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ID1119807000

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    Plenarprotokoll 11/198 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 198. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 15247 A Tagesordnungspunkt 15: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London und über die Vorbereitungsarbeiten zur 3. INK vom 7. bis 8. März 1990 in Den Haag (Drucksache 11/6373) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammonium-Stickstoff und Phosphor zu dem Entschließungsantrag der SPD zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammonium-Stickstoff und Phosphor — Drucksachen 11/3847, 11/4213, 11/4515, 11/6496 — Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . 15248 A Lennartz SPD 15249 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 15251 B Frau Garbe GRÜNE 15253 C Eylmann CDU/CSU 15255 A Dr. Heydemann, Minister des Landes Schleswig-Holstein 15256C, 15267 A Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . 15257 B, 15258 C Harries CDU/CSU 15260 D Schütz CDU/CSU 15262 A Eylmann CDU/CSU 15263 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 15264 A Schütz SPD 15264 C Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes — Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (Drucksache 11/6449) in Verbindung mit 11 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität — (. . . StrÄndG — 2. UKG) (Drucksache 11/6453) Bachmaier SPD 15268 A Dr. Laufs CDU/CSU 15269 C Häfner GRÜNE 15270 B Funke FDP 15271 B Eylmann CDU/CSU 15272 A Engelhard, Bundesminister BMJ 15273 B Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umwelthaftungsgesetzes — UmweltHG (Drucksache 11/6454) Dr. Hüsch CDU/CSU 15274 B Bachmaier SPD 15276 B Kleinert (Hannover) FDP 15277 B Häfner GRÜNE 15278 C Schütz SPD 15280 B Engelhard, Bundesminister BMJ 15281 C Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerhaftung (Drucksache 11/5086) Frau Steinhauer SPD 15282 D Dr. Hüsch CDU/CSU 15284 A, 15290 C Hoss GRÜNE 15286 D Kleinert (Hannover) FDP 15287 D Dr. Pick SPD 15288 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 15290A Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 15291 A Nächste Sitzung 15292 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 15293* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15293* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 15247 198. Sitzung Bonn, den 16. Februar 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP 16. 02. 90 Dr. Ahrens SPD 16. 02. 90 Dr. Apel SPD 16. 02. 90 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16. 02. 90 Börnsen (Ritterhude) SPD 16. 02. 90 Borchert CDU/CSU 16.02.90 Dr. Briefs GRÜNE 16. 02. 90 Büchner (Speyer) SPD 16. 02. 90 Frau Conrad SPD 16. 02. 90 Daweke CDU/CSU 16.02.90 Frau Dempwolf CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. Dollinger CDU/CSU 16. 02. 90 Duve SPD 16.02.90 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 16. 02. 90 Frau Fischer CDU/CSU 16. 02. 90 Francke (Hamburg) CDU/CSU 16. 02. 90 Gansel SPD 16.02.90 Gattermann FDP 16.02.90 Gerster (Mainz) CDU/CSU 16. 02. 90 Glos CDU/CSU 16.02.90 Dr. Götz CDU/CSU 16. 02. 90 Grünbeck FDP 16.02.90 Haack (Extertal) SPD 16. 02. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 16. 02. 90 Heimann SPD 16.02.90 Frau Hillerich GRÜNE 16. 02. 90 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 16. 02. 90 Ibrügger SPD 16. 02. 90** Jaunich SPD 16.02.90 Jungmann (Wittmoldt) SPD 16. 02. 90 Kastning SPD 16.02.90 Kittelmann CDU/CSU 16. 02. 90* Klein (München) CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. Knabe GRÜNE 16. 02. 90 Kohn FDP 16.02.90 Kolbow SPD 16.02.90 Kühbacher SPD 16.02.90 Kuhlwein SPD 16.02.90 Lamers CDU/CSU 16.02.90 Lattmann CDU/CSU 16.02.90 Leidinger SPD 16.02.90 Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 16. 02. 90 Lohmann (Witten) SPD 16. 02. 90 Maaß CDU/CSU 16.02.90 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 16. 02. 90 Menzel SPD 16.02.90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 16. 02. 90 Mischnick FDP 16.02.90 Neumann (Bremen) CDU/CSU 16. 02. 90 Niggemeier SPD 16.02.90 Paintner FDP 16.02.90 Petersen CDU/CSU 16. 02. 90** Poß SPD 16.02.90 Reuschenbach SPD 16.02.90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Riedl (München) CDU/CSU 16. 02. 90 Roth (Gießen) CDU/CSU 16. 02. 90 Schäfer (Offenburg) SPD 16. 02. 90 Dr. Scheer SPD 16. 02. 90* Frau Schilling GRÜNE 16. 02. 90 Schluckebier SPD 16.02.90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 16. 02. 90 Dr. Schmude SPD 16. 02. 90 von Schmude CDU/CSU 16. 02. 90 Schneider (Idar-Oberstein) CDU/CSU 16.02.90 Dr. Schöfberger SPD 16. 02. 90 Schreiber CDU/CSU 16.02.90 Schröer (Mülheim) SPD 16. 02. 90 Frau Schulte (Hameln) SPD 16. 02. 90 Sielaff SPD 16.02.90 Steiner SPD 16. 02. 90* Stobbe SPD 16.02.90 Straßmeier CDU/CSU 16.02.90 Frau Trenz GRÜNE 16. 02. 90 Frau Unruh fraktionslos 16. 02. 90 Voigt (Frankfurt) SPD 16. 02. 90** Vosen SPD 16.02.90 Dr. Waigel CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 16. 02. 90 Wetzel GRÜNE 16.02.90 Frau Wieczorek-Zeul SPD 16. 02. 90 Wischnewski SPD 16.02.90 Wissmann CDU/CSU 16.02.90 Würzbach CDU/CSU 16.02.90 Zierer CDU/CSU 16. 02. 90* Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 12. Februar 1990 ihren Antrag „Qualitative Veränderung des integrierten Entwicklungsvorhabens Bondoc/Philippinen" - Drucksache 11/4733 - zurückgezogen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 11/4986 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/4081 Nr. 2.3 Drucksache 11/5954 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/5722 Nr. 2.3 Drucksache 11/5954 Nr. 2.2-2.4, 2.6-2.9 Drucksache 11/6017 Nr. 2.4 -2.7 Drucksache 11/6125 Nr. 1-4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/3200 Nr. 2.33 Drucksache 11/4534 Nr. 2.22, 2.24 Drucksache 11/4680 Nr. 2.16 Drucksache 11/5145 Nr. 3.36
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Waltraud Steinhauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Herren und Damen! Es geht weiter mit Haftungsrecht, diesmal mit der Arbeitnehmerhaftung. Die Frage der Haftung der Arbeitnehmer für Schäden, die sie im Zusammenhang mit ihrer Arbeitstätigkeit verursachen, ist seit langem in der Diskussion. Die SPD-Fraktion greift mit dem heute in der ersten Lesung anstehenden Gesetzentwurf einen Sachverhalt auf, der dringend regelungsbedürftig ist.
    Die gesetzliche Regelung der Arbeitnehmerhaftung soll die bisherige Rechtsunsicherheit beseitigen. Bisher waren Arbeitnehmer von einer wechselhaften



    Frau Steinhauer
    Rechtsprechung abhängig. Die danach geltende Haftung des Arbeitnehmers für Schäden, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis verursacht werden, entspricht längst nicht mehr den heutigen Verhältnissen. Die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers ist regelmäßig mit dem Risiko belastet, den Arbeitgeber oder Dritte zu schädigen. Der Arbeitnehmer ist nach dem heute noch geltenden Haftungsrecht bei fahrlässiger Schadensverursachung dem Arbeitgeber gegenüber grundsätzlich in voller Höhe ersatzpflichtig.
    Der Umgang des Arbeitnehmers mit Maschinen und Geräten, deren Wert in keinem Verhältnis zu seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten steht, birgt jedoch die Gefahr in sich, schon durch geringe Versehen Schäden anzurichten, die unübersehbar sind. Der volle Ersatz hätte den finanziellen Ruin des Arbeitnehmers und seiner Familie zur Folge. Die Praxis zeigt: Arbeitsbedingte Schäden sind unvermeidbar.
    Die Haftung des Arbeitnehmers wurde zum großen Teil durch die Rechtsprechung festgelegt. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. November 1987 wird die Fortentwicklung des Arbeitnehmerhaftungsrechts durch die Rechtsprechung abgelehnt. Es wird auf die Kompetenz des Gesetzgebers hingewiesen. Daran ändert auch nichts die erneute Anrufung des Großen Senats.
    Die SPD-Bundestagsfraktion kommt der Aufforderung, dem Ruf nach dem Gesetzgeber mit diesem Gesetzentwurf nach. Wir wollen nicht länger hinnehmen, daß die Arbeitnehmerhaftung nur nach dem Einzelfall unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit beurteilt wird und damit nur zu schwer voraussehbaren Entscheidungen führt.
    Die Bemessung der Schadenshöhe liegt bisher also
    weitgehend in der Hand des jeweiligen Gerichts. Die existenzbedrohenden Haftungsrisiken fordern zum schnellsten Handeln auf.
    Daher enthält unser Gesetzentwurf folgende Schwerpunkte: Eine Beschränkung der Schadenersatzverpflichtung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist ein ganz wesentlicher Inhalt dieses Entwurfs. Eine Haftung des Arbeitnehmers wird nicht nur für die leichteste, sondern auch für normale Fahrlässigkeit voll ausgeschlossen. Dies ist übrigens auch schon in einem anderen wichtigen Fall im Arbeitsleben üblich, nämlich in der Unfallversicherung, z. B. dann, wenn der Arbeitnehmer einen Arbeitskollegen verletzt.
    Die Regelung des Schadenersatzes berücksichtigt, daß man es hier nicht mit Maschinen, sondern mit Menschen zu tun hat. Es gibt im Arbeitsleben — wie auch sonst — nicht den Modellmenschen, der nie Fehler macht. Es ist klar, daß auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer Fehlleistungen unterlaufen können.
    Die Unsicherheit, ob Haftungserleichterung allgemein auf jegliche Tätigkeit von Arbeitnehmern angewandt werden kann, war in der Vergangenheit umstritten. Diese Unklarheit wollen wir mit dem Gesetz beseitigen. Auch die Verbindung der Arbeitnehmerhaftung mit schadensgeneigter Tätigkeit, die kaum abzugrenzen ist, wird von uns beseitigt. Auch die
    Höhe der Haftung war in der Vergangenheit höchst problematisch. Bei grober Fahrlässigkeit darf nach unserem Gesetzentwurf der Haftungsoberbetrag, den ein Arbeitnehmer zu tragen hat, in Zukunft drei Monatsnettovergütungen nicht übersteigen. Damit nehmen wir Abstand davon, daß der Arbeitnehmer in solchen Fällen den gesamten Schaden zu ersetzen hat.

    (Kleinert [Hannover] [FDP]: Das ist ja nicht der Fall!)

    Für Kraftfahrer hatte dies in der Vergangenheit z. B. zur Folge, daß die gesamte wirtschaftliche Existenz durch ein einziges Fehlverhalten gefährdet werden konnte.

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Stimmt ja auch nicht! — Kleinert [Hannover] [FDP]: Theoretisch ja, praktisch nein!)

    Das Betriebsrisiko des Arbeitgebers muß mitberücksichtigt werden. Auch bei grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers muß das vom Arbeitgeber zu tragende Betriebsrisiko ins Gewicht fallen. Dies kann unter Umständen zu einer erheblichen Verminderung der Schadensersatzpflicht führen. Hierbei sind Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, so auch die Frage, ob der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Mißverhältnis zum Schadensrisiko steht. Wir wollen auch ausschließen, daß sich der Arbeitgeber unter Umständen vom Risiko überhaupt fernhält, indem er keine Versicherung abschließt. Auch da ist eine Regelung im Gesetz vorgesehen.
    In den Bereich der Haftungsbegrenzung werden auch arbeitnehmerähnliche Personen einbezogen. Das heißt, daß beispielsweise Heimarbeiter und freie Mitarbeiter von einer Haftung ganz oder teilweise freigestellt werden. Es ist nicht einzusehen, daß ein Kraftfahrer der Haftungsbeschränkung unterliegt, nicht aber ein Student, der in den Semesterferien ein Kraftfahrzeug überführt.
    Wir begrenzen mit diesem Gesetz auch die Verjährungsfrist auf ein halbes Jahr, d. h., wir wollen eine schnelle Rechtssicherheit in Fragen der Haftung der Arbeitnehmer haben.
    Die heutige Debatte, meine sehr verehrten Herren und Damen, nehme ich auch zum Anlaß, darauf hinzuweisen, daß ein einheitliches Arbeitsgesetzbuch alsbald doch wieder einmal in den Bereich der Realität zu rücken ist. Ich sage das ganz selbstkritisch: Es gibt zwar Entwürfe aller Fraktionen dieses Hauses, aber wir haben es dabei belassen. Gesetzesreife Vorlagen wurden nicht erstellt bzw. nicht eingereicht. Und die Arbeitsgesetzbuch-Kommission hat ihre Arbeit seit langem eingestellt.
    Es entspricht nicht der Bedeutung des Arbeitslebens, daß wichtige arbeitsrechtliche Bestimmungen über eine Vielzahl von Gesetzen verstreut, im Bürgerlichen Gesetzbuch z. B. zwischen Kauf- und Mietrecht, geregelt sind. Schließlich geht es hier um den Arbeitnehmer als Menschen und nicht als Ware.
    Sie, meine sehr verehrten Kollegen und Kolleginnen, können jetzt beweisen, daß Sie an die Rechte der Arbeitnehmer denken. Ich fordere Sie auf, in den Beratungen und an der Verabschiedung des heute zur ersten Lesung anstehenden Gesetzes zügig mitzuar-



    Frau Steinhauer
    betten und nicht, wie beispielsweise bei der Vereinheitlichung von Kündigungsfristen von Arbeitern und Angestellten, mit einem Gesetzentwurf jahrelang überfällig zu sein und dann auch noch einen halbherzigen Entwurf vorzulegen.
    Tragen Sie in konstruktiver Weise dazu bei, daß das Arbeitnehmerhaftungsrecht neu geregelt wird, daß ein Haftungsrecht entsteht, das den Gegebenheiten der heutigen Arbeitswelt Rechnung trägt, damit die Bocksprünge der Rechtsprechung endlich ein Ende haben!

    (Beifall bei der SPD und des Abg. Hoss [GRÜNE])



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Hüsch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Günther Hüsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Problem ist ernst und bedarf zu gegebener Zeit sicherlich einer Regelung. Aber der Entwurf, den die SPD vorlegt, ist offensichtlich schlecht überlegt, wenig bedacht — ein Spiegelbild der derzeitigen Rechtspolitik der Opposition.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Was macht denn die Regierung? Sachfremde Rechthaberei! — Schütz [SPD]: Das ist reines Rollenspiel hier!)

    Zunächst einmal aber etwas Gutes: In der justizpolitischen Debatte vor einer Woche ist ausgeführt worden, daß sich das Parlament der Pflicht zur Rechtsfortbildung nicht entziehen darf. In der Tat: Die Zuteilung von Pflichten und Lasten, von Vorteilen und Nachteilen ist Sache des Gesetzgebers und kann der Rechtsprechung nur für den Einzelfall belassen bleiben.
    Nun macht der SPD-Entwurf den Versuch, eine Nutzen- und Lastenzuteilung im Bereich der Arbeitnehmerhaftung vorzunehmen.

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Und das ist gut!)

    Ich begrüße, daß der Entwurf Anlaß zur Diskussion gibt. Denn an Hand dieses Entwurfes kann das Thema — was schon längst hätte erfolgen müssen — der parlamentarischen Beratung zugeführt werden — allerdings in der Freiheit von Wort und Widerwort, in der Freiheit von Änderungen und auch der möglichen Ablehnung.

    (Zuruf des Abg. Schütz [SPD])

    Es ist insgesamt, Herr Schütz, zu bedauern, daß nicht schon längst ein gesondertes Gesetzbuch oder zumindest ein ausführlicher Abschnitt im Bürgerlichen Gesetzbuch über die Rechte der Arbeitnehmer entstanden ist.

    (Dr. Pick [SPD]: Da haben Sie recht! — Becker [Nienberge] [SPD]: Da sind wir einer Meinung!)

    Aber die SPD sollte nicht frohlocken. In ihrer Regierungszeit bis 1982 hatte sie ausreichend Gelegenheit,

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Und hat es gemacht!)

    aber sie hat nichts zustande gebracht.

    (Hoss [GRÜNE]: Diese alte Leier, Herr Hüsch! — Schütz [SPD]: Jahre sind seitdem vergangen!)

    — Manches hatte man von Ihnen erwartet! Aber die SPD versagte, und die Enttäuschung von Arbeitnehmern über aktuelle Regierungsleistungen der SPD hat sicherlich einen ihrer vielen Gründe in der Nichtregelung des Arbeitnehmerrechts.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Zuruf der Abg. Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD] und weitere Zurufe von der SPD)

    — Frau Däubler-Gmelin, nun will ich Sie einmal fragen: Wer war denn eigentlich Justizminister? Das waren Herr Vogel und Herr Schmude. Wer war denn Vorsitzender des Rechtsausschusses? Das waren doch Sie!

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das wissen wir doch alles! Und wir waren viel besser als Sie jemals!)

    Und wer war Staatssekretär im Justizministerium? Das war Herr de With. Alles hervorragende Juristen, die Einser-Juristen! Sie haben nichts zustande gebracht, und deshalb können Sie sich heute nicht mit dieser Miene hier hinstellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sie wissen doch genau, daß Sie unrecht haben, Herr Hüsch! Reden Sie doch einmal zur Sache!)

    Nun zur Sache selbst. Zu dieser Regelung hätte längst Anlaß bestanden, denn die Lehre von der gefahrgeneigten Arbeit war lange vor 1982 bekannt.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ist es wahr?)

    Die wesentlichen Grundentscheidungen zur Entlastung der Arbeitnehmer bei gefahrgeneigter Arbeit waren getroffen. Gefahrgeneigte Arbeit im Zusammenhang mit der Haftung des Arbeitnehmers bedeutet nämlich, daß die vom Arbeitnehmer zu leistende Arbeit ihrer Art nach eine besonders große Wahrscheinlichkeit in sich birgt, daß Versehen unterlaufen und daß dadurch Schaden verursacht wird, der zum Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers in unangemessenem Verhältnis steht. Die Rechtsprechung hat dabei auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt, auf den konkreten Anlaß, aus dem der Schaden entstanden ist.
    Es hätte nun nahegelegen, Sie hätten sich mit dieser Frage befaßt. Aber in Wirklichkeit wollen Sie nunmehr jedwede fahrlässige Schadensverursachung durch den Arbeitnehmer haftungsfrei machen und die Haftung bei grober Fahrlässigkeit auf drei Monatsnettoeinkommen beschränken.

    (Frau Steinhauer [SPD]: Ja!)

    Damit würden Sie, wenn es durchginge, den Bruch mit der Rechtssystematik vollziehen.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ach?)

    Denn es ist anerkanntes Recht, daß sich jeder auf die
    Leistungen und auf die korrekte Ausführung der Leistungen des anderen grundsätzlich verlassen darf und



    Dr. Hüsch
    verlassen muß. Jeder hat die Erwartung, daß auch der andere die im Rechtsverkehr erforderliche Sorgfalt beachtet. Der Maßstab der Sorgfalt ist objektiv.
    Auf solche Grundsätze gründet sich der Vertrauensschutz im deutschen Recht. Er ist das rechtliche Rahmenwerk dafür, daß gerade wir Deutschen unter Geltung dieses Rechts als im Rechts- und Arbeitsverkehr zuverlässig und vertrauenswürdig angesehen werden. Auf beide Tugenden stützt sich die Leistungskraft unserer Wirtschaft, und diese ist materielle Grundlage sozialer Sicherheit.
    Die SPD will nun mit ihrem Gesetzentwurf nicht nur dieses Rechtsprinzip ändern,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ist doch nicht wahr, Herr Hüsch!)

    sondern nimmt auch ganz bewußt in Kauf, daß eine der Grundlagen für Verläßlichkeit im Rechtsverkehr und im Arbeitsleben in Mitleidenschaft gezogen wird.

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Das ist nicht wahr! — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist schlicht unrichtig!)

    Eine grobe Fahrlässigkeit, die Sie in ihrer Haftungsfolge erheblich beschränken wollen, liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Umfange verletzt worden ist. Das bedeutet: Wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden oder wenn das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten mußte, liegt grobe Fahrlässigkeit vor. Und die Haftung dafür wollen Sie auf drei Monatsgehälter beschränken! Es ist Stand der Rechtsprechung, daß bei der groben Fahrlässigkeit auch subjektive, den Fähigkeiten eines Handelnden übergeordnete Umstände zu berücksichtigen sind.