Ich stimme Ihnen im Gegensatz zu meinen sonstigen Gepflogenheiten überhaupt nicht zu. Ich betone nochmals: Gegenstand der Vereinbarungen am 24. August vergangenen Jahres war die Festlegung der Verstromungsmenge auf 40,9 Millionen Tonnen bis 1995.
Diese Vereinbarung lag bereits unterhalb der im Jahrhundertvertrag vereinbarten Mengen bis 1995.
Wir haben dennoch der dritten Novellierung des Verstromungsgesetzes zugestimmt.
weil wir gesagt haben: Wir berücksichtigen die Bedenken der revierfernen Länder und stimmen diesem Kompromiß zu, um den Bergbauunternehmen und den in den Bergbauunternehmen Beschäftigten endlich Planungs- und Arbeitsplatzsicherheit für einen längeren Zeitraum geben zu können.
Das, was jetzt vereinbart worden ist, ist genau wieder das Gegenteil.
Es ist eine Festlegung getroffen worden, die bis 1991 reicht, nicht einmal bis 1993 und schon gar nicht bis 1995.
Das wird die alten Planungsunsicherheiten bei den Bergbauunternehmen erneut reaktivieren.
Das heißt, das Gegenteil dessen, was uns hier zugesagt wurde, wurde in der letzten Woche abgemacht. Wenn man das als Erfolg feiert, dann macht der Bundeswirtschaftsminister aus einem kleinen Mäuslein erneut einen Elefanten. Das ist die Bestätigung dessen, was in den letzten Jahren ständig gelaufen ist: ein Zickzackkurs, Verwirrungspolitik, Nebelkerzen geschmissen und die Bergleute an der Nase durch den Ring geführt. Das machen wir nicht mehr mit.
Wenn Sie hier von „Wahlkampfmaschen" reden, dann gebe ich Ihnen diesen Ball zurück: Sie versuchen hier, offenen Wahlbetrug zu machen, um das
Wählerverhalten an der Saar, das nicht zuletzt durch den Bergbau geprägt wird, aus Ihrer Sicht heraus zu manipulieren.
Nun will ich einige Sätze zum Jahreswirtschaftsbericht sagen.
Es fiel auf, daß von seiten der Koalitions- und Regierungsredner so gut wie kein Wort zur Problematik des Arbeitsmarkts gesagt wurde.
Sie haben immer wieder auf die neuen Arbeitsplätze hingewiesen. Diese werden von uns nicht bestritten.
Es ist aber kein Wort darüber gesagt worden, ob die Bundesregierung überhaupt noch daran denkt, an der Perspektive Vollbeschäftigung festzuhalten. Mein fester Eindruck ist, daß man sich längst mit einer Dauerquote von 2 Millionen Arbeitslosen abgefunden hat. Diese Zahl wird auf Grund der Entwicklung in der DDR in den nächsten Monaten und Jahren vermutlich deutlich ansteigen.
Man hat überhaupt nicht mehr das Ziel im Hinterkopf, die Vollbeschäftigung anzustreben, geschweige denn die Mittel und Instrumente zur Diskussion freizugeben, mit denen man dieses Ziel erreichen könnte.
Ich will Ihnen sagen, daß trotz der neu geschaffenen Arbeitsplätze im Zeitraum 1983 bis 1990 das gesamtgesellschaftliche Arbeitsvolumen, d. h. die Summe der abgeleisteten Stunden, rückläufig war. Zuwächse bei den Arbeitsplätzen wurden also nicht durch ein Mehr an Arbeit erreicht, sondern durch Sondereinflüsse, mit denen längerfristig nicht ohne weiteres gerechnet werden kann. Ich nenne einige: Gestiegene Anzahl von Auszubildenden, vorübergehend gestiegene Zahl von AB- und Fortbildungsmaßnahmen mit jetzt wieder fallender Tendenz, Maßnahmen der Arbeitszeitverkürzung und gestiegene Teilzeitquote von Frauen, von denen übrigens viele einen Vollzeitarbeitsplatz anstreben. Hinzu kommt die weitere Zuwanderung von Aus- und Übersiedlern, die 1990 die in einzelnen Bereichen lokal begrenzt vorhandenen Facharbeiterlücken auffüllen mag, insgesamt aber zu einer weiteren Anspannung des Arbeitsmarktes führen wird.