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ID1119514400

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    Plenarprotokoll 11/195 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 195. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Februar 1990 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 15009 A Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Gebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit schweren Lastfahrzeugen (Drucksache 11/6336) . 15009 A Zusatztagesordnungspunkt: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresgutachten 1989/90 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 11/5786) 15009 B Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Weltweites Chemiewaffenverbot: Notwendige Initiativen nach der Pariser Konferenz (Drucksache 11/4054) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags des Abgeordneten Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Unterrichtung von Öffentlichkeit und Parlament über die Planung und Vorbereitung des Abzugs amerikanischer C-Waffen aus der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/6310) Dr. Scheer SPD 15009 D Lummer CDU/CSU 15011 C Dr. Scheer SPD 15012 D Frau Beer GRÜNE 15014 A Dr. Feldmann FDP 15015 C Frau Dr. Götte SPD 15017 A Schäfer, Staatsminister AA 15017 D Reimann SPD 15018 D Erler SPD 15020 A Dr. Uelhoff CDU/CSU 15021 D Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs für ein Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts (Drucksache 11/6321) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes (Drucksache 11/4732) c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes (Drucksache 11/4958) d) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Bundesausländergesetzes (Drucksache 11/5637) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Ausländerzentralregister (Drucksache 11/5828) Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . . 15023 A Dr. Schmude SPD 15024 D Dr. Penner SPD 15025 B Schröer (Mülheim) SPD 15028 B Dr. Hirsch FDP 15031 B Dr. Penner SPD 15032 C Frau Trenz GRÜNE 15033 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 15034 C Dr. Bull, Minister des Landes SchleswigHolstein 15039 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 195. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Februar 1990 Dr. Schäuble CDU/CSU 15041 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 15042 A Lüder FDP 15043 B Such GRÜNE 15043 D Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD 15045 A Meneses Vogl GRÜNE 15046 C Fellner CDU/CSU 15048A Wartenberg (Berlin) SPD 15049 C Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Dr. Wieczorek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Stand der multilateralen Handelsverhandlungen (Uruguay-Runde) (Drucksachen 11/5089, 11/5626) Dr. Wieczorek SPD 15051 D Kittelmann CDU/CSU 15055 D Volmer GRÜNE 15057 B Funke FDP 15058 C Niegel CDU/CSU 15059 C Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi . 15060 D Eigen CDU/CSU 15061 D Zusatztagesordnungspunkt 13: Aktuelle Stunde betr. Teilgenehmigung für die Pilotkonditionierungsanlage Gorleben als Prüfstein der neuen deutsch-deutschen Umweltpolitik der Bundesregierung Frau Wollny GRÜNE 15062D, 15068 D Harries CDU/CSU 15063 C Schütz SPD 15064 C Dr.-Ing. Laermann FDP 15065 D Dr. Kübler SPD 15066 C Dr. Friedrich CDU/CSU 15067 D Grüner, Parl. Staatssekretär BMU . . . 15069 B Stahl (Kempen) SPD 15070 D Nächste Sitzung 15072 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15073* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15073* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 195. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Februar 1990 15009 195. Sitzung Bonn, den 9. Februar 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Ahrens SPD 09. 02. 90 Antretter SPD 09. 02. 90 Bahr SPD 09. 02. 90 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 09. 02. 90 Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Briefs GRÜNE 09. 02. 90 Dr. von Bülow SPD 09. 02. 90 Clemens CDU/CSU 09. 02. 90 Frau Conrad SPD 09. 02. 90 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 09. 02. 90 Daweke CDU/CSU 09. 02. 90 Frau Dempwolf CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Dollinger CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Ehrenberg SPD 09. 02. 90 Frau Fischer CDU/CSU 09. 02. 90 Gallus FDP 09. 02. 90 Gerstein CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Götz CDU/CSU 09. 02. 90 Graf SPD 09. 02. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Hauchler SPD 09. 02. 90 Hauser (Esslingen) CDU/CSU 09. 02. 90 Frhr. Heereman von CDU/CSU 09. 02. 90 Zuydtwyck Heimann SPD 09. 02. 90 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 09. 02. 90 Heyenn SPD 09. 02. 90 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 09. 02. 90 Klose SPD 09. 02. 90 Dr. Knabe GRÜNE 09. 02. 90 Kohn FDP 09. 02. 90 Kolbow SPD 09. 02. 90 Kossendey CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Kreile CDU/CSU 09. 02. 90 Kreuzeder GRÜNE 09. 02. 90 Lattmann CDU/CSU 09. 02. 90 Leidinger SPD 09. 02. 90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 09. 02. 90 Müller (Schweinfurt) SPD 09. 02. 90 Frau Nickels GRÜNE 09. 02. 90 Opel SPD 09. 02. 90 Paintner FDP 09. 02. 90 Pesch CDU/CSU 09. 02. 90 Pfeifer CDU/CSU 09. 02. 90 Rawe CDU/CSU 09. 02. 90 Reuschenbach SPD 09. 02. 90 Rind FDP 09. 02. 90 Frau Rock GRÜNE 09. 02. 90 Frau Schätzle CDU/CSU 09. 02. 90 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Schilling GRÜNE 09. 02. 90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 09. 02. 90 von Schmude CDU/CSU 09. 02. 90 Schulhoff CDU/CSU 09. 02. 90 Seehofer CDU/CSU 09. 02. 90 Spilker CDU/CSU 09. 02. 90 Straßmeir CDU/CSU 09. 02. 90 Tietjen SPD 09. 02. 90 Frau Dr. Timm SPD 09. 02. 90 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Vogel SPD 09. 02. 90 Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 09. 02. 90 Voigt (Frankfurt) SPD 09. 02. 90 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 09. 02. 90 Weiss (München) GRÜNE 09. 02. 90 Weisskirchen (Wiesloch) SPD 09. 02. 90 Wetzel GRÜNE 09. 02. 90 Frau Dr. Wisniewski CDU/CSU 09. 02. 90 Wissmann CDU/CSU 09. 02. 90 Würtz SPD 09. 02. 90 Zierer CDU/CSU 09. 02. 90 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 26. Januar 1990 ihre Kleine Anfrage auf Drucksache 11/6293 zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/4410 Drucksache 11/4881 Drucksache 11/5496 Innenausschuß Drucksache 11/1762 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/3758 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 11/6285 Nr. 2.12 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/4534 Nr. 2.23 Drucksache 11/4758 Nr. 2.33 Drucksache 11/5051 Nr. 52 Drucksache 11/5145 Nr. 3.35 Drucksache 11/5642 Nr. 3.22
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Martin Grüner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß von den Sprechern der sozialdemokratischen Fraktion unsere gemeinsame Verantwortung für eine Endlagerung betont worden ist. Darum geht es hier. Der immer wiederholte Versuch von Frau Wollny, angebliche Kapitalinteressen der Atomindustrie in einem Widerspruch zu unseren Allgemeininteressen zu sehen, soll den Eindruck erwecken, als gehe es hier nicht um grundlegende Fragen, die wir gemeinsam zu lösen haben, und als handelte die Industrie nicht in einem Rahmen, den der Deutsche Bundestag vorgegeben hat.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Der Rahmen ist ja schlimm genug!)

    Ich möchte es immer wieder klarstellen: Im Augenblick wird es nirgends so deutlich, wie in der DDR, wie eng der Zusammenhang zwischen unmittelbarer Arbeitsplatzgefährdung und Versorgung mit Energie ist und wie sehr Menschen, die ebenfalls darunter zu leiden haben, daß sie systematisch mit Unwahrheiten verunsichert werden, doch wissen, daß ihre Arbeitplätze in Gefahr sind, wenn aus Gründen, die eine andere Regierung zu verantworten hat, in der DDR etwa Anlagen gebaut worden sind, die unter Sicherheitsgesichtspunkten oder — wie die Braunkohlenkraftwerke — unter Umweltgesichtspunkten nicht vertretbar sind.

    (Zuruf der Abg. Frau Wollny [GRÜNE])

    Ich meine, wir sollten diese Zusammenhänge in einer solchen Diskussion sehr deutlich machen.
    Die Sozialdemokraten fordern die direkte Endlagerung, Herr Dr. Kübler. Wir sind ungeheuer daran interessiert — ich erinnere an die gemeinsamen Beschlüsse der Regierungschefs von Bund und Ländern; damals unter Vorsitz von Bundeskanzler Schmidt —, diese direkte Endlagerung als eine zusätzliche Möglichkeit vorzusehen und mit Nachdruck voranzutreiben. Ich bin weit davon entfernt, zu sagen, wir seien in diesem Vorantreiben so schnell vorangekommen, wie das wünschenswert ist. Wir müssen alles daransetzen, die heute gegebenen technischen Möglichkeiten umzusetzen. Es muß eine endlagergerechte Verpackung radioaktiver Abfälle, insbesondere die Konditionierung abgebrannter Brennelemente zum Zwecke der direkten Endlagerung, entwickelt und demonstriert werden; dies in zwei unterschiedlichen Verfahren, Herr Dr. Kübler, die es auch möglich machen, diese Konditionierung je nach den Verhältnissen, die wir in einem Endlager antreffen werden, zu ermöglichen, auch wenn etwa unterschiedliche Lösungen gefordert wären. Es kommt entscheidend darauf an, daß wir technisch nach dem heutigen Wissensstand alle Möglichkeiten bei der Konditionierung einschließen. Das wäre eine konsequente direkte Endlagerung, Herr Kollege Dr. Kübler.
    Das wäre aber nicht der Weg, den etwa die DDR in der Endlagerung gegangen ist; denn dieser Weg ist ein Weg des Exports in die Sowjetunion

    (Dr. Kübler [SPD]: Da stimmen wir voll zu!)

    mit der Wiederaufarbeitung ohne entsprechende Abfallrücklieferung. Das ist nicht der Weg, den wir politisch verantworten können. Wir waren uns hier immer einig darin, daß etwas, was wir hier produzieren, auch hier verantwortet werden muß.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Auch gestern noch!)

    — Auch gestern noch. Das gilt für den Müll und in noch höherem Maße für radioaktive Abfälle.
    Es entspricht dieser Politik, daß wir die Konditionierung für dringend notwendig halten, daß wir dieses Pilotprojekt für dringend notwendig halten. Aber es ist eine Falschmeldung, wenn versucht wird, den Bürgern einzureden, es gehe hier um eine Auflösung von Kernbrennstoffen, und wenn auf diese Art und Weise der Zusammenhang mit einer Wiederaufarbeitungsanlage hergestellt wird, der hier einfach nicht gegeben ist.
    Auch die Gegner der Kernenergie müssen sich in der vollen Verantwortung für die Endlagerung sehen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Wenn abgeschaltet wird, ja!)

    Jeder, der in diesem Land Verantwortung trägt, muß sich dann, wenn er eine solche Konditionierungsanlage ablehnt, die Frage gefallen lassen, wie sein Weg tatsächlich aussieht.
    Das ist natürlich auch die Frage nach dem Standort. Es ist von Herrn Dr. Friederich völlig richtig gesagt worden, daß wir nicht wissen, ob Gorleben im Ergebnis — also dann, wenn wir unten im Salzstock sind — alle die Erwartungen erfüllt, die wir an eine solche Endlagerung haben. Aber es kann doch nicht im Ernst hier gefordert werden, nach einer neuen Möglichkeit



    Parl. Staatssekretär Grüner
    zu suchen, ehe die begonnene nicht erforscht ist, neue zeitliche Verzögerungen in einem Ausmaß auf sich zu nehmen, das nicht verantwortet werden kann, und zwar in Kenntnis der Tatsache, daß die politische Atmosphäre in unserem Lande in einen Zustand gebracht worden ist, in dem praktisch kein Standort mehr Zustimmung finden wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Deshalb ist es unehrlich, wenn man in der Diskussion über Gorleben nach einem anderen Standort ruft, während man in Wahrheit die Politik verfolgt „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß".
    Ich meine deshalb, daß wir uns in dieser Frage der Endlagerung zu den technischen Möglichkeiten, die mit der Pilotkonditionierungsanlage verbunden sind, bekennen müssen. Die Bundesregierung hat sich jedenfalls verpflichtet, durch Forschungs- und Entwicklungsarbeiten dazu beizutragen, die direkte Endlagerung von Brennelementen zur Einsatzreife zu bringen. Das ist im Kabinettsbeschluß vom 6. Juni 1989 bekräftigt worden. Wir stehen in der Kontinuität der Verantwortung, die insbesondere die Beschlüsse der Regierungschefs von Bund und Ländern aus dem Jahre 1979 angedacht haben. Was immer man aus heutiger Sicht zur Nutzung der Kernenergie sagt: Wir haben die Verpflichtung, dieses Thema zu einem vertretbaren Ende zu bringen.
    Der Vorwurf, mit der Pilotkonditionierungsanlage sei bereits über die Endlagerung im Salzstock Gorleben positiv entschieden, ist unbegründet. Ich möchte fast sagen: leider unbegründet; ich wollte, wir wüßten schon sicher, daß Gorleben der geeignete Standort ist. Wenn wir wüßten, wie es in Gorleben unten aussieht, wäre möglicherweise technisch in dieser Pilotkonditionierungsanlage auf die eine oder andere Variante zu verzichten. Jedenfalls ist das Ergebnis des Erkundungsverfahrens völlig offen, auch wenn wir weiterhin von der Eignungshöffigkeit des Salzstocks Gorleben ausgehen.
    Es ist auch die Unterstellung zurückzuweisen, der grenznahe Standort in Gorleben sei gewählt worden, um den Bürgerinnen und Bürgern der DDR zumindest einen Teil etwaiger radiologischer Auswirkungen aufzubürden.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Das machen doch fast alle!)

    In dem laufenden atomrechtlichen Genehmigungsverfahren muß der Nachweis geführt werden, daß hinsichtlich der Schutzvorkehrungen keinerlei Auswirkungen — ob für Bürger der DDR oder für Bürger der Bundesrepublik — nicht vertretbarer Art von einer solchen Anlage ausgehen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Das sind hohle Phrasen! Tut mir leid!)

    Das ist eine Verpflichtung aus dem Atomgesetz. Das gilt nach unserer Rechtslage auch für Ausländer, also etwa auch für Niederländer. Deshalb ist es eine wirkliche Irreführung der Öffentlichkeit, wenn mit dieser Aktuellen Stunde hier und ihrem Schwerpunkt der Eindruck erweckt werden soll, als ob unterschiedliches Recht für Bürger der DDR und für Bürger der Bundesrepublik gilt.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Sehen Sie sich doch mal die Anlagen an! Die stehen doch alle an den Grenzen!)

    Das Atomgesetz gewährleistet allumfassenden Schutz für jeden, diesseits und jenseits der Grenze. Entscheidend aber ist in dieser Lage — wir alle wissen, daß die Bürger der DDR bisher keine Möglichkeit gehabt haben, von dem nach unserer Rechtsordnung gegebenen Recht, ihre Einwendungen vorzubringen, Gebrauch zu machen; das ist erst seit dem Fall der Mauer möglich — , daß die DDR-Bürger nach Auffassung der Bundesregierung vor dem zuständigen Verwaltungsgericht ihre Einwendungen im Klageweg vorbringen können.
    Eine Wiederholung der Öffentlichkeitsbeteiligung für diese Pilotokonditionierungsanlage ist auch von daher nicht erforderlich. Ich füge hinzu: Ich kann mir keine Einwendungen von Bürgern der DDR vorstellen, die nicht auch schon bisher vorgebracht worden sind.
    Im übrigen haben sich in diesem Verfahren die niedersächsische Landesregierung und das Bundesumweltministerium um Information bemüht. Wir selber bemühen uns darum, eine Informationsstelle für DDR-Bürger einzurichten. Wir haben mit den Behörden der DDR entsprechende Kontakte aufgenommen.
    Es bleibt also dabei: Es gibt kein minderes Recht für Bürger der DDR. Wir gehen jedem Einwand nach. Unsere Gerichte sind unabhängig genug, um etwaige Gefährdungen für jeden Bürger dieses Landes, aber auch für die Bürger außerhalb unserer Grenzen zur Grundlage ihrer Entscheidung zu machen, und zwar auf der Basis eines Gesetzes, das wir hier im Deutschen Bundestag verabschiedet haben und das den Maßstab höchster Sicherheit zur Grundlage von Entscheidungen in diesem Felde gemacht hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Stahl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Erwin Stahl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eigentlich schon symptomatisch für den Deutschen Bundestag, daß die GRÜNEN zu jeder Teilerrichtungsgenehmigung, die in diesem Bereich nach Maßgabe des Gesetzes gegeben wird, Aktuelle Stunden beantragen.

    (Volmer [GRÜNE]: Das ist verantwortliche Opposition!)

    Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, gestern waren wir uns hier im Deutschen Bundestag darüber einig, daß wir bei der Sonderabfallbewältigung weite und schnelle Schritte gehen müssen. Dies, meine ich, sollte von hier aus ein Appell an Sie sein, Frau Wollny. Wenn Sie hier vor dem Deutschen Bundestag sagen, Demokratie heißt bei uns Polizeieinsatz, dann, verehrte Frau Wollny, beleidigen Sie alle



    Stahl (Kempen)

    die Polizisten, die ihre Pflichten im Kreis LüchowDannenberg tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Denn es ist wohl unbestritten, Frau Garbe und Frau Wollny, daß diese Leute nur ihre Pflicht tun. Sie tun das, was wir als Gesetzgeber hier im Deutschen Bundestag verabschiedet haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Garbe [GRÜNE]: 6 000 Polizisten und 2 000 Demonstranten! Das ist Unverhältnismäßigkeit, was hier demonstriert wird!)

    Ich will Ihnen sagen: Ich schäme mich, wenn ein Abgeordneter dieses Hauses — egal, auch wenn er bei den GRÜNEN ist — solche Redensarten führt, weil er glaubt, im Wahlkampf vielleicht in Niedersachsen einen kleinen Vorteil zu bekommen. Ich schäme mich, sage ich Ihnen ausdrücklich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Volmer [GRÜNE]: Ich schäme mich für eine solche Art von Gesetzgebung!)

    Natürlich kann man, Frau Wollny, anderer Meinung zum Standort, zur Technologie und insgesamt zur Kernenergienutzung sein. Aber ich bitte doch wirklich recht herzlich darum — in der schwierigen Situation, in der unser Land jetzt ist —, daß wir hier im Deutschen Bundestag derartige in den Augen der Bürger drüben in der DDR kleine Probleme nicht in dieser Form hochziehen und sie dann in diese gesamte Sache mit hineinnehmen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Ich würde herzlich darum bitten, daß wir uns das wirklich einmal mit allem Ernst überlegen. Denn es ist doch wohl unbestritten, daß wir durch den nationalen Ausstieg aus der Wiederaufarbeitung, den viele in unserem Haus ersehnt haben, vor allem Sie, die Fraktion der GRÜNEN,

    (Frau Wollny [GRÜNE]: Aber wir sind doch nicht ausgestiegen! Wir haben die Gefahren verlagert!)

    trotzdem für die Endlagerung dieser abgebrannten Brennelemente und radioaktiven Abfälle sorgen müssen.
    Ich entsinne mich — Sie rücken jetzt viel weiter ab — , daß vor einigen Monaten auch Sprecher von Ihnen hier von diesem Pult unmißverständlich gesagt haben, daß Sie Mitverantwortung für die radioaktiven Abfälle tragen wollen, wenn Kernkraftwerke abgeschaltet werden.

    (Frau Wollny [GRÜNE]: Nur wenn Kernkraftwerke abgeschaltet werden!)

    Wenn dem so ist, meine Damen und Herren von den GRÜNEN — der richtige Weg ist nun einmal nicht die Wiederaufarbeitung, sondern die Bearbeitung und Endlagerung —, dann bitte ich Sie wirklich herzlich, unabhängig von der Standortdiskussion — Herr Harries, Sie haben sie sehr emotional eingebracht — mit zu überlegen, ob man eine derartige Technologie, die im großen Maßstab dann, wenn es einmal so weit ist, 1999 verfügbar sein muß, sozusagen aus dem Handgelenk, etwa in der Form des Spruches eines
    Lehrers: „Morgen ist die Welt anders! ", erledigen kann.

    (Frau Wollny [GRÜNE]: Wir wollen nicht Ihre Versuchskaninchen sein!)

    Dies ist doch sicherlich unmöglich. Deshalb ist es notwendig, eine Pilotanlage zu bauen. Dann kommen Sie natürlich hierher und sagen: Diese hilft sogar der Wiederaufarbeitungstechnologie oder ersetzt sie sogar.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Wir sind gebrannte Kinder! Darauf hören wir nicht mehr!)

    — Frau Garbe und Frau Wollny, ist Ihnen eigentlich bekannt, daß man bei der Wiederaufarbeitung ein Naßverfahren benötigt, weil es sonst gar nicht möglich ist?

    (Frau Wollny [GRÜNE]: Klarer Fall!)

    Diese Pilotanlage basiert auf einem Trockenverfahren. Bei der Wiederaufarbeitung müssen Sie 5 cm lange Stückchen haben, damit das Inventar ausgelaugt werden kann. Bei dieser Pilotanlage werden wir erst einmal die 5 m langen Brennelemente ausprobieren, weil wir sie nicht zerschneiden wollen.

    (Frau Wollny [GRÜNE]: Aber nein, das stimmt doch nicht!)

    — Natürlich. — Diese Endlagergebinde, diese großen Dinger wiegen 70 t. Ich weiß nicht, ob Sie aus dem Bereich der Technik wissen, daß es nicht ohne weiteres möglich ist, mit 70 t schweren Behältern in einem Schacht, in einem Untertagebetrieb zu hantieren.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Das interessiert doch die Frau Wollny nicht!)

    Wenn dies nicht klappt, Frau Wollny, dann ist es natürlich notwendig, parallel, um Zeit einzusparen, auch kürzere Gebinde auszuprobieren, d. h. Brennelemente auf die Länge von 1,60 m zuzuschneiden und sie in Behälter zu füllen.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen. Wir haben Verträge mit den Franzosen, nach denen wir den hochradioaktiven Abfall abnehmen müssen. Dieser Abfall wird in Kokillen angeliefert. Da die Sicherheit nach unseren gesetzlichen Voraussetzungen nicht reicht,

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Sie wird nie reichen!)

    ist es notwendig, diese Kokillen dann wieder in Stahlbehälter einzubringen, damit sie dann irgendwo in einem genehmigten Endlager untergebracht werden können.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Dieser Wahnsinn! Dieser Ressourcenverbrauch!)

    Ich meine, dies sollten Sie wirklich einmal bedenken. Im übrigen verehrte Frau Garbe, ich will auf Ihren Zwischenruf nur eine Antwort geben: Ich nehme an, daß Sie auch dafür da sind, darauf zu achten, daß die Gesetze, die wir hier verabschieden, auch wirklich beachtet werden.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Gesetze können novelliert werden!)




    Stahl (Kempen)

    Dies gilt jedoch nicht nur für alle Menschen, sondern dies sollte eigentlich auch für Abgeordnete des Deutschen Bundestages gelten.
    Schönen Dank fürs Zuhören.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP — Dr. Probst [CDU/CSU]: Das war sehr gut!)