Rede von
Michael
Glos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beste Hilfe für den anderen Teil Deutschlands wäre ganz bestimmt nicht die, die Frau Matthäus-Maier gefordert hat, nämlich die Gefährdung unserer Sicherheit durch eine radikale Kürzung des Verteidigungsetats,
und ganz bestimmt auch nicht die Vernachlässigung unserer Bündnisverpflichtungen. Die beste Hilfe für die DDR und damit für ganz Deutschland ist eine radikale Wirtschaftsreform, ein schneller Wechsel von der staatlichen Kommandowirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft.
Richtig ist, daß die sozialistische Planwirtschaft auf der ganzen Linie versagt hat. Eine Währungsunion mit der DDR kann nur dann sinnvoll sein, wenn sie als Teil einer Wirtschaftsreform verwirklicht wird. Eine Währungsunion ohne gleichzeitige Wirtschaftsreform würde sich als Irrtum erweisen; denn mit einer guten Währung allein kann einer maroden Wirtschaft nicht auf die Beine geholfen werden.
Was für die Europäische Währungsunion als richtig erkannt wurde, kann für eine deutsch-deutsche Einheitswährung nicht falsch sein: Die Stabilität der D-Mark darf durch eine Währungsunion nicht gefährdet werden.
Deswegen sind für uns unverzichtbare Voraussetzungen, daß die Bundesbank Herr über die Geldmenge bleibt und gleichzeitig in der DDR marktwirtschaftliche Reformen durchgesetzt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind nicht bereit, mit gutem Geld sozialistische Spielereien zu finanzieren. Die Wirtschaft hat alle Vorschläge, die von Frau Luft mit ihrer Joint-Venture-Verordnung gemacht wurden, als untauglich bezeichnet. Frau Luft fordert gleichzeitig 15 Milliarden DM als Soforthilfe von uns.
1d858 Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1990
Glos
Ich bin der Meinung, erst müssen die drüben ihre Hausaufgaben machen, bevor wir D-Mark als Mantel der christlichen Nächstenliebe darüber breiten.
Meine Damen und Herren, Voraussetzung einer Hilfe für den anderen Teil Deutschlands ist die Fortführung der erfolgreichen Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik bei uns. Was gut ist für die Bundesrepublik, kann nicht schlecht sein für ganz Deutschland.
Die Finanzpolitik der Koalition — der Herr Bundesfinanzminister hat es bereits gesagt — hat dazu beigetragen, daß wir heute in der Lage sind, daß wir heute so stark sind, die Herausforderungen, die mit der Wiedervereinigung auf uns zukommen, finanziell zu bewältigen, ohne unseren Bürgern tiefer in die Tasche greifen zu müssen.
Nach der friedlichsten deutschen Revolution, der vom 9. November 1989, sind vor allem aus den Reihen der Opposition Steuererhöhungen oder neue Sonderabgaben zugunsten von staatlichen Hilfen für die DDR gefordert worden. Wir haben dies auch heute wieder hier gehört. Das ist der falsche Weg.
Der richtige Weg ist eine Förderung der Privatwirtschaft mit einer radikalen Veränderung der Eigentumsordnung drüben. Da ist auch die DDR-SPD weiter als die SPD bei uns. Ich habe gelesen, der SPD-Vorstand dort hat eine Privatisierung des riesigen Staatsvermögens gefordert. Ich halte das für einen sehr erwägenswerten Weg. Bei uns spreizt sich die SPD immer gegen Privatisierung von staatlichem Vermögen. Auch das ist eine interessante Erkenntnis.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im übrigen gehört die SPD-Vorstellung, der DDR-Wirtschaft mit öffentlichen Haushaltsmitteln auf die Beine helfen zu können, in das Reich der Illusionen. Es ist illusionär und eine unverantwortliche Verunsicherung der Steuerzahler, wenn die SPD eine 100-Milliarden-DMZahlung an die DDR fordert, wie es gestern der Fraktionsvorsitzende im Kieler Landtag, Gerd Börnsen, in Schwerin getan hat.
— Ich beziehe mich auf Pressemitteilungen, die ich heute über den ,, dpa" -Ticker gekriegt habe.
Was für den anderen Teil Deutschlands getan werden muß, muß ökonomisch richtig und sinnvoll sein. Wir müssen die Bedingungen dafür schaffen, daß unternehmerisches Kapital aus der Bundesrepublik Deutschland und dem westlichen Ausland in die DDR fließt.
Die Finanzpolitiker der Unionsfraktion begrüßen das Verhandlungsangebot der Bundesregierung an die DDR, eine Währungsunion mit einer überzeugenden Befreiung der marktwirtschaftlichen Kräfte der DDR zu verbinden. Dieser Schritt ist politisch notwendig.
Wir werden genau darauf achten, daß der zweite Schritt nicht vor dem ersten getan wird,
und eine Währungsunion für den deutschen Steuerzahler nicht zu einem Faß ohne Boden wird.