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ID1119210000

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    Plenarprotokoll 11/192 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 192. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. Januar 1990 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Haar 14779 A Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfs — Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz — an den Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 14779 A Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 1990 der Bundesregierung (Drucksache 11/6278) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sondergutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung mit dem Titel: „Zur Unterstützung der Wirtschaftsreform in der DDR; Voraussetzungen und Möglichkeiten" (Drucksache 11/6301) Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 14779C Roth SPD 14783 C Hinsken CDU/CSU 14784 B Hoss GRÜNE 14784 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 14784 D Wissmann CDU/CSU 14788 B Frau Unruh fraktionslos 14789 A Müller (Pleisweiler) SPD 14790 A Stratmann GRÜNE 14791 B Kittelmann CDU/CSU 14792 D Frau Unruh fraktionslos 14793 C Dr. Sperling SPD 14795 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 14796 A Menzel SPD 14796 B Dr. Sperling SPD 14797 A Schreiner SPD 14797 B Reuschenbach SPD 14798 A Stratmann GRÜNE 14798 A Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 14802 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 14804 D Stratmann GRÜNE 14805 A Schreiner SPD 14806C, 14807 C Müller (Wadern) CDU/CSU 14807 A Schäfer (Offenburg) SPD 14809 C Frau Vennegerts GRÜNE 14810 C Hauser (Krefeld) CDU/CSU 14812 A Frau Saibold GRÜNE 14814 D Hinsken CDU/CSU 14816A Dr. Briefs GRÜNE 14817 A Dr. Jens SPD 14819 B Kittelmann CDU/CSU 14821 D Schreiner SPD 14823 A Müller (Wadern) CDU/CSU 14823 D Dr. Briefs GRÜNE 14824 D Rossmanith CDU/CSU 14825 C Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . 14826 D Vizepräsidentin Renger 14828 C Nächste Sitzung 14828 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14829* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 14829* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Januar 1990 14379 192. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 26. 01. 90 * Andres SPD 26. 01. 90 Frau Becker-Inglau SPD 26. 01. 90 Frau Conrad SPD 26. 01. 90 Dr. Ehrenberg SPD 26. 01. 90 Frau Eid GRÜNE 26. 01. 90 Eylmann CDU/CSU 26. 01. 90 Gallus FDP 26. 01. 90 Gattermann FDP 26. 01. 90 Dr. Geißler CDU/CSU 26. 01. 90 Dr. von Geldern CDU/CSU 26. 01. 90 Dr. Götz CDU/CSU 26. 01. 90 Grünbeck FDP 26. 01. 90 Frau Dr. Hartenstein SPD 26. 01. 90 Hasenfratz SPD 26. 01. 90 Dr. Häfele CDU/CSU 26. 01. 90 Frau Hämmerle SPD 26. 01. 90 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 26. 01. 90 Heimann SPD 26. 01. 90 Heistermann SPD 26. 01. 90 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 26. 01. 90 Frau Hensel GRÜNE 26. 01. 90 Hiller (Lübeck) SPD 26. 01. 90 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 26. 01. 90 Dr. Hoyer FDP 26. 01. 90 Jung (Limburg) CDU/CSU 26. 01. 90 Jungmann (Wittmoldt) SPD 26. 01. 90 Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 26. 01. 90 Frau Kastner SPD 26. 01. 90 Klein (München) CDU/CSU 26. 01. 90 Kolbow SPD 26. 01. 90 Kretkowski SPD 26. 01. 90 Lattmann CDU/CSU 26. 01. 90 Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 26. 01. 90 Louven CDU/CSU 26. 01. 90 Dr. Mahlo CDU/CSU 26. 01. 90 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 26. 01. 90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 26. 01. 90 Dr. Müller CDU/CSU 26. 01. 90 * Nagel SPD 26. 01. 90 Petersen CDU/CSU 26. 01. 90 ** Dr. Pfennig CDU/CSU 26. 01. 90 Schanz SPD 26. 01. 90 Dr. Scheer SPD 26. 01. 90 Scherrer SPD 26. 01. 90 Frau Schilling GRÜNE 26. 01. 90 Schluckebier SPD 26. 01. 90 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 26. 01. 90 Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 26. 01. 90 Dr. Schmude SPD 26. 01. 90 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 26. 01. 90 Frau Schoppe GRÜNE 26. 01. 90 Frhr. von Schorlemer CDU/CSU 26. 01. 90 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Schreiber CDU/CSU 26. 01. 90 Schröer (Mülheim) SPD 26. 01. 90 Seiters CDU/CSU 26. 01. 90 Sieler (Amberg) SPD 26. 01. 90 Dr. Sprung CDU/CSU 26. 01. 90 Straßmeir CDU/CSU 26. 01. 90 Dr. Struck SPD 26. 01. 90 Toetemeyer SPD 26. 01. 90 Frau Trenz GRÜNE 26. 01. 90 Frau Walz FDP 26. 01. 90 Weisskirchen (Wiesloch) SPD 26. 01. 90 Weiß (Kaiserslautern) CDU/CSU 26. 01. 90 Frau Will-Feld CDU/CSU 26. 01. 90 Wischnewski SPD 26. 01. 90 Würtz SPD 26. 01. 90 Zeitler SPD 26. 01. 90 Dr. Zimmermann CDU/CSU 26. 01. 90 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuß Drucksache 11/4991 Drucksache 11/5507 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/4227 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 11/4451 Nr. 2.1 Finanzausschuß Drucksache 11/5277 Nr. 2.1 Haushaltsausschuß Drucksache 11/5642 Nr. 3.2 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/5642 Nr. 3.20 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/3117 Nr. 2.11 Drucksache 11/4405 Nr. 3.6, 3.7 Drucksache 11/4758 Nr. 2.30 Drucksache 11/5051 Nr. 39 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/2724 Nr. 35
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    Rede von Hansheinz Hauser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß es richtig ist, daß wir uns hier auf unsere Kraft besinnen. Die Politik dieser Bundesregierung hat Gott sei Dank Voraussetzungen dafür geschaffen, daß wir überhaupt zur Hilfe für die DDR in der Lage sind. Daß wir willens sind, bedarf hier keiner besonderen Erwähnung.
    Die wichtigste Voraussetzung, ja die einzige Chance für eine zügige Überwindung des politischen und wirtschaftlichen Chaos in der DDR muß aber zunächst dort selbst geschaffen werden, und das ist die konsequente und radikale Abwendung von jeder Spielart des Sozialismus.
    Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf eine Beobachtung hinweisen, die ich in der letzten Zeit häufig gemacht habe. Plötzlich und im Zusammenhang mit den Umwälzungen in Ost- und Mitteleuropa ist vor allem in unseren elektronischen Medien die Rede davon, daß man in der DDR dabei sei, den Stalinismus zu überwinden. Man versucht jetzt, schnell den liebgewordenen Begriff des Sozialismus aus der Schußlinie zu ziehen, um ihn reinzuhalten.
    Meine Damen und Herren, der Sozialismus ist dort gescheitert, und der Stalinismus ist nur eine Spielart dieses Sozialismus.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Insofern geht es hier nicht um Stalinismus, sondern es geht darum, die sozialistischen Strukturen, die die DDR in dieses Desaster hineingeführt haben, zu beseitigen und durch eine marktwirtschaftliche Ordnung zu ersetzen, die schon die Bundesrepublik Deutschland in die heutigen Verhältnisse geführt hat.

    (Roth [SPD]: Er weiß nicht, wovon er redet! — Lennartz [SPD]: Bäcker, bleib bei deinen Brötchen, kann man nur sagen! — Dr. Briefs [GRÜNE]: Dünnbrettbohrer!)

    Der Ehrenvorsitzende der SPD hat vor nicht allzu langer Zeit gesagt, die Wiedervereinigung sei die Lebenslüge der zweiten deutschen Republik. Ich warne vor einer wirklichen Lebenslüge, nämlich der, daß es sich bei den Zuständen in den osteuropäischen Ländern bisher gar nicht um Sozialismus, sondern um Stalinismus gehandelt habe.
    Was dort in diese Schwierigkeiten hineingeführt hat, ist die sozialistische Wirtschaftspolitik. Deswegen sollte man hier nicht den Stalinismus beiläufig zum Sündenbock machen, sondern man sollte erkennen, daß mit diesem Etikettenschwindel niemand darüber hinwegtäuschen kann, daß in Wirklichkeit der Sozialismus gescheitert ist.



    Hauser (Krefeld)

    Schnelle und wirksame Hilfe verspricht einzig und allein die konsequente Übernahme unseres Modells der Sozialen Marktwirtschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Widerspruch des Abg.Stratmann [GRÜNE])

    Deswegen, Herr Kollege Stratmann, auch wenn Sie das nicht gerne hören, wehre ich mich dagegen, wenn es heißt, wir sollten uns nicht einmischen und keine Ratschläge erteilen. Unsere Ratschläge und unsere Hilfen sind nicht ungebeten. Wer mit den Menschen in der DDR spricht, der weiß dies.

    (Stratmann [GRÜNE]: Ich habe doch gar nichts gegen Ratschläge! — Zurufe von den GRÜNEN: Was habt ihr für Ratschläge? — Die wollen doch nicht unsere Kinderarbeit!)

    Eine in den nächsten Wochen und Monaten verstärkt notwendig werdende Hilfe ist unser Beitrag zur Lösung der Probleme in der DDR.
    Hier wird ja so viel von einem dritten Weg gesprochen. Auch Sie, Herr Stratmann, reden ständig vom dritten Weg.

    (Stratmann [GRÜNE]: Ja!)

    Die Soziale Marktwirtschaft ist dieser dritte Weg zwischen Sozialismus und Kapitalismus.

    (Stratmann [GRÜNE]: Das ist eine kapitalistische Marktwirtschaft!)

    Einen anderen, dritten Weg gibt es überhaupt nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nur dieser Weg hat bewiesen, daß er in der Lage ist,

    (Stratmann [GRÜNE]: Arbeitslosigkeit und Armut zu schaffen!)

    die Probleme der Menschen zu lösen, die Freiheit des Bürgers zu sichern und Wohlstand herbeizuführen.

    (Dr. Briefs [GRÜNE]: Was ist mit den Obdachlosen und den Armen?)

    Wenn Sie einen anderen Weg wollen, dann müssen Sie unterscheiden, ob Sie Sozialismus wollen — das wird wahrscheinlich im Zweifelsfall so sein — oder ob Sie Kapitalismus wollen. Dann müssen Sie das ebenfalls deutlich sagen.

    (Stratmann [GRÜNE]: Sie sind ein schwarzer Dünnbrettbohrer! — Dr. Briefs [GRÜNE]: Sie sind ein Manchester-Liberaler!)

    Unser System der Sozialen Marktwirtschaft
    — daran ändert auch Ihr Geschrei nichts — hat bewiesen, daß es in der Lage ist, die Probleme unseres Landes nach dem verlorenen Krieg zu lösen, und die Marktwirtschaft wird auch die Probleme der DDR lösen, wenn wir auf dieser Linie konsequent fortschreiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kastning [SPD]: Am Freitagmittag so laut!)

    — Ja, sicherlich, damit Sie erstens nicht einschlafen und zweitens endlich begreifen, was hier notwendig ist und sich nicht immer wieder in Ihren alten festgefahrenen Linien verklemmen und nicht wissen, was
    nun eigentlich auch die Menschen in der DDR wollen. Sie wollen Marktwirtschaft, und sie wollen keine irgendwie verbrämten sozialistischen Modelle. Das ist Ihnen noch gar nicht so bewußt geworden. Darum sage ich das hier so deutlich, damit hier überhaupt kein Zweifel aufkommt.

    (Stratmann [GRÜNE]: Haben Sie noch etwas anderes auf der Platte?)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen den Menschen in der DDR die Angst vor dem Abbau sogenannter Errungenschaften des Sozialismus, die ja immer wieder gepredigt worden sind — ich könnte mir vorstellen, daß auch Sie solche Errungenschaften noch predigen —, nehmen. Denn wenn sich die Verhältnisse drüben tatsächlich ändern sollten, dann brauchen wir neue Perspektiven. Diese Perspektive geben wir diesen Menschen, wenn wir ihnen statt der heute üblichen Renten von 400 bis 600 DM eine vernünftige Rente geben,

    (Dr. Briefs [GRÜNE]: Was ist mit den Arbeiterrenten?)

    wenn wir den alten Menschen statt der baufälligen Pflegeheime ein angemessenes Krankenbett geben

    (Dr. Briefs [GRÜNE]: Warum habt ihr das hier noch nicht gemacht?)

    und wenn wir geschiedenen Eheleuten nicht zumuten, noch jahrelang mit den neuen Ehepartnern in der alten Wohnung zu bleiben, weil keine Wohnungen zur Verfügung stehen.

    (Dr. Briefs [GRÜNE]: Das sind doch Krokodilstränen, die Sie hier weinen!)

    Das sind doch die „Errungenschaften", die es dort drüben gibt. Ich glaube, daß allein unsere marktwirtschaftliche Ordnung in der Lage ist, die Probleme dort drüben zu lösen.

    (Dr. Briefs [GRÜNE]: Sie wollen doch den Sozialstaat noch weiter abbauen!)

    Deswegen werden wir alles daransetzen, dafür zu sorgen, daß die DDR möglichst bald Verhältnisse bekommt, die unsere deutschen Mitbürger dort drüben seit langem verdienen. Wir werden damit auch dazu beitragen, daß wir in der Frage der Wiedervereinigung der deutschen Staaten einen großen Schritt nach vorn machen, weil nur so auf Dauer die Probleme in Mitteleuropa insgesamt gelöst werden, auch im Blick auf die Fragen, die sich aus der Europäischen Gemeinschaft für uns ergeben.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Saibold.

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    Rede von Hannelore Saibold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenigstens ein Novum ist heute zu verzeichnen: Der Umweltminister hat in der Wirtschaftsdebatte gesprochen.

    (Lennartz [SPD]: Wo ist er?)




    Frau Saibold
    Das muß man wohl einmal anerkennen. Ich hoffe nur sehr, daß daran nicht nur der Wahlkampf im Saarland schuld ist.

    (Lennartz [SPD]: Wo ist der Umweltminister eigentlich?)

    — Ja, jetzt ist er wieder weg.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Er ist im Wahlkampf!)

    Seit 1982 ist das Bruttosozialprodukt um 21,6 % gestiegen. Das bedeutet, daß auch die Autoabgase und der Energieverbrauch in der Industrie zugenommen haben. Nur in den privaten Haushalten ist der Energieverbrauch gesunken, und das zeigt, daß die Menschen in unserem Lande bereit sind, ihren Beitrag zu leisten und vernünftig mit Energie umzugehen. Gewachsen sind aber auch die Müllberge, insbesondere die mit Giftabfällen. Dieses letztere Problem drängt sich immer mehr in den Vordergrund, nachdem jetzt auch der billige Müllschlucker DDR den Rachen voll hat.
    Wie soll es also weitergehen? Augen geradeaus und weitermarschiert, das ist hier wohl die verkehrte Parole, Herr Hauser. Umweltschutz ist noch immer kein integraler Bestandteil der Wirtschaftspolitik geworden, und echte, wirkungsvolle Maßnahmen, die an die Wurzel der Probleme gehen, sind nicht in Sicht. Die Interessen der Industrie stehen immer noch an erster Stelle, wie das Chemikaliengesetz und das Gentechnikgesetz oder die immer noch ausstehenden Produktionsverbote für FCKW oder PVC beweisen.
    Deshalb möchte ich heute noch ein anderes Problem ansprechen. Auch der private Verbrauch steigt. Nach 1,6 % im Vorjahr wird nun mit einem Anstieg von 3 bis 4 % gerechnet. Je mehr Menschen aus der DDR zu uns kommen werden, desto höher wird der Konsum steigen — mit all seinen negativen Auswirkungen. Ich kann es diesen Menschen nicht verübeln, daß sie so sehr auf die bei uns angebotenen Produkte abfahren. Jahrelang haben ihnen das Fernsehen und der Besuch aus dem Westen mit seinen Reden vorgegaukelt, daß wir quasi im Paradies sind, und nun wollen sie natürlich daran teilhaben, was ganz verständlich ist. Dem Ozonloch jedoch sind die Beweggründe egal; es wird weiter wachsen.
    Was also ist zu tun? Was ist not-wendend im wahrsten Sinne des Wortes? Wir brauchen nicht nur eine Energiewende, sondern ganz dringend auch eine Konsumwende. Um diese zu erreichen, bedarf es hier bei uns endlich einer ökologischen Preisreform.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Es ist für niemanden mehr einsehbar, daß umweltschädliche Produkte billiger sind als umweltschonende. Wertvolle Rohstoffe wie z. B. Aluminium werden mit hohem Energieaufwand zu Bierdosen verarbeitet, durch die ganze Bundesrepublik transportiert, und das Dosenbier ist im Geschäft dann billiger zu haben als das Flaschenbier von der Brauerei um die Ecke. Die Dosen vergrößern außerdem noch den Müllberg. Da stimmt doch schon längst etwas nicht mehr!
    Warum ist das Autofahren trotz der bekannten gravierenden Umweltauswirkungen noch immer so viel
    billiger als das Fahren mit der Bundesbahn? Für umweltverträgliche Waschmittel oder biologisch erzeugte Produkte muß viel mehr Geld hingelegt werden als für solche aus der normalen Produktion. Naturfarben und -lacke kosten ein Vielfaches der chemisch-synthetischen Produkte, obwohl diese Gesundheitsschäden verursachen und den Sondermüllberg vergrößern.
    Es ist überhaupt nicht mehr zu verstehen, warum die Großabnehmer in Industrie und Wirtschaft quasi Mengenrabatt auf den Strom erhalten und zum Teil nur zwei Pfennig pro Kilowattstunde bezahlen müssen. Wo bleibt die ökologische Preisreform als Grundlage für eine umweltverträglichere Wirtschaftsweise?
    Alle sind sich darüber einig, daß die Umgestaltung der Wirtschaft in der DDR und in Osteuropa mit einer Reform des dortigen Preissystems einhergehen müsse. Es wird aber vergessen, daß auch das marktwirtschaftliche Preissystem bei uns dringend unter Umweltgesichtspunkten renoviert werden muß. Steuern und Abgaben auf umweltbelastende Produktionsverfahren und Waren werden von den GRÜNEN seit 1983 gefordert. Als Beispiele nenne ich Primärenergiesteuer, Verpackungs- und Stickstoffabgabe, Abgaben für die Chlorchemie, Erhöhung der Mineralölsteuer und die Erhöhung der Abwasser- und Deponiegebühren. Das wäre Ökopolitik statt Ökorhetorik.
    Die Preise würden dann dem Konsumenten und der Konsumentin endlich die Wahrheit sagen. Ökologisch ehrliche Preise sind besser als der Umweltengel und das wirkungsvollste Entscheidungsmittel beim Einkauf. Nur dann würden sich viele Probleme wirklich über den Markt regeln. Die Wirtschaft mit ihrer viel gelobten Dynamik würde sehr schnell auf verändertes Konsumverhalten reagieren; da bin ich mir ganz sicher.
    Meine Damen und Herren, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, unser Dilemma in den kapitalistischen Industrieländern ist jedoch die Tatsache, daß die Regierenden als Marionetten der Industrie nur solche Maßnahmen ergreifen, die den Wirtschaftsbossen in die Bilanzen passen.

    (Roth [SPD]: Ein Hauch von '68!)

    Wir können und müssen deshalb von den Menschen in Osteuropa lernen. Sie zeigten uns, daß beim Versagen der Regierenden nur eine demokratische Einmischung hilft und wie wirkungsvoll ihre gewaltfreien Aktionen waren. Meine Hoffnung richtet sich deshalb immer mehr auf das Volk in der Bundesrepublik. Denn in der Bundesrepublik besitzt jeder Mensch wenigstens zwei Druckmittel, die ganz bewußt und gezielt eingesetzt werden müssen: die Stimme bei der Wahl und das Geld im Portemonnaie, d. h., ein Druckmittel für die Politik und ein Druckmittel für die Wirtschaft. Wer gezielt und bewußt nach ökologischen und sozialen Kriterien konsumiert, beeinflußt die wirtschaftliche Entwicklung, unterstützt verantwortungsvolle Firmen und leistet zusätzlich einen großen Beitrag zur Lösung der ökologischen Probleme.

    (Dr. Unland [CDU/CSU]: Das ist Marktwirtschaft!)




    Frau Saibold
    Wir sind heute in der glücklichen Lage, daß es bereits ein breites Angebot von ökologisch und sozial verantwortbaren Produkten gibt, und auch das alternative Branchenbuch wird Jahr für Jahr dicker. Es gibt also demokratische und gewaltfreie Wege für Veränderungen hier bei uns.
    Zum Schluß möchte ich gerne den viel strapazierten Begriff der Freiheit einmal anders definieren: Die meisten Menschen haben bei uns die Freiheit, nein zu Giftstoffen und Wegwerfprodukten zu sagen. Das heißt, wir haben die Freiheit, zu entscheiden, ob wir etwas kaufen, was wir kaufen und vor allen Dingen wo wir etwas kaufen. Dieser Freiheitsbegriff muß propagiert und diese Freiheit muß genutzt werden. Wir GRÜNEN werden alles daransetzen, damit immer mehr Menschen in der Bundesrepublik ihre Macht erkennen und sich aktiv einmischen. Wir brauchen eine Wirtschaftsreform.

    (Beifall bei den GRÜNEN)