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ID1119805800

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    Plenarprotokoll 11/198 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 198. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 15247 A Tagesordnungspunkt 15: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London und über die Vorbereitungsarbeiten zur 3. INK vom 7. bis 8. März 1990 in Den Haag (Drucksache 11/6373) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammonium-Stickstoff und Phosphor zu dem Entschließungsantrag der SPD zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Beschlüsse der 2. Internationalen NordseeschutzKonferenz (2. INK) vom 24. bis 25. November 1987 in London zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammonium-Stickstoff und Phosphor — Drucksachen 11/3847, 11/4213, 11/4515, 11/6496 — Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . 15248 A Lennartz SPD 15249 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 15251 B Frau Garbe GRÜNE 15253 C Eylmann CDU/CSU 15255 A Dr. Heydemann, Minister des Landes Schleswig-Holstein 15256C, 15267 A Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . 15257 B, 15258 C Harries CDU/CSU 15260 D Schütz CDU/CSU 15262 A Eylmann CDU/CSU 15263 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 15264 A Schütz SPD 15264 C Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes — Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (Drucksache 11/6449) in Verbindung mit 11 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität — (. . . StrÄndG — 2. UKG) (Drucksache 11/6453) Bachmaier SPD 15268 A Dr. Laufs CDU/CSU 15269 C Häfner GRÜNE 15270 B Funke FDP 15271 B Eylmann CDU/CSU 15272 A Engelhard, Bundesminister BMJ 15273 B Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Umwelthaftungsgesetzes — UmweltHG (Drucksache 11/6454) Dr. Hüsch CDU/CSU 15274 B Bachmaier SPD 15276 B Kleinert (Hannover) FDP 15277 B Häfner GRÜNE 15278 C Schütz SPD 15280 B Engelhard, Bundesminister BMJ 15281 C Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerhaftung (Drucksache 11/5086) Frau Steinhauer SPD 15282 D Dr. Hüsch CDU/CSU 15284 A, 15290 C Hoss GRÜNE 15286 D Kleinert (Hannover) FDP 15287 D Dr. Pick SPD 15288 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 15290A Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 15291 A Nächste Sitzung 15292 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 15293* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15293* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Februar 1990 15247 198. Sitzung Bonn, den 16. Februar 1990 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP 16. 02. 90 Dr. Ahrens SPD 16. 02. 90 Dr. Apel SPD 16. 02. 90 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 16. 02. 90 Börnsen (Ritterhude) SPD 16. 02. 90 Borchert CDU/CSU 16.02.90 Dr. Briefs GRÜNE 16. 02. 90 Büchner (Speyer) SPD 16. 02. 90 Frau Conrad SPD 16. 02. 90 Daweke CDU/CSU 16.02.90 Frau Dempwolf CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. Dollinger CDU/CSU 16. 02. 90 Duve SPD 16.02.90 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 16. 02. 90 Frau Fischer CDU/CSU 16. 02. 90 Francke (Hamburg) CDU/CSU 16. 02. 90 Gansel SPD 16.02.90 Gattermann FDP 16.02.90 Gerster (Mainz) CDU/CSU 16. 02. 90 Glos CDU/CSU 16.02.90 Dr. Götz CDU/CSU 16. 02. 90 Grünbeck FDP 16.02.90 Haack (Extertal) SPD 16. 02. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 16. 02. 90 Heimann SPD 16.02.90 Frau Hillerich GRÜNE 16. 02. 90 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 16. 02. 90 Ibrügger SPD 16. 02. 90** Jaunich SPD 16.02.90 Jungmann (Wittmoldt) SPD 16. 02. 90 Kastning SPD 16.02.90 Kittelmann CDU/CSU 16. 02. 90* Klein (München) CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. Knabe GRÜNE 16. 02. 90 Kohn FDP 16.02.90 Kolbow SPD 16.02.90 Kühbacher SPD 16.02.90 Kuhlwein SPD 16.02.90 Lamers CDU/CSU 16.02.90 Lattmann CDU/CSU 16.02.90 Leidinger SPD 16.02.90 Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 16. 02. 90 Lohmann (Witten) SPD 16. 02. 90 Maaß CDU/CSU 16.02.90 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 16. 02. 90 Menzel SPD 16.02.90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 16. 02. 90 Mischnick FDP 16.02.90 Neumann (Bremen) CDU/CSU 16. 02. 90 Niggemeier SPD 16.02.90 Paintner FDP 16.02.90 Petersen CDU/CSU 16. 02. 90** Poß SPD 16.02.90 Reuschenbach SPD 16.02.90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Riedl (München) CDU/CSU 16. 02. 90 Roth (Gießen) CDU/CSU 16. 02. 90 Schäfer (Offenburg) SPD 16. 02. 90 Dr. Scheer SPD 16. 02. 90* Frau Schilling GRÜNE 16. 02. 90 Schluckebier SPD 16.02.90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 16. 02. 90 Dr. Schmude SPD 16. 02. 90 von Schmude CDU/CSU 16. 02. 90 Schneider (Idar-Oberstein) CDU/CSU 16.02.90 Dr. Schöfberger SPD 16. 02. 90 Schreiber CDU/CSU 16.02.90 Schröer (Mülheim) SPD 16. 02. 90 Frau Schulte (Hameln) SPD 16. 02. 90 Sielaff SPD 16.02.90 Steiner SPD 16. 02. 90* Stobbe SPD 16.02.90 Straßmeier CDU/CSU 16.02.90 Frau Trenz GRÜNE 16. 02. 90 Frau Unruh fraktionslos 16. 02. 90 Voigt (Frankfurt) SPD 16. 02. 90** Vosen SPD 16.02.90 Dr. Waigel CDU/CSU 16. 02. 90 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 16. 02. 90 Wetzel GRÜNE 16.02.90 Frau Wieczorek-Zeul SPD 16. 02. 90 Wischnewski SPD 16.02.90 Wissmann CDU/CSU 16.02.90 Würzbach CDU/CSU 16.02.90 Zierer CDU/CSU 16. 02. 90* Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 12. Februar 1990 ihren Antrag „Qualitative Veränderung des integrierten Entwicklungsvorhabens Bondoc/Philippinen" - Drucksache 11/4733 - zurückgezogen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 11/4986 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/4081 Nr. 2.3 Drucksache 11/5954 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/5722 Nr. 2.3 Drucksache 11/5954 Nr. 2.2-2.4, 2.6-2.9 Drucksache 11/6017 Nr. 2.4 -2.7 Drucksache 11/6125 Nr. 1-4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/3200 Nr. 2.33 Drucksache 11/4534 Nr. 2.22, 2.24 Drucksache 11/4680 Nr. 2.16 Drucksache 11/5145 Nr. 3.36
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Günther Hüsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz über die Umwelthaftung, von der Bundesregierung unter Federführung des Herrn Justizministers entwickelt und von den Koalitionsfraktionen begleitet und heute als ihr Entwurf eingebracht, ist ein sehr weiter Schritt nach vorn. Die Koalition will, daß die Beratungen zügig erfolgen und daß das Gesetz bald in Kraft tritt. Das erfordert große parlamentarische Anstrengungen in diesem Sommer. Dies ist eine Herausforderung, für deren Bewältigung nur kurze Zeit zur Verfügung steht.
    Die Ziele, die mit dem Gesetz verfolgt werden, rechtfertigen solche Anstrengungen. Es geht um den weiteren und verstärkten Schutz von Wasser, Boden und Luft. In Teilbereichen besteht ein solcher rechtlicher Schutz bereits, insbesondere im wasserrechtlichen Bereich. Was wir aber nunmehr wollen, ist, diesen Schutz noch dichter zu machen und für diesen Schutz in einer marktkonformen Weise neue Kräfte zu mobilisieren. Diese neuen Kräfte erwachsen aus zwei Elementen. Wenn das Gesetz in Kraft ist und für alle gilt, wird es sich für jeden, der unter das Gesetz fällt, lohnen, lohnen in einem ganz besonderen natürlichen und naturnahen Sinne:
    Das Gesetz verschärft die Haftung. Die gewollte Konsequenz ist, daß das Entstehen der Schäden vermieden wird, um die gewollte Schärfe der neuen Haftung für Umweltschäden zu vermeiden. Deshalb steht im Vordergrund der gesetzgeberischen Absicht, den
    Einfallsreichtum, die Organisationsfähigkeit, das kaufmännische Geschick, die rechtlichen Kenntnisse und vieles mehr so zu mobilisieren, daß der Schadensfall nicht eintritt und daß durch den Nichteintritt des Schadensfalles die Umwelt geschützt ist.
    Zum anderen liegt der Vorteil in der wesentlichen Verbesserung der Rechtsstellung des Geschädigten. Diejenigen, die gefährdet oder geschädigt werden, werden im Blick darauf, daß ihnen ein Schadensersatzanspruch erwächst und sie in eine bessere Lage versetzt sind, diesen Schadensersatzanspruch wirksam geltend machen können. So werden sie mit um so größerer Aufmerksamkeit und mit noch größerem Nachdruck um den Schadensersatz und damit den Schutz der Umwelt kämpfen.
    Die jetzt bestehende weitgehende Resignation gegenüber den vermeintlich Großen, den Starken, denen mit den guten Anwälten im Rücken, gegenüber denen die verschleiern können, wird sich dann abbauen. Damit wächst die Bereitschaft zur Geltendmachung des Anspruchs und damit zugleich der Druck zur Verhinderung der Schadensfälle.
    Das alles ist vernünftig. Es entspricht dem, was Menschen denken. Ein Gesetz, das so auf die ganz natürlichen und zwangsläufigen Abläufe und Gegebenheiten eingeht, muß wirksam werden. Deshalb hat der Entwurf die große Chance, von den Bürgerinnen und Bürgern verstanden zu werden.
    Es ist unausbleiblich, daß die Betroffenen, von denen Umweltgefährdungen ausgehen können und bei deren Versagen Umweltansprüche entstehen, eine zusätzliche Last übernehmen müssen; anders kann es nicht organisiert werden. Aber gerade der Druck dieser Last ist ein wesentliches Motiv. Wenn nun beide, die Gefährdeten und diejenigen, die Gefahren setzen, das Gesetz in diesem Sinne konstruktiv aufgreifen, bin ich sicher, daß das Gesetz nach einer wahrscheinlich schwierigen Übergangsfrist nicht nur auf seiten der unmittelbar zunächst Begünstigten, sondern auf beiden Seiten positiv bewertet wird und daß daraus auch materieller Nutzen für beide erwächst. Allerdings darf kein Zweifel übrigbleiben: Opfer verlangt das Gesetz von denjenigen, die Anlagen haben bzw. betreiben wollen, betreiben oder betrieben haben.
    Erfahrungsgemäß schaffen solche neuen Situationen neue Herausforderungen. Wer sie annimmt, der wird gewinnen. Er selbst wird in besserer Umwelt leben und auch seine Mitarbeiter. Er wird vom Gesetz oft gezwungen, sich neue Gedanken zu machen, die ihn letztlich materiell besserstellen als zuvor.
    Nun zu den Einzelheiten. Künftig soll eine anlagenbezogene Gefährdungshaftung gelten, d. h. für eine Umweltschädigung wird auch dann gehaftet, wenn ein Verschulden nicht vorliegt. Dies gilt für die im Gesetz aufgeführten Anlagen. Der Entwurf folgt weitgehend Prinzipien, die uns aus dem Kraftfahrzeugrecht bekannt sind. Dieses Kraftfahrzeugrecht ist Allgemeingut der Bevölkerung. Es ist Bestandteil des Willens und nicht nur etwa die Meinung des Gesetzgebers.
    Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Neigung einer Anlage zu Umweltschäden und einem aufgetretenen Schaden soll künftig vermutet werden,



    Dr. Hüsch
    auch wenn es in Fällen möglich bleibt, dieser Vermutung zu entrinnen. Den Geschädigten bringt diese Regelung den unschätzbaren Vorteil einer wirksamen und besseren Prozeßführung. Dem Haftungsverpflichteten gibt das Gesetz zugleich die Möglichkeit, sich durch Vorsorge und Dokumentation zu schützen. Er ist also nicht hoffnungslos ausgeliefert, insbesondere dann nicht, wenn er sowohl seine Pflichten als Betreiber der Anlage ordnungsgemäß erfüllt als auch sich darum bemüht, daß die Vorgänge nachprüfbar dokumentiert werden.
    Der Gesetzentwurf geht von einer gesamtschuldnerischen Haftung aller aus, deren Anlagen den Schaden herbeigeführt haben können. Gerade diese Bestimmung wird weitreichende Auswirkungen auf den Willen des Betreibers der Anlage haben, die Schadensauslösungen auszuschließen. Es wird eine in sich selbsttragende Kontrollsystematik entstehen, denn nunmehr hat jeder Betreiber einer einzigen Anlage das Interesse, daß auch die anderen Betreiber solcher Anlagen umsichtig, verantwortungsbewußt und gesetzestreu handeln. Die so mobilisierte private Wachsamkeit kann in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden. Ich bin sicher, sie wird zu neuen und fruchtbaren Kooperationen der Anlageninhaber führen, zu deren Nutzen, aber auch zu unser aller Nutzen.
    Von Bedeutung sind auch die weitgehenden Auskunftsansprüche. Sicher, im deutschen Recht gilt das Prinzip, daß sich niemand selbst anklagen muß. Wer aber Ursachen setzt, durch die andere in ihren Rechten, in ihrer Gesundheit, in ihrem Eigentum und in ihrem Vermögen geschädigt werden, der ist nach unserer Auffassung auch zur Offenbarung verpflichtet; denn es darf ja wohl nicht moralischer oder ethischer Kernsatz werden, daß man zwar nicht verletzten soll, die Konsequenz aus einer Verletzung jedoch dadurch ausräumen kann, daß man schweigt.
    Es niuß so wie parallel im Kraftfahrzeugrecht sein: Wer einen Unfall verursacht, muß an Ort und Stelle warten und sich dann zum Unfall und zur Haftung bekennen. Wer den Umweltschaden besetzt hat, kann zwar in diesem Sinne nicht an Ort und Stelle warten, aber er muß jedenfalls die zur Aufhellung gebotenen Auskünfte geben. Ausnahmen davon müssen auf die Kernfragen des unausweichlichen Geheimschutzes reduziert bleiben.
    In diese Aufklärungspflichten sind auch die Behörden einbezogen. Deren bisheriges weitgehendes Zögern oder Verweigern der Auskunft leitet sich aus der traditionellen Verschwiegenheitspflicht unserer Behörden ab. Gegenüber dem moralischen und ethischen Postulat, daß angerichteter Schaden wieder gutgemacht werden muß, ist es jedoch richtig, die an sich gegebene Verschwiegenheitspflicht der Behörden zu begrenzen und zugunsten des Geschädigten zu lockern.
    In Teilen soll künftig eine gesetzliche Pflicht zur Versicherung gegen auftretende Schäden begründet werden. Auch das ist richtig, selbst wenn die Versicherungswirtschaft zur Zeit Widerstand leistet. Der Bürger, der Betroffene, jeder, der sich Sorge um die unversehrte Umwelt macht, muß darauf vertrauen können, daß ein angerichteter Schaden nicht nur dem Gesetz nach zum Ersatz verpflichtet, sondern daß auch die materiellen Möglichkeiten vorhanden sind, den Schaden wiedergutzumachen.
    In einer modernen Volkswirtschaft sind Risikoabsicherungen selbstverständlich. Ebenso ist in der modernen Rechtsgemeinschaft aus der Erfahrung heraus, daß eine an sich gebotene Risikoabsicherung notleidend werden kann, wenn man sich nicht darum bemüht hatte oder weil man eine solche Risikoabsicherung als nebensächlich ansah, die Zwangsversicherung mit Kontrolle über die fortlaufende Dauer der Versicherung wünschenswert.
    Es wird ganz sicher zu Kostenbelastungen kommen. Da solche Kostenbelastungen jedoch alle Rechtsteilnehmer in der vergleichbaren Situation treffen, balanciert sich die Marktlage. Allerdings müssen wir darauf drängen, daß es in den konkurrierenden anderen europäischen Ländern, in denen Gestehungskosten wie etwa auch Risikoabsicherung den Preis eines Produktes ebenso beeinflussen wie bei uns, zu ähnlichen und nach Möglichkeit gleichlautenden Regelungen kommt.
    Der Gesetzentwurf hat weitere Vorteile. Das Gesetz ist kurz gefaßt und klar formuliert. Es kann verstanden werden. Es ist kein Riesengestrüpp von Paragraphen, und es gründet sich auf bekannte Rechtsinstitute. Man muß ein wenig dazulernen, aber bleibt im Rechtssystem und kann auf Vertrautes zurückgreifen.
    Dennoch wird es Stimmen geben, die etwas anderes oder mehr fordern. Anderes ist natürlich denkbar. Wir haben uns für die jetzt vorgelegte schlanke und klassisch formulierte Fassung entschieden.

    (Beifall des Abg. Kleinert [Hannover] [FDP])

    Ob es Besseres gibt, muß die Beratung zeigen. Ich selbst habe auch schon jetzt einige zusätzliche Anregungen; beispielsweise die Begründung eines direkten Anspruchs gegen den Versicherer des Schadens und die Festlegung eines Gerichtsstandes. Dies nicht zuletzt im Blick auf den gemeinsamen Markt, in dessen Rahmen sich auch Versicherer mit Sitz im Ausland um die Risikoabdeckung bewerben können. Der Geschädigte und auch der Haftungsverpflichtete sollten jedoch Sicherheit haben, daß sie ihre Ansprüche ortsnah bei dem für die schadenstiftende Anlage zuständigen örtlichen Gericht durchsetzen können.
    Es ist auch Mißbrauch denkbar. Treu und Glauben, die Bestimmungen über Sittenwidrigkeit und Schikane geben natürliche Grenzen eines jeden Anspruches innerhalb des jetzt bestehenden Rechtssystems. Dennoch sollte geprüft werden, ob nicht in Anbetracht der oft bis zu zehn Jahren reichenden nachfolgenden Verantwortung die Möglichkeiten zum Mißbrauch beschnitten werden müssen. Das ist eine Frage der objektiven Gerechtigkeit. Es geht nämlich nicht darum — wie manche meinen — , die Welt in die schuldigen Anlagenbesitzer und die unschuldigen Geschädigten einzuteilen. Ein solches Strickmuster wäre zu einfach; es entspräche dem des Klassenkampfes, entspricht aber nicht der Wirklichkeit.
    Ein letztes Wort zu den Bereichen, die nicht geregelt werden sollen. Zu den Distanz- und Summationsschä-



    Dr. Hüsch
    den! Ich verstehe Überlegungen, auch solche Schäden zu regeln. Die Zeit war zu kurz, um das in diesem Gesetz zu tun. Die Koalition erfüllt mit der Vorlage des Gesetzentwurfs die Koalitionsvereinbarungen. Dennoch bleiben Regelungsnotwendigkeiten, wie sie beispielsweise unter dem Begriff Waldschäden auch von höchsten deutschen Gerichten bejaht worden sind und bei denen ein geltendes Recht bisher nicht besteht.
    Ungeachtet des jetzt vorliegenden Umwelthaftungsgesetzentwurfes muß über Regelungen nachgedacht werden. Ich weiß, daß die Bundesregierung das bereits tut. Ich könnte mir vorstellen, daß wir uns in den parlamentarischen Beratungen darüber einig werden, die Bundesregierung in dieser ihrer Absicht zu unterstützen und sie zur Vorlage eines solchen weiteren Gesetzgebungswerkes — auf solche Vorgänge zugeschnitten — zu drängen.
    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, als Berichterstatter im Rechtsausschuß möchte ich auf zügige Behandlung drängen. Der Unterstützung der Kollegen, der Abgeordneten der Koalition bin ich sicher, und unsere hochverehrten politischen Gegner bitte ich, sich diesen guten Absichten anzuschließen,

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

    und das Maß der Opposition so zu beschränken, daß das gute Werk auch das Tageslicht des Gesetzgebungsblattes erblicken kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Sehr überzeugend! — Bachmaier [SPD]: Dann hätten Sie etwas Besseres bringen müssen!)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bachmaier.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Bachmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Hüsch, dazu wären wir gern bereit gewesen, wenn Sie etwas Besseres gebracht hätten.

    (Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Oh, jetzt geht es schon wieder los! Es war eben so nett! Jetzt hättest du doch auch einmal nett sein können!)

    Aber nach dem, was hier gesagt wurde, muß man einiges Kritischeres anmerken.
    Schon der sogenannte Diskussionsentwurf zum Umwelthaftungsrecht, den die Minister Engelhard und Töpfer im späten Frühjahr des vergangenen Jahres vorlegten, war ein äußerst unzureichendes Flickwerk dessen, was im Umwelthaftungsrecht not täte. Der noch weiter hinter diesem Diskussionsentwurf zurückbleibende Gesetzentwurf, den wir in diesen Tagen zu Gesicht bekommen haben, ist — das sage ich mit aller Deutlichkeit und allem Ernst — ein blanker Hohn für diejenigen, die sich von dieser Regierung gravierende Verbesserungen im notleidenden Bereich des Umwelthaftungsrechts versprochen hatten.

    (Dr. Göhner [CDU/CSU]: Das sagt die Industrie auch!)

    — Dazu komme ich gleich.
    Man kann schon heute sagen, daß dieser Entwurf, sollte er je Gesetz werden, den Umweltgeschädigten wahrlich Steine statt Brot gibt. Nimmt man einmal die gängigen Auflistungen der weit über 100 Milliarden DM hohen Schäden, die unbestritten alljährlich den Menschen und der Umwelt zugefügt werden, als Meßlatte und vergleicht man einmal, für welche Bereiche dieses Gesetz zu einem verbesserten Schadensersatz führen wird, dann wird man schnell feststellen, daß der Löwenanteil dieser Umweltschäden durch diesen Gesetzentwurf noch nicht einmal erfaßt ist.
    Obwohl der Bundesgerichtshof — Herr Dr. Hüsch sprach davon — bereits im Dezember 1987 den Gesetzgeber im sogenannten Waldschadensurteil recht unmißverständlich aufgefordert hat, für eine gerechte Entschädigung der Waldschäden und ähnlicher Schäden zu sorgen, wagte es die Bundesregierung, mehr als zwei Jahre danach einen Gesetzentwurf zum Umwelthaftungsrecht vorzulegen, der die sogenannten Summations- und Distanzschäden noch nicht einmal erfaßt, geschweige denn regelt. Luftverschmutzungsschäden an der Gesundheit, an Bauwerken, den Wäldern und der übrigen Natur werden noch nicht einmal erwähnt, geschweige denn, daß endlich eine Lösung angeboten wird.
    Mit diesem Gesetz können sich diejenigen, die um ihres wirtschaftlichen Vorteils willen uns und unserer Umwelt unermeßlichen und nicht mehr reparablen Schaden zufügen, getrost zurücklehnen, auch wenn sie jetzt aus leicht durchschaubaren taktischen Gründen aufschreien. Sie werden auch in Zukunft kaum damit rechnen müssen, wenigstens den Schaden auszugleichen, den sie tagtäglich verursachen. Von einer wirksamen Umweltvorsorge, die ein Umwelthaftungsrecht sehr wohl leisten kënnte, kann bei diesen Vorstellungen der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen nicht einmal im entferntesten die Rede sein.
    Nun einige Beispiele, die der Kollege Schütz nachher noch vertiefen wird:
    Die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung soll lediglich für eine äußerst begrenzte Anzahl von Anlagen eingeführt werden. Nur ein noch engerer Kreis von Anlagenbetreibern soll verpflichtet werden, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen oder anderweitig für eine der Höhe nach begrenzte Deckung Sorge zu tragen.
    Die so groß angekündigten Beweiserleichterungen für die Geschädigten reduzieren sich, wenn man sie näher betrachtet, praktisch gegen null und werden kaum über das hinausgehen, was von der Rechtsprechung heute bereits gewährt wird. Beim sogenannten Normalbetrieb einer Anlage, der auch noch zugunsten des Schädigers vermutet wird,

    (Dr. Göhner [CDU/CSU]: Unter bestimmten Bedingungen!)

    obliegt denjenigen, die oft schweren Schaden erlitten
    haben, nach wie vor die volle Beweislast. Der Geschädigte kommt also in die geradezu groteske Situation,



    Bachmaier
    nachweisen zu müssen, daß kein Normalbetrieb vorgelegen hat.

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! — Dr. Göhner [CDU/CSU]: Das ist falsch!)

    — Das können wir dann in den Ausschußberatungen klarstellen; ich wäre froh, wenn es anders wäre.

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Nein, Sie müssen hier die Wahrheit sagen!)

    Aus der Erfahrung, daß es den potentiellen Schadensverursachern in aller Regel wesentlich leichter fällt, eine Schadensvermutung zu widerlegen, als den Geschädigten, den vollen Kausalitätsnachweis zu erbringen, hat die Bundesregierung offensichtlich nichts gelernt. Noch schlimmer: Durch diese äußerst restriktive und rigide Festschreibung im Umwelthaftungsgesetzentwurf der Bundesregierung wird auch eine weitere Fortentwicklung des Beweisrechts zugunsten der Geschädigten durch die Rechtsprechung gefährdet, wenn nicht sogar weitgehend unterbunden.
    Die im Diskussionsentwurf ohnehin schon erheblich eingeschränkten Auskunftsansprüche von Geschädigten werden nunmehr noch weiter eingeengt, so daß auch hierdurch der Beweisnot der Geschädigten kaum abgeholfen werden dürfte.

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Das ist schlicht falsch!)

    — Vergleichen Sie es mit dem Diskussionsentwurf; dann werden Sie es feststellen, aus „Möglichkeiten" sind „Tatsachen" geworden und ähnliches. Wir können darüber reden, Herr Kollege Dr. Hüsch.
    Dieser Gesetzentwurf ist zutiefst unseriös. — Ich sage so etwas ungern, aber in diesem Fall ist es berechtigt. — Mehr noch als beim früheren Diskussionsentwurf gilt beim jetzigen Gesetzentwurf: Was der eine Absatz eines Paragraphen gibt, kassiert der nächste wieder ein. Die bislang geäußerte Vermutung wird nunmehr zur Gewißheit: Die Wirtschaftslobby innerhalb der CDU/CSU und der FDP verhindert Fortschritte im Umwelthaftungsrecht ebenso wie bei der Verankerung des Umweltschutzes als Staatsziel im Grundgesetz. Auch in Zukunft werden ökologische Risiken bei uns weitgehend von den Geschädigten und nicht von denjenigen getragen, die diese Risiken in die Welt setzen und — das hören Sie ungern — dafür auch noch die Gewinne einstreichen. Von einem verursachergerechten Schadensersatzrecht, von dem man immer so gern redet, kann bei diesem Machwerk nicht die Rede sein.
    Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Rüttgers [CDU/ CSU]: Das war aber nicht nett!)

    — Ich bin auch nicht dazu da, Nettigkeiten zu verbreiten.