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    Plenarprotokoll 11/179 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 179. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. November 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 13733 A Erklärung zum Mordanschlag auf den Sprecher der Deutschen Bank, Dr. Alfred Herr-hausen 13744 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Waltemathe SPD 13733 C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 13736 D Frau Wollny GRÜNE 13739 D Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13741 A Schäfer (Offenburg) SPD 13742 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 13744 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft Frau Dr. Wegner SPD 13748 C Frau Männle CDU/CSU 13750 C Frau Hillerich GRÜNE 13753 B Kastning SPD 13754 D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 13757 B Wetzel GRÜNE 13758 D Möllemann, Bundesminister BMBW . . 13760B, 13766 D Frau Odendahl SPD 13764 C Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Sieler (Amberg) SPD 13768B Strube CDU/CSU 13770 B Hoss GRÜNE 13772D Zywietz FDP 13774 D Dreßler SPD 13779 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA 13782 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 13788 A Scharrenbroich CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 13788 C Andres SPD (Erklärung nach § 32 GO) . 13789 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Frau Conrad SPD 13790 B Kalb CDU/CSU 13793 A Frau Schoppe GRÜNE 13795 A Zywietz FDP 13796 D Link (Diepholz) CDU/CSU 13798 D Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 13801 C Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 13804 C Frau Matthäus-Maier SPD 13807 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. November 1989 Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . 13808C, 13824 C Kühbacher SPD 13809 B Deres CDU/CSU 13812 D Such GRÜNE 13815A Frau Seiler-Albring FDP 13817 A Dr. Nöbel SPD 13819D Gerster (Mainz) CDU/CSU 13822 B Wüppesahl fraktionslos 13826 D Duve SPD 13828 C Kühbacher SPD (Erklärung nach § 31 GO) 13829A Frau Dr. Vollmer GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13829 C Gerster (Mainz) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13829 D Lüder FDP (Erklärung nach § 31 GO) . 13830 B Kleinert (Marburg) GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13830 C Namentliche Abstimmungen 13831 A Ergebnisse 13851B, 13852D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 11/5576) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt IV: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 123 zu Petitionen (Drucksache 11/5150) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt V: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Fuchs (Verl), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rücktritt der Bundesrepublik Deutschland von dem Entwicklungsvorhaben „Europäisches Jagdflugzeug/Jagdflugzeug 90" zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausscheiden der Bundesrepublik Deutschland aus dem Entwicklungsvorhaben Jagdflugzeug 90 (Drucksachen 11/3018, 11/3592, 11/4269) Horn SPD 13832 B Müller (Wadern) CDU/CSU 13834 A Kleinert (Marburg) GRÜNE 13837 B Frau Seiler-Albring FDP 13839 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . 13842 D Kühbacher SPD 13846 A Dr. Friedmann CDU/CSU 13849 A Namentliche Abstimmung 13850 B Ergebnis 13854 D Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt 13854 A Einzelplan 03 Bundesrat 13854 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag 13854 B Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht Dr. de With SPD 13856 B von Schmude CDU/CSU 13858 A Häfner GRÜNE 13859 A Irmer FDP 13860 B Engelhard, Bundesminister BMJ 13862 D Haushaltsgesetz 1990 (Drucksachen 11/5579, 11/5580) 13864 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksachen 11/5001, 11/5322, 11/5390, 11/5731) . . 13865A Nächste Sitzung 13865 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13867* A 179. Sitzung Bonn, den 30. November 1989 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01.12.89* Amling SPD 30.11.89 Austermann CDU/CSU 01.12.89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01.12.89 Frau Blunck SPD 30.11.89 Börnsen (Ritterhude) SPD 30.11.89 Büchner (Speyer) SPD 01.12.89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01.12.89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01.12.89 Frau Fuchs (Verl) SPD 30.11.89 Dr. Haack SPD 01.12.89 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 01.12.89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01.12.89 Höffkes CDU/CSU 01.12.89 Hörster CDU/CSU 30.11.89 Ibrügger SPD 01.12.89 Jaunich SPD 01.12.89 Kißlinger SPD 01.12.9 Klein (Dieburg) SPD 01.12.89 Klein (München) CDU/CSU 30.11.89 Kolbow SPD 01.12.89 Dr. Kreile CDU/CSU 01.12.89 Kreuzeder GRÜNE 01.12.89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Lowack CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01.12.89 Meneses Vogl GRÜNE 01.12.89 Müller (Düsseldorf) SPD 30.11.89 Niegel CDU/CSU 01.12.89 * Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01.12. 89 Paterna SPD 01.12.89 Pfeifer CDU/CSU 01.12.89 Repnik CDU/CSU 30.11.89 Frau Rock GRÜNE 01.12.89 Frau Schilling GRÜNE 01.12.89 Schreiber CDU/CSU 30.11.89 Schröer (Mülheim) SPD 01.12.89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01.12.89 Seiters CDU/CSU 30.11.89 Sielaff SPD 30.11.89 Dr. Stavenhagen CDU/CSU 30.11.89 Tietjen SPD 01.12.89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 01.12.89 Frau Trenz GRÜNE 01.12.89 Verheugen SPD 30.11.9 Vogt (Düren) CDU/CSU 30.11.89 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 01.12.89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01.12.89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 30.11.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jürgen W. Möllemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich möchte gern weiter fortfahren. Frau Odendahl spricht ja nach mir. Ich habe ausdrücklich darauf verzichtet, als letzter zu sprechen. An sich hätte ich gern alle Parlamentarier vor mir reden lassen, wie der Respekt vor dem Parlament mir das geboten hätte. So aber kann Frau Odendahl ja gleich als Rednerin etwas sagen.
    Die Verbesserung der Wohnsituation der Studenten hat sowohl eine soziale als auch eine hochschulpolitische Komponente. Je mehr Zeit Studenten aufwenden, um am Hochschulort ein Dach über dem Kopf zu finden, oder solange sie lange Anfahrtswege und Provisorien aller Art in Kauf nehmen müssen, konzentrieren sie sich nicht in der gewünschten Weise auf ihr Studium. Dies trägt mit zur Verlängerung der Studienzeiten bei, an deren Verkürzung wir ja alle ein erhebliches Interesse haben. Hinzu kommt, daß allein für Miete ganz beachtliche Beträge — manchmal sogar bis 20 DM je Quadratmeter — auf dem freien Wohnungsmarkt gezahlt werden müssen. Das ist natürlich für Studierende schwer zu finanzieren. Ich denke hier vor allem auch an die Belastung derjenigen, die Ausbildungsförderung erhalten, weil ihre Eltern ein niedriges Einkommen haben.
    Das jetzt geplante Hilfsprogramm ist ein weiteres Signal einer zukunftsorientierten Bildungs- und Wissenschaftspolitik. Ich bin sicher, die Länder und die Träger von Studentenwohnheimen werden dieses Signal aufnehmen, zumal es ja mit der Mitteilung verbunden war, daß es, wenn der Bedarf durch Länder und Träger entsprechend qualifiziert wird, im nächsten Jahr in der gleichen Höhe erneut eingebracht werden kann.
    Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zum dritten einen Punkt ansprechen, in dem strukturelle Verbesserungen im sozialen Bereich bereits weitgehend verwirklicht sind: das Bundesausbildungsförderungsgesetz. Der Regierungsentwurf der 12. Novelle ist verabschiedet. Der Bundesrat wird morgen, wenn ich dies nach dem Ergebnis bei den Ausschußberatungen richtig beurteile, alle wesentlichen Änderungsvorschläge positiv bewerten. Danach werden mit aller Wahrscheinlichkeit ab Mitte 1990 die Förderungsleistungen im Tertiärbereich zu 50 To als Zuschuß gewährt, also Hälfte Zuschuß, Hälfte Darlehen. Familien des mittleren Einkommensbereichs werden in die Förderung einbezogen. Die Förderung in der Examenszeit wird durch eine Studienabschlußförderung gesichert. Schüler des zweiten Bildungsweges zu den Fachhochschulen und Berufsfachschulen, die sich auf einen berufsqualifizierenden Abschluß vorbereiten, werden Förderungsleistungen erhalten.
    Damit habe ich nur wenige Aspekte des BAföG 1990 angesprochen. An ihnen aber wird deutlich erkennbar, daß die Sozialleistung Ausbildungsförderung nicht nur neu geordnet und in sich stimmig gemacht, sondern zudem in ihrem Leistungsniveau wesentlich angehoben wird. Die Zahl der Geförderten wird dadurch von 328 000 auf 428 000 steigen, d. h. um rund 30 %. Bund und Länder werden für diese Verbesserungen im ersten Jahr ihrer vollen Wirksamkeit 650 Millionen DM mehr aufwenden.
    Ein vierter Punkt: berufliche Bildung. Die Berufsbildungspolitik bleibt in der primären Finanzierungsverantwortung der Wirtschaft. Dabei bleibt es auch; darauf lege ich größten Wert. Ich bin gerne bereit, gerade im Vorfeld einer wichtigen Entscheidung im nächsten Jahr, mit Ihnen darüber vor Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammern zu streiten.
    Also, die primäre Finanzierungsverantwortung der Wirtschaft bleibt. Deswegen schlägt sich die Berufsbildungspolitik auch nicht mit so hohen Haushaltsansätzen wie die Hochschulpolitik im Etat nieder. Dennoch sollten wir nicht vergessen, welche Bedeutung sie für die wirtschaftliche, soziale und gesellschaftspolitische Weiterentwicklung hat. Der EG-Binnenmarkt und die Entwicklungen in Ost- und Mitteleuropa stellen uns gerade in der Berufsbildung vor zusätzliche Herausforderungen.
    Nachdem der Ausbildungsplatzmangel immer mehr in einen Leistungs- und Fachkräftemangel besonders bei den kleinen und mittleren Betrieben umschlägt und davon erhebliche Auswirkungen auch auf den Arbeitsmarkt ausgehen werden, müssen wir uns mit größerem Nachdruck darum kümmern, daß die Zahl der Jugendlichen, die bisher ohne berufliche Qualifizierung geblieben sind oder ohne zusätzliche Anstrengungen ohne Ausbildung bleiben würden, erheblich reduziert wird und daß gleichzeitig klar ist, daß es notwendig ist, die Attraktivität des dualen Systems auch für leistungsstarke Jugendliche zu erhöhen, damit sich das Ungleichgewicht zwischen dem



    Bundesminister Möllemann
    Angebot an Qualifikation und dem gesellschaftlichen Bedarf nicht vergrößert. Beides zusammen habe ich die Notwendigkeit zur inneren Differenzierung der Berufsausbildung genannt, die ich mit allem Nachdruck weiter verfolgen werde. Nur so kann das Potential für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung besser ausgeschöpft werden. Es geht dabei entgegen gewissen Unterstellungen nicht um weniger Qualifizierung, sondern um mehr und jeweils angemessene Qualifizierung.
    Im übrigen wird diese zusätzliche Anstrengung nur dann voll zum Tragen kommen, wenn auch die Länder und besonders auch die Berufsschulen dazu ihren Beitrag leisten. Eine Entschließung des Bundesrates zu den unbeeinträchtigten und den benachteiligten Jugendlichen gibt mir die Hoffnung, daß dies auch erwartet werden kann.
    Ein zweiter großer Komplex der beruflichen Bildung, der mit Nachdruck vorangebracht werden muß, ist die berufliche Weiterbildung in allen ihren Ausprägungen. Die Begründung liegt in der technologischen Entwicklung ebenso wie in der Bevölkerungsentwicklung, nicht zuletzt aber auch in einer verstärkten internationalen Arbeitsteilung und in neuen Formen der Arbeitsorganisation. Auch hier sind in erster Linie Betriebe und Wirtschaft gefordert und, wie eine kürzlich vorgestellte Untersuchung des IW, des Instituts der deutschen Wirtschaft, ausgewiesen hat, bereits in erheblichem Umfang tätig. Ca. 26,2 Milliarden DM

    (Frau Hillerich [GRÜNE]: Aber keiner weiß, wie diese Zahl zustande kommt!)

    sind im letzten Jahr für berufliche betriebliche Weiterbildung aufgewandt worden.

    (Kuhlwein [SPD]: Sollen aufgewandt worden sein! — Frau Hillerich [GRÜNE]: Wissen Sie, wie die Zahl zustande kommt?)

    — Nun, ich kann hier natürlich jede Zahl anzweifeln, die ich nicht selbst erhoben habe. Aber ich gehe davon aus, daß die Selbstverwaltungsorgane der Wirtschaft genauso präzise Zahlen liefern wie die Vorstände der Gewerkschaften.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Kastning [SPD]: Fragen Sie, was damit gemacht worden ist!)

    Wir müssen durch subsidiäre Hilfen mit dazu beitragen, daß auch hier wiederum vor allem die Klein- und Mittelbetriebe mithalten können und vor allem die Gruppen von Arbeitnehmern, die sich bislang noch zuwenig beteiligen, obwohl sie es als Un- und Angelernte besonders notwendig hätten, stärker einbezogen werden. So müssen z. B. Rückkehrer nach der Familienphase sowie Arbeitslose, besonders Langzeitarbeitslose, eine reale Chance haben, sich im Beschäftigungssystem zu halten oder, ohne qualitativ zurückgestuft zu werden, eine wirkliche Wiedereingliederung in die Beschäftigung wahrzunehmen. Dazu sind ja eine Reihe von Maßnahmen beschlossen worden, die durchgeführt werden.

    (Kastning [SPD]: Maßnahmen?)

    Soweit das jetzt schon möglich war und soweit das Bildungsministerium dazu beitragen kann — Sie haben ja auf die Kompetenzverteilung in diesen Fragen hingewiesen —,

    (Kastning [SPD]: Man muß sie nur ausschöpfen!)

    finden sich sowohl für die Ausbildung als auch für die Weiterbildung erhöhte Ansätze im Einzelplan 31: Die Berufsbildungsforschungsausgaben werden um 31,5 % gesteigert; der Austauschtitel wird, gerade im Hinblick auf Ost- und Mitteleuropa, um 20 % erhöht; die Mittel für die Förderung überbetrieblicher beruflicher Bildungsstätten werde mit 117 Millionen DM auf sehr hohem Niveau gehalten; die Mittel für allgemeine und berufliche Weiterbildung werden um 5 % gesteigert.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich weiter auf folgendes hinweisen: Für die anderen — von mir nicht besonders erwähnten — Vorhaben des Einzelplans 31 sind die Ansätze für 1990 im wesentlichen auch überproportional angehoben worden, so z. B. für die internationale Zusammenarbeit sowie für die dringend notwendigen Maßnahmen zur Eingliederung von Aussiedlern und Übersiedlern im Bildungs- und Wissenschaftsbereich, die um 65 % von 14,5 Millionen DM auf 24 Millionen DM gesteigert werden. Das liegt nun natürlich in der großen Zahl begründet, die keiner von uns so erwartet hatte.
    Diese zusätzlichen finanziellen Spielräume des Bildungshaushalts 1990 machen es möglich, stärkeres Gewicht auf notwendige Maßnahmen zur Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit in Bildung, Wissenschaft, Forschung und Weiterbildung zu legen. Angesichts der strukturellen Umbrüche, in deren Mitte wir uns ja bereits befinden, und angesichts der absehbaren wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen der 90er Jahre halte ich dies aber auch für unabdingbar.
    Erlauben Sie mir zwei Schlußbemerkungen: Die eine bezieht sich auf die Frage der Verantwortlichkeiten angesichts der gegebenen Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern. Wir haben im Gesamtbereich der Bildungspolitik eine sehr ausgeprägte Verantwortlichkeit der Bundesländer, eine sehr viel stärkere als die des Bundes. Wir geben in diesem Bildungshaushalt nun mit 4,1 Milliarden DM deutlich mehr, 10,1 % mehr, aus als im Vorjahr. Aber bundesweit werden, wenn man alle Zuständigkeiten zusammennimmt, von Bund, Ländern und auch Kommunen und Kreisen, mehr als 95 Milliarden DM für die Bildungspolitik aufgewandt. Es ist, glaube ich, wichtig, sich das zu vergegenwärtigen, weil angesichts der Zahl von 4,1 Milliarden DM im Bundeshaushalt bei denen, die sich die Kompetenzverteilung nicht ständig vor Augen halten, gelegentlich der Eindruck entsteht — indem dann diese Zahl in bezug zu anderen Titeln des Bundeshaushalts gesetzt wird, für die beispielsweise der Bund die alleinige Zuständigkeit hat — , als werde für die Bildung drastisch zuwenig getan. Die Zahl von etwa 95 Milliarden DM, die ich soeben nannte, zeigt, daß ja beachtliche Anstrengungen unternommen werden. Dennoch teile ich die Auffassung all derer, die hier gesagt haben, mehr Qualifizierung sei die einzige Chance, den hohen sozialen Standard, den hohen ökonomischen Standard und die Problemlösungsfähigkeit der Bundesrepublik



    Bundesminister Möllemann
    Detuschland zu bewahren und auszuweiten. Wir haben ja keine anderen Grundlagen. Investitionen in die Kompetenz von Menschen in allen Bereichen sind daher dringend erforderlich.
    Wenn die Länder mehr Zuständigkeiten haben, dann sind sie auch mehr gefordert, es sei denn, sie möchten die Zuständigkeiten abgeben. Die Erklärung der Länderfinanzminister war, wie ich fand, deswegen so überraschend und angreifbar, weil sie angesichts unbestreitbarer zusätzlicher Notwendigkeiten ein Stoppsignal gesetzt haben. Die Durchsetzungsfähigkeit meiner geschätzten Kolleginnen und Kollegen in den vergleichbaren Ressorts der Länder wird sich daran messen lassen müssen, ob sie bei ihren Haushalten auch Steigerungsraten von 8,8 % — wie im letzten Jahr — und von 10,1 % — wie in diesem Jahr — durchsetzen können. Das gilt für alle Bundesländer.
    Ich sehe nach Ihren Erläuterungen mit besonderem Interesse der Entscheidung des Landes Berlin entgegen, denn dort regiert ja ein rot-grünes Bündnis. Nach den Entwürfen, die mir bekannt sind, kann von Ihren Worten dort nicht auf Taten geschlossen werden.

    (Kuhlwein [SPD]: Am Beispiel Berlins ist das ein bißchen unfair!)

    Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es wäre angesichts der Tatsache, daß wir alle ja Parteien angehören, die Verantwortung auf ganz verschiedenen Ebenen tragen, für die Glaubwürdigkeit der Parteien schon überzeugender und hilfreicher, wenn Forderungen, die die Parteien hier stellen, dort, wo sie selbst Verantwortung tragen, nämlich in den Bundesländern, umgesetzt werden. Das heißt: Bevor Sie den Bundesbildungsminister auffordern, eine höhere Steigerungsrate als 10 % durchzusetzen, wäre es schon ganz gut, wenn die von Ihrer Partei gestellten Minister in ihren Haushalten auch nur in die Nähe der Hälfte dieser Steierungsrate kämen. Dann würde mich das mehr beeindrucken.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/CSU — Kastning [SPD]: Und die von Ihnen mitregierten Länder auch!)

    — Ich streite ja auch dafür.

    (Kuhlwein [SPD]: Was meinen Sie, was wir tun!)

    — Ja, dann lassen Sie uns das gemeinsam machen.
    Eine zweite Bemerkung zum Schluß. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeiter in meinem Ministerium sagen. Sie sind in den letzten Jahren durch die Intensivierung der bildungspolitischen Anstrengungen sehr stark gefordert worden, zum Teil bis an die Grenzen ihrer Leistungskraft. Jedermann, der weiß, wie gerade in den Ministerien — dann, wenn die Haushaltsberatungen zu Ende gehen — wirklich alle gefordert sind, wird verstehen können, daß ich hier, was absolut nicht selbstverständlich ist, allen meinen Mitarbeitern Dank ausspreche.
    Zum guten Schluß danke ich auch den Mitgliedern des Haushaltsausschusses, daß sie es möglich gemacht haben, hier heute einen so erfreulichen Haushalt zur Abstimmung zu stellen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Odendahl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Doris Odendahl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Möllemann, wären Sie in Ihrer Tonlage doch so staatstragend geblieben, wie Sie begonnen haben. Ich finde es beschämend, wie Sie ausgerechnet die angespannte Situation der Stadt Berlin hier dazu benutzen, auf Fehlleistungen einzelner Bundesländer hinzuweisen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Es kann auch Ihnen nicht entgangen sein, wie angespannt auf Grund heute wieder ständig steigender Übersiedlerzahlen die Situation in Berlin ist. Ich halte es für unangemessen, diese Zahlen hier für Ihre Zahlentrickserei zu verwenden.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Es war ja zu erwarten, meine Damen und Herren, daß von seiten der Regierungskoalition heute der Versuch unternommen wird, den Haushalt des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft als besonderes Glanzstück zu preisen. Daß das über lange Strecken in Eigenlob geschehen ist, verstehen wir auch.

    (Dr. Hitschler [FDP]: Das ärgert Sie aber!)

    — Das ärgert uns überhaupt nicht; denn wir haben Ihnen schon bei der ersten Lesung des Bildungsetats bescheinigt, daß wir Ihre Anstrengungen, in der Bildungspolitik endlich wieder Boden unter die Füße zu bekommen, im Interesse der Sache sehr gern anerkennen.
    Angesichts der von Ihnen seit 1983 zu verantwortenden und — ich unterstreiche das — auch bei den Kollegen und Kolleginnen aus der Bildungspolitik der Regierungskoalition zum Teil schmerzlich zur Kenntnis genommenen rasanten Talfahrt der Bildungsausgaben stimmen schon die kleinsten Besserungsbemühungen wieder hoffnungsfroh. Nur können Sie bei noch so gutem Willen das, was Sie in den letzten sieben Jahren angerichtet haben, nicht in diesem einen Haushalt wiedergutmachen. Das ist uns auch klar; wir könnten das ebenfalls nicht.
    Also kann dieser Haushalt den gesellschaftlichen Bedarf — sei es bei der Ausbildungsförderung, sei es bei den Hochschulen, sei es bei der beruflichen Bildung, sei es bei der Förderung von Frauen, sei es bei der Weiterbildung — nicht decken. Bildungspolitisch bleibt der Haushalt noch lange im Defizit. Es wird sehr viel Geld kosten — da stimme ich auch mit Ihnen überein, Herr Möllemann — , den damit angerichteten Schaden wiedergutzumachen.
    Ich verkenne gar nicht, daß Sie inzwischen eingesehen haben, daß Sie lange Jahre auf dem falschen Dampfer gefahren sind. Nur sollten Sie jetzt nicht in den Fehler verfallen, genauso undifferenziert, wie Sie gekürzt haben, heute bei der Wiedergutmachung zu verfahren. Dazu hat der Kollege Wetzel für den Bereich der Hochschulen sehr Interessantes ausgeführt.



    Frau Odendahl
    In den Jahren seit 1983 haben sich auch für die Bildungspolitik die Anforderungen sicherlich verändert. Nicht verändern konnten sich wegen fehlender Mittel die Bildungsstrukturen. Wenn Sie nun heute Ihre bildungspolitische Wiedergutmachung über eine Serie von Sonderprogrammen und -aktionen betreiben, alle geschmückt mit Ihrem Namen — das ist Ihr Stil, das wissen wir, recht planlos Geld in die Bildung zu pumpen, ohne dabei die Strukturen zu überprüfen —,

    (Wetzel [GRÜNE]: Nicht Geld, sondern Versprechungen!)

    ist niemandem geholfen, weder den Menschen, die Bildung nachfragen, noch denen, die im Bildungsbereich arbeiten. Aktionismus ersetzt nun einmal keine Politik. Auch der geplante Bildungsgipfel unter Führung des Bundeskanzlers wird dann bildungspolitische Höhen gar nicht erreichen können.
    Lassen Sie uns also die gravierendsten Schwachstellen beleuchten. Nachdem Sie hier die positiven Seiten so angestrengt dargestellt haben, war es schon beeindruckend, daß auch die Kolleginnen und Kollegen, die vor mir gesprochen haben, eine ganze Menge davon entdecken konnten.
    Sondermittel sind notwendig, um die größten Mängel abzudecken. Leider haben Sie genug entstehen lassen. Sie müssen gleichzeitig den Weg freimachen für strukturelle Verbesserungen. Für diese Strukturveränderungen, die an den Hochschulen besonders dringend sind, eine ausreichende Finanzierung als Zukunftsinvestition sicherzustellen, wäre eine ganz gescheite Politik, der sich auch die Bundesländer aus eigener Einsicht auf Dauer gar nicht verschließen können und auch nicht werden.
    Bei allen versuchten Rechenmanövern aufgeschreckter Finanzminister — ich werte da genau gleich — , wie es denn im Jahr 1995 und in den folgenden Jahren an den deutschen Hochschulen aussehen könnte, haben uns die heute 1,47 Millionen Studierenden des letzten Wintersemesters und die Tatsache, daß bis 1995 ständig 1,3 bis 1,5 Millionen junger Menschen studieren werden, zu beschäftigen. Das ist die Ausgangsposition. Sie sind nicht erfunden, sie sind keine Schein- oder Pro-forma-Studenten; sie sind schlichtweg da.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die heute vorhandenen Studienplätze waren schon im letzten Wintersemester mit ca. 180 % belegt, bei den Fachhochschulen mit 216 %. Heute noch von einer zeitlich begrenzten Überlast zu sprechen, ist schlichtweg absurd.

    (Frau Hillerich [GRÜNE]: In der Tat!)

    Hier stimme ich gern mit Ihnen überein. Auch Finanzminister können irren. Sie haben im Bereich der Bildung schon einmal geirrt.
    Bis zum Jahr 2000 werden rund 10 000 Professoren — Professorinnen sind nicht so viele darunter — an den Universitäten und rund 4 000 an den Fachhochschulen ausscheiden. Eine Strukturveränderung der Hochschulen kann also sinnvoll nur dann in Angriff genommen werden, wenn jetzt und heute mit der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses begonnen wird.
    Hier ist auch der Punkt, wo die von Ihnen inzwischen glücklicherweise gewonnene Einsicht, daß die Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen höchste Priorität haben muß, in die Tat umzusetzen ist.
    Nur, in Ihrem Haushalt entdecke ich das halt um alle Welt nicht. Sie sagen jetzt schon wieder, Sie fangen gleich an. Sie hätten es schon tun müssen!
    Nun reisen Sie durch die deutsche Hochschullandschaft mit der Ankündigung eines zweiten Sonderprogramms — Leertitel: Möllemann II — , das in den Ansätzen gar nicht falsch wäre, Herr Möllemann. Es hat nur einen ganz entscheidenden Fehler: Überall da, wo Sie in diesem Haushalt für das Jahr 1990 konkret werden müßten, ist Fehlanzeige. Es ist schlichtweg billig, hier den Ländern den Schwarzen Peter zuzuschieben, wenn Sie selber nicht in der Lage gewesen sind, zumindest die Mittel für den Hochschulausbau um die 200 Millionen DM zusätzlich aufzustocken, die Ihnen alle Sachverständigen empfohlen haben.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Herr Möllemann, wir wollen Ihnen heute die Peinlichkeit ersparen, Ihre eigenen hochschulpolitischen Versprechungen in einer namentlichen Abstimmung über den entsprechenden SPD-Antrag zu diesem Punkt ablehnen zu müssen. Es wäre die traurige Wiederholung dessen, was sich hier schon bei der Verabschiedung des vorigen Haushalts abgespielt hat.
    Nur eines, Herr Minister Möllemann, auch gerichtet an die Länder: Wenn Sie heute Wohltaten versprechen, werden Sie an dem gemessen, was Sie heute in Ihrem Haushalt sichtbar machen. Da haben Sie eine ganze Menge Möglichkeiten. Vor einiger Zeit haben wir Ihnen bei der ersten Lesung vorgehalten, daß Sie mit einer halben Milliarde DM bei den Ländern in der Kreide stehen.

    (Rixe [SPD]: Ja!)

    Wissen Sie: Auf die Verpflichtung hinweisen kann ich nur, wenn ich meine Schulden bezahlt habe. Sonst weist der Finger auf mich selbst zurück.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Frau Wollny [GRÜNE] — Dr. Struck [SPD]: Drei Finger!)

    Ich sage Ihnen noch etwas zum studentischen Wohnraumbau. Sie haben ja meine Frage nicht zugelassen. Wenn Sie schon die Versäumnisse der sozialliberalen Koalition hier erwähnt haben — das ist Ihr gutes Recht, obwohl Sie beteiligt waren; ich bin da relativ —

    (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

    — nein, nein; ich habe es da etwas leichter; ich kam erst 1983 —, dann hätte es der Redlichkeit bedurft, daß Sie sagen, wie es denn z. B. in diesem Jahr, als der studentische Wohnraumbau gekippt wurde, mit dem sozialen Wohnungsbau aussah, nämlich nicht so defizitär, wie Sie ihn in den vergangenen Jahren hineingeritten haben. Aus diesem Grund waren die Studenten damals in einer anderen Wohnungssituation, als sie es heute sind.

    (Kastning [SPD]: Das erfordert breites Grundlagenwissen, das er aber nicht hat!)




    Frau Odendahl
    Nun haben Sie ja ein Angebot dazu gemacht. Das ist ja auch schon etwas. Wir haben ja gar nicht gesagt: Das wollen wir nicht.
    Aber eines sage ich Ihnen, weil es im Denken nun so sehr auch Ihre Handschrift trägt: Herr Möllemann, das einzige Konzept, das Ihnen da eingefallen ist, ist aus meiner Sicht — ich muß das so nennen — gar nichts weiter als das Angebot eines studentischen Bauherrenmodells.
    Nun haben wir ja schon schlechte Erfahrungen mit Bauherrenmodellen gemacht. Ich kann Ihnen heute schon voraussagen: Da sie erstens mißbraucht worden sind, werden sie zweitens auch wieder einstürzen.

    (Rixe [SPD]: Ja! — Dr. Hitschler [FDP]: Sie haben keine Ahnung!)

    — Ich habe 'ne Menge. Wissen Sie: Ich rede mit denen!

    (Zuruf von der FDP: Sie haben keine Ahnung von der Neuen Heimat!)

    Der nächste der Defizitposten — Sie haben ja auch darauf Ihre Glanzlichter gesetzt — : Wenn Sie schon sagen, daß dieser BAföG-Beirat so gescheite Empfehlungen gemacht hat, dann verstehe ich nicht, warum Sie in diesem Haus verschweigen, daß Ihnen zu Ihrem Regierungsentwurf der BAföG-Beirat bescheinigt hat, daß Sie die zentrale Forderung nach Chancengleichheit dadurch nicht erfüllen, daß Sie die Wiederherstellung der Schülerförderung ab Klasse 11 in den Vordergrund stellen.

    (Beifall der Abg. Frau Hillerich [GRÜNE])

    Das ist der gravierende Fehler. Deshalb ist Ihre Reform kein Reformwerk, sondern ein „Reförmchen" .
    Die fehlende Schülerförderung belastet nicht nur die Bundesländer und hier vor allem die Gemeinden über die Sozialhilfe, die fehlende Schülerförderung führt auch zu Umwegen bei der Ausbildung bei Kindern aus Familien mit kleineren Einkommen, die bei einer ausreichenden Schülerförderung nicht sein müßten.
    Wenn diese nicht geförderten Schülerinnen und Schüler über den zweiten Bildungsweg Ihre Hochschulreife erlangen müssen, bedeutet es für sie erstens einen Zeitverlust und zweitens einen erschwerten Weg zum Studium. Ich frage mich schon, worin die bildungspolitische Weisheit liegt, daß bei diesem Umweg der Anspruch auf Schülerförderung dann besteht.
    Deshalb ist diese Verweigerung der Schülerförderung sozial ungerecht, aber — das wird Sie schwerer treffen, das andere trifft Sie anscheinend nicht so sehr — finanzpolitisch kurzsichtig.
    Wir werden in der kommenden Woche den Antrag der SPD-Fraktion zur Ausbildungsförderung hier diskutieren. Im Haushalt 1990 werden wir die für unseren BAföG-Antrag notwendigen Mittel beantragen.
    Es wäre interessant, wenn Sie uns bei dieser Gelegenheit auch beantworten könnten, wie Sie die schon heute bekannten 30 000 BAföG-berechtigten Studentinnen und Studenten aus dem Personenkreis der Aus- und Übersiedler in Ihrem Haushalt jetzt berücksichtigt haben. Wenn ich richtig rechne, ergeben sich
    aus diesen 30 000 weitere 300 Millionen DM. 300 Millionen DM sind eine ganz entscheidende Schwachstelle, wenn man sie vergißt.
    Ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihnen vor lauter Aktionismus in der Ankündigung von Sonderprogrammen entgangen ist, welch großes bildungspolitische Fragezeichen bei der Integration der Aus- und Übersiedler besteht. Wo sind Sie denn als Bildungsminister gewesen, als es darum ging, daß die Qualität der Ausbildung Vorrang vor Billigkeit hat? Es ist Ihre Aufgabe, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Qualität der Sprach- und Qualifizierungskurse Bestand haben kann. Es ist Ihre Aufgabe, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Bundesländer den nicht vorhersehbaren Andrang auf die bestehenden Bildungseinrichtungen, also auf Schulen, Berufsschulen und Universitäten, bewältigen können.
    Wer rechnen kann, weiß, daß diese vordringlichen Aufgaben — das hat der Minister hier sehr richtig angeführt — im Bereich der Bildung sehr viel Geld kosten, sehr viel mehr, als in allen bisherigen mittleren Finanzplanungen vorgesehen war.
    Wir wissen auch, daß der Bildungsbereich in den gesamtgesellschaftlichen Bedarf eingeordnet werden muß. Nur, Herr Minister Möllemann, wo es heute an der erforderlichen Konzeption mangelt — wir haben Ihnen ganz gravierende Mängel aufgezeigt — , werden Sie bei der Durchsetzung dieser Ansprüche schlechte Karten haben.
    Zu Ihrem Haushalt 1990, bei allem Lob für die Steigerung, fällt mir ein Berliner Spruch ein — mit der Situation der Berliner habe ich begonnen — , der zu der Beurteilung hervorragend geeignet ist: Nackte Beene, aber in Lackschuhen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)