Rede:
ID1119510200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Fellner.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/195 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 195. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Februar 1990 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 15009 A Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Gebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit schweren Lastfahrzeugen (Drucksache 11/6336) . 15009 A Zusatztagesordnungspunkt: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresgutachten 1989/90 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 11/5786) 15009 B Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Weltweites Chemiewaffenverbot: Notwendige Initiativen nach der Pariser Konferenz (Drucksache 11/4054) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags des Abgeordneten Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Unterrichtung von Öffentlichkeit und Parlament über die Planung und Vorbereitung des Abzugs amerikanischer C-Waffen aus der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/6310) Dr. Scheer SPD 15009 D Lummer CDU/CSU 15011 C Dr. Scheer SPD 15012 D Frau Beer GRÜNE 15014 A Dr. Feldmann FDP 15015 C Frau Dr. Götte SPD 15017 A Schäfer, Staatsminister AA 15017 D Reimann SPD 15018 D Erler SPD 15020 A Dr. Uelhoff CDU/CSU 15021 D Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs für ein Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts (Drucksache 11/6321) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes (Drucksache 11/4732) c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes (Drucksache 11/4958) d) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Bundesausländergesetzes (Drucksache 11/5637) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Ausländerzentralregister (Drucksache 11/5828) Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . . 15023 A Dr. Schmude SPD 15024 D Dr. Penner SPD 15025 B Schröer (Mülheim) SPD 15028 B Dr. Hirsch FDP 15031 B Dr. Penner SPD 15032 C Frau Trenz GRÜNE 15033 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 15034 C Dr. Bull, Minister des Landes SchleswigHolstein 15039 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 195. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Februar 1990 Dr. Schäuble CDU/CSU 15041 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 15042 A Lüder FDP 15043 B Such GRÜNE 15043 D Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD 15045 A Meneses Vogl GRÜNE 15046 C Fellner CDU/CSU 15048A Wartenberg (Berlin) SPD 15049 C Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Dr. Wieczorek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Stand der multilateralen Handelsverhandlungen (Uruguay-Runde) (Drucksachen 11/5089, 11/5626) Dr. Wieczorek SPD 15051 D Kittelmann CDU/CSU 15055 D Volmer GRÜNE 15057 B Funke FDP 15058 C Niegel CDU/CSU 15059 C Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi . 15060 D Eigen CDU/CSU 15061 D Zusatztagesordnungspunkt 13: Aktuelle Stunde betr. Teilgenehmigung für die Pilotkonditionierungsanlage Gorleben als Prüfstein der neuen deutsch-deutschen Umweltpolitik der Bundesregierung Frau Wollny GRÜNE 15062D, 15068 D Harries CDU/CSU 15063 C Schütz SPD 15064 C Dr.-Ing. Laermann FDP 15065 D Dr. Kübler SPD 15066 C Dr. Friedrich CDU/CSU 15067 D Grüner, Parl. Staatssekretär BMU . . . 15069 B Stahl (Kempen) SPD 15070 D Nächste Sitzung 15072 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15073* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15073* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 195. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Februar 1990 15009 195. Sitzung Bonn, den 9. Februar 1990 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Ahrens SPD 09. 02. 90 Antretter SPD 09. 02. 90 Bahr SPD 09. 02. 90 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 09. 02. 90 Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Briefs GRÜNE 09. 02. 90 Dr. von Bülow SPD 09. 02. 90 Clemens CDU/CSU 09. 02. 90 Frau Conrad SPD 09. 02. 90 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 09. 02. 90 Daweke CDU/CSU 09. 02. 90 Frau Dempwolf CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Dollinger CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Ehrenberg SPD 09. 02. 90 Frau Fischer CDU/CSU 09. 02. 90 Gallus FDP 09. 02. 90 Gerstein CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Götz CDU/CSU 09. 02. 90 Graf SPD 09. 02. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Hauchler SPD 09. 02. 90 Hauser (Esslingen) CDU/CSU 09. 02. 90 Frhr. Heereman von CDU/CSU 09. 02. 90 Zuydtwyck Heimann SPD 09. 02. 90 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 09. 02. 90 Heyenn SPD 09. 02. 90 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 09. 02. 90 Klose SPD 09. 02. 90 Dr. Knabe GRÜNE 09. 02. 90 Kohn FDP 09. 02. 90 Kolbow SPD 09. 02. 90 Kossendey CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Kreile CDU/CSU 09. 02. 90 Kreuzeder GRÜNE 09. 02. 90 Lattmann CDU/CSU 09. 02. 90 Leidinger SPD 09. 02. 90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 09. 02. 90 Müller (Schweinfurt) SPD 09. 02. 90 Frau Nickels GRÜNE 09. 02. 90 Opel SPD 09. 02. 90 Paintner FDP 09. 02. 90 Pesch CDU/CSU 09. 02. 90 Pfeifer CDU/CSU 09. 02. 90 Rawe CDU/CSU 09. 02. 90 Reuschenbach SPD 09. 02. 90 Rind FDP 09. 02. 90 Frau Rock GRÜNE 09. 02. 90 Frau Schätzle CDU/CSU 09. 02. 90 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Schilling GRÜNE 09. 02. 90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 09. 02. 90 von Schmude CDU/CSU 09. 02. 90 Schulhoff CDU/CSU 09. 02. 90 Seehofer CDU/CSU 09. 02. 90 Spilker CDU/CSU 09. 02. 90 Straßmeir CDU/CSU 09. 02. 90 Tietjen SPD 09. 02. 90 Frau Dr. Timm SPD 09. 02. 90 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 09. 02. 90 Dr. Vogel SPD 09. 02. 90 Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 09. 02. 90 Voigt (Frankfurt) SPD 09. 02. 90 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 09. 02. 90 Weiss (München) GRÜNE 09. 02. 90 Weisskirchen (Wiesloch) SPD 09. 02. 90 Wetzel GRÜNE 09. 02. 90 Frau Dr. Wisniewski CDU/CSU 09. 02. 90 Wissmann CDU/CSU 09. 02. 90 Würtz SPD 09. 02. 90 Zierer CDU/CSU 09. 02. 90 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 26. Januar 1990 ihre Kleine Anfrage auf Drucksache 11/6293 zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/4410 Drucksache 11/4881 Drucksache 11/5496 Innenausschuß Drucksache 11/1762 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/3758 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 11/6285 Nr. 2.12 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/4534 Nr. 2.23 Drucksache 11/4758 Nr. 2.33 Drucksache 11/5051 Nr. 52 Drucksache 11/5145 Nr. 3.35 Drucksache 11/5642 Nr. 3.22
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern sagte mir ein sozialdemokratischer Kollege, als wir über die jetzige Situation in der Bundesrepublik sprachen, er habe etwas Angst, die bundesdeutsche Demokratie sei nicht so verwurzelt, wie alle glaubten. Sie hat Wohlstand gebracht, Autos, tolle Häuser, Urlaub. Aber sie steht auf wackligen Füßen in kritischen Situationen, wenn es ums Teilen geht, wenn es darum geht, ein bißchen mehr zu geben, als es unser Wohlstand erlaubt.
    Die Demokratie ist wie die Freundschaft. Sie zeigt sich am deutlichsten, wenn es uns nicht gut geht. Die Bundesregierung will demnächst ein Gesetz verabschieden lassen, das Ausländer und Ausländerinnen, nunmehr gesetzlich legitimiert, zu gläsernen Menschen macht. Das heißt konkret, alle Menschen, die nicht deutsch sind, werden vollkommen durchleuchtet, unter der Prämisse einer Gefahrenabwehr.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist die glatte Unwahrheit, die Sie da verkünden! — Zuruf von den GRÜNEN: Genauso ist es aber!)

    Das Ausländerzentralregister, meine Damen und Herren, ist eines der perfektioniertesten Erfassungsinstrumente zur vollkommenen und willkürlichen Erfassung, Durchleuchtung und behördlichen Selektierung und Diskriminierung von Ausländerinnen und Ausländern. Es ist ein wahrer Selbstbedienungsladen für Ausländerbehörden, Arbeitsämter, Polizeiämter, Staatsanwaltschaften und Geheimdienste. In diesem Ausländerregister werden weit über 100 Millionen Daten von ca. 10 Millionen Ausländern bis jetzt gespeichert. Man muß sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ich glaube, daß die meisten Kollegen hier im Bundestag, die Öffentlichkeit sowieso, gar nichts davon wissen. 10 Millionen Ausländer werden völlig durchleuchtet, nur weil sie nicht deutsch sind. Ist das wirklich Angst oder ist es Arroganz? Oder ist es nur Arroganz? Auf jeden Fall, gleichgültig ob Angst oder Arroganz, für eine Demokratie ist dieses Register eine Zumutung.
    Eine weitere Zumutung für die Demokratie ist der Entwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Ausländerrechts. Er soll zu einer Zeit im Schnellverfahren durchgepeitscht werden, in der dieses Land nur noch eines kennt, nämlich Deutsche.
    Auch das neue Ausländergesetz folgt dieser Maxime. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es: „An erster Stelle zu nennen ist die Verpflich-



    Meneses Vogl
    tung zur Aufnahme von Deutschen. " Diese historische Pflicht hat Ihrer Ansicht nach — ich zitiere weiter —„Vorrang vor der Überlegung, Ausländern einen Zuzug in das Bundesgebiet zu ermöglichen".

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ja natürlich! Selbstverständlich!)

    Diese Argumentation fällt vor dem Hintergrund der Zuwanderung von über 700 000 Aus- und Übersiedlern im letzten Jahr zunehmend auf fruchtbaren Boden. Sie trifft auf einen Boden und ein gesellschaftliches Klima, wo alle Ausländer Platz machen müssen für deutsche Volkszugehörige, die ihre Vorzugsbehandlung allein der Grundgesetzanmaßung zu verdanken haben.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist wieder böswillig und gehässig!)

    — Nein, überhaupt nicht. Ich bin keineswegs gegen die Aussiedler und Übersiedler.
    Ich möchte nun auf jene Teile des neuen Gesetzentwurfs eingehen, der die Flüchtlinge betrifft, also Menschen, die bei uns Schutz vor Verfolgung suchen. Um das Grundrecht auf Asyl überhaupt wahrnehmen zu können, müssen Flüchtlinge die Möglichkeit haben, die Grenzen dieses Landes zu erreichen. Der Gesetzentwurf hat hier sehr hohe Hürden errichtet. Ich will die wichtigsten benennen.
    Erstens, es besteht eine generelle Paß- und Visumspflicht. Gelingt es einem Flüchtling in seinem Heimatland, die zumeist gut bewachten deutschen Botschaften zu erreichen, so kann ihm dennoch das Einreisevisum verweigert werden,

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: So ist es auf der ganzen Welt!)

    und zwar ohne Angabe von Gründen, ohne Rechtshilfemittelbelehrung und ohne die Zulassung eines Widerspruchs.
    Zweitens. Ausländer und somit auch Flüchtlinge können nach § 60 schon aus bloßen Verdachtsgründen an der Grenze wieder zurückgewiesen werden.
    Drittens. In den §§ 73 und 74 sind die restriktiven Bestimmungen gegen Beförderungsunternehmen noch weiter verschärft worden. Fluggesellschaften, die Ausländer ohne gültige Einreisedokumente befördern, sollen bis zu 5 000 DM Zwangsgeld entrichten und werden dazu angehalten, grenzschutzpolizeiliche Aufgaben wahrzunehmen.
    Meine Damen und Herren, diese wenigen Beispiele mögen genügen und zeigen, daß die drakonischen Einreiseregelungen dem Grundsatz folgen: Wir müssen draußen bleiben. Von einer angeblichen Weltoffenheit und Liberalität, wie es in der Gesetzesbegründung heißt, kann keine Rede sein. Wenn es dort weiter heißt: Die Integrationskraft der Bundesrepublik sei nicht unerschöpflich, dann meinen Sie damit immer nur die Ausländer und selbstverständlich nicht die Deutschen.
    Der zweite, sehr gravierende Einschnitt im neuen Ausländerrecht betrifft die bei uns geduldeten, das heißt permanent von der Abschiebung bedrohten sogenannten De-facto-Flüchtlinge. Es sind jene rund 300 000 Flüchtlinge, die sich bei ihrer Schutzsuche nicht auf das Grundgesetz, sondern auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen, die Flüchtlingen einen Schutz vor Abschiebung gewährt.
    In allen anderen westeuropäischen Ländern wird die Genfer Flüchtlingskonvention angewendet; hier wird sie ausgehebelt. Zwar ist der Wortlaut dieser Konvention weiterhin im neuen Ausländerrecht übernommen worden, wonach Flüchtlinge aus dringenden humanitären Gründen nicht in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden dürfen, jedoch in der konkreten Ausgestaltung sollen die De-facto-Flüchtlinge künftig dem normalen Asylverfahren unterworfen werden.
    Ich komme mit meiner Redezeit wahrscheinlich nicht zurecht.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie kommen auch mit dem Thema nicht zurecht! — Gegenrufe von den GRÜNEN)

    Ich komme jetzt auf weitere, meines Erachtens fatale Konsequenzen, die in der Neuregelung enthalten sind. Nach § 67 wird über den Aufenthalt von Ausländern nur auf der Basis der im Bundesgebiet zugänglichen Erkenntnisse entschieden. Damit sind ausdrücklich die bundesdeutschen Auslandsvertretungen von dem Prinzip der Amtshilfe zu Ermittlungen befreit. Damit wird alles auf den Kopf gestellt. Eigentlich wäre es die Aufgabe des Staates, Flüchtlingen Schutz vor Verfolgung zu gewähren und alle diesbezüglichen Fakten zusammenzutragen. Statt dessen muß bei uns der Flüchtling die Beweislast hinsichtlich der Verfolgungsgründe tragen. Erst nach acht Jahren endlich kann ein De-facto-Flüchtling einen Daueraufenthalt in der Bundesrepublik erhalten.
    Die neue Aufenthaltsbefugnis knüpft übrigens an den eingestampften Ausländer-Referentenentwurf ihres ehemaligen Innenministers Zimmermann an, nur hieß die Befugnis damals noch „Gestattung". Die Neuregelung fällt in diesem Bereich sogar noch schärfer aus als bei Zimmermann. Überhaupt hat der neue Bundesinnenminister ganz kräftig in die Trickkiste gegriffen. Sah der Zimmermann-Entwurf eine Zweiteilung des Ausländerrechts in einen Integrations- und in einen Abschreckungsteil vor, so hebt der neue Entwurf diese Trennung einfach nur auf, ohne jedoch im Kern irgendeinen wichtigen Punkt zurückzunehmen. So ist es bei der Differenzierung in unterschiedliche Aufenthaltstitel geblieben.
    Der zweite Trick des Ministers: er hat als konservativer Technokrat den rechtspopulistischen Ballast des Zimmermann-Entwurfs einfach gestrichen. In der Sache ist der neue Gesetzentwurf gegenüber dem Zimmermann-Entwurf kaum entschärft worden. Die beiden Tricks haben jedoch ausgereicht, der Öffentlichkeit ein angeblich völlig neues Ausländergesetz zu präsentieren. Es reichte auch aus, die einst widerspenstigen Liberalen der FDP an die Leine zu legen.
    Für die GRÜNEN gibt es also von der Sache her — im Unterschied zu den anderen Fraktionen — keinen Grund, dieser Neuregelung des Ausländerrechts zuzustimmen. Für uns bleibt es dabei: das neue Ausländergesetz schafft nicht mehr, sondern weniger Rechtssicherheit. Es ist nicht liberaler, sondern soll den weiteren Zuzug von Ausländern begrenzen und schnellere Abschiebungen ermöglichen. Flüchtlinge



    Meneses Vogl
    genießen immer weniger den Schutz vor Abschiebung, sondern dieser Staat schützt sich überwiegend vor Ausländern und Flüchtlingen. Dies ist die Angst der Mächtigen vor Hilflosen oder die Arroganz der Mächtigen vor hilflosen, zufluchtsuchenden Menschen, die Angst oder die Arroganz der Mächtigen vor den Ohnmächtigen. In einigen Jahren — das werden Sie merken — werden Gesetze nicht mehr ausreichen. Wir werden Mauern und Grenzen mit Stacheldraht errichten müssen, denn die Armut und das Elend in der Welt wachsen, und die Menschen werden weiterhin flüchten. Dann werden wir als Demokraten wahrscheinlich zu Mördern werden müssen.
    Danke schön.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ihre Rede war eine Zumutung!)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Fellner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Fellner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß ich insbesondere den letzten Satz nicht richtig verstanden habe, wie vieles, was von der SPD und den GRÜNEN heute gesagt worden ist, wirklich nicht zu verstehen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nach zwei Stunden Debatte gäbe es natürlich eine Menge von Dingen, die man klarstellen und richtigstellen sollte. Ich muß mir das deshalb ersparen, weil ich überzeugt bin, daß nur der Blick in den Gesetzentwurf viele daran gehindert hätte, hier solche Reden zu halten. Wir haben mit den Fragen, die an uns gestellt worden sind, keinerlei Probleme. Wir können auch die beantworten, die Herr Bull gestellt hat. Er hätte sie sich auch selber beantworten können, wenn er unseren Gesetzentwurf gelesen hätte, und wenn er den der SPD gelesen hätte, hätte er unsere Fragen beantworten können. Er hat leider beides nicht getan.
    Ich meine — diesen Appell möchte ich an dieser Stelle schon aussprechen — : Alle Ausländer, die meinen, sie müßten sich hier von SPD und GRÜNEN vertreten lassen und würden von denen vertreten, kann ich nur herzlich bitten, auf diese Verunsicherung nicht hereinzufallen.

    (Wartenberg [Berlin] [SPD]: Die CSU ist dafür zuständig!)

    Ich finde, Menschen, die Ausländern auf diese Art und Weise angst machen, die auch eine so böse Sprache führen, können gar keine guten Ratgeber und keine guten Freunde sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Nöbel [SPD]: Die schicken wir alle zum Stoiber!)

    Wenn ich an dieser Stelle sogar die These wage: Wir haben uns in der Ausländerdiskussion in der Kontinuität auch früherer politischer Entscheidungen in der Bundesrepublik bewegt, dann möchte ich Ihnen, weil ich ihn als den vielleicht am härtesten formulierten Kabinettsbeschluß empfinde, einmal zitieren, was im Kabinett noch 1982 beschlossen worden ist:
    Das Kabinett ist sich einig, daß für alle Ausländer außerhalb der EG ein weiterer Zuzug unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten verhindert werden soll. Nur durch eine konsequente und wirksame Politik der Begrenzung läßt sich die unverzichtbare Zustimmung der deutschen Bevölkerung zur Ausländerintegration sichern. Dies ist zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens unerläßlich.
    Das ist 1982 entschieden worden.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wer hat denn da regiert?)

    Wenn wir es jetzt so formuliert hätten, hätten Sie wahrscheinlich fürchterlich aufgeschrien.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wer hat denn da regiert?)

    — Es ist jedenfalls unter Helmut Schmidt so gelaufen.

    (Dr. Penner [SPD]: Helmut Schmidt, der Retter in der Not!)

    — Lieber Winfried Penner,

    (Dr. Penner [SPD]: Wer war Innenminister, will ich wissen!)

    wenn Sie sagen wollen, Sie sind von der FDP regiert worden, dann sagen Sie das einmal deutlich. —

    (Dr. Penner [SPD]: Aber es gibt doch eine Ressortzuständigkeit!)

    Meine Damen und Herren, ich zitiere das doch nur deshalb, weil ich meine, daß selbst dann, wenn das früher gesagt worden ist und wir diese Position jetzt hätten, wahrlich kein Grund besteht, Ausländern angst zu machen. Die Position ist klar: Wir akzeptieren das Hiersein derjenigen, die wir geholt haben, und von denen wir wissen, daß sie auf Dauer hierbleiben werden. Wir wollen, daß sie sich integrieren können. Aber damit dieser Integrationsprozeß nicht noch zusätzlich erschwert wird, meinen wir — wie es damals schon geheißen hat —, daß wir den Zuzug begrenzen müssen.
    Wenn die SPD nicht ständig von Lafontaine überholt würde, dann wäre es ihr natürlich nicht passiert, damals einen solchen Ausländergesetzentwurf vorzulegen, der keinerlei Zuzugsbegrenzungen vorsieht. Damit habt ihr wirklich Pech gehabt. Wenn die SPD das, was Lafontaine jetzt bezogen auch auf die Aus- und Übersiedler predigt, auf ihre Ausländerpolitik bezogen hätte, dann hätte es einen solchen Gesetzentwurf überhaupt nicht geben können. Es ist einerseits schlimm, daß Lafontaine, wenn es um das Recht der Aus- und Übersiedler geht, in dieser polemischen Form eine Mauer aufbauen will, und für Sie ist es andererseits nahezu tragisch, daß Sie das zu dem Zeitpunkt der Vorlage des Entwurfs Ihres Ausländerrechts noch nicht gewußt haben, denn sonst hätten Sie es entsprechend formuliert.
    Deshalb füge ich noch eines hinzu: Die Ausländer wissen bei Ihnen auch jetzt nicht genau, ob Sie, bezogen auf die Rechte und Behandlung der Ausländer, in einem Vierteljahr nicht auf der gleichen polemischen



    Fellner
    und demagogischen Welle schwimmen, wie Sie es mittlerweile in der Aus- und Übersiedlerpolitik tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch einen grundsätzlichen Gedanken zu der Kritik von vielen an diesem Ausländerrechtsgesetzentwurf. Wir werden all den Hinweisen, die von den Organisationen gegeben worden sind, selbstverständlich sorgfältig nachgehen. Wir werden sie entsprechend würdigen, so wie wir natürlich auch die Arbeit von karitativen Organisationen, die sich um die Ausländer kümmern, würdigen. Aber ich bitte auch zu sehen, daß die Aufgabenstellung und die Interessenlage für diejenigen, die sich speziell um die Ausländer bemühen, anders gestaltet ist als die Verantwortung der Politik, die die Gesamtheit der Bürger eines Landes zu vertreten hat und sich dafür durch Wahlen legitimieren muß. Wenn wir, wie Minister Schäuble gesagt hat, ein partnerschaftliches Land bleiben wollen, müssen wir in unserer gesamtpolitischen Verantwortung dafür Sorge tragen, daß das, was wir mit diesem Ausländergesetz entscheiden, von der Masse der Bevölkerung
    — ich meine damit die gerecht und vernünftig denkende Masse der Bevölkerung — akzeptiert werden kann. Deshalb verstehe ich die Kritik an diesem Entwurf, wie sie vorgetragen worden ist, als Wunsch auf Abänderung. Wir werden den Entwurf im Ausschuß sorgfältig beraten. Ich hoffe, daß die SPD sachgerecht mitarbeitet.

    (Lachen des Abg. Dr. Penner [SPD] — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ich bin mir da nicht ganz sicher! — Dr. Penner [SPD]: Euer Hochwohlgeboren: ja!)

    — Wenn ich den Vorsitzenden des Innenausschusses sehe, habe ich wenig Sorge. Er hat bisher noch die Autorität gehabt, seine widerstrebende Truppe auf Vordermann zu bringen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Du machst den Bernrath kaputt!)

    — Der Kollege Bernrath weiß, daß ich ihn nicht kaputtmachen will.

    (Bernrath [SPD]: Sehr unangenehm!)

    Ich meine, daß wir jetzt in aller Aufrichtigkeit und mit Sorgfalt an die Beratungen der Paragraphen gehen sollten. Das Argument, daß das alles neu und nicht bekannt sei, darf nur jemand anwenden, der sich wirklich noch nie damit beschäftigt hat. Dann soll er aber auch jetzt schweigen. Ich meine, daß wir genügend Zeit haben, das sorgfältig zu beraten. Ich denke aber auch, daß wir jetzt möglichst bald entscheiden müssen. Denn die Art von Diskussion, die jetzt angezettelt worden ist, dient den Ausländern beileibe nicht.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Dr. Sonntag-Wolgast [SPD]: Ihr Beitrag auch nicht!)