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ID1117906000

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    Plenarprotokoll 11/179 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 179. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. November 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 13733 A Erklärung zum Mordanschlag auf den Sprecher der Deutschen Bank, Dr. Alfred Herr-hausen 13744 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Waltemathe SPD 13733 C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 13736 D Frau Wollny GRÜNE 13739 D Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13741 A Schäfer (Offenburg) SPD 13742 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 13744 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft Frau Dr. Wegner SPD 13748 C Frau Männle CDU/CSU 13750 C Frau Hillerich GRÜNE 13753 B Kastning SPD 13754 D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 13757 B Wetzel GRÜNE 13758 D Möllemann, Bundesminister BMBW . . 13760B, 13766 D Frau Odendahl SPD 13764 C Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Sieler (Amberg) SPD 13768B Strube CDU/CSU 13770 B Hoss GRÜNE 13772D Zywietz FDP 13774 D Dreßler SPD 13779 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA 13782 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 13788 A Scharrenbroich CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 13788 C Andres SPD (Erklärung nach § 32 GO) . 13789 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Frau Conrad SPD 13790 B Kalb CDU/CSU 13793 A Frau Schoppe GRÜNE 13795 A Zywietz FDP 13796 D Link (Diepholz) CDU/CSU 13798 D Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 13801 C Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 13804 C Frau Matthäus-Maier SPD 13807 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. November 1989 Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . 13808C, 13824 C Kühbacher SPD 13809 B Deres CDU/CSU 13812 D Such GRÜNE 13815A Frau Seiler-Albring FDP 13817 A Dr. Nöbel SPD 13819D Gerster (Mainz) CDU/CSU 13822 B Wüppesahl fraktionslos 13826 D Duve SPD 13828 C Kühbacher SPD (Erklärung nach § 31 GO) 13829A Frau Dr. Vollmer GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13829 C Gerster (Mainz) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13829 D Lüder FDP (Erklärung nach § 31 GO) . 13830 B Kleinert (Marburg) GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13830 C Namentliche Abstimmungen 13831 A Ergebnisse 13851B, 13852D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 11/5576) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt IV: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 123 zu Petitionen (Drucksache 11/5150) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt V: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Fuchs (Verl), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rücktritt der Bundesrepublik Deutschland von dem Entwicklungsvorhaben „Europäisches Jagdflugzeug/Jagdflugzeug 90" zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausscheiden der Bundesrepublik Deutschland aus dem Entwicklungsvorhaben Jagdflugzeug 90 (Drucksachen 11/3018, 11/3592, 11/4269) Horn SPD 13832 B Müller (Wadern) CDU/CSU 13834 A Kleinert (Marburg) GRÜNE 13837 B Frau Seiler-Albring FDP 13839 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . 13842 D Kühbacher SPD 13846 A Dr. Friedmann CDU/CSU 13849 A Namentliche Abstimmung 13850 B Ergebnis 13854 D Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt 13854 A Einzelplan 03 Bundesrat 13854 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag 13854 B Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht Dr. de With SPD 13856 B von Schmude CDU/CSU 13858 A Häfner GRÜNE 13859 A Irmer FDP 13860 B Engelhard, Bundesminister BMJ 13862 D Haushaltsgesetz 1990 (Drucksachen 11/5579, 11/5580) 13864 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksachen 11/5001, 11/5322, 11/5390, 11/5731) . . 13865A Nächste Sitzung 13865 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13867* A 179. Sitzung Bonn, den 30. November 1989 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01.12.89* Amling SPD 30.11.89 Austermann CDU/CSU 01.12.89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01.12.89 Frau Blunck SPD 30.11.89 Börnsen (Ritterhude) SPD 30.11.89 Büchner (Speyer) SPD 01.12.89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01.12.89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01.12.89 Frau Fuchs (Verl) SPD 30.11.89 Dr. Haack SPD 01.12.89 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 01.12.89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01.12.89 Höffkes CDU/CSU 01.12.89 Hörster CDU/CSU 30.11.89 Ibrügger SPD 01.12.89 Jaunich SPD 01.12.89 Kißlinger SPD 01.12.9 Klein (Dieburg) SPD 01.12.89 Klein (München) CDU/CSU 30.11.89 Kolbow SPD 01.12.89 Dr. Kreile CDU/CSU 01.12.89 Kreuzeder GRÜNE 01.12.89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Lowack CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01.12.89 Meneses Vogl GRÜNE 01.12.89 Müller (Düsseldorf) SPD 30.11.89 Niegel CDU/CSU 01.12.89 * Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01.12. 89 Paterna SPD 01.12.89 Pfeifer CDU/CSU 01.12.89 Repnik CDU/CSU 30.11.89 Frau Rock GRÜNE 01.12.89 Frau Schilling GRÜNE 01.12.89 Schreiber CDU/CSU 30.11.89 Schröer (Mülheim) SPD 01.12.89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01.12.89 Seiters CDU/CSU 30.11.89 Sielaff SPD 30.11.89 Dr. Stavenhagen CDU/CSU 30.11.89 Tietjen SPD 01.12.89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 01.12.89 Frau Trenz GRÜNE 01.12.89 Verheugen SPD 30.11.9 Vogt (Düren) CDU/CSU 30.11.89 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 01.12.89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01.12.89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 30.11.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Gerd Strube


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann von den
    Rednern der Opposition natürlich nicht erwarten, daß sie die Schwerpunkte unseres Haushalts darlegen. Darum eine ganz kurze Skizze.

    (Reuschenbach [SPD]: Weil es die nicht gibt!)

    Mit knapp 70 Milliarden DM sprechen wir beim Haushalt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung von dem größten Einzeletat.

    (Dreßler [SPD]: Das besagt noch gar nichts!)

    Die Steigerungsrate für den Bereich Arbeit und Soziales beträgt 3 % gegenüber 1989.

    (Dreßler [SPD]: Das besagt auch noch nichts!)

    Wir sprechen hier von einem Viertel des Gesamthaushalts.

    (Dreßler [SPD]: Auch das besagt noch nichts!)

    Kriegsopferversorgung, Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz und Zuschüsse an die Rentenversicherung erfahren die höchsten Ansätze.
    Am 9. dieses Monats haben wir im Deutschen Bundestag in zweiter und dritter Lesung das von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gemeinsam getragene Rentenreformgesetz 1992 beraten und verabschiedet.

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Traurig, aber wahr!)

    — Sie konnte ich dabei leider nicht erwähnen, gnädige Frau. — Ich möchte dieses historische Ereignis der zweiten großen Rentenreform nach der Einführung der dynamischen Rente im Jahre 1957 zum Anlaß nehmen, um auf die Finanzentwicklung der Rentenversicherung kurz einzugehen.
    Bei der Einbringung des Entwurfs des Rentenreformgesetzes 1992 im März dieses Jahres ist man noch von einer Beitragssatzerhöhung ab 1994 ausgegangen. Mittlerweile hat die anhaltend gute Konjunktur der Rentenversicherung mehr Liquidität gebracht, als ursprünglich erwartet. Dadurch kann der Beitragssatz bis 1996 stabil gehalten werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Inzwischen haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die Schwankungsreserve auf 25,4 Milliarden DM geschätzt — das sind 3,1 Milliarden DM mehr, als bei Berichterstellung kalkuliert —, bedingt durch die günstige Beitragsentwicklung in diesem Jahr, die maßgeblich von dem hohen Anstieg der Beschäftigung als Folge der anhaltend guten Wirtschaftslage bestimmt wird. Mit dem für dieses Jahr erwarteten Überschuß hat die Rentenversicherung nun in fünf aufeinander folgenden Jahren Überschüsse erzielt.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Die gute Entwicklung der Rentenfinanzen ändert jedoch nichts an der Notwendigkeit, die Zahlungsfähigkeit der Rentenversicherung durch langfristig wirksame Maßnahmen, wie sie das Rentenreformge-



    Strube
    setz 1992 beinhaltet, über die Jahrtausendwende hinaus zu sichern;

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Alles Quatsch!)

    denn die deutsche Bevölkerung wird weiter altern; auch Sie, gnädige Frau. Immer weniger Aktive müssen immer mehr Rentner absichern. Gegenwärtig finanzieren 100 Beitragszahler die Leistungen für 48 Rentner.

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Den Bundeszuschuß erhöhen!)

    Im Jahre 2000 werden es 61 Rentner sein.
    Das Rentenreformgesetz 1992 — hier besteht der unmittelbare Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt — beinhaltet bereits im Vorgriff eine Anhebung des Bundeszuschusses im Jahr 1990 um 0,3 Milliarden DM und im Jahr 1991 um 2,3 Milliarden DM.

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Die Erhöhung ist doch eine Täuschung!)

    Ab 1992 wird der Finanzierungsanteil des Bundes aufgestockt und zusätzlich mit der Entwicklung des Beitragssatzes der Rentenversicherung gekoppelt. Das bedeutet: Muß der Beitragssatz erhöht werden, steigt der Bundeszuschuß um denselben Prozentsatz.

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Mein Gott!)

    Ein höherer Rentenversicherungsbeitrag bedeutet also Mehrkosten für den Bundeshaushalt.
    Diese Neuregelung ist unter sozialpolitischen und unter finanzpolitischen Aspekten eine gute Grundlage für eine langfristig tragfähige Rentenreform.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das verstärkte Engagement des Bundes wird dazu beitragen, den Belastungsanstieg aus der Bevölkerungsentwicklung für die Rentner und für die Beitragszahler in vertretbaren Grenzen zu halten.
    Die Rentenversicherung wurde mit Vernunft und mit Weitsicht weiterentwickelt. Die sich aus dem Bevölkerungsrückgang, der steigenden Lebenserwartung und 'dem daraus veränderten Altersaufbau der Bevölkerung ergebenden Belastungen sind gleichmäßig verteilt worden auf Beitragszahler, auf den Bund und auf die Rentner.

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Das tut weh!)

    Daß hierzu eine gemeinsame Gesetzesänderung mit der SPD durchgeführt werden konnte, ist für alle Beteiligten und Betroffenen zu begrüßen.
    Bei allem Respekt vor der Tarifhoheit möchte ich an dieser Stelle allerdings unseren Rentnern abschließend sagen,

    (Reimann [SPD]: Euren?)

    daß Tarifabschlüsse, die mehr auf zusätzliche Freizeit als auf Lohnerhöhung setzen, die Renten zukünftig nur mäßig steigen lassen.
    Ich komme nunmehr zum Thema Arbeitsmarkt: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt, meine Damen und Herren, hat sich erfreulich entwickelt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im September haben wir in der Bundesrepublik mit fast 28 Millionen Erwerbstätigen einen neuen Nachkriegsrekord aufgestellt, 332 000 mehr als im entsprechenden Vorjahresmonat. Die Arbeitslosigkeit hat im Oktober mit 1,87 Millionen einen Tiefststand seit Oktober 1982, wo 1,92 Millionen Personen gezählt wurden, erreicht. Seit dem Tiefststand der Beschäftigung Ende 1983 ist die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer ständig angestiegen, bisher um rund 1,5 Millionen. Allein in diesem Jahr werden 350 000 bis 400 000 neue Arbeitsplätze geschaffen.

    (Hört! Hört! bei der FDP)

    Die Kurzarbeit hat sich gegenüber Oktober 1988 auf ca. 50 000 fast halbiert. Für sie spielen nur noch arbeitsmarktpolitische Besonderheiten eine Rolle.
    Weiter verringert hat sich die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen. 20jährige und jüngere Arbeitslose gab es Ende Oktober „nur noch" 68 200. Das sind 23 700 weniger als vor einem Jahr.
    Seit Ende 1983 konnte die Zahl der Arbeitslosen um über 400 000 gesenkt werden, trotz der Mitte der 80er Jahre großen Zahl der Schulabgänger, die auf den Arbeitsmarkt drängten, trotz der gestiegenen Erwerbstätigkeit der Frauen, trotz der wieder zunehmenden Zahl der Ausländer und trotz der stark zunehmenden Zahl der Aus- und Übersiedler.
    Diese Erfolge sind untrennbar mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung von CDU/ CSU und FDP unter unserem Bundeskanzler Helmut Kohl verbunden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Unruh [fraktionslos]: Deshalb haben Sie auch so viele Stimmenverluste!)

    Seit dem Amtsantritt dieser Regierung sind auf dem Arbeitsmarkt immer wieder erfolgreiche Bemühungen zur Verbesserung der Lage eingeleitet worden. Jüngstes Beispiel neben der seit Jahren bewährten Qualifizierungsoffensive sind die seit Juli diese Jahres laufenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Die Bundesregierung hat zum einen 1,5 Milliarden DM als Lohnkostenzuschüsse, um Arbeitgebern die Einstellung Langzeitarbeitsloser zu erleichtern, und zum anderen 250 Millionen DM für eine gezielte Betreuung und Unterstützung besonders beeinträchtigter Arbeitsloser und anderer schwerstvermittelbarer Arbeitsloser bereitgestellt.
    Und diese Maßnahmen, meine Damen und Herren, zeigen große Erfolge. Bis zum 20. November 1989 — das ist die jüngste Erhebung durch die Bundesanstalt — gab es 12 200 Bewilligungen für Lohnkostenzuschüsse. 1 500 weitere Anträge waren in Bearbeitung. Die Bundesanstalt geht für dieses Jahr von 16 000 Bewilligungen und einem ausgeschöpften Ansatz aus. Für Zuschüsse zur Förderung von Maßnahmen für besonders benachteiligte Langzeitarbeitslose und andere schwerstvermittelbare Arbeitslose lagen bis zum 30. September 329 Anträge für durchschnittlich je 20 Teilnehmer mit einem Gesamtvolumen von etwa 150 Millionen DM vor.
    Meine Damen und Herren, die Bundesanstalt in Nürnberg gibt jährlich große Summen zur Qualifizierung Benachteiligter aus. Wir müssen aber zur Kennt-



    Strube
    nis nehmen, daß es in unserer Gesellschaft auch Menschen gibt, die nicht qualifizierbar sind und die, aus welchen Gründen auch immer, das hohe Tempo am Arbeitsplatz nicht oder nicht mehr gehen können, das normalerweise verlangt wird.

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Bei vielen Politikern ist das so!)

    Auch für diese Menschen haben wir eine sozialpolitische Verantwortung, denn Arbeit hat bekanntlich zwei Dimensionen, nämlich Broterwerb und Selbstverwirklichung. Ob das laufende Langzeitarbeitslosenprogramm mit den ausgewiesenen Lohnkostenzuschüssen hier den richtigen Weg beschreibt, bleibt abzuwarten. Aber eines muß klar sein: Wer nicht ausgrenzen will, muß für die Schwachen einen subventionierten zweiten Arbeitsmarkt vorhalten.
    Vollkommen überzogen sind meiner Ansicht nach die Horrorgemälde, die die Opposition so gerne von unserem Sozialstaat zeichnet. Wenn das Elend der Massen hier wirklich so himmelschreiend wäre, wie behauptet, warum kommen dann eigentlich die Asylanten in Scharen aus aller Herren Länder ausgerechnet zu uns?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Hoss [GRÜNE]: Das ist doch wohl das letzte! Fällt Ihnen nichts Besseres ein? — Frau Unruh [fraktionslos]: Primitiver geht es nicht!)

    Warum reden die gleichen Gewerkschaftsfunktionäre einmal von der großen Armut, um Stunden später die Sicherung deutschen sozialen Standards im Hinblick auf Europa zu fordern? Das kann vielleicht einer der Redner der Opposition gleich einmal aufklären.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich möchte einen dritten und letzten Punkt ansprechen: Maßnahmen der Bundesregierung zur Verbesserung der Krebsbekämplung. Für Modellmaßnahmen zur besseren Versorgung von Krebspatienten sind seit 1981 über 180 Millionen DM bereitgestellt worden. Im Haushalt 1990 sind weitere 10 Millionen DM vorgesehen. Im Rahmen des Ende 1981 angelaufenen Förderprogramms wurden bis Ende 1990 24 Tumorzentren, 32 Einrichtungen der pädiatrischen Onkologie, 32 onkologische Schwerpunkte und 10 Schwerpunktpraxen mit Bundesmitteln gefördert. Der größte Teil der Projekte ist bereits abgeschlossen und auf der Grundlage der Bundespflegesatzverordnung von 1986 in die Regelfinanzierung überführt worden. Die Modellmaßnahmen haben entscheidend zu einer Verbesserung der Behandlung von Krebspatienten in der Bundesrepublik beigetragen. Dennoch sind in der Versorgung von Krebspatienten noch Defizite festzustellen. Bisher werden nur 55 % der Patienten in einem Tumorzentrum oder onkologischen Schwerpunktkrankenhaus behandelt. Die Ursache hierfür liegt in der immer noch unzureichenden Kooperation gerade kleinerer Krankenhäuser und niedergelassener Ärzte mit den Tumorzentren und onkologischen Schwerpunkten.
    Die ständige Weiterentwicklung medizintechnischer Geräte für Diagnostik und Therapie erfordert Ersatzbeschaffungen und Neuinvestitionen, um eine Behandlung auf dem neuesten Stand des medizinischen Fortschritts durchführen zu können. Ohne den Impuls eines Bundesprogramms zur abschließenden Ausstattung der Zentren und Schwerpunkte ist mit einer notwendigen Modernisierung der technischen Ausstattung im Wege der üblichen Finanzierung durch die Länder nicht zu rechnen.
    In den letzten Jahren sind auf Grund des therapeutischen Fortschritts zunehmend Fragen der Erhaltung der Lebensqualität bei der Versorgung schwerkranker Krebspatienten in der Sterbephase in den Vordergrund getreten. Derartige Modelle, z. B. Hospizeinrichtungen, müssen in einem größeren Rahmen erprobt werden. Um eine Behebung der aufgezeigten Defizite zu erreichen, wird das Modellprogramm in einer zweiten Stufe fortgeführt.
    Sie sehen, meine Damen und Herren, der Sozialstaat und die Sozialpolitik sind bei uns in guten Händen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir werden mit Norbert Blüm an der Spitze diesen Sozialstaat weiter aus- und umbauen.
    Ich darf für meine Fraktion hier heute erklären, daß wir dem Einzelplan 11 in der Fassung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses vorbehaltlos zustimmen werden.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoss.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willi Hoss


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der jetzigen Beratung des Etats des Bundesministeriums für Arbeit 1990 ist ein wichtiges sozialpolitisches Thema schon im Vorfeld weitgehend ausgeklammert worden, da sind Fakten geschaffen worden: Ich meine die Rentenfrage.
    Angestanden hätte in den Zahlen des jetzigen Etats eine Erhöhung des Bundeszuschusses von 8 Milliarden DM, zu denen wir in den Beratungen einen Antrag eingebracht haben, Armut im Rentenalter abzubauen, die eigenständige Sicherung der Frauen voranzutreiben, die Vereinheitlichung der verschiedenen Alterssicherungssysteme und den Abbau von real vorhandenen Privilegien im Bereich der Beamtenversorgung, im Bereich von Selbständigen und anderer und die Eröffnung neuer Finanzquellen in Angriff zu nehmen. In diesem Bereich ist sozialpolitisch Bedeutsames nicht geschehen.
    Das wird heute bei der Auseinandersetzung mit dem Bundeshaushalt 1990 um so deutlicher, als sich die Regierungsvertreter unentwegt mit der anhaltenden wirtschaftlichen Prosperität brüsten. Daß die Mittel vorhanden wären, haben wir Ihnen mit der Vorlage unseres Alternativhaushaltes in der ersten Beratung bewiesen. Statt dessen müssen die Rentnerinnen und Rentner nun die Folgen dieser weiteren Sparreform mit Zustimmung der SPD tragen, die ihnen eine Senkung des Nettorentenniveaus beschert, und zwar ohne Mindestabsicherung.
    Zu spüren bekommen werden die Folgen vor allem die zukünftigen Rentnerinnen und Rentner. Sie werden länger arbeiten müssen und dafür weniger Rente



    Hoss
    bekommen. Für Zeiten der Krankheit und der Erwerbslosigkeit werden sie weitere Renteneinbußen hinnehmen müssen. Fest steht: Die Verantwortlichen für diese als Jahrhundertwerk angekündigte Reform

    (Kolb [CDU/CSU]: Sie ist gut!)

    werden in die Geschichte der bundesrepublikanischen Sozialpolitik nicht als große Geister eingehen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Etat, der von der Koalition der Regierungsparteien vorgelegt worden ist, ist kein innovativer Etat, sondern ein defensiver Etat, der sich auf die soziale Absicherung der Folgekosten von Wachstum und Leistungsgesellschaft, von Produktion und Konsumtion in dieser Gesellschaft versteht, aber das in dieser Absicherung nur notdürftig tut.
    Wenn wir den Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der in diesen Tagen vorgelegt worden ist, zur Hand nehmen, dann sehen wir eine erschreckende Zunahme von Armutserscheinungen in unserer reichen Gesellschaft. Herr Strube, Sie haben vorhin gesagt, man sollte doch einmal fragen, warum denn die Übersiedler und die Aussiedler hierher kommen.

    (Strube [CDU/CSU]: Ich habe von Asylanten gesprochen!)

    Es bestreitet doch niemand, daß wir eine reiche Gesellschaft sind. Die Frage müssen Sie an die richten, die in dieser reichen Gesellschaft in Armut leben.

    (Strube [CDU/CSU]: Herr Kollege, ich habe von Asylanten gesprochen, nicht von Übersiedlern und Aussiedlern!)

    Diese müssen darüber befinden und entscheiden.

    (Beifall der Abg. Frau Unruh [fraktionslos] — Frau Unruh [fraktionslos]: Es ist ja noch schlimmer, daß Sie von Asylanten, von politisch Verfolgten, gesprochen haben!)

    So wie es ökologische Folgekosten unseres Wirtschaftens gibt, so gibt es auch soziale Folgekosten. Sie verzichten darauf, Anstöße zu geben, wie man diese sozialen Folgekosten, anstatt sie nur zu bedienen, verändern könnte.
    Die Aufstockung des Sozialhaushaltes um 2,8 Milliarden DM ist nicht etwa ein Indiz für die Erweiterung sozialpolitischer Gestaltungsräume, die an die Wurzeln des Problems geht, sondern dafür, daß die Folgekosten Ihrer aggressiven Wirtschaftspolitik gestiegen sind, die Sie jetzt auf eine bestimmte Weise bedienen.
    Der Haushalt enthält keinen Ansatz, keine hinreichende Idee, wie z. B. die Massenerwerbslosigkeit, unter der nach wie vor knapp 2 Millionen Menschen unverschuldet zu leiden haben, spürbar und effektiv zu senken ist, selbst wenn man von Ihren Statistiken ausgeht, die ja schon bereinigt sind. Der von Ihnen so gefeierte Beschäftigungszuwachs geht an wichtigen Gruppen des Arbeitsmarktes vorbei und ändert nichts an der hohen Sockelerwerbslosigkeit.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat auch keiner behauptet!)

    Im übrigen ist der tatsächliche Beschäftigungseffekt weitaus geringer, als von Ihnen unterstellt, und basiert zum größten Teil auf der Umwandlung von Vollzeit- in Teilzeitarbeitsverhältnisse

    (Feilcke [CDU/CSU]: Erzählen Sie doch keine Märchen!)

    und damit auf gravierenden Einkommenseinbußen der abhängig Beschäftigten. Wenn wir die Gesamtsumme der aufgewendeten Produktionsstunden von heute ins Verhältnis setzen zu der von vor einigen Jahren, dann stellen wir fest, daß sich daran trotz gestiegener Beschäftigtenzahl nichts geändert hat. Das ist der Beweis dafür, daß vorhandene Arbeit auf mehr Schultern verteilt wurde in dem Sinne, daß mehr Teilzeitarbeit eingeführt wurde. Außerdem hat sich die Lohnquote aller Beschäftigten verändert. 1981 betrug sie 74,4 % des Volkseinkommens, und sie ist im Jahre 1989 — das ist eine Schätzung, die den Dezember mit einbezieht — auf 67,3 % gesunken. Das zeigt, daß hier Dinge vor sich gehen, die Sie nicht in Rechnung stellen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Milchmädchenrechnung!)

    Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung sind — das wissen Sie ja selber — mit der 8. und 9. Novelle zum AFG so weit zusammengestrichen worden, daß sie nur noch als Beitrag zur Erhaltung von Massenarbeitslosigkeit gekennzeichnet werden können. Ich nenne hier nur Kürzungen bei ABM, Höchstfördersatz 75 %, Limitierung der 100-%- Förderung auf 15 % der Gesamtförderung und weitere Dinge mehr. Die Folgen dieses Streichkonzerts haben die ABM-Träger — Ausbildungs- und Beschäftigungsinitiativen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Kommunen — und vor allem die Erwerbslosen selber zu tragen. Die Zahl der Qualifizierungsmaßnahmen ist um 75 000 oder um 18 % zurückgegangen und sinkt weiter. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind um 24 000 oder um 20 % zurückgegangen. Die Chancen der besonders benachteiligten Gruppen am Arbeitsmarkt sind damit weiter minimiert worden.
    Ein „Glanzstück" stellt auch die sozialpolitische Unausgewogenheit bei der Finanzierung der Sprachförderung dar, von der Sie ja wissen, daß Sie einen Betrag, der aus Bundesmitteln zu finanzieren ist, auf die Bundesanstalt für Arbeit überwälzt haben. Damit arbeiten Sie mit Mitteln, die eigentlich zur Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit herangezogen werden müßten. Dabei darf die Sprachförderung von Aussiedlern und Übersiedlern, dabei dürfen aber auch die Eingliederungsbeihilfen nicht zu Lasten der Kasse der Bundesanstalt für Arbeit gehen, sondern dann, wenn wir das als politische Aufgabe annehmen und sie auch lösen wollen, muß die Gesamtheit unserer Gesellschaft, müssen alle, auch die Beamten, die Selbständigen, die Unternehmer, mit herangezogen werden, um diese Aufgabe zu lösen.

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Sehr richtig!)

    Es geht aber nicht so, wie Sie es gemacht haben, indem Sie es der Bundesanstalt für Arbeit übertragen haben, aus deren Kasse das dann bezahlt wird.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Zahlen die anderen keine Steuern?)




    Hoss
    In unserer Gesellschaft hat sich ein Bewußtsein für Probleme entwickelt, deren Lösung ansteht. Das signalisiert, daß wir in der Sozial- und Arbeitspolitik neue Wege gehen müssen und auch gehen können, weil sich das Bewußtsein in der Bevölkerung schon verändert hat,

    (Heyenn [SPD]: Herr Hoss, wo ist die Fraktion der GRÜNEN?)

    und zwar nicht im Sinne eines bloßen Ausbaus des sozialen Netzes, was Sie uns immer vorwerfen, sondern im Sinne einer neuen Bewertung und Gestaltung des Netzes der Beziehungen von Erwerbsarbeit, die in unserer Gesellschaft geleistet wird, von vorhandener Freizeit in unserer Gesellschaft und von dem, was gesellschaftlich als notwendige Arbeit anerkannt wird, die allerdings unbezahlt ist. Diese Beziehungen, wie sie heute bestehen, können wir verändern, wir können sie durchlässig machen. Dazu müssen wir eben bestimmte Schritte tun. Aber Sie tun da nichts. Sie tun selbst in der einfachsten Frage nichts, nämlich in der Frage der Behandlung von Überstunden. Es sind wieder 1,85 Milliarden Überstunden geleistet worden. Das entspricht 900 000 Vollzeitarbeitsplätzen.

    (Abg. Heyenn [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)