eine grobe Fahrlässigkeit, die Sie in ihrer Haftungsfolge erheblich beschränken wollen, liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Umfange verletzt worden ist. Das bedeutet: Wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden oder wenn das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten mußte, liegt grobe Fahrlässigkeit vor. Und die Haftung dafür wollen Sie auf drei Monatsgehälter beschränken! Es ist Stand der Rechtsprechung, daß bei der groben Fahrlässigkeit auch subjektive, den Fähigkeiten eines Handelnden übergeordnete Umstände zu berücksichtigen sind.


Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

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    Rede von Dr. Heinz Günther Hüsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Dann muß ich halt weiter durch Zwischenrufe sagen: Sie haben keine Ahnung, wovon Sie reden!)

    Es muß ihn ein vorwerfbares schweres Verschulden treffen. Augenblicksversagen begründet keine grobe Fahrlässigkeit. Die grobe Fahrlässigkeit kann auch bei erheblich verminderter Einsichtsfähigkeit entfallen.
    Kurzum, die Rechtsprechung zur groben Fahrlässigkeit ist eindeutig,

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Keine Ahnung von der Lage der Arbeitnehmer, wirklich keine Ahnung!)

    und sie hat erfaßt, was an Umständen zu berücksichtigen ist.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Er hat noch nicht einmal BAG-Urteile gelesen! Das ist das Skandalöse!)

    Aber sie hat auch klargestellt, daß wirklich unverständliches, meist leichtfertiges und unverantwortliches Verhalten eben grob fahrlässig ist.

    (Frau Steinhauer [SPD]: Herr Hüsch, haben Sie schon einmal Bundesarbeitsgerichtsentscheidungen gelesen?)

    Wollen Sie in der Tat jeden Arbeitnehmer davon freistellen, dann zu haften? Als grobe Fahrlässigkeit sind beispielsweise bewertet worden: die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 100 %, das Einfahren in die Kreuzung bei Rotlicht, das Fällen eines Baumes, in dessen Fällbereich sich zwei Menschen aufhalten, die dann zu Schaden kommen; alles Entscheidungen zu Arbeitnehmerfragen!
    Das Gesetz kennt im übrigen nur Einschränkungen der Haftung bei leichter Fahrlässigkeit; ich brauche Ihnen das nicht zu zitieren.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Es wäre gut, wenn Sie es selber lesen würden!)

    Es ist ja erstaunlich, daß Sie in den Fällen des Außenwirtschafts- und Kriegswaffenkontrollgesetzes jeden Arbeitnehmer, der einen ganz unwesentlichen Tatbeitrag im Sinne des Förderns geliefert hat,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Aha, jetzt wird es interessant!)

    bei dieser groben Fahrlässigkeit einer harten Strafe von mindestens zwei Jahren Gefängnis unterwerfen wollen.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ihnen geht es um die Rabta-Ingenieure?)

    Erklären Sie mir einmal diesen Zwiespalt Ihrer Auffassung.
    Ihr Entwurf erweckt zudem den Eindruck, als sei nur der Arbeitnehmer schlechthin schutzbedürftig. Da Sie sich auf die Bestimmung des § 611 BGB berufen, muß ja wohl auch der dortige Arbeitnehmerbegriff — etwas anderes schreiben Sie in Ihren Gesetzentwurf nicht hinein — gelten: beispielsweise der Oberarzt im Angestelltenverhältnis, der bei einem groben Kunstfehler unter Außerachtlassung der einfachsten Sorgfalt jemand zu Tode operiert, oder der Wirtschaftsprüfer in einer großen Prüfungsgesellschaft im Angestelltenverhältnis, der unter Verletzung der einfachsten Regeln einen schweren Prüfungsschaden hervorruft und dabei beispielsweise Schaden in Millionenhöhe verursacht — wie etwa bei co op —, oder der Prokurist einer Pensionskasse, der faule Aktien kauft und einen Schaden von mehr als 250 Millionen DM zu Lasten der Pensionsanwartschaften der Arbeitnehmer verursacht — so bei der Pensionskasse der Deutschen Konsumgenossenschaften 1988/89 geschehen. Vier ganze Jahresbeiträge gingen verloren, und einen solchen ungetreuen Arbeitnehmer wollen Sie vor der Haftung schützen. Oder der Syndikus im Angstelltenverhältnis, der unter Außerachtlassung ganz selbstverständlicher Sorgfalt einen Schaden verursacht.
    Lachende Dritte sind die Haftpflichtversicherungen. Jeder Arbeitnehmer könnte sich dagegen schützen. Gerade die, die verantwortungsschwer handeln, tun das oder machen das über den Arbeitgeber. Wenn der SPD-Entwurf nun durchkäme, wäre solche Haftpflichtversicherung gegenstandslos, weil es ja nichts



    Dr. Hüsch
    zu haften gäbe. Der Geschädigte müßte leiden, nicht der Schädiger. In den Vorstandsetagen der Versicherungsgesellschaften könnte man die nächsten Jahresabschlüsse wegen des Rückganges des Risikos zufrieden zur Kenntnis nehmen.
    Ihre ganz einfache Formel, die Sie wieder einmal gegen bessere Vernunft verwenden, ist falsch: Ein Arbeitgeber ist reich, und er kann jeden Schaden tragen. Wie steht es jetzt mit der alten Rentnerin, die für die Pflege ihrer Wohnung als Arbeitgeberin eine Reinmachefrau hat, die unter Außerachtlassung jedweder Sorgfalt, also grob fahrlässig alles in Brand setzt und der alten Frau ihre ganze Habe nimmt? Oder wie steht es mit jenem Arbeitgeber, der nur einen, zwei oder drei Mitarbeiter hat und der durch grobe Fahrlässigkeit — durch den Gesetzentwurf der SPD von fast jeder Haftung befreit — um sein Unternehmen gebracht wird oder der selbst — oder seine Angehörigen — Körperschäden oder den Tod erleidet?
    Wie steht es mit demjenigen Arbeitnehmer, der unter Verletzung aller Regeln einen großen Umweltschaden anrichtet, weil er z. B. aus Bequemlichkeit giftige Stoffe in das Wasser abgeleitet hat?
    Wieder einmal klassenkämpferisch beschränkte Sicht. Sie gehen nur nach den Kategorien vor: Der Arbeitnehmer ist in jedem Fall der Schwache, und der Arbeitgeber ist in jedem Fall der starke Kapitalist. Daß das nicht so ist, wissen wir aus dem Leben, und selbst ein Teil Ihrer Begründung müßte das deutlich machen. Das geschieht aber nicht.

    (Such [GRÜNE]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

    Der von Ihnen gänzlich geforderte Ausschluß der Haftung für normale Fahrlässigkeit sogar bei nicht gefahrgeneigter Tätigkeit ist rechtspolitisch verfehlt.

    (Dr.Pick [SPD]: Wie ist es denn im wissenschaftlichen Bereich?)

    — In der wissenschaftlichen Diskussion ist seit der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 25. September 1979 klargeworden, daß es keine allgemeine Rechtsüberzeugung gibt, die Haftung des Arbeitnehmers auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zu beschränken.
    Die Gefahr der von der SPD gewollten Haftungsbeschränkung liegt nicht zuletzt darin, daß die vorbeugende Funktion der Haftung verlorengeht, nämlich zur Sorgfalt anzuhalten, Schäden des Arbeitgebers und auch Dritter zu vermeiden, die mit solchen Schäden verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren zu vermeiden, zumindest aber einzuschränken. Alles das wäre nicht mehr gewährleistet.
    So fördert die Schaffung eines haftungsfreien Raumes den unsorgfältigen Umgang mit Fahrzeugen, Maschinen und anderen Arbeitsmitteln, auch mit der Gesundheit der Arbeitskollegen. Daß das eigene Interesse des betroffenen Arbeitnehmers dadurch mittelbar, aber nachdrücklich gefährdet würde, ist offenkundig; denn nachlassende Sorgfalt im betrieblichen Ablauf führt zu einer nachdrücklichen Schädigung.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Der redet wirklich von etwas, wovon er keine Ahnung hat!)

    — Liebe Frau Däubler-Gmelin, ich bin Gießereiarbeiter gewesen, ich bin Platzarbeiter gewesen, ich war Lastwagenfahrer, ich habe Straßenbahnen kutschiert. Ich war im Arbeitnehmerbereich. Ich weiß genau, daß es beides gibt:

    (Hoss [GRÜNE]: Aber Sie haben alles vergessen!)

    daß es die Sorgfalt bei der Arbeitswahrnehmung und auch die Nichtsorgfalt gibt. Wenn Sie glauben, das könnten Sie als Nichtahnung bezeichnen: Gehen Sie erst einmal in einen Betrieb, und arbeiten Sie einmal, wo die Maloche gemacht wird! Erst dann werden Sie dazu etwas sagen können.

    (Frau Dr. Däubler-Dmelin [SPD]: Wenn Sie wissen, wovon Sie reden, dann ist es böser Wille und nicht Dummheit! Dann ist es noch schlimmer!)

    Die Absicht, die Sie gesetzgeberisch betreiben, ist durch und durch kurzsichtig.
    Nun, Frau Präsidentin, eine letzte kleine Anmerkung. Ich fühle mich in der Rolle jenes Redners auf dem Rednerpult, der seine Rede gehalten hat, noch einen Kollegen vor sich sieht, auf ihn zugeht und sagt: „Verehrter Kollege, ich danke Ihnen, daß wenigstens Sie mir die Ehre gemacht haben zuzuhören" , und dieser antwortet dann: „Ihnen zuzuhören, daran denke ich nicht; ich bin nur der nächste Redner." Und der kann jetzt das Wort haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)