Rede von
Dr.
Graf
Otto
Lambsdorff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wohlstandsgefälle ist ganz entscheidend in den letzten Jahren entstanden — das ist richtig — , und zwar wegen einer Aufwärtsentwicklung in der Bundesrepublik und einer fortgesetzten Abwärtsentwicklung in der DDR.
Der Jahreswirtschaftsbericht 1990 ist ein Dokument höchst erfolgreicher Wirtschaftspolitik, und zwar erfolgreicher Wirtschaftspolitik seit der Wende von 1982. Diese positive wirtschaftliche Entwicklung ist maßgeblich auf die Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung zurückzuführen.
— Für diese Politik steht die FDP, Frau Kollegin Unruh. Sie hat diese Politik erst ermöglicht. Sie ist Garant dafür, daß diese Politik auch künftig fortgesetzt wird.
— Jawohl. Was erfolgreich ist, soll man fortsetzen, meine Damen und Herren, und nicht aufgeben.
Mit der Umorientierung unserer Wirtschaftspolitik haben sich die Angebotsbedingungen ständig verbes-
sert. Die vergangenen acht Jahre — so hält es der Jahreswirtschaftsbericht fest — sind eine Periode des Aufschwungs, dessen Länge und Stabilität ihresgleichen suchen. Wir sind im achten Jahr des Aufschwungs; das hat es bei uns nach dem Kriege noch nie gegeben.
Wir haben in dieser Zeit 1,5 Millionen Arbeitsplätze neu geschaffen. Die Wirtschaft geht mit viel Schwung in die 90er Jahre.
Zu Beginn der 80er Jahre — so hält es der Sachverständigenrat heute fest — stand im Zentrum der Sorge, daß Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr die gebotene Flexibilität und Dynamik zur Bewältigung der Anpassungsaufgaben der 80er Jahre aufbringen würden. Das klingt fast wie aus meinem damals vorgelegten Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vom Herbst 1982.
Sie, die SPD, waren damals nicht bereit, den Kurs einer soliden, stabilitätsorientierten marktwirtschaftlichen Wirtschaftspolitik mitzugehen; und Sie sind es heute immer noch nicht.
Ich denke auch an die heute nicht verstummten Forderungen nach staatlichen Ausgabenprogrammen. Ich denke an den Widerstand der SPD gegen die bisherigen Steuerreformen und gegen die geplante Unternehmensteuerreform. Die Steuereinnahmen sind bei uns gestiegen. Aber sie sind nicht trotz, sondern wegen der Steuersenkung gestiegen. Aber ob die SPD das je begreifen wird?
Was fiel Ihnen, meine Damen und Herren von Rau bis Roth, nach dem Fall der Mauer ein? Steuererhöhungen. Wenn der Staatshaushalt pleite ist, dann greifen Sie anderen Leuten in die Tasche,
so z. B. die Saar-SPD, die in der vorigen Woche einen bezahlten Bildungsurlaub — natürlich von anderen Leuten zu bezahlen — beschlossen hat.
Herr Schreiner, bitte teilen Sie Ihren Kollegen an der Saar mit: Hoffentlich nehmen Sie an der Saar beim Bildungsurlaub wenigstens das Lehrfach „DDR — erlebter Sozialismus" in Ihr Bildungsangebot auf.