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ID1117911000

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    Plenarprotokoll 11/179 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 179. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. November 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 13733 A Erklärung zum Mordanschlag auf den Sprecher der Deutschen Bank, Dr. Alfred Herr-hausen 13744 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Waltemathe SPD 13733 C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 13736 D Frau Wollny GRÜNE 13739 D Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13741 A Schäfer (Offenburg) SPD 13742 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 13744 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft Frau Dr. Wegner SPD 13748 C Frau Männle CDU/CSU 13750 C Frau Hillerich GRÜNE 13753 B Kastning SPD 13754 D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 13757 B Wetzel GRÜNE 13758 D Möllemann, Bundesminister BMBW . . 13760B, 13766 D Frau Odendahl SPD 13764 C Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Sieler (Amberg) SPD 13768B Strube CDU/CSU 13770 B Hoss GRÜNE 13772D Zywietz FDP 13774 D Dreßler SPD 13779 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA 13782 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 13788 A Scharrenbroich CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 13788 C Andres SPD (Erklärung nach § 32 GO) . 13789 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Frau Conrad SPD 13790 B Kalb CDU/CSU 13793 A Frau Schoppe GRÜNE 13795 A Zywietz FDP 13796 D Link (Diepholz) CDU/CSU 13798 D Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 13801 C Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 13804 C Frau Matthäus-Maier SPD 13807 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. November 1989 Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . 13808C, 13824 C Kühbacher SPD 13809 B Deres CDU/CSU 13812 D Such GRÜNE 13815A Frau Seiler-Albring FDP 13817 A Dr. Nöbel SPD 13819D Gerster (Mainz) CDU/CSU 13822 B Wüppesahl fraktionslos 13826 D Duve SPD 13828 C Kühbacher SPD (Erklärung nach § 31 GO) 13829A Frau Dr. Vollmer GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13829 C Gerster (Mainz) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13829 D Lüder FDP (Erklärung nach § 31 GO) . 13830 B Kleinert (Marburg) GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13830 C Namentliche Abstimmungen 13831 A Ergebnisse 13851B, 13852D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 11/5576) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt IV: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 123 zu Petitionen (Drucksache 11/5150) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt V: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Fuchs (Verl), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rücktritt der Bundesrepublik Deutschland von dem Entwicklungsvorhaben „Europäisches Jagdflugzeug/Jagdflugzeug 90" zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausscheiden der Bundesrepublik Deutschland aus dem Entwicklungsvorhaben Jagdflugzeug 90 (Drucksachen 11/3018, 11/3592, 11/4269) Horn SPD 13832 B Müller (Wadern) CDU/CSU 13834 A Kleinert (Marburg) GRÜNE 13837 B Frau Seiler-Albring FDP 13839 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . 13842 D Kühbacher SPD 13846 A Dr. Friedmann CDU/CSU 13849 A Namentliche Abstimmung 13850 B Ergebnis 13854 D Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt 13854 A Einzelplan 03 Bundesrat 13854 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag 13854 B Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht Dr. de With SPD 13856 B von Schmude CDU/CSU 13858 A Häfner GRÜNE 13859 A Irmer FDP 13860 B Engelhard, Bundesminister BMJ 13862 D Haushaltsgesetz 1990 (Drucksachen 11/5579, 11/5580) 13864 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksachen 11/5001, 11/5322, 11/5390, 11/5731) . . 13865A Nächste Sitzung 13865 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13867* A 179. Sitzung Bonn, den 30. November 1989 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01.12.89* Amling SPD 30.11.89 Austermann CDU/CSU 01.12.89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01.12.89 Frau Blunck SPD 30.11.89 Börnsen (Ritterhude) SPD 30.11.89 Büchner (Speyer) SPD 01.12.89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01.12.89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01.12.89 Frau Fuchs (Verl) SPD 30.11.89 Dr. Haack SPD 01.12.89 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 01.12.89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01.12.89 Höffkes CDU/CSU 01.12.89 Hörster CDU/CSU 30.11.89 Ibrügger SPD 01.12.89 Jaunich SPD 01.12.89 Kißlinger SPD 01.12.9 Klein (Dieburg) SPD 01.12.89 Klein (München) CDU/CSU 30.11.89 Kolbow SPD 01.12.89 Dr. Kreile CDU/CSU 01.12.89 Kreuzeder GRÜNE 01.12.89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Lowack CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01.12.89 Meneses Vogl GRÜNE 01.12.89 Müller (Düsseldorf) SPD 30.11.89 Niegel CDU/CSU 01.12.89 * Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01.12. 89 Paterna SPD 01.12.89 Pfeifer CDU/CSU 01.12.89 Repnik CDU/CSU 30.11.89 Frau Rock GRÜNE 01.12.89 Frau Schilling GRÜNE 01.12.89 Schreiber CDU/CSU 30.11.89 Schröer (Mülheim) SPD 01.12.89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01.12.89 Seiters CDU/CSU 30.11.89 Sielaff SPD 30.11.89 Dr. Stavenhagen CDU/CSU 30.11.89 Tietjen SPD 01.12.89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 01.12.89 Frau Trenz GRÜNE 01.12.89 Verheugen SPD 30.11.9 Vogt (Düren) CDU/CSU 30.11.89 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 01.12.89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01.12.89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 30.11.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Waltraud Schoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal an das anknüpfen, was Herr Blüm gesagt hat. Herr Blüm hat von der Armut geredet. Das ist immerhin ein Fortschritt. Wenn nämlich der Herr Bundeskanzler sich in seinen Regierungserklärungen einmal in sozialpolitisches Gebiet versteigt, hört man nie etwas von der Armut. Wie das aber Herr Blüm diskutiert und wie das in der Tendenz hier immer diskutiert wird, ist es so, daß man zwar Armut benennt, aber immer mit der Intention, zu beweisen, daß es bei uns die richtige Armut überhaupt nicht gebe. Das finde ich falsch. Ich glaube, wenn man Politik macht, dann muß man sich als Politiker und als Politikerin darauf einlassen können, damit man eine richtige Politik macht, daß es hier in der Bundesrepublik tatsächliche und wirkliche Armut gibt.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Das ist leider so!)

    Ich sage dies auch aus einem anderen Grunde, womit ich ebenfalls an das anknüpfe, was Herr Blüm gesagt hat. Bei den vielen Menschen, die aus der DDR zu uns gekommen sind, ist es natürlich so, daß wir alle miteinander wollen, daß es diesen Menschen hier gutgeht, daß sie eine Wohnung haben, daß sie Arbeit haben, daß ihre Kinder Kindergärten haben, daß sie gute Schulen haben, Spielplätze und alles Mögliche. Wenn aber so viele Menschen zu uns kommen und wenn wir gleichzeitig wissen, daß wir im Osten den Demokratisierungsprozeß unterstützen müssen, daß wir die Wirtschaft unterstützen müssen, damit die Versorgung der Menschen dort besser wird, daß wir sie unterstützen müssen, damit sie in der Lage sind, einen ökologischen Umbau der Gesellschaft dort vorzunehmen, dann müssen wir uns darauf einlassen, daß wir in dieser Gesellschaft, die eine reiche Gesellschaft ist, lernen müssen zu teilen

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    und daß möglicherweise auch Menschen, die jetzt sehr viel haben, lernen müssen, etwas abzugeben. Ich sage das, weil ich die Befürchtung habe, daß angesichts der Entwicklungen, die da im Osten ablaufen, und angesichts der neuen Aufgaben, die wir übernehmen müssen, hier in der Gesellschaft einfach ein Teil der Gesellschaft vergessen wird, daß Politik gemacht wird, indem ein großes Maß an Ungleichheit einfach akzeptiert wird und diese Menschen aus ihrer Bedrängnis und aus ihrer Not nicht herauskommen.
    Ich hätte es viel besser gefunden, wenn nicht ein Zehn-Punkte-Katalog vom Bundeskanzler vorgelegt worden wäre, der nach meiner Einschätzung etwas sehr Paternalistisches an sich hat, weil er im Grunde genommen vorschreibt, wie die Leute in der DDR ihren Reformprozeß gestalten sollen. Ich hätte es besser gefunden, wenn man die Finger davon gelassen hätte, wenn man auf die Eigenständigkeit und das Selbstbestimmungsrecht dieser Menschen Rücksicht genommen hätte

    (Dr. Becker [Frankfurt] [CDU/CSU]: Das steht doch drin!)

    — Ruhe! —

    (Heiterkeit — Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Ruhe rechts und Beifall links!)

    und wenn man zunächst einmal einen Zehn-PunkteKatalog vorgelegt hätte zu der Frage: Wie wollen wir auch unter sozialpolitischen Gesichtspunkten hier im Lande mit dem Problem fertig werden?

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Garbe [GRÜNE])

    Wo ist denn das sozialpolitische Konzept, das die neuen Aufgaben, die auf uns zukommen, einbezieht?
    Ich will Ihnen einmal ein ganz kleines Beispiel nennen. Das mag Ihnen vielleicht etwas abwegig erscheinen, aber das zeigt auf, an wie vielen verschiedenen Punkten die Probleme auf uns zukommen. — In Berlin herrscht unter den Huren eine große Aufregung. Warum? — Es kommen neuerdings Frauen aus der DDR, die in das Gewerbe einsteigen und die einmal die Preise drücken und zum anderen — das ist das, was die Frauen dort so aufgeregt macht — ohne Gummis arbeiten. Jetzt haben die Frauen nach großen Kämpfen durchgesetzt, daß die Huren angesichts von AIDS in unserer Gesellschaft mit Gummis arbeiten, und nun kommen die Frauen und machen das ohne Gummis.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Das mag nun Gelächter hervorrufen, gerade bei den Männern. Aber ich habe einmal ein solches Beispiel gewählt, weil ich zeigen wollte, daß es viele andere Punkte gibt, über die wir überhaupt noch nicht nachgedacht haben, bei denen wir überhaupt nicht gedacht haben, daß sie auf uns zukommen.
    Ich sage Ihnen: Da kommt noch viel anderes auf uns zu. Unter diesen Bedingungen dann auch noch das Aufklärungsprogramm für AIDS in unserem Haushalt zu streichen, halte ich für völlig danebengegriffen.
    Ich möchte auch einmal folgendes wissen — darüber ist hier ebenfalls noch nicht nachgedacht worden — : Wie werden die vielen jungen Menschen, die hierhergekommen sind, die hier völlig andere Sozialisationsbedingungen erfahren als in der DDR, mit diesem Leben hier fertig?

    (Dr. Becker [Frankfurt] [CDU/CSU]: Schneller als Sie glauben!)

    Ich sage Ihnen: Nicht alle werden mit dem Leben hier fertig werden. Wir brauchen sehr viele Institutionen, sehr viele Menschen, die sich dieser Menschen annehmen. Wir brauchen Kommunikationszentren, damit man sich gegenseitig kennenlernt und damit sie sich hier stabilisieren.

    (Beifall der Abg. Frau Garbe [GRÜNE]) Das alles kostet viel Geld.

    Ich will jetzt an noch einem Punkt deutlich machen, daß das mit der ganzen Sozialpolitik irgendwie nichts ist. Im Grunde genommen greift alles viel zuwenig. Ich nehme als Beispiel die Alleinerziehenden. —12,8 To der Kinder in unserer Gesellschaft wachsen bei Alleinerziehenden auf. Meist sind es alleinerziehende



    Frau Schoppe
    Mütter. 84 % der alleinerziehenden Mütter, die arbeiten, arbeiten in ungelernten oder angelernten Berufen. Was die verdienen, kann man sich dann vorstellen. Die verdienen sehr wenig.
    Eine Untersuchung hat gezeigt, daß ein Drittel der Alleinerziehenden sagt: Meine Kinder haben ganz wenig Freunde. — Woran das jetzt hängt, weiß ich nicht. Ich denke, es hängt damit zusammen, daß Kinder von Alleinerziehenden auch sehr viele Aufgaben im Haushalt übernehmen müssen und gar nicht soviel Zeit haben zu spielen. Hinzu kommt noch, daß Alleinerziehende einen sehr starren und standardisierten Zeitrhythmus haben, den auch die Kinder übernehmen müssen. Jetzt frage ich Sie: Wo gibt es im gesamten Bundeshaushalt einen Posten oder eine Maßnahme, wo man sagen kann, damit werde die finanzielle, psychische und soziale Not der an Zahl zunehmenden Alleinerziehenden in unserer Gesellschaft bekämpft? Die gibt es nicht, das sage ich Ihnen. Da kann man viele andere Beispiele nehmen.
    Ich möchte, weil wir ja immer sehr wenig Zeit haben, nach diesem Beispiel nur punktuell aus einem Bereich noch ein paar Maßnahmen vorstellen. Wir haben lange darüber nachgedacht, welche Regelung man angesichts des Emanzipationsprozesses bei den Frauen treffen kann, damit viele Frauen zwar Mutter sein und eine Zeitlang zu Hause bleiben, dann aber auch unbedingt wieder erwerbstätig sein können. Während der Erwerbstätigkeit muß die Versorgung der Kinder zwischen Mann und Frau geteilt werden. Wir haben uns gefragt: Wie fängt man das an, daß die Männer begreifen, daß es zu ihren Aufgaben gehört, sich ebenfalls um die Kinder zu kümmern. Wenn sie diese Aufgabe übernehmen, werden sie übrigens auch merken, daß es schön ist, mit den Kindern zusammen zu sein und sich um die Kinder zu kümmern.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Das wissen nämlich die meisten gar nicht, besonders die nicht, die immer hier sitzen und sowieso nur am Wochenende zu Hause sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das gilt aber für Sie genauso!)

    Bei unserem Nachdenken sind wir darauf gekommen: Den Erziehungsurlaub, der jetzt ja nur für Paare gilt, die geheiratet haben, muß man ausweiten auf — wie heißt das? — Männer, die nicht verheiratet sind, aber auch Kinder haben. Natürlich müssen auch Soldaten Erziehungsurlaub nehmen. Natürlich müssen außer den Wehrdienstleistenden auch Zivildienstleistende Erziehungsurlaub nehmen. Wenn es Zivildienstleistende und Wehrdienstleistende getroffen hat und sie Vater geworden sind, dann sollen sie Erziehungsurlaub nehmen, dann ist das der Friedensdienst an der Wickelkommode, und damit ist alles andere abgegolten.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Wir haben uns eine zweite Maßnahme überlegt angesichts der Tatsache, daß von der Möglichkeit, Erziehungsurlaub zu nehmen, bisher nur 1,2 % der Männer
    Gebrauch machen. Ich glaube, es sind nicht immer finanzielle Gründe, die dazu führen, daß Männer keinen Erziehungsurlaub nehmen, sondern es existiert eine Barriere, für längere Zeit aus dem Berufsleben auszuscheiden: es ist die Furcht, den Anschluß zu verlieren und die Karriere zu gefährden. Deshalb sind wir auf folgende Idee gekommen. Das Mutterschutzgesetz, das heute nur für Mütter gilt und auch weiterhin für Mütter gelten muß — es ist ja eine Tatsache, daß die Mütter während der Schwangerschaft immer zu zweit herumlaufen — , soll ein Vater- und Mutterschutzgesetz werden. Eine Woche vor der voraussichtlichen Geburt kann der Vater aussteigen, damit er bei der Geburt seines Kindes anwesend sein kann, und acht Wochen nach der Geburt sind Vater und Mutter zu Hause; denn wir müssen die Vaterschaft genauso schützen wie die Mutterschaft. Eine Familie, die ein Kind oder ein weiteres Kind bekommt, muß sich völlig neu organisieren. Für die Neuorganisation und für die Gewöhnung daran, daß da ein Kind oder noch ein Kind ist, braucht eine Familie Zeit.
    Meine Damen und Herren, ich bitte um Unterstützung der Vorschläge, die wir gemacht haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zywietz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Zywietz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schoppe, das auch aus Ihrer Sicht schon so bezeichnete drastische Beispiel mit der Reduktion der Mittel für die AIDS- Aufklärung und Ihre einprägsamen Beispiele sollten, glaube ich, nicht ausreichen, das AIDS-Programm und überhaupt diesen Haushalt schlecht zu finden. Auch mit 35 Millionen DM werden wir im Zweifelsfalle die Gummiwerbung betreiben können, die Sie angesprochen haben.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU) — Das ist Faktum.

    Wir haben im Bereich von AIDS — um gleich mit einem der gesellschaftlichen Probleme zu beginnen — in den ersten Jahren, sowohl was die medizinische Forschung, als auch was die Werbung und die Betreuung anlangt — das sind die drei Elemente — , Haushaltsmittel wirklich sachgerecht und großzügig zur Verfügung gestellt. Wenn im Lichte von Erfahrungen im Werbebereich die Anzeigen vielleicht ein wenig kleiner werden, gibt das für Schlußfolgerungen, die Sie hier getroffen haben, keine Argumentation her.
    Ich meine vielmehr, daß dieser Einzelplan, was die volumenmäßige Ausweitung anlangt, mit 6 % gut vorzeigbare Anstrengungen darstellt. Aber er ist auch politisch ein Haushalt mit neuen Akzenten, der auf Notwendigkeiten der gesellschaftlichen Veränderung eingeht und diese teilweise unterstützt. Darauf werde ich noch zurückkommen.
    Frau Kollegin Conrad, ich habe Ihre Einstellung zum Bild der Familie und zu den notwendigen Förderungsmaßnahmen nicht ganz verstanden. Es ist mir schwer eingängig, daß Sie Werbung für die Familie so



    Zywietz
    stören kann, wo doch der Schutz der Ehe und der Familie immerhin ein Institut ist, das im Grundgesetz seinen Niederschlag findet.

    (Dr. Becker [Frankfurt] [CDU/CSU]: Eben!)

    Dafür auch positiv einzustehen und zu werben, kann doch nicht mit Vokabeln und mit Schlußfolgerungen belegt werden, wie Sie sie hier gefunden haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Auf der anderen Seite, was das Materielle anlangt, steht das ja auch, so meine ich jedenfalls, im Widerspruch zu den Forderungen nach mehr Familienlastenausgleich und mehr Kindergeld, die Sie gestellt haben. Hier kann ich nur sagen, daß durch die Koalition unter voller Mitwirkung der FDP im nächsten Jahr das Kindergeld für das zweite Kind auf 130 DM erhöht wird — also in einem der angesprochenen Bereiche —, daß es bei der steuerlichen Begünstigung durch die Freibeträge selbstverständlich bleibt und daß auch die Bezugsdauer des Erziehungsgeldes Mitte nächsten Jahres von 15 Monaten auf 18 Monate erhöht wird.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Das ist doch was!)

    Das heißt: klare und überzeugende Leistungen im Bereich des Familienlastenausgleichs.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn Sie demgegenüber jetzt 200 DM pro Kind, wie ich das notiert haben, einfordern und ich mir mal überschlägig den ökonomischen Aufwand ausrechne, der in der Größenordnung von 8 Milliarden DM liegt,

    (Frau Conrad [SPD]: Ja!)

    dann hätte ich, bitte schön — ich sehe jetzt gar nicht Frau Matthäus-Maier; sie hat wahrscheinlich als Finanzpolitikerin die Flucht ergriffen — , wirklich gerne gewußt, wie Sie sich die Finanzierungsseite vorstellen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Conrad [SPD]: Sie kriegen die Antwort!)

    Natürlich, fordern ist ein Leichtes. Sie fordern jetzt hier 8 Milliarden DM und stellen sich auf der anderen Seite hin und sagen, selbst dieser Haushalt, der sehr sparsam gefahren wird und bei dem die Kreditfinanzierung erheblich reduziert ist, sei immer noch zu hoch. Aber jetzt sagen Sie einfach: Wir brauchen 8 Milliarden DM für mehr Kindergeld — für jedes Kind 200 DM — , aber Sie sagen kein Sterbenswörtchen, woher — um in Ihrem Sprachgebrauch zu verbleiben — die „Möpse" oder die „Kohle" dafür kommen soll.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Originalton Frau Conrad!)

    — Ja, Originalton, wie ich ihn wiederholt gehört habe. Also benutze ich ihn auch, damit das richtig drastisch wird. Denn das ist doch der Punkt.
    Ich höre da etwas vom Programm des ökologischen Umbaus — Energiesteuern einführen und die Mehreinnahmen für ökologische Maßnahmen verwenden — , aber ich höre aus Ihrem Bereich auch immer Vorstellungen, aus denen hervorgeht, daß dies nicht nur für Ökologisches verwendet werden soll, sondern daß man vielleicht noch mehr Steuermittel braucht, um dann auch einen solchen angekündigten Aufwand zu finanzieren. Sie dürfen sich nicht darauf beschränken, hier populistisch einfach Geschenke zu avisieren, sondern Sie müssen auch sagen, wie Sie das finanzmäßig solide bedienen wollen. Dann wird aus der ganzen Kiste ein Schuh.
    Aber wenn das auch so sein sollte, Frau Kollegin Conrad: Andere Teile Ihres Beitrages habe ich — das muß ich zugeben — mit Zustimmung und an einigen Stellen zumindest mit Sympathie vernommen; besonders an einer Stelle. Das war nur ein kurzer Satz, aber für mich — und für uns, glaube ich — ein sehr entscheidender, als Sie eingangs sagten: Dem Mehraufwand für Aussiedler stimmen wir zu. „Wir machen mit", so war, glaube ich, in etwa Ihre Formulierung.
    Wenn ich an die Debatte zum Einzelplan 11 und an die Debatte zum Haushalt überhaupt denke, dann war ich — wenn ich zu Ihnen rüberschauen darf — hinsichtlich der Äußerungen zur Deutschlandpolitik, zu dem, was sich in Mitteleuropa tut und wie wir darauf reagieren sollten, welche Unterstützung wir anzubieten haben, tief entsetzt. Das nehmen Sie mir bitte ab, obwohl ich glaube, sonst in solchen Fragen nicht so leicht zu erschüttern zu sein.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich will Ihnen sagen: Als FDP — das ist ein Stück Gemeinsamkeit — haben wir mal eine Politik eingeleitet für Entspannung, für gute Nachbarschaft zur DDR, zum Osten hin. Das geschah wohl mit der Vorstellung, daß das eintreten könnte, was jetzt teilweise eintritt. Es kann doch wohl nicht wahr sein, wenn jetzt das eintritt, was wir in Phasen der politischen Zusammenarbeit gewollt haben, daß man dann so Äußerungen von Lafontaine, von Dreßler, vom Kollegen Penner in einer Zwischenfrage nach dem Motto hört: Hoffentlich bleiben sie alle dort, wo sie sind! Das kann doch nicht die Schlußfolgerung einer Deutschland-und Ostpolitik sein. Ich muß sagen: Das irritiert mich schon zutiefst.

    (Zander [SPD]: Zu welchem Einzelplan reden Sie denn eigentlich?)

    Da frage ich eigentlich, wie es mit der Glaubwürdigkeit und dem Stehvermögen einer einmal als richtig erkannten Politik ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das ist für mich wirklich das dollste Stück in dieser gesamten Haushaltsdebatte, um es einmal drastisch so zu sagen. Dahinter verblaßt manches, was auch bei diesem Einzeletat positiv und erwähnenswert ist.
    Auf ein paar Gesichtspunkte möchte ich noch zu sprechen kommen. Eine Facette, und da hatten wir wieder Gemeinsamkeiten: den deutsch-polnischen Jugendaustausch auf den Weg zu bringen und erstmals Geld zur Verfügung zu stellen, ist eine Sache, zu



    Zywietz
    der wir uns einheitlich bekannt haben. Das finde ich positiv.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Aber nicht zu Lasten der Jugendverbände!)

    Hier kommt es auch gar nicht auf die Menge des Geldes an, sondern das ist jetzt ein Erstlingswerk. Dort ist erstes Geld zur Verfügung gestellt worden, und wir werden sehen, wie sich das entwickelt, ausweitet und gestalten läßt. Das ist nach meiner Meinung eine angemessene, stilvolle, würdevolle Antwort.
    Aber dieser Einzelplan zieht auch vielfältige richtige Konsequenzen aus gesellschaftlichen Veränderungen. Wenn wir mehr für die Familie tun könnten — das ist aber nur der geringste Teil der Werbung, Frau Kollegin Conrad — , dann würde ich mich nicht beklagen. Drogenprobleme, AIDS-Probleme usw. sind ja nicht monokausal verursacht, sie ergeben sich auch dadurch, daß der Zusammenhalt von Familien, von Kleingruppen — sozusagen das Atmosphärische der Kleingruppen, das Geborgenheitsgefühl in unserer Leistungsgesellschaft — vielleicht für den einen oder anderen doch zu sehr verlorengegangen ist.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Aber das ist doch nicht mit Werbung zu lösen, sondern nur mit konkreter Unterstützung!)

    Daher wird zu Alkohol, Drogen und ähnlichem gegriffen. Zumindest sehe ich da wesentliche Zusammenhänge.
    Tun wir also mehr für Kleingruppen. Ich habe an der Universität in ein paar Soziologiestunden mitbekommen: Die Familie ist das Urbeispiel einer Kleingruppe. So habe ich immer noch die Aussage unseres Professors im Kopf; vielleicht ist das ein bißchen zu lange her. Aber wenn das so sein sollte, sollten wir auch die Familie in diese Kleingruppenförderung einbeziehen und nicht desavouieren, denn für die gute gesellschaftliche Entwicklung ist das hilfreich und nicht destruktiv.
    Wenn darüber hinaus trotz dieser Politik im Bereich von Drogen und AIDS einiges vonnöten ist — ich habe jetzt nicht mehr genug Zeit, das auszuführen —, so stehen wir zu diesen Positionen, zu diesen Ausweitungen, die sich in dem Haushalt wiederfinden.
    Eine neue Ministerin hat selbstverständlich auch das Recht, Akzente zu setzen, die, glaube ich, auch aus dem eigenen Lebensweg eine gewisse Unterstützung erfahren. Ich meine das Stichwort der älteren Menschen. Es ist eine Aufgabe, die sich seit längerer Zeit zunehmend stellt, weil der Anteil der älteren Menschen aus manchen Gründen größer wird. Wir stehen zu der politischen Linie, hierauf das Auge zu richten, zu untersuchen und zu erfragen, was getan werden kann. Wir haben allerdings — nicht in Gänze — einige Vorstellungen, die aus dem Haus gekommen sind, die vielleicht etwas umkoordiniert und in der Höhe — vom Staat her gesehen — etwas reichlich waren, ein bißchen gedämpft. Das schmälert aber überhaupt nicht unsere grundsätzliche Zustimmung und Übereinstimmung, daß dies ein Arbeitsschwerpunkt für die Zukunft zu sein hat.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ein letzter Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der nicht nur von der Geldsumme, sondern auch von der gesellschaftlichen Relevanz her eine gewisse Bedeutung hat. Bei diesem Etat von 22 Milliarden DM, wo 19 Milliarden DM für Kindergeld und Erziehungsgeld ausgegeben werden, werden von den verbleibenden 3 Milliarden DM 1,5 Milliarden DM für den Zivildienst verwendet. Nachdem ich das erkannt hatte, habe ich mich selbst aus Überzeugung dafür eingesetzt, daß die Finanzierung verbessert wird; denn Zivildienst muß gleichwertig und gleichgewichtig gegenüber dem Wehrdienst sein. So will es unser Grundgesetz, und so ist auch unser politisches Verständnis.
    Es kann nicht sein, daß hinsichtlich der Ausstattung finanziell alles sozusagen jahresgerecht in voller Höhe bedient wird, was im Bereich der Bundeswehr angefordert wird, daß aber diejenigen, die die Ausstattung im Bereich des Zivildienstes zur Verfügung stellen, nämlich die Träger, erst mit Verzögerung zu ihrem Geld kommen. Das halte ich unter dem Gedanken der Gleichwertigkeit, die auch für das Finanzielle gilt, schlichtweg für nicht erträglich. Deswegen haben wir hier etwas draufgelegt, um möglichst rasch zu einer Gleichgewichtigkeit auch in der finanziellen Bedienung zu kommen, damit sozusagen das Ideelle und Materielle in der Balance sind.
    Das sind nur einige Aspekte zu diesem Haushalt. Wir stimmen dem Haushalt wegen des Wachstums, aber auch wegen der gesetzten Akzente aus Überzeugung zu.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)