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    Plenarprotokoll 11/179 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 179. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. November 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 13733 A Erklärung zum Mordanschlag auf den Sprecher der Deutschen Bank, Dr. Alfred Herr-hausen 13744 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Waltemathe SPD 13733 C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 13736 D Frau Wollny GRÜNE 13739 D Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13741 A Schäfer (Offenburg) SPD 13742 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 13744 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft Frau Dr. Wegner SPD 13748 C Frau Männle CDU/CSU 13750 C Frau Hillerich GRÜNE 13753 B Kastning SPD 13754 D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 13757 B Wetzel GRÜNE 13758 D Möllemann, Bundesminister BMBW . . 13760B, 13766 D Frau Odendahl SPD 13764 C Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Sieler (Amberg) SPD 13768B Strube CDU/CSU 13770 B Hoss GRÜNE 13772D Zywietz FDP 13774 D Dreßler SPD 13779 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA 13782 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 13788 A Scharrenbroich CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 13788 C Andres SPD (Erklärung nach § 32 GO) . 13789 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Frau Conrad SPD 13790 B Kalb CDU/CSU 13793 A Frau Schoppe GRÜNE 13795 A Zywietz FDP 13796 D Link (Diepholz) CDU/CSU 13798 D Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 13801 C Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 13804 C Frau Matthäus-Maier SPD 13807 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. November 1989 Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . 13808C, 13824 C Kühbacher SPD 13809 B Deres CDU/CSU 13812 D Such GRÜNE 13815A Frau Seiler-Albring FDP 13817 A Dr. Nöbel SPD 13819D Gerster (Mainz) CDU/CSU 13822 B Wüppesahl fraktionslos 13826 D Duve SPD 13828 C Kühbacher SPD (Erklärung nach § 31 GO) 13829A Frau Dr. Vollmer GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13829 C Gerster (Mainz) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13829 D Lüder FDP (Erklärung nach § 31 GO) . 13830 B Kleinert (Marburg) GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13830 C Namentliche Abstimmungen 13831 A Ergebnisse 13851B, 13852D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 11/5576) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt IV: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 123 zu Petitionen (Drucksache 11/5150) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt V: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Fuchs (Verl), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rücktritt der Bundesrepublik Deutschland von dem Entwicklungsvorhaben „Europäisches Jagdflugzeug/Jagdflugzeug 90" zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausscheiden der Bundesrepublik Deutschland aus dem Entwicklungsvorhaben Jagdflugzeug 90 (Drucksachen 11/3018, 11/3592, 11/4269) Horn SPD 13832 B Müller (Wadern) CDU/CSU 13834 A Kleinert (Marburg) GRÜNE 13837 B Frau Seiler-Albring FDP 13839 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . 13842 D Kühbacher SPD 13846 A Dr. Friedmann CDU/CSU 13849 A Namentliche Abstimmung 13850 B Ergebnis 13854 D Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt 13854 A Einzelplan 03 Bundesrat 13854 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag 13854 B Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht Dr. de With SPD 13856 B von Schmude CDU/CSU 13858 A Häfner GRÜNE 13859 A Irmer FDP 13860 B Engelhard, Bundesminister BMJ 13862 D Haushaltsgesetz 1990 (Drucksachen 11/5579, 11/5580) 13864 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksachen 11/5001, 11/5322, 11/5390, 11/5731) . . 13865A Nächste Sitzung 13865 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13867* A 179. Sitzung Bonn, den 30. November 1989 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01.12.89* Amling SPD 30.11.89 Austermann CDU/CSU 01.12.89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01.12.89 Frau Blunck SPD 30.11.89 Börnsen (Ritterhude) SPD 30.11.89 Büchner (Speyer) SPD 01.12.89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01.12.89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01.12.89 Frau Fuchs (Verl) SPD 30.11.89 Dr. Haack SPD 01.12.89 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 01.12.89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01.12.89 Höffkes CDU/CSU 01.12.89 Hörster CDU/CSU 30.11.89 Ibrügger SPD 01.12.89 Jaunich SPD 01.12.89 Kißlinger SPD 01.12.9 Klein (Dieburg) SPD 01.12.89 Klein (München) CDU/CSU 30.11.89 Kolbow SPD 01.12.89 Dr. Kreile CDU/CSU 01.12.89 Kreuzeder GRÜNE 01.12.89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Lowack CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01.12.89 Meneses Vogl GRÜNE 01.12.89 Müller (Düsseldorf) SPD 30.11.89 Niegel CDU/CSU 01.12.89 * Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01.12. 89 Paterna SPD 01.12.89 Pfeifer CDU/CSU 01.12.89 Repnik CDU/CSU 30.11.89 Frau Rock GRÜNE 01.12.89 Frau Schilling GRÜNE 01.12.89 Schreiber CDU/CSU 30.11.89 Schröer (Mülheim) SPD 01.12.89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01.12.89 Seiters CDU/CSU 30.11.89 Sielaff SPD 30.11.89 Dr. Stavenhagen CDU/CSU 30.11.89 Tietjen SPD 01.12.89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 01.12.89 Frau Trenz GRÜNE 01.12.89 Verheugen SPD 30.11.9 Vogt (Düren) CDU/CSU 30.11.89 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 01.12.89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01.12.89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 30.11.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Werner Zywietz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schoppe, das auch aus Ihrer Sicht schon so bezeichnete drastische Beispiel mit der Reduktion der Mittel für die AIDS- Aufklärung und Ihre einprägsamen Beispiele sollten, glaube ich, nicht ausreichen, das AIDS-Programm und überhaupt diesen Haushalt schlecht zu finden. Auch mit 35 Millionen DM werden wir im Zweifelsfalle die Gummiwerbung betreiben können, die Sie angesprochen haben.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU) — Das ist Faktum.

    Wir haben im Bereich von AIDS — um gleich mit einem der gesellschaftlichen Probleme zu beginnen — in den ersten Jahren, sowohl was die medizinische Forschung, als auch was die Werbung und die Betreuung anlangt — das sind die drei Elemente — , Haushaltsmittel wirklich sachgerecht und großzügig zur Verfügung gestellt. Wenn im Lichte von Erfahrungen im Werbebereich die Anzeigen vielleicht ein wenig kleiner werden, gibt das für Schlußfolgerungen, die Sie hier getroffen haben, keine Argumentation her.
    Ich meine vielmehr, daß dieser Einzelplan, was die volumenmäßige Ausweitung anlangt, mit 6 % gut vorzeigbare Anstrengungen darstellt. Aber er ist auch politisch ein Haushalt mit neuen Akzenten, der auf Notwendigkeiten der gesellschaftlichen Veränderung eingeht und diese teilweise unterstützt. Darauf werde ich noch zurückkommen.
    Frau Kollegin Conrad, ich habe Ihre Einstellung zum Bild der Familie und zu den notwendigen Förderungsmaßnahmen nicht ganz verstanden. Es ist mir schwer eingängig, daß Sie Werbung für die Familie so



    Zywietz
    stören kann, wo doch der Schutz der Ehe und der Familie immerhin ein Institut ist, das im Grundgesetz seinen Niederschlag findet.

    (Dr. Becker [Frankfurt] [CDU/CSU]: Eben!)

    Dafür auch positiv einzustehen und zu werben, kann doch nicht mit Vokabeln und mit Schlußfolgerungen belegt werden, wie Sie sie hier gefunden haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Auf der anderen Seite, was das Materielle anlangt, steht das ja auch, so meine ich jedenfalls, im Widerspruch zu den Forderungen nach mehr Familienlastenausgleich und mehr Kindergeld, die Sie gestellt haben. Hier kann ich nur sagen, daß durch die Koalition unter voller Mitwirkung der FDP im nächsten Jahr das Kindergeld für das zweite Kind auf 130 DM erhöht wird — also in einem der angesprochenen Bereiche —, daß es bei der steuerlichen Begünstigung durch die Freibeträge selbstverständlich bleibt und daß auch die Bezugsdauer des Erziehungsgeldes Mitte nächsten Jahres von 15 Monaten auf 18 Monate erhöht wird.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Das ist doch was!)

    Das heißt: klare und überzeugende Leistungen im Bereich des Familienlastenausgleichs.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn Sie demgegenüber jetzt 200 DM pro Kind, wie ich das notiert haben, einfordern und ich mir mal überschlägig den ökonomischen Aufwand ausrechne, der in der Größenordnung von 8 Milliarden DM liegt,

    (Frau Conrad [SPD]: Ja!)

    dann hätte ich, bitte schön — ich sehe jetzt gar nicht Frau Matthäus-Maier; sie hat wahrscheinlich als Finanzpolitikerin die Flucht ergriffen — , wirklich gerne gewußt, wie Sie sich die Finanzierungsseite vorstellen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Conrad [SPD]: Sie kriegen die Antwort!)

    Natürlich, fordern ist ein Leichtes. Sie fordern jetzt hier 8 Milliarden DM und stellen sich auf der anderen Seite hin und sagen, selbst dieser Haushalt, der sehr sparsam gefahren wird und bei dem die Kreditfinanzierung erheblich reduziert ist, sei immer noch zu hoch. Aber jetzt sagen Sie einfach: Wir brauchen 8 Milliarden DM für mehr Kindergeld — für jedes Kind 200 DM — , aber Sie sagen kein Sterbenswörtchen, woher — um in Ihrem Sprachgebrauch zu verbleiben — die „Möpse" oder die „Kohle" dafür kommen soll.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Originalton Frau Conrad!)

    — Ja, Originalton, wie ich ihn wiederholt gehört habe. Also benutze ich ihn auch, damit das richtig drastisch wird. Denn das ist doch der Punkt.
    Ich höre da etwas vom Programm des ökologischen Umbaus — Energiesteuern einführen und die Mehreinnahmen für ökologische Maßnahmen verwenden — , aber ich höre aus Ihrem Bereich auch immer Vorstellungen, aus denen hervorgeht, daß dies nicht nur für Ökologisches verwendet werden soll, sondern daß man vielleicht noch mehr Steuermittel braucht, um dann auch einen solchen angekündigten Aufwand zu finanzieren. Sie dürfen sich nicht darauf beschränken, hier populistisch einfach Geschenke zu avisieren, sondern Sie müssen auch sagen, wie Sie das finanzmäßig solide bedienen wollen. Dann wird aus der ganzen Kiste ein Schuh.
    Aber wenn das auch so sein sollte, Frau Kollegin Conrad: Andere Teile Ihres Beitrages habe ich — das muß ich zugeben — mit Zustimmung und an einigen Stellen zumindest mit Sympathie vernommen; besonders an einer Stelle. Das war nur ein kurzer Satz, aber für mich — und für uns, glaube ich — ein sehr entscheidender, als Sie eingangs sagten: Dem Mehraufwand für Aussiedler stimmen wir zu. „Wir machen mit", so war, glaube ich, in etwa Ihre Formulierung.
    Wenn ich an die Debatte zum Einzelplan 11 und an die Debatte zum Haushalt überhaupt denke, dann war ich — wenn ich zu Ihnen rüberschauen darf — hinsichtlich der Äußerungen zur Deutschlandpolitik, zu dem, was sich in Mitteleuropa tut und wie wir darauf reagieren sollten, welche Unterstützung wir anzubieten haben, tief entsetzt. Das nehmen Sie mir bitte ab, obwohl ich glaube, sonst in solchen Fragen nicht so leicht zu erschüttern zu sein.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich will Ihnen sagen: Als FDP — das ist ein Stück Gemeinsamkeit — haben wir mal eine Politik eingeleitet für Entspannung, für gute Nachbarschaft zur DDR, zum Osten hin. Das geschah wohl mit der Vorstellung, daß das eintreten könnte, was jetzt teilweise eintritt. Es kann doch wohl nicht wahr sein, wenn jetzt das eintritt, was wir in Phasen der politischen Zusammenarbeit gewollt haben, daß man dann so Äußerungen von Lafontaine, von Dreßler, vom Kollegen Penner in einer Zwischenfrage nach dem Motto hört: Hoffentlich bleiben sie alle dort, wo sie sind! Das kann doch nicht die Schlußfolgerung einer Deutschland-und Ostpolitik sein. Ich muß sagen: Das irritiert mich schon zutiefst.

    (Zander [SPD]: Zu welchem Einzelplan reden Sie denn eigentlich?)

    Da frage ich eigentlich, wie es mit der Glaubwürdigkeit und dem Stehvermögen einer einmal als richtig erkannten Politik ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das ist für mich wirklich das dollste Stück in dieser gesamten Haushaltsdebatte, um es einmal drastisch so zu sagen. Dahinter verblaßt manches, was auch bei diesem Einzeletat positiv und erwähnenswert ist.
    Auf ein paar Gesichtspunkte möchte ich noch zu sprechen kommen. Eine Facette, und da hatten wir wieder Gemeinsamkeiten: den deutsch-polnischen Jugendaustausch auf den Weg zu bringen und erstmals Geld zur Verfügung zu stellen, ist eine Sache, zu



    Zywietz
    der wir uns einheitlich bekannt haben. Das finde ich positiv.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Aber nicht zu Lasten der Jugendverbände!)

    Hier kommt es auch gar nicht auf die Menge des Geldes an, sondern das ist jetzt ein Erstlingswerk. Dort ist erstes Geld zur Verfügung gestellt worden, und wir werden sehen, wie sich das entwickelt, ausweitet und gestalten läßt. Das ist nach meiner Meinung eine angemessene, stilvolle, würdevolle Antwort.
    Aber dieser Einzelplan zieht auch vielfältige richtige Konsequenzen aus gesellschaftlichen Veränderungen. Wenn wir mehr für die Familie tun könnten — das ist aber nur der geringste Teil der Werbung, Frau Kollegin Conrad — , dann würde ich mich nicht beklagen. Drogenprobleme, AIDS-Probleme usw. sind ja nicht monokausal verursacht, sie ergeben sich auch dadurch, daß der Zusammenhalt von Familien, von Kleingruppen — sozusagen das Atmosphärische der Kleingruppen, das Geborgenheitsgefühl in unserer Leistungsgesellschaft — vielleicht für den einen oder anderen doch zu sehr verlorengegangen ist.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Aber das ist doch nicht mit Werbung zu lösen, sondern nur mit konkreter Unterstützung!)

    Daher wird zu Alkohol, Drogen und ähnlichem gegriffen. Zumindest sehe ich da wesentliche Zusammenhänge.
    Tun wir also mehr für Kleingruppen. Ich habe an der Universität in ein paar Soziologiestunden mitbekommen: Die Familie ist das Urbeispiel einer Kleingruppe. So habe ich immer noch die Aussage unseres Professors im Kopf; vielleicht ist das ein bißchen zu lange her. Aber wenn das so sein sollte, sollten wir auch die Familie in diese Kleingruppenförderung einbeziehen und nicht desavouieren, denn für die gute gesellschaftliche Entwicklung ist das hilfreich und nicht destruktiv.
    Wenn darüber hinaus trotz dieser Politik im Bereich von Drogen und AIDS einiges vonnöten ist — ich habe jetzt nicht mehr genug Zeit, das auszuführen —, so stehen wir zu diesen Positionen, zu diesen Ausweitungen, die sich in dem Haushalt wiederfinden.
    Eine neue Ministerin hat selbstverständlich auch das Recht, Akzente zu setzen, die, glaube ich, auch aus dem eigenen Lebensweg eine gewisse Unterstützung erfahren. Ich meine das Stichwort der älteren Menschen. Es ist eine Aufgabe, die sich seit längerer Zeit zunehmend stellt, weil der Anteil der älteren Menschen aus manchen Gründen größer wird. Wir stehen zu der politischen Linie, hierauf das Auge zu richten, zu untersuchen und zu erfragen, was getan werden kann. Wir haben allerdings — nicht in Gänze — einige Vorstellungen, die aus dem Haus gekommen sind, die vielleicht etwas umkoordiniert und in der Höhe — vom Staat her gesehen — etwas reichlich waren, ein bißchen gedämpft. Das schmälert aber überhaupt nicht unsere grundsätzliche Zustimmung und Übereinstimmung, daß dies ein Arbeitsschwerpunkt für die Zukunft zu sein hat.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ein letzter Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der nicht nur von der Geldsumme, sondern auch von der gesellschaftlichen Relevanz her eine gewisse Bedeutung hat. Bei diesem Etat von 22 Milliarden DM, wo 19 Milliarden DM für Kindergeld und Erziehungsgeld ausgegeben werden, werden von den verbleibenden 3 Milliarden DM 1,5 Milliarden DM für den Zivildienst verwendet. Nachdem ich das erkannt hatte, habe ich mich selbst aus Überzeugung dafür eingesetzt, daß die Finanzierung verbessert wird; denn Zivildienst muß gleichwertig und gleichgewichtig gegenüber dem Wehrdienst sein. So will es unser Grundgesetz, und so ist auch unser politisches Verständnis.
    Es kann nicht sein, daß hinsichtlich der Ausstattung finanziell alles sozusagen jahresgerecht in voller Höhe bedient wird, was im Bereich der Bundeswehr angefordert wird, daß aber diejenigen, die die Ausstattung im Bereich des Zivildienstes zur Verfügung stellen, nämlich die Träger, erst mit Verzögerung zu ihrem Geld kommen. Das halte ich unter dem Gedanken der Gleichwertigkeit, die auch für das Finanzielle gilt, schlichtweg für nicht erträglich. Deswegen haben wir hier etwas draufgelegt, um möglichst rasch zu einer Gleichgewichtigkeit auch in der finanziellen Bedienung zu kommen, damit sozusagen das Ideelle und Materielle in der Balance sind.
    Das sind nur einige Aspekte zu diesem Haushalt. Wir stimmen dem Haushalt wegen des Wachstums, aber auch wegen der gesetzten Akzente aus Überzeugung zu.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Link (Diepholz).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Link


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Beratung des Einzelplans Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit 1990 will ich heute zu einigen Punkten Bilanz ziehen. Ich denke, es ist eine gute Bilanz.
    Man kann aber in diesen Tagen keine Rede halten, ohne über die Freiheitsbewegung in der DDR und in Osteuropa nachzudenken. Die Vereinigung der Christlich-demokratischen Arbeitnehmer in der Union hat auf meinen Vorschlag hin eine Aktion „Gemeinsame Weihnachten" gestartet. Wir haben im Arbeitnehmerzentrum in Königswinter und in meinem Bonner Büro eine Anschriftenbörse eingerichtet. Bürgerinnen und Bürger aus der DDR und aus Ost-Berlin, die keinen Kontakt zu unseren Mitbürgern haben, können bei uns Anschriften abrufen, damit Familien aus der DDR und der Bundesrepublik zusammengeführt werden, um in der Advents-, Weihnachts- und Neujahrszeit gemeinsam zu feiern. Erfreulicherweise hat der Bundesvorsitzende der CDU Deutschlands, Bundeskanzler Helmut Kohl, hierüber die Schirmherrschaft übernommen.
    Ich bitte von dieser Stelle die Familien in der Bundesrepublik Deutschland, die solche Kontakte wünschen, sich bei uns zu melden. Ich denke, das ist ein Beitrag zur Gemeinsamkeit in Ost und West. Das ist



    Link (Diepholz)

    aber auch ein Beitrag zu einer guten Familienpolitik.

    (Frau Dr. Götte [SPD]: Was Sie machen, ist Parteipolitik!)

    — Ich bedaure sehr, wenn Sie meinen, das sei parteipolitisch gemeint. Das ist ein Aufruf von dieser Stelle an die Familien in der Bundesrepublik Deutschland,

    (Jungmann [SPD]: Die CDU zu wählen!?)

    sich der Bürgerinnen und Bürger aus der DDR anzunehmen und mit ihnen gemeinsam zu feiern. Ich finde es ausgesprochen schade, daß Sie so reagieren. Ich habe von einigen Ihrer Kolleginnen und Kollegen andere Töne gehört, Frau Dr. Götte. Schade.

    (Zander [SPD]: Peinlich!)

    Zurück zum Haushalt 1990. Ich habe gesagt, dieser Haushalt ist eine stolze Bilanz. Sozialdemokraten und GRÜNE hingegen ziehen durchs Land und versuchen, diese gute, solide Politik abzuwerten. Sie werfen der Regierung und der Regierungskoalition vor, wir betrieben eine Politik der sozialen Kälte. Der Auftritt, den vorhin in der Debatte über den Haushalt des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung Frau Trude Herr hatte, war schon mehr als peinlich.

    (Lachen bei der SPD und den GRÜNEN — Zurufe von der SPD: Trude Herr? Trude Unruh!)

    — Sie haben das schon richtig verstanden. Gut, daß Sie es korrigiert haben.
    Wenn man unsere Familien-, Frauen- und Jugendpolitik betrachtet, so kann man sagen: Sie ist wie aus einem Guß. Und welches Erbe hatten Sie uns 1982 hinterlassen.

    (Frau Weyel [SPD]: Ein gutes!)

    — Wenn Sie uns heute vorwerfen, wir täten nicht genug und alles könnte noch viel besser sein, darf man Ihnen doch wohl noch einmal vorhalten, welches Erbe Sie uns 1982 hinterlassen haben: eine finanz-
    und wirtschaftspolitische Bankrotterklärung.

    (Frau Schoppe [GRÜNE]: Nach vorne schauen, Herr Link!)

    Sie haben damals den arbeitslosen Jugendlichen das Kindergeld gestrichen.

    (Zuruf von der [CDU/CSU]: Jawohl!)

    Ihre strikte Ablehnung während Ihrer Regierungszeit, den Familien ein Erziehungsgeld zu zahlen, hat deutlich die Abmeldung der SPD aus der Familienpolitik gezeigt. Ihre widersprüchliche Politik gipfelt darin, daß Sie im Zusammenhang mit der Steuerreform 1990
    — eine Steuerreform, die Sie nicht gewollt haben — zum drittenmal eine Umverteilung fordern.
    Auf Grund unserer soliden Politik können wir für das Haushaltsjahr 1990 im Einzelplan 15 ein Steigerungsvolumen gegenüber dem Vorjahr um 6 % verzeichnen. Somit umfassen die Ausgaben mehr als 22,3 Milliarden DM. Die Erhöhung dieser Ausgaben liegt über der durchschnittlichen Erhöhung des Bundeshaushaltes.
    Das Kindergeld beläuft sich im nächsten Jahr auf 14,5 Milliarden DM.
    Und die Stiftung „Mutter und Kind" wird, was für uns besonders wichtig ist, um 10 Millionen DM auf 140 Millionen DM aufgestockt, um in Not geratenen Müttern zu helfen.
    Ebenfalls wird das Kindergeld erhöht.
    Politik wie aus einem Guß haben wir seit der Regierungsübernahme durch Bundeskanzler Helmut Kohl 1982 z. B. in der Familienpolitik betrieben.
    Des weiteren haben wir die Kindererziehungszeiten im Rentenrecht anerkannt. Heute bekommen 6 Millionen Frauen eine Rente für die Kindererziehungszeiten — und dies Monat für Monat und Jahr für Jahr.
    Mit der Einführung des Erziehungsgeldes und des Erziehungsurlaubs in unserer Regierungszeit haben wir eine geradezu revolutionäre Maßnahme eingeleitet. Psychologen und Pädagogen hatten uns auch schon zur Regierungszeit der SPD gesagt, wie wichtig es ist, daß Neugeborene in den ersten Jahren intensiv von Vater oder Mutter betreut werden. Sie, meine Damen und Herren von der SPD, die Sie sich so gerne auf solche Beurteilungen aus Fachkreisen berufen, haben zu Ihrer Regierungszeit also wider besseres Wissen nichts getan.
    Wir haben zunächst zwölf Monate Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub gewährt. Wir haben dies in diesem Jahr, am 1. Juli, auf fünfzehn Monate erhöht und werden im nächsten Jahr den Erziehungsurlaub und das Erziehungsgeld auf achtzehn Monate ausdehnen. Es ist der Wille meiner Fraktion, den Erziehungsurlaub in Zukunft auf 21 bzw. 24 Monate auszudehnen. Wenn die Länder dann ein drittes Erziehungsjahr einführten,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die CDU/CSUgeführten Länder! — Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Wie Baden-Württemberg!)

    hätten wir für die Kinder bis zum Eintritt als Dreijährige in den Kindergarten eine intensive pädagogische Zuwendung ermöglicht. Baden-Württemberg, so kam der Zuruf richtig, macht das.

    (Frau Männle [CDU/CSU]: Auch Bayern!)

    — Bayern wird es einführen. Interessant: Berlin hatte ein Jahr. Nachdem die Bundesregierung jetzt auf 18 Monate ausweitet, zieht Berlin zurück, und die Bürgerinnen und Bürger Berlins haben demnächst ein halbes Jahr weniger.
    Mit dem noch in dieser Periode zu verabschiedenden Jugendhilferecht wird ein weiterer wichtiger Ansatz zur Erziehung unserer Kinder und Jugendlichen geschaffen. Leider ist im Kinder- und Jugendhilferecht ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz nicht zustande gekommen. Der im Gesetzentwurf vorgesehene bedarfsgerechte Ausbau von Kindergärten in den Ländern kommt jedoch einem Gesetzesanspruch nahe.
    In diesem Zusammenhang von seiten der SPD und der GRÜNEN zu behaupten, der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht habe einen Rechtsan-



    Link (Diepholz)

    spruch im Gesetz verhindert, ist eine ausgesprochene Heuchelei,

    (Jungmann [SPD]: Aber Tatsache! — Zander [SPD]: Halten Sie sich mal zurück mit solchen Äußerungen!)

    weil wir vor wenigen Tagen im Finanzausschuß des Bundesrats erlebt haben, daß die SPD-geführten Länder bei der Abstimmung über das neue Kinder- und Jugendhilferecht nein gesagt, also das Gesetz abgelehnt haben, wenn ich richtig informiert bin.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Unglaublich!)

    Die Ministerpräsidenten der SPD-geführten Länder haben sich doch nur hinter Ernst Albrecht versteckt. Sie wollten doch gar nicht mitmachen.

    (Gilges [SPD]: Der ist Gott sei Dank demnächst nicht mehr da! Da können sie sich nicht mehr verstecken!)

    Und Sie sagen doch auch heute nein.
    Frau Conrad, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, die Bundesregierung hätte Mittel und Wege finden können, um sich mit den Ländern zu einigen, dann will ich Sie daran erinnern, daß die SPD-geführte Bundesregierung Willy Brandt 1969 dieses Gesetz angekündigt hatte, aber bei Ihnen in 13 Jahren nichts passiert ist.

    (Gilges [SPD]: Doch!)

    Wenn Sie sagen, der Bundesrat habe damals abgelehnt, müßte man jetzt das entgegnen, was Sie hier gesagt haben.

    (Gilges [SPD]: Das stimmt objektiv nicht, was Sie hier sagen!)

    Damals hätte sich auch ein SPD-Regierungschef mit den Ländern einigen können. Machen Sie es sich doch nicht so einfach!
    Das, was Sie nicht für möglich gehalten und immer wieder verneint haben, führen wir mit diesem modernen Kinder- und Jugendhilferecht jetzt ein. Dazu waren Sie 13 Jahre nicht in der Lage.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)