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ID1119806400

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    Plenarprotokoll 11/198 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 198. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 15247 A Tagesordnungspunkt 15: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London und über die Vorbereitungsarbeiten zur 3. INK vom 7. bis 8. März 1990 in Den Haag (Drucksache 11/6373) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammonium-Stickstoff und Phosphor zu dem Entschließungsantrag der SPD zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammonium-Stickstoff und Phosphor — Drucksachen 11/3847, 11/4213, 11/4515, 11/6496 — Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . 15248 A Lennartz SPD 15249 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 15251 B Frau Garbe GRÜNE 15253 C Eylmann CDU/CSU 15255 A Dr. Heydemann, Minister des Landes Schleswig-Holstein 15256C, 15267 A Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . 15257 B, 15258 C Harries CDU/CSU 15260 D Schütz CDU/CSU 15262 A Eylmann CDU/CSU 15263 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 15264 A Schütz SPD 15264 C Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes — Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (Drucksache 11/6449) in Verbindung mit 11 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität — (. . . StrÄndG — 2. UKG) (Drucksache 11/6453) Bachmaier SPD 15268 A Dr. Laufs CDU/CSU 15269 C Häfner GRÜNE 15270 B Funke FDP 15271 B Eylmann CDU/CSU 15272 A Engelhard, Bundesminister BMJ 15273 B Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umwelthaftungsgesetzes — UmweltHG (Drucksache 11/6454) Dr. Hüsch CDU/CSU 15274 B Bachmaier SPD 15276 B Kleinert (Hannover) FDP 15277 B Häfner GRÜNE 15278 C Schütz SPD 15280 B Engelhard, Bundesminister BMJ 15281 C Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerhaftung (Drucksache 11/5086) Frau Steinhauer SPD 15282 D Dr. Hüsch CDU/CSU 15284 A, 15290 C Hoss GRÜNE 15286 D Kleinert (Hannover) FDP 15287 D Dr. Pick SPD 15288 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 15290A Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 15291 A Nächste Sitzung 15292 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 15293* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15293* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 15247 198. Sitzung Bonn, den 16. Februar 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP 16. 02. 90 Dr. Ahrens SPD 16. 02. 90 Dr. Apel SPD 16. 02. 90 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16. 02. 90 Börnsen (Ritterhude) SPD 16. 02. 90 Borchert CDU/CSU 16.02.90 Dr. Briefs GRÜNE 16. 02. 90 Büchner (Speyer) SPD 16. 02. 90 Frau Conrad SPD 16. 02. 90 Daweke CDU/CSU 16.02.90 Frau Dempwolf CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. Dollinger CDU/CSU 16. 02. 90 Duve SPD 16.02.90 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 16. 02. 90 Frau Fischer CDU/CSU 16. 02. 90 Francke (Hamburg) CDU/CSU 16. 02. 90 Gansel SPD 16.02.90 Gattermann FDP 16.02.90 Gerster (Mainz) CDU/CSU 16. 02. 90 Glos CDU/CSU 16.02.90 Dr. Götz CDU/CSU 16. 02. 90 Grünbeck FDP 16.02.90 Haack (Extertal) SPD 16. 02. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 16. 02. 90 Heimann SPD 16.02.90 Frau Hillerich GRÜNE 16. 02. 90 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 16. 02. 90 Ibrügger SPD 16. 02. 90** Jaunich SPD 16.02.90 Jungmann (Wittmoldt) SPD 16. 02. 90 Kastning SPD 16.02.90 Kittelmann CDU/CSU 16. 02. 90* Klein (München) CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. Knabe GRÜNE 16. 02. 90 Kohn FDP 16.02.90 Kolbow SPD 16.02.90 Kühbacher SPD 16.02.90 Kuhlwein SPD 16.02.90 Lamers CDU/CSU 16.02.90 Lattmann CDU/CSU 16.02.90 Leidinger SPD 16.02.90 Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 16. 02. 90 Lohmann (Witten) SPD 16. 02. 90 Maaß CDU/CSU 16.02.90 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 16. 02. 90 Menzel SPD 16.02.90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 16. 02. 90 Mischnick FDP 16.02.90 Neumann (Bremen) CDU/CSU 16. 02. 90 Niggemeier SPD 16.02.90 Paintner FDP 16.02.90 Petersen CDU/CSU 16. 02. 90** Poß SPD 16.02.90 Reuschenbach SPD 16.02.90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Riedl (München) CDU/CSU 16. 02. 90 Roth (Gießen) CDU/CSU 16. 02. 90 Schäfer (Offenburg) SPD 16. 02. 90 Dr. Scheer SPD 16. 02. 90* Frau Schilling GRÜNE 16. 02. 90 Schluckebier SPD 16.02.90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 16. 02. 90 Dr. Schmude SPD 16. 02. 90 von Schmude CDU/CSU 16. 02. 90 Schneider (Idar-Oberstein) CDU/CSU 16.02.90 Dr. Schöfberger SPD 16. 02. 90 Schreiber CDU/CSU 16.02.90 Schröer (Mülheim) SPD 16. 02. 90 Frau Schulte (Hameln) SPD 16. 02. 90 Sielaff SPD 16.02.90 Steiner SPD 16. 02. 90* Stobbe SPD 16.02.90 Straßmeier CDU/CSU 16.02.90 Frau Trenz GRÜNE 16. 02. 90 Frau Unruh fraktionslos 16. 02. 90 Voigt (Frankfurt) SPD 16. 02. 90** Vosen SPD 16.02.90 Dr. Waigel CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 16. 02. 90 Wetzel GRÜNE 16.02.90 Frau Wieczorek-Zeul SPD 16. 02. 90 Wischnewski SPD 16.02.90 Wissmann CDU/CSU 16.02.90 Würzbach CDU/CSU 16.02.90 Zierer CDU/CSU 16. 02. 90* Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 12. Februar 1990 ihren Antrag „Qualitative Veränderung des integrierten Entwicklungsvorhabens Bondoc/Philippinen" - Drucksache 11/4733 - zurückgezogen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 11/4986 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/4081 Nr. 2.3 Drucksache 11/5954 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/5722 Nr. 2.3 Drucksache 11/5954 Nr. 2.2-2.4, 2.6-2.9 Drucksache 11/6017 Nr. 2.4 -2.7 Drucksache 11/6125 Nr. 1-4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/3200 Nr. 2.33 Drucksache 11/4534 Nr. 2.22, 2.24 Drucksache 11/4680 Nr. 2.16 Drucksache 11/5145 Nr. 3.36
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gerald Häfner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Selten war ich Ihnen, verehrte Frau Präsidentin, für eine Äußerung so dankbar wie dieses Mal, und selten verbinde ich damit so große Hoffnungen, wie ich das in bezug auf den Hinweis tue, den Sie soeben gegeben haben. Wenn das im Parlament beherzigt würde, daß das Ganze eine Vorlage ist, die verbessert werden kann, ja muß, dann hätte auch diese Beratung hier Sinn, was nicht üblicherweise so ist, wie Sie alle wissen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Schütz [SPD]: Haben Sie das schon mal erlebt, daß das anders rauskommt?)

    Auch wenn, liebe Kolleginnen und Kollegen, die deutschlandpolitische Diskussion gegenwärtig alle anderen Themen, darunter auch die ökologischen Fragen, in den Schatten stellt, müssen wir sagen: Die dramatische Zerstörung unserer Umwelt schreitet immer weiter voran. Die wenigen ergriffenen Maßnahmen sind halbherzig, greifen viel zu kurz und konnten gerade die großen Gefahren: die Klimaveränderungen, deren erste Auswirkungen wir gerade in diesen Tagen und Wochen wieder drastisch erleben müssen; die Vergiftung von Boden, Luft und Wasser, wobei die schwersten Schäden wegen der hohen Latenzzeit oft erst in Jahrzehnten sichtbar werden; das fortschreitende Wald- und Vegetationssterben; das Sterben unserer Meere und ihrer Bewohner und die fortschreitende atomare Verseuchung der ganzen Lebenswelt, nicht beheben, noch nicht einmal im Ansatz eindämmen.
    Dem Recht kommt — darin stimmen wir alle überein — beim Schutz der Umwelt entscheidende Bedeutung zu. Bloße Einzelmaßnahmen helfen hierbei jedoch nicht weiter. Auch Umweltstraf- und Umwelthaftungsrecht können nur Elemente einer Gesamtkonzeption sein, die ein radikales Umdenken und Umschwenken unserer Wirtschafts- und Rechtspolitik voraussetzt. Isoliert helfen sie, zumal in der halbherzigen, ungenügenden Form, wie Sie das hier vorschlagen, kaum weiter. Sie täuschen eher Wirkungen vor, als daß Sie, wie es nötig wäre, die Dinge an der Wurzel anpacken.
    Noch immer ist es so, daß Umweltschäden unser Bruttosozialprodukt steigern und deshalb als Plus und nicht als Minus in die wirtschaftliche Gesamtrechnung eingehen, obwohl sie dort wertvollstes Vermögen und — mehr noch — unser gemeinsames Erbe, das wir zur Pflege und Bewahrung für unsere Kinder und Kindeskinder angetreten haben, unwiederbringlich vernichten.
    Noch immer ist es so, daß Unternehmen etwa der Verpackungsindustrie mit umweltschädigender Produktion Profite machen, die Kosten aber etwa für die ständig wachsenden Mülldeponien, die Beseitigung



    Häfner
    von Schäden bei undichten Deponien, aber auch die Kosten durch Zerstörung der Umwelt und unserer Gesundheit der Allgemeinheit aufbürden.
    Noch immer ist es so, daß unser aus dem römischen Privatrecht stammendes Rechtssystem eigentlich nur das Eigentum und wirtschaftliche Interessen schützt. Was kein Eigentum ist, wird nicht erfaßt, kann auch nicht geschützt werden, da rechtlich noch nicht einmal ein Schaden vorliegt.
    Sie hätten mit Ihrem Entwurf daran wenigstens teilweise etwas ändern können. Sie haben aber diese Chance nicht genutzt. Sie wollten sie, soweit ich die internen Debatten und das, was davon an die Öffentlichkeit drang, verfolgen konnte, auch gar nicht nutzen.
    Die GRÜNEN haben schon im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf zur Umwelthaftung eingebracht, und ich habe ihn hier im Plenum vorgestellt. Dieser Gesetzentwurf, so meine ich, kann heute noch als Maßstab für ein Umwelthaftungsrecht dienen. Wir haben schon damals auf das Problem hingewiesen, daß ökologische Schäden bisher nur dann ersetzt werden, wenn sich der Bestandteil des Naturhaushaltes im Eigentum einer Person befindet oder wenn wirtschaftliche Interessen verletzt werden. Wir haben gezeigt, wie dies gesetzlich behoben werden kann, und haben auch den Ausgleich solcher Schäden in die Ausgleichsregelung hineingenommen.
    Wir haben mit einer weiteren Ungerechtigkeit Schluß gemacht: Bisher muß der Geschädigte für seinen Schadenersatzanspruch den vollen Nachweis führen, daß sein Schaden auf bestimmte Umwelteinwirkungen zurückzuführen und von ganz bestimmten Tätern verursacht worden ist. Das gelingt, wie Sie wissen, nur in den allerseltensten Fällen. Deshalb ist eine Beweislasterleichterung bis zur Beweislastumkehr dringend erforderlich. Wir haben eine solche vorgesehen. Sie haben sie schon durch den ersten Absatz von § 6 Ihres Gesetzes faktisch wieder aufgehoben.
    Ein weiteres gravierendes Problem sind die sogenannten Summations- und Distanzschäden. Ich erinnere nur an das Waldsterben, wo Sie eben nicht einen konkreten Emittenten haftbar machen können, sondern wo diese Schäden nur durch einen Entschädigungsfonds und eine darauf ausgerichtete Regelung erfaßt bzw. ersetzt werden können. Anders kommen die Waldbauern nie zu ihrem Recht. Sie haben dies ebenfalls nicht in Angriff genommen.
    Ich denke, daß dieses Gesetz eher ein „Umweltverschmutzungserleichterungsgesetz" als eine wirklich umfassende Regelung des Umwelthaftungsrechtes ist. Erfaßt werden von ihm nur Schäden, die durch Tötung eines Menschen, Verletzung seines Körpers, seiner Gesundheit oder durch Sachbeschädigung entstanden sind.

    (Kleinert [Hannover] [FDP] : Falsch!)

    — So steht es in § 1. Sie bleiben damit weit hinter dem zurück, was wir etwa in § 22 des Wasserhaushaltsgesetzes entwickelt haben. Dort wird der Schädiger zum vollen Ersatz aller durch ihn entstandenen Schäden verpflichtet.
    Die schweren Beeinträchtigungen menschlicher Lebensqualität erfassen Sie damit nur unzureichend. Ökologische Schäden am Naturhaushalt existieren für Sie überhaupt nicht.

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Auch falsch!)

    — Herr Hüsch, lassen Sie uns im Ausschuß darauf eingehen! Ich habe hier nur wenig Zeit. Sie kennen Ihren Entwurf genausogut wie ich. Wir werden noch ausreichend Gelegenheit haben, darüber zu sprechen.

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Sie sollen hier die Wahrheit sagen! — Gegenruf des Abg. Such [GRÜNE]: Das ist die Wahrheit! Wir sagen hier nur die Wahrheit! — Lachen bei der CDU/CSU)

    Von Ihren selbst gesteckten Ansprüchen ist einer der wichtigsten die Abkehr von der Verschuldenshaftung. Sie unterstellen erst einmal richtig, daß die Verursachung des Schadens durch den Betrieb einer Anlage dann vermutet werden kann, wenn dieser Betrieb geeignet war, Schäden der vorliegenden Art zu verursachen. Diese an sich richtige Regelung wird dann aber sofort wieder faktisch aufgehoben; denn die Beweisvermutung soll bei Ihnen dann nicht gelten, wenn der Schaden nicht durch die Verletzung einer Betriebspflicht oder durch die Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes verursacht sein könnte. Weist also der Inhaber der Anlage nach, daß er die schädigende Anlage im sogenannten Normalbetrieb gefahren hat, dann ist auch die Umweltschädigung, die daraus entstanden ist, selbst wenn sie eindeutig nachgewiesen wird, hinzunehmen, und Ihr Gesetz greift nicht.

    (Hoss [GRÜNE]: Das ist die Wahrheit!)

    Eine solche Regelung erzeugt Hoffnungen, die sie
    nicht erfüllt, und ist deshald eine Mogelpackung.Wir alle wissen auch — und auch die Rechtsprechung trägt dem Rechnung —, daß die Grenzwerte ohnehin meist zu hoch sind. Wir wissen auch, daß — darüber haben wir vorhin schon implizit gesprochen — in vielen Fällen als „Normalbetrieb" betrachtet wird, was uns und unsere Zukunft in höchstem Maße schädigt, und daß in vielen Fällen sogar zwischen Behörden und den betroffenen Firmen gekungelt wird.

    (Such [GRÜNE]: Ganz genau! — Schütz [SPD]: So ist das!)

    Ihr Gesetzentwurf geht hier an der Realität vorbei und gewährt den Menschen und vor allem der Natur, die uns am Herzen liegen sollte, keinen wirksamen Schutz.

    (Such [GRÜNE]: Vor allem uns!)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Umweltpolitik steht und fällt mit der Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die Planung und Überwachung umweltrelevanter Projekte, und sie steht und fällt damit, daß die Bürgerinnen und Bürger selbst erfahren können, was geplant wird, was betrieben wird oder was genehmigt ist. Es ist deshalb unerläßlich, daß ein Recht auf Einsicht in Umweltakten für Bürgerinnen und Bürger, für Bürgerinitiativen, für Umweltverbände und darüber hinaus ein Verbandsklagerecht,



    Häfner
    daß also rechtliche Instrumentarien geschaffen werden, die wirkliches Handeln für die Umwelt ermöglichen. All das haben Sie nicht gewollt; Sie haben es daher unterlassen. Die Auskunftsansprüche der Geschädigten haben Sie in einem solchen Maße reduziert, daß Ihr Akteneinsichtsrecht zu einer förmlichen Karikatur dieses notwendigen, auch von der EG geforderten Prinzips verkommt.

    (Schütz [SPD]: Unter Null!)

    Ich lese Ihnen das einmal vor — man sollte dies der Öffentlichkeit nicht vorenthalten:
    Die Behörde ist zur Erteilung der Auskunft nicht verpflichtet, soweit durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt würde,

    (Such [GRÜNE]: Was das wohl heißt!)

    das Bekanntwerden des Inhalts der Auskunft dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheimgehalten werden müssen.

    (Such [GRÜNE]: Das ist die festgeschriebene Kungelei!)

    Was bleibt da als Auskunftsanspruch überhaupt noch übrig? Eine solche Regelung paßt eher in den Karneval als auf den Tisch dieses Hohen Hauses.

    (Such [GRÜNE]: Sehr richtig!)

    Ich hoffe sehr, daß die Frau Präsidentin mit Ihrer eingangs gemachten Bemerkung recht hat, daß wir das in den Ausschußberatungen noch verbessern werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Schütz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dietmar Schütz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem letzten Wunsch von Herrn Häfner schließe ich mich an. Ich glaube schon, daß es notwendig ist, daß wir noch viel ändern, um wirklich zu einer Beratung zu kommen.
    Seit dem 1. November 1986, nämlich seit dem Sandoz-Brand in Basel, beschäftigen wir uns verstärkt mit dem Umwelthaftungsrecht. Wir haben das damals in der Vorwahlphase, im Bundestagswahlkampf massiv diskutiert. Wir werden es auch jetzt wieder in einer Vorwahlphase diskutieren müssen. Das, was jetzt als erster Entwurf auf dem Tisch liegt, regelt zwar einige wichtige Elemente unserer gemeinsamen Diskussion von früher und auch gemeinsame Forderungen — dazu will ich auch meine Zustimmung erklären —, z. B. daß die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung eingeführt ist und auch, was ein Fortschritt gegenüber dem anderen Entwurf ist, daß dies beim Normalbetrieb geschieht.

    (Kleinert [Hannover] [FDP]: Das ist fair!)

    Das zu regeln war aber selbstverständlich, meine ich.
    Die Aussparung der Haftung beim Normalbetrieb, die
    der erste Entwurf noch vorsah, widersprach der seit
    der Jahrhundertwende fixierten Rechtsauffassung, daß auch rechtsmäßiges Handeln einen rechtswidrigen Erfolg herbeiführen kann, grundsätzlich also zur Haftung führen kann.
    Allerdings stellt die Beschränkung der Gefährdungshaftungstatbestände nur auf Anlagen der 4. BImSch-Verordnung eine Einschränkung dar, die wir nicht mittragen. Es gibt sowohl genehmigungsfreie Anlagen als auch Anlagen nach anderen Immissionsschutzverordnungen, die einbezogen werden sollten. Über die Grenzziehung müssen wir weiter diskutieren.
    Es ist auch nicht einzusehen, daß wir im Zusammenhang mit Schäden an Luft und Boden das Wasser vollkommen ausklammern. Die Regelung des § 22 des Wasserhaushaltsgesetzes, die eine Handlungs- und Anlagenhaftung nach sich zieht, beinhaltet eine weitergehende Haftung als die, die wir jetzt regeln. Es ist nicht vorstellbar, wieso wir beim Wasser eine weitergehende Haftung haben und bei Boden und Luft eine restriktivere. — Erkläret mir, Graf Oeringdur, diesen Zwiespalt der Natur.
    Vollends abwegig erscheinen die Formulierungen zur Beweiserleichterung. Darauf haben alle Vorredner schon hingewiesen. Die auf den ersten Blick akzeptablen Beweiserleichterungen für den Geschädigten, für den eine Vermutung der Schadensverursachung durch die Anlage streitet, soll beim Normalbetrieb der Anlage überhaupt nicht gelten. Wann anders als beim Normalbetrieb einer Anlage hat denn ein Geschädigter Beweisprobleme, meine Damen und Herren? Ein Schaden beim Störfall, insbesondere wenn er bessere Auskunftsrechte hat, kann jeder Geschädigte leichter nachweisen, weil ein Störfall in der Regel nicht vollends unbemerkt geschehen kann.

    (Dr. Göhner [CDU/CSU]: Oh!)

    — Er kann auch. Aber in der Regel ist das eher zu bemerken als beim Normalbetrieb. — Schwierigkeiten entstehen vielmehr dann, wenn beim Normalbetrieb einer Anlage ein Schaden entsteht. Hier kommt der Geschädigte in Beweisnot. An dieser Stelle besteht Regelungsbedarf, den Sie offenbar aber nicht ausfüllen wollen.

    (Häfner [GRÜNE]: Sehr richtig!)

    Was hier im Gesetzentwurf betrieben wird, ist Camouflage, ist Etikettenschwindel mit dem Aufdruck „Beweiserleichterung und Ursachenvermutung". Dem Geschädigten wird nichts Konkretes gegeben. Die Rechtsprechung hat schon bei festgestellter Überschreitung von Immissions- und Emissionswerten Beweiserleichterungen im Kausilitätsbereich bis zur Beweislastumkehr angeboten, z. B. im Kupolofenfall. Mehr ist durch diesen Gesetzentwurf auch nicht gegeben.
    In diesem Zusammenhang muß auch der notwendige Auskunfts- und Informationsanspruch des Geschädigten gegenüber dem Anlagebetreiber und der Behörde angesprochen werden. Die Ausgestaltung dieser Auskunftsrechte ist deshalb so notwendig, weil die vorgenommene Beweiserleichterung nur in dem idealtypischen Fall greift, in dem der Geschädigte schon einen Emittenten kennt. Der häufige Fall, daß



    Schütz
    bei einer Vielzahl von Emittenten und Emissionen der versteckte Allein- oder Mitverursacher nicht zu ermitteln ist, erfordert andere Lösungen. Wer keinen verklagbaren Gegner kennt, läuft mit seinen Ansprüchen leer. Die vorprozessuale Beschaffung von Informationen bekommt dadurch eine sehr große Bedeutung. Deshalb sind Datenauskunft, Akteneinsicht und offen zugängliche Immissions- und Emissionsmessungen für die Prozeßsituation wichtig. Die restriktiven Regelungen dieser Bereiche im vorgelegten Entwurf machen deutlich, wie notwendig ein allgemeines Informationszugangsrecht ist. Hier wird ein Informationsrecht unter null gegeben. Ich stimme da Herrn Häfner ausdrücklich zu.

    (Häfner [GRÜNE]; Hoffentlich unterstützen Sie unseren Entwurf!)

    — Wir haben ja eine eigene Vorstellung.
    Entscheidend aber — das will ich auch noch einmal sagen — leidet der vorgelegte Entwurf an dem Fehlen jeglicher Regelungen zur Summations- und Distanzschädenproblematik. Herr Hüsch hat darauf hingewiesen, das solle nachgeliefert werden. Ich hoffe, daß das gemacht wird, und zwar auch im Zusammenhang mit diesem Gesetz. Ich hoffe, daß Sie es schaffen. Dies ist nämlich der Bereich, in dem die nachhaltigsten und erheblichsten Haftungsdefizite bestehen. Das wissen wir seit dem Waldschadensurteil. Nach Schätzungen der Waldbesitzer — das ist möglicherweise auch Ihre Klientel, Herr Kleinert — liegen die Schäden in den Wäldern bei jährlich 50 bis 100 Millionen DM. Die Gebäudeschäden liegen im Augenblick bei etwa 4 Milliarden DM. Das sind alles Auskünfte der Bundesregierung. Die Schadenssummen zeigen, wie notwendig rechtlich haltbare Anspruchsnormen sind, um einen Schadensausgleich zu erreichen.
    Bei den Lösungsmöglichkeiten wird neben der reinen Staatshaftung, von der Herr Kleinert hier gesprochen hat, die ich wegen des fehlenden Verursacherprinzips absolut ablehne, von Fondslösungen geredet. Wenn Sie, Herr Kleinert, in diesem Zusammenhang davon reden, das sei Klassenkampf, daß wir der Fondslösung das Wort reden, dann wissen Sie gar nicht, wovon Sie reden.

    (Zustimmung bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wir wollen hier das Verursacherprinzip wegpacken. Daß dies — es ist ja eine Aufforderung des BGH — als Aufforderung zum Klassenkampf zu betrachten sei — der BGH möchte ja eine solche Regelung bei der Distanz- und Summationsschädenproblematik haben — , das kann nur in Ihrer blühenden Phantasie entstanden sein —; es kann aber einer Nachprüfung überhaupt nicht standhalten.
    Natürlich gibt es auch bei der Fondslösung Probleme. Das sehe ich auch. Wir wissen, daß z. B. die Speisung des Fonds ein solches Problem ist. Die Grundidee, einen Haftungsfonds nach Maßgabe der Emissionen aus der Industrie und möglicherweise auch der Kraftfahrzeuge und der Hausfeuerungsanlagen zu bemessen, kann Sinn machen. Der Teufel steckt, das wissen auch wir, im Detail. Gleichwohl ist eine abwartende und zögerliche Haltung bei der Formulierung dieses Komplexes vollkommen unangebracht, da die Schäden jeden Tag größer werden und die Notwendigkeit, auch über die Vorabgabe mäßigend auf die Emittenten einzuwirken, wichtig ist.
    Mir ist klar, daß auch die Behandlung des Problems der Auslandsimmissionen und jetzt derjenigen aus der DDR ein entscheidendes Regelungshemmnis ist. Trotzdem ist das rechtsstaatliche Erfordernis und der Gerichtsauftrag aus dem Waldschadensurteil, die Regelungslücke zu schließen, für uns Handlungsauftrag. Die Lösung des Problems aus diesem Verfahren auszuklammern, finden wir nicht akzeptabel.
    Alles in allem, es ist hier ein Entwurf vorgelegt worden, der nicht den Stempel „Genügend" verdient, sondern den Stempel — da stimme ich der Frau Präsidentin zu —: „Tüchtig nachbessern". Das sollte eigentlich das Gesetzgebungsverfahren leisten. Wir wollen uns bemühen, das zu tun. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Eine solche Beurteilung der Frau Präsidentin habe ich nicht vernommen!)